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Neue Solidarität
Nr. 44-45, 30. Oktober 2025

Die Zeit wird knapp

Bericht vom 125. Treffen der Internationalen Friedenskoalition

Die 125. wöchentliche Internetsitzung der Internationalen Friedenskoalition (IPC) am 24. Oktober war nicht die übliche Podiumsdiskussion, sondern ein Dialog zwischen der Gründerin des Schiller-Instituts und Initiatorin der IPC, Helga Zepp-LaRouche, und Theodore Postol, emeritierter Professor für Wissenschaft, Technologie und nationale Sicherheit am Massachusetts Institute of Technology.

Zepp-LaRouche beschrieb eingangs die jüngsten strategischen Turbulenzen, bei denen man zwischen Hoffnung und Chaos hin- und hergerissen sei. So habe das Wall Street Journal berichtet, die USA hätten der Ukraine erlaubt, mit Tomahawk-Raketen Ziele tief in Rußland anzugreifen. US-Präsident Trump habe dies dementiert, und Präsident Putin habe gewarnt, daß die russische Reaktion darauf ernst und sogar überwältigend wäre. Zudem gebe es auch Verwirrung um das geplante Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin in Budapest – erst sollte es stattfinden, dann wieder nicht. In Bezug auf Gaza bemerkte sie: „Das sogenannte Friedensabkommen scheint nicht zu halten.“ Die israelische Knesset habe für die Annexion des Westjordanlands gestimmt – eine klare Ablehnung eines palästinensischen Staates und ein Signal für Sabotage des Friedensprozesses. Die Chance, den Dritten Weltkrieg zu verhindern, könnte bald vorüber sein, warnte Zepp-LaRouche.

Grund zur Hoffnung sei dagegen die erfolgreiche Diskussionsrunde über das Projekt des Beringstraßen-Tunnels (siehe Das Beringtunnel-Projekt weist den Weg zum „Frieden durch Entwicklung“) am 22. Oktober mit Experten aus Ingenieurwesen, Eisenbahnbau, Finanzen und Diplomatie aus den USA, Rußland, Italien und Deutschland.1

Putins Nervenstärke und deutscher Wahnsinn

Zepp-LaRouche sagte, man könne Putins „scheinbar unendliche Geduld nur bewundern“. Die Befürworter eines Regimewechsels, die diesen besonnenen Putin unbedingt loswerden wollen, hätten wohl nie darüber nachgedacht, wer an seine Stelle treten soll und damit den Finger an Rußlands Atomknopf hätte. Postol teilte ihre Meinung: „Wann immer Putin Zurückhaltung zeigt, die die Menschheit vor einer Katastrophe bewahrt, halten sie das für ein Zeichen seiner Schwäche... Er beweist eine außergewöhnliche Fähigkeit, diese Situationen geschickt zu meistern... Wir können nur dankbar sein, daß wir in der russischen Führung nicht jemanden wie Joe Biden haben.”

Dagegen warf Zepp-LaRouche Bundeskanzler Merz seine „idiotische Politik“ der strategischen Unberechenbarkeit in Bezug auf die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine vor. Den Gegner so im Ungewissen zu lassen, sei ein Spiel mit dem Feuer. Postol fügte hinzu, er könne kaum glauben, daß jemand so wenig Verständnis von Geschichte hat, um sich so zu verhalten wie Merz. „Deutschland wird heute von seiner politischen Führung und von der amerikanischen Führung strategisch getäuscht.“ Merz lüge, wenn er behauptet, die US-Raketen, die nächstes Jahr in Deutschland stationiert werden sollen, würden nicht mit Atomwaffen bestückt sein. „Die Russen werden keine andere Wahl haben, als davon auszugehen, daß diese Waffen atomar bewaffnet sind.“ Denn als konventionelle Waffen seien sie sinnlos. Er verglich das mit der Stationierung der Raketenabwehr in Polen und Rumänien, die sehr schnell zu Offensivraketen umgerüstet werden könne – die Russen könnten es sich nicht leisten, darüber zu spekulieren, welchen Status diese Raketen gerade haben. Merz‘ Politik werde die Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs auf deutschem Boden enorm erhöhen.

Am Rande eines Atomkrieges

Postol sagte, die letzten Tagen hätten katastrophale Ereignisse gebracht, Trumps Äußerungen und Handlungen hätten die Aussichten auf diplomatische Fortschritte ernsthaft beeinträchtigt. Putin habe das kluge Angebot gemacht, daß beide Länder sich noch ein Jahr lang an die Bestimmungen des New START-Vertrags halten, während sie über dessen Verlängerung verhandeln. Wegen Trumps Verhalten „glaube ich aber, daß Rußland nun in eine Situation gebracht wurde, in der es tatsächlich keine andere Wahl mehr hat, als seine Sicherheitsbedenken auf dem Schlachtfeld in der Ukraine zu lösen“.

Postol, einer der weltweit führenden Experten für die Folgen des Einsatzes von Atomwaffen, griff einige der alarmierenden Informationen auf, die er bereits in früheren IPC-Sitzungen vorgestellt hatte. „Ein Atomkrieg wäre praktisch das Ende der modernen Zivilisation. Das ist schlicht eine Tatsache der Physik... Einen Atomkrieg zu führen und gewinnen, ist schlicht technisch unmöglich.“ Die Aussagen von Merz, Frankreichs Präsident Macron und dem britischen Premier Starmer bewiesen leider eine völlige Unkenntnis dieser Tatsachen.

Wegen der extrem zerstörerischen Folgen wäre jedes Land, das mit Atomwaffen angegriffen wird, dazu gezwungen, mit Atomwaffen zu antworten, um sich selbst zu retten. Postol erinnerte an die Stabsübung „Able Archer“ 1983 mit hochrangigen Teilnehmern, darunter der damalige US-Verteidigungsminister Caspar Weinberger. Am fünften Tag der Übung sei die Situation zum strategischen Einsatz von Atomwaffen eskaliert, und in dem Moment hätten in der Simulation die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion nicht mehr existiert.

Postol erläuterte auch die physikalischen Auswirkungen eines Atomwaffeneinsatzes. Die meisten Menschen dächten, die größte Zerstörung richte die Schockwelle an, aber das sei nur ein Nebeneffekt. Ungeheure Schäden gäbe es durch den ersten Feuerball, viel schlimmer als die Schockwelle. Der Feuerball würde Brände über einem riesigen Gebiet auslösen, etwa 600 bis 700 Quadratkilometer würden sofort in Flammen aufgehen. Durch Aufwärtskonvektion würden Hurrikan-artige Stürme in dieses Gebiet gesaugt und einen gigantischen Feuer-Tornado verursachen. Schutzräume würden sich in Brennöfen verwandeln. Die Schockwelle ginge mit Winden von 300 Stundenkilometern einher. Postol veranschaulichte all dies sehr dramatisch und leidenschaftlich mit historischen Bildern.

Europas Kriegstanz

Zepp-LaRouche erinnerte daran, daß Putin vor einem Jahr Rußlands strategische Doktrin geändert hat; anstelle eines praktischen Verzichts auf den Ersteinsatz von Atomwaffen behalte sich Rußland jetzt das Recht vor, Atomwaffen auch einzusetzen, wenn ein konventionell bewaffnetes Land, das von einer Atommacht unterstützt wird, seine Existenz bedroht. Die bisherige Doktrin hätte nicht ausgereicht, um existentielle Bedrohungen abzuschrecken.

Postol kommentierte die Aufrüstung der führenden NATO-Staaten: „All dieses Gerede über einen Krieg mit Rußland ist fast schon lächerlich.” Rußland habe offensichtlich nicht die Absicht, in Europa einzumarschieren oder die Ukraine zu besetzen. Das Verhalten des Westens habe es jedoch zum Handeln gezwungen. Im Januar 2022 habe Außenminister Blinken dem russischen Außenminister Lawrow erklärt, die USA würden sich das Recht vorbehalten, in der Ukraine Atomwaffen zu stationieren. Wie könne es da jemanden überraschen, wenn Rußland in die Ukraine einmarschiert?

Zepp-LaRouche fragte Postol nach seiner Meinung zu den lautstarken Forderungen nach konventioneller Aufrüstung. Er antwortete, der Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft sei eine direkte Folge des Ukrainekrieges. Als US-Präsident Biden die Nord-Stream-Pipeline sprengen ließ, habe das Deutschland viel mehr geschadet als Rußland. „Deutschland befindet sich in einem Prozeß der Deindustrialisierung”, aber das sei Merz egal. Der wolle den Deutschen ihre begrenzten Mittel wegnehmen, um einen völlig unnötigen Krieg gegen Rußland vorzubereiten. Die europäischen Regierungen seien so verzweifelt darauf aus, die Verantwortung für den eigenen wirtschaftlichen Zusammenbruch zu vertuschen, daß sie bereit seien, einen Krieg mit Rußland anzufangen.

Gut und Böse

In der Diskussion gab es eine Frage über „das Böse in der strategischen Politik”. Zepp-LaRouche betonte dazu das letzte ihrer „Zehn Prinzipien einer neuen internationalen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur“, – daß der Mensch im Grunde gut ist.2 Der Ursprung des Bösen liege im System der Oligarchie. Friedrich Schiller habe gesagt, die wichtigste Voraussetzung für die Menschheit sei das Empfindungsvermögen (Empathie). Was nütze es einem Menschen, wenn auf seinem Grabstein steht, er habe 200 Porsche gehabt und kiloweise Kaviar gegessen? Hannah Arendt habe mit ihrer These von der „Banalität des Bösen“ nicht ganz falsch gelegen.

Postol stimmte zu, daß der Mensch gut ist, jedoch mit Einschränkungen. Denn der Mensch sei auch „mit tierischen Instinkten verflucht“, wir hätten beides. Wir bräuchten eine Welt, in der die Vernunft unsere tierischen Instinkte überwältigen kann. Leider gebe es heute nur sehr wenige Menschen in Machtpositionen, die Gutes tun wollen. Die heutigen führenden europäischen Politiker hätten die Bedingungen geschaffen, die den Krieg in der Ukraine auslösten. Ihnen fehle der Mut eines Nikita Chruschtschow, zuzugeben, wenn sie Fehler gemacht haben.

Fazit

Zepp-LaRouche würdigte Postol als wichtige Stimme der Vernunft. Wer nicht von dem ausgehe, was Postol über die Realität eines Atomkrieges sagte, werde am Ende falsch liegen. Alle Teilnehmer sollten ihre Bemühungen verstärken, den Marsch in einen Atomkrieg zu stoppen, bevor sich das Zeitfenster für immer schließt.

eir


Anmerkungen

1. https://www.youtube.com/live/ZHLA4LPrj4U

2. https://schillerinstitute.com/de/blog/2022/11/30/zehn-prinzipien-fuer-eine-neue-internationale-sicherheits-und-entwicklungsarchitektur/

Weitere Beiträge der Internationalen Friedenskoalition (IPC)

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