|
|
Das 92. wöchentliche Online-Treffen der Internationalen Friedenskoalition (IPC) am 7. März wurde von der Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, mit einem Blick auf Europa und die Ukraine eröffnet, wo „die Dinge völlig aus dem Ruder laufen“. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, habe einen Aufrüstungsplan angekündigt, Re-Arm Europe, der 800 Milliarden Euro kosten soll. Der voraussichtliche neue Bundeskanzler Friedrich Merz habe angekündigt, für ein Militärbudget von 400 Milliarden Euro die „Schuldenbremse“ aufzuheben, und damit eines seiner wichtigsten Wahlversprechen schon wenige Tage nach der Wahl gebrochen. Ein historischer Präzedenzfall für das Vorhaben seien die „Mefo-Wechsel“ des Nazi-Finanzministers Hjalmar Schacht, die 1933 eingeführt wurden, um Käufe bei Rüstungskonzernen außerhalb des Staatshaushalts zu finanzieren.
Präsident Trumps jüngste Äußerungen hätten massive Auswirkungen, u.a. möglicherweise ein Ende des Informationsaustauschs der USA mit dem britisch dominierten Geheimdienstkartell der Five Eyes („Fünf Augen“ = USA, Kanada, Großbritannien, Australien, Neuseeland). Außer Frankreich seien alle westlichen Staaten für den Einsatz von Atomwaffen auf die technische Unterstützung der USA angewiesen. Es könne hundert Jahre dauern, bis Deutschland wieder sein Niveau an Rüstung, Militärproduktion und Truppen von vor 20 Jahren erreicht.
Die europäischen Regierungen seien an die Litanei „Wir müssen Rußland ruinieren“ gewöhnt und könnten sich nicht auf Trumps beginnende Friedensinitiative einstellen. Wenn die Europäer klug wären, würden sie darüber nachdenken, wie Trumps Wahlsieg den Widerstand der Bevölkerung gegen 35 Jahre gescheiterte neokonservative Politik für eine „unipolare Weltordnung“ widerspiegelt.
In Südwestasien sei Ägyptens Plan für den Wiederaufbau des Gazastreifens „ein kleiner Schritt in die richtige Richtung“ des Oasenplans.1 „Man kann keine Zweistaatenlösung erreichen, wenn man nicht die gesamte Dynamik der Region verändert“, betonte Zepp-LaRouche.
Dr. Mohammed S. Dajani Daoudi ist Gründer der Wasatia-Bewegung Palästina und Direktor des Wasatia Graduate Academic Institute. Er beschrieb, wie er als Palästinenser in Jerusalem aufwuchs und im Laufe der Zeit von der Haltung „entweder wir oder sie“ wegkam, weil er „die menschliche Seite meines Feindes sah“, wenn israelische Ärzte palästinensische Patienten behandelten. Das Problem sei heute, daß beide Seiten einen Staat „From the river to the sea“ – „vom Fluß [Jordan] bis zum [Mittel-]Meer“ – wie es in einem Lied heißt, für sich allein haben wollen, aber das sei eine Illusion. Man brauche dringend ein Bündnis von Israelis und Palästinensern für den Frieden. Sein Ziel ist eine Kultur der „Mäßigung“, das ist die Bedeutung des Wortes Wasatia.
Der bekannte progressive US-Radio- und Fernsehmoderator Garland Nixon begann mit den Worten: „Die NATO, kann man sagen, ist ein imperialistisches Projekt.“ Er sprach über einige Hintergründe in Europa. So sei der britische Geheimdienst MI6 gut darin, nach dem Prinzip „Teile und herrsche“ vorzugehen und Marionettenregierungen einzusetzen. Der ukrainische Präsident Selenskyj sei ein solches MI6-Projekt. „Als er von Trump etwas grob behandelt wurde, fuhr er sofort nach London und wurde mit offenen Armen empfangen.“
Nixon erwähnte einige neue Entwicklungen, die Friedensaktivisten nutzen können. Elon Musk habe damit angefangen, Videos über die brutalen Methoden der Zwangsrekrutierung in der Ukraine zu veröffentlichen. Musk verbreite auch ein Video des Kongreßabgeordneten Chris Murphy, in dem dieser damit prahlt, daß die USA hinter dem Maidan-Putsch steckten. Man könne auch feststellen, daß Trump eine Mitschuld eingestanden hat, weil er der Ukraine Javelin-Panzerabwehrwaffen lieferte, und Außenminister Rubio gebe zu, daß es sich um einen Stellvertreterkrieg handelt. Die Realität des Ukrainekrieges sei komplex und nicht so simpel, daß der „böse Biden“ das Problem geschaffen hat und der „gute Trump“ es lösen wird.
Miguel Cabrera aus der Dominikanischen Republik, Journalist, Autor und ehemaliger Universitätsprofessor, ist Moderator der wöchentlichen Fernsehsendung Wissenschaft, Technologie und Gesellschaft. Er ist langjähriger Unterstützer des Schiller-Instituts und lobte sowohl Trumps Initiative für Frieden in der Ukraine als auch den Oasenplan der LaRouche-Bewegung für Südwestasien. Trumps Präsidentschaft sei ein „Licht am Ende des Tunnels“, weil er bereit ist, mit Rußland zu sprechen. Cabrera betonte, dies sei kein Krieg zwischen Rußland und der Ukraine, sondern zwischen Rußland und der NATO. Er verurteilte auch Israels Massaker an der palästinensischen Bevölkerung.
Anschließend wurden Auszüge aus einem Interview des EIR-Redakteurs Mike Billington mit dem pensionierten indischen Diplomaten M.K. Bhadrakumar gesendet, der führende Positionen im Außenministerium innehatte und in der indischen Botschaft in der Sowjetunion tätig war. Bhadrakumar prangerte die „mutwilligen Akte grundloser Böswilligkeit und Überheblichkeit“ des Westens an. Auf eine Frage Billingtons zur Rolle der Briten antwortete er, es gelinge den Briten immer wieder, die Amerikaner glauben zu machen, etwas sei ihre eigene Idee. Die ukrainischen Angriffe auf russische Ziele würden vom britischen Geheimdienst geplant, und ukrainische Politiker, die jetzt davon sprechen, Trump zu ermorden, seien vom MI6 ausgebildet worden. Bhadrakumar vertrat die ungewöhnliche Ansicht, daß der Iran Amerikas natürlicher Verbündeter in der Region wäre, die iranische Elite sei prowestlich eingestellt. Eine Zusammenarbeit der USA mit dem Iran könnte ebenso bedeutsam sein wie die Normalisierung der Beziehungen zu Rußland.
Ein kurzfristig zugeschalteter Gast war Kurt Wiebe, ein ehemaliger hochrangiger US-Geheimdienstmitarbeiter der National Security Agency (NSA) und Whistleblower. Er sagte, die jüngsten Ereignisse hätten die Voraussetzungen für die Verwirklichung von Helga Zepp-LaRouches „Neuer Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur“ geschaffen.2 Kein Land verfüge heute noch über die Voraussetzungen, um einen Krieg zu führen, weil alle Ressourcen überstrapaziert sind. So hätten die USA einen Schuldenberg von 36 Billionen Dollar. Daher sieht Wiebe die Möglichkeit, durch Verhandlungen Frieden zu schaffen.
Zepp-LaRouche ergänzte, es werde nicht Wochen und Monate, sondern eher Jahre dauern, bis Europa für einen Krieg bereit sei. Und anders als die neokonservative Propaganda behauptet, gebe es keinen Beweis dafür, daß Rußland einen Krieg gegen Europa will.
Ein Teilnehmer fragte Dr. Dajani, wie sein Appell zur Zusammenarbeit funktionieren könne, solange die Israelis nicht in gutem Glauben handeln und keine Zugeständnisse machen. Er antwortete, es gebe auf beiden Seiten Gemäßigte und Extremisten, und wir müßten unsere Kinder so erziehen, daß sie „kein Herz aus Stein, sondern ein Herz aus Fleisch und Blut“ haben.
Zepp-LaRouche sagte, man müsse untersuchen, inwieweit die westliche Sichtweise immer noch kolonial geprägt ist. Die Rolle der Briten in der Hinsicht werde nun allmählich unter die Lupe genommen. Hinter dem Ukrainekrieg steckten dieselben Mächte, die nach dem Ersten Weltkrieg in Südwestasien den Sykes-Picot-Vertrag organisierten.
Nixon sagte, die geopolitische Fixierung auf Rußland resultiere aus dem Kolonialismus: Eine Kolonialmacht mit einer parasitären Grundhaltung verliere mit der Zeit alle Gastgeber auf der Welt, und Rußland sei jetzt für diese Mächte besonders begehrt wegen seiner riesigen Ressourcen.
Ein Teilnehmer fragte, ob die Friedenskampagne in bestimmten Situationen mit den Bestrebungen kolonisierter Völker in Konflikt geraten könnte, und nannte als Beispiele Kamerun und die Demokratische Republik Kongo. Nixon antwortete, er glaube nicht, daß ein solcher Konflikt nötig ist, man müsse sich die beteiligten äußeren Mächte ansehen und dabei die Geschichte des Kolonialismus im Auge behalten.
Der ehemalige Präsident von Guyana, Donald Ramotar, erregte Aufsehen mit einem provokativen Beitrag. Er sagte: „Biden und Trump vertreten eine ähnliche Position, nur einen unterschiedlichen Ansatz.“ Biden wolle mit Europa zusammenarbeiten, um die schwindende „unipolare“ Macht des Westens zu stärken, während Trump einen Alleingang anstrebe und Europa bloß als „Ballast“ betrachte, der seine Position schwächt. Trump sei es egal, wenn er die USA auf Kosten Europas wieder stärkt.
Der Vorsitzende der amerikanischen Friedensgruppe Veterans for Peace, Jack Gilroy, lobte den Oasenplan als Modell für ähnliche Lösungen auf der ganzen Welt. Zepp-LaRouche erinnerte daran, daß das Schiller-Institut 2014 die „Weltlandbrücke“ als Blaupause für den Aufbau und Wiederaufbau der Welt veröffentlicht hat.3
eir
Anmerkungen
1. Der Oasenplan: LaRouches Vision für Südwestasien, Video, Schiller-Institut.
2. Zehn Prinzipien für eine neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur, Helga Zepp-LaRouche, Schiller-Institut.
3. Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke, PDF E-Book, E.I.R. Verlag – siehe auch:
Deutschlands Chancen mit der Neuen Seidenstraße, Sonderbericht 2017, Mitschrift einer Schiller-Institut-Konferenz in Essen.
Weitere Beiträge der Internationalen Friedenskoalition (IPC)
Wie andere Zeitungen auch leidet die Neue Solidarität unter steigenden Kosten und sinkenden Abonnentenzahlen. Angesichts dieser Entwicklung ist das Weiterbestehen unserer Zeitung – jedenfalls in der bisherigen Form – gefährdet. Damit ginge dem deutschsprachigen Raum eine wichtige Stimme der Vernunft verloren.
Ein Aufruf zur Unterstützung unserer Zeitung im vorigen Jahr half uns, das Defizit für das vergangene Jahr auszugleichen, wofür wir uns bei allen Unterstützern herzlich bedanken. Aber um dieses strukturelle Defizit wirklich zu überwinden, brauchen wir vor allem eines:
mehr Abonnenten für unsere Zeitung, was auch das beste Mittel ist, das geistige Defizit im politischen Diskurs der deutschsprachigen Welt zu bekämpfen.
Nutzen Sie unsere Zeitung als ein Instrument, dies zu erreichen! Helfen Sie
uns, neue Leser zu finden, und empfehlen Sie unsere Zeitung weiter. Man kann
Abonnements auch verschenken. Manche unserer Leser haben Mehrfach-Abonnements,
damit Sie die Zeitung an Interessierte weitergeben können. Und natürlich kön-
nen Sie uns auch weiterhin mit Förderbeiträgen helfen.
Vielen Dank!
Alexander Hartmann, Chefredakteur
Bankverbindungen – Empfänger: E.I.R. GmbH, Wiesbaden
Nassauische Sparkasse Wiesbaden
IBAN: DE79 5105 0015 0114 0044 99 – BIC: NASSDE55
Postbank Frankfurt
IBAN: DE93 5001 0060 0330 0216 07 – BIC: PBNKDEFF
Stichwort: Weiter so, Neue Solidarität!