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Neue Solidarität
Nr. 34, 22. August 2024

Es ist dringender denn je, Nagasaki nicht zu vergessen

Von Helga Zepp-LaRouche

Helga Zepp-LaRouche, die Vorsitzende des Schiller-Instituts und Mitinitiatorin der Internationalen Friedenskoalition (IPC), eröffnete das 62. Treffen der IPC am 9. August, dem Nagasaki-Tag, mit den folgenden Ausführungen.

Wie Sie gerade sagten, ist heute der Jahrestag der Nagasaki-Katastrophe, und es ist dringender denn je, daß die Menschen tatsächlich daran denken. Leider ist vielen Menschen gar nicht mehr bewußt, was Atomwaffen anrichten können. Und leider sind wir sehr nahe daran, daß die beiden großen Krisen gleichzeitig außer Kontrolle geraten.

Lassen Sie mich mit der Situation rund um die Ukraine beginnen. Einerseits gab es einige hoffnungsvolle Anzeichen dafür, daß vielleicht eine Dialoglösung gefunden werden kann. Es gab die sehr wichtige Reise des ungarischen Ministerpräsidenten Orbán; es gab Anzeichen dafür, daß Selenskyj zu Gesprächen mit Rußland bereit wäre. Aber das ist nicht das ganze Bild.

Am Sonntag sprach der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow eine ungewöhnlich strenge Warnung aus, indem er sagte, die „Ära der einseitigen Zugeständnisse“ von Seiten Rußlands sei vorbei. Die Situation habe sich so verschlechtert, daß es keine „Sicherungen“ mehr gebe. Wie zum Beweis dafür folgte zwei Tage später der Einmarsch in die Region Kursk innerhalb Rußlands mit etwa tausend ukrainischen Elitesoldaten, gepanzerten Fahrzeugen und Panzern.

Es ist klar, daß das ohne die Unterstützung der NATO und der Vereinigten Staaten unmöglich gewesen wäre, die sie darüber informierten, daß dies offensichtlich eine Schwachstelle in der Grenzverteidigung Rußlands war… Wir haben später von verschiedenen Analysten gehört, daß es sich bei diesen Truppen um eine Elitebrigade handelt, die nach NATO-Standards ausgebildet ist und über NATO-Standardausrüstung verfügt – während gleichzeitig die Verluste in den anderen umkämpften Regionen im Donbaß horrend sind. Die neuesten Zahlen besagen, daß in den letzten zwei Monaten 120.000 ukrainische Soldaten getötet wurden, vor allem weil sie schlecht ausgebildet sind. Sie haben nur ein paar Tage Training und werden dann an die Front geschickt. Natürlich halten sie nicht lange durch. Warum also schickt die Ukraine bei einer Opferzahl von 60.000 pro Monat diese Elitetruppen in die Region Kursk?

Natürlich gibt es alle möglichen Behauptungen, daß dies nur dazu dient, eine bessere Ausgangsposition für künftige Gebietsverhandlungen zu bekommen, aber ich glaube nicht, daß das alles ist, denn wir haben gesehen, wie die Provokationen Schritt für Schritt eskalierten.

Der letzte Stand ist, daß dort nach Angaben verschiedener amerikanischer Presseorgane ATACMS eingesetzt werden sollen. Rußland hat den Notstand ausgerufen. Und offensichtlich sind die Verluste, die diese Elitetruppen erlitten haben, beträchtlich – zuletzt waren es 940. Nun, wenn es anfangs 1000 Soldaten waren, stellt sich die Frage, wie viele davon noch übrig sind. Auf jeden Fall ist das eine äußerst gefährliche Eskalation.

Wenn man sich jetzt den zweiten Krisenherd ansieht: Die ganze Welt wartet immer noch darauf, ob der Iran Vergeltung für die beiden Attentate üben wird. In den letzten Tagen haben die Vereinigten Staaten angeblich mit allen geredet, um einen größeren Krieg zu verhindern. Jedenfalls gab es die Entsendung des ehemaligen Verteidigungsministers und jetzigen Sekretärs des russischen Sicherheitsrates Sergej Schoigu nach Teheran, der dem neuen iranischen Präsidenten einen Brief von Putin überbrachte, in dem er ihn aufruft, keinen massiven Schlag zu führen, und Putin anbietet, zwischen dem Iran und Israel zu vermitteln.

Zur gleichen Zeit war der Chef des US-Zentralkommandos Kurilla in Tel Aviv. Das zeigt auch, daß es sich nicht nur um einen breiteren regionalen Krieg handelt, in den der Iran, die Hisbollah, die Huthis, die Türkei, Syrien und die Kurden verwickelt sein könnten, die Russen haben auch S-400-Luftraketenabwehrsysteme stationiert, was – laut Colonel Macgregor – bedeutet, daß sehr wahrscheinlich auch russische Techniker in Teheran vor Ort sind, und auch China hat ein großes Interesse daran, keinen größeren Angriff auf den Iran zuzulassen. Das zeigt Ihnen, daß wir auf einem gewaltigen Pulverfaß sitzen und möglicherweise die großen Atommächte hineingezogen werden.

Die Situation in Israel ist schwer zu beschreiben, zumindest für einen Deutschen, und ich bitte um Ihr Verständnis – andere mögen helfen, die Situation zu beschreiben. Die Tatsache, daß Finanzminister Smotrich öffentlich gesagt hat, es wäre das Beste, die zwei Millionen Palästinenser in Gaza verhungern zu lassen, und daß es keinen öffentlichen Aufschrei der internationalen Gemeinschaft darüber gab, zeigt Ihnen, wie es um die Situation bestellt ist.

Damit komme ich zu dem anderen Element der Situation, nämlich die völlig außer Kontrolle geratene Diplomatie. Rjabkow bezog sich in seiner Erklärung im wesentlichen auf einen Appell an die Vereinigten Staaten, keine Mordanschläge auf Putin oder andere führende Politiker zu unternehmen. In der Zeitschrift Foreign Policy erschien ein Artikel mit der Überschrift: „Würden die USA ein Attentat auf Putin in Betracht ziehen?“1 Es folgte dort eine Beschreibung zahlreicher Regimewechsel-Operationen der Vereinigten Staaten. Dann folgte eine sehr detaillierte Beschreibung des Personals im Umfeld Putins, das an einem solchen Attentat beteiligt sein könnte.

Ich sehe darin einen völligen Bruch jeglicher Ordnung der diplomatischen Beziehungen zwischen den Nationen, der die Menschen wirklich aufregen sollte.

Das geht entsprechend einher mit einer Art Kontrolle der Berichterstattung in Kriegs- oder Vorkriegszeiten. Es gab die Razzia des FBI im Haus von Scott Ritter am 7. August, bei der er beschuldigt wurde, gegen das Gesetz zur Registrierung ausländischer Agenten verstoßen zu haben, wogegen sich Scott Ritter, einer der stärksten Kritiker der gegenwärtigen US-Politik, auf den ersten Verfassungszusatz und sein Recht als Journalist beruft, seine Arbeit zu machen. Das ist ein Zeichen der Zeit, daß man offensichtlich bestrebt ist, jede Art von Diskussion über die Folgen dieser Politik zu unterdrücken.

In ähnlicher Weise wurde Tulsi Gabbard, die immerhin Kongreßabgeordnete und Präsidentschaftskandidatin war und immer noch den Rang eines Oberstleutnants der Reserve der USA-Armee innehat, vom US-Geheimdienst als terroristische Bedrohung auf ihren Flügen überwacht. Ähnliche Bemühungen gibt es in verschiedenen europäischen Ländern, wo ganz klar versucht wird, jegliche Kritik an dieser Politik mundtot zu machen. Wir wissen aus der Geschichte, daß das passiert, wenn ein Krieg kurz vor dem Ausbruch steht oder im Gange ist.

Ich möchte nicht auf weitere Elemente der strategischen Situation eingehen. Ich denke, was ich bisher gesagt habe, macht es dringender denn je, daß wir die internationale Friedensbewegung wirklich auf eine Art und Weise einigen, wie es bisher noch nicht geschehen ist, auch wenn die IPC in dem einen Jahr, in dem wir daran arbeiten, enorme Fortschritte gemacht hat.

Aber ich denke, wir brauchen dringend ein neues Paradigma im Denken, wie ich es schon zu Beginn der militärischen Sonderoperation gesagt habe: Wir müssen die Geopolitik überwinden. Denn solange wir, wie die NATO, Rußland und China als die existentielle Bedrohung definieren, befinden wir uns in einer Dynamik, die früher oder später in einer Katastrophe mit der Auslöschung der menschlichen Gattung enden wird. Wir müssen ein neues Paradigma finden, in dem wir an die Stelle der geopolitischen Konfrontation die Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz, die UN-Charta und das Prinzip des Dialogs setzen, das besagt, daß wir die intelligente Gattung sind, die jeden Konflikt durch Diplomatie und Dialog lösen kann.

Deshalb glaube ich, daß wir eine neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur brauchen, die die Interessen jedes einzelnen Landes auf dem Planeten berücksichtigt, und deshalb habe ich die Schaffung eines Rates der Vernunft2 gefordert, in dem weise Menschen aus allen Ländern vertreten sind, um zu erörtern, welche politischen Optionen die Menschheit hat, um in menschlichere Gefilde zu gelangen. Das ist alles, was ich sagen wollte.


Anmerkungen

1. https://foreignpolicy.com/2024/07/30/cia-assassination-putin-russia-kgb-fsb/

2. https://schillerinstitute.com/de/blog/2024/07/25/

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