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Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, wünschte zu Beginn des 82. wöchentlichen Treffens der Internationalen Friedenskoalition (IPC) am 27. Dezember allen ein gutes neues Jahr – mit der Hoffnung, daß wir das ganze Jahr heil überleben, „denn das ist noch nicht sicher“. Sie ging dann auf die verschiedenen militärischen Konfliktzonen der Welt ein und erwähnte u.a., daß die USA eine neue Militärbasis in Damaskus errichten. Der russische Außenminister Lawrow habe kürzlich gesagt, Rußland habe ermutigende Signale von der künftigen Trump-Regierung erhalten, aber man müsse abwarten, ob darauf auch Taten folgen. Die Nominierungen des Personals der neuen Trump-Regierung seien tatsächlich „sehr, sehr gemischt“.
Immerhin gebe es zwei hoffnungsvolle strategische Signale: Der japanische Außenminister besuchte Peking, wo die beiden Länder konstruktive Vereinbarungen trafen, u.a. zur gegenseitigen Förderung ihrer klassischen kulturellen Tradition. Zweitens stimmte Rußlands Präsident Putin nach einem Treffen mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico zu, Friedensgespräche mit der Ukraine in der Slowakei abzuhalten.
In Südwestasien seien die neuen Staatsführer in Syrien von der Gruppe HTS allesamt Gründungsmitglieder von al-Nusra und verwandten Terrororganisationen. Dieser Teil der Welt sei ein Pulverfaß, wo verschiedene Fraktionen und Staaten um die Macht wetteifern. Die Gefahr sei jetzt, daß Israels Ministerpräsident Netanjahu „Rückenwind verspürt“ und sich zu immer provokanteren Aktionen ermutigt fühlt, auch gegen den Iran. Israel setze seinen ungeheuerlichen Völkermord an den Kindern von Gaza fort und habe jetzt auch den internationalen Flughafen von Sanaa im Jemen bombardiert, wobei der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, beinahe getötet wurde. Zepp-LaRouche schloß mit den Worten: „Geopolitik ist eine Geisteskrankheit, die ausgerottet werden sollte.“
Der ehemalige CIA-Analyst Ray McGovern, Mitbegründer der „Geheimdienstveteranen für Vernunft“ (Veteran Intelligence Professionals for Sanity, VIPS), lobte Zepp-LaRouche und wünschte, sie wäre die Person, die dem neuen amerikanischen Präsidenten die aktuellen Briefings gibt. Um zu zeigen, in was für einer Fantasiewelt Washington lebt, erwähnte er Putins jüngste Enthüllungen über sein Treffen mit US-Präsident Joe Biden im Jahr 2021, bei dem Biden Putin ernsthaft davon überzeugen wollte, daß China eine Gefahr für Rußlands Sicherheit sei. „Diese Typen haben wirklich nichts begriffen“, sagte McGovern. Ihm falle dazu nur noch das deutsche Wort „Wahnsinn“ ein‚ das sei noch stärker als das englische „crazy“ und beschreibe die Wahnvorstellungen der NATO sehr treffend. Die NATO sei eine Kombination aus Wahnsinn und Soziopathie, ohne jedes Mitleid. Er erinnerte an US-Außenministerin Madeleine Albright, die im Fernsehen darauf angesprochen wurde, daß durch ihre Sanktionen eine halbe Million Kinder im Irak sterben mußten, und antwortete: „Ich denke, daß es eine sehr schwere Entscheidung ist, aber der Preis, glauben wir, ist es wert.“ McGovern schloß: „Wir befinden uns gerade an einem Scheideweg.“ Hoffentlich könne man in drei Wochen wieder aufatmen.
Larry Johnson, ebenfalls pensionierter CIA-Beamter und Mitbegründer der VIPS, sprach über die Lage in Syrien, „das reine Chaos“. Am ehesten würde dort wohl die Türkei die Macht übernehmen, Präsident Erdoğan sei „mit Israel ins Bett gestiegen“. Der HTS-Anführer und langjährige Halsabschneider al-Jolani werde im Westen als eine Art „Mahatma Gandhi mit Bart“ gehätschelt. Aber HTS habe die Lage nicht unter Kontrolle und sei unfähig, den Staat für seine Bewohner funktionsfähig zu machen. Jetzt herrsche dort ein Bürgerkrieg. Israel kämpfe seit 14 Monaten gegen die Hamas, eine leichtbewaffnete Guerillagruppe, ohne sie zu besiegen – trotzdem wolle es jetzt auch noch über Teile Syriens herrschen? Je mehr es sich ausdehne, desto schneller werde es sich selbst schwächen.
Zepp-LaRouche stimmte McGoverns Kommentar zum „Wahnsinn“ der NATO zu, ebenso wie Johnsons Aussage, daß eine Strömung in der Türkei ein Imperium anstrebe. Als sie und ihr Ehemann Lyndon LaRouche in den 1980er Jahren den türkischen Präsidenten Turgut Özal trafen, sei sie erstaunt darüber gewesen, wie sehr dieser von der Idee einer „Großtürkei“ besessen war. Johnson antwortete: „Erdogans Eitelkeit trübt sein Urteilsvermögen“, er sei allen Ernstes überzeugt, daß er das Osmanische Reich wiederherstellen könne.
McGovern sagte, es führe immer zu Wahnvorstellungen, wenn eine Gruppe von Menschen sich für außergewöhnlich hält. So habe während der Obama-Regierung US-Außenminister John Kerry davon geträumt, „die Kräfte in Syrien zu justieren“. Zepp-LaRouche stimmte zu und erklärte, Exzeptionalismus führe zu Geopolitik, „wie in Deutschland vor 80 Jahren“. McGovern ergänzte trocken: „Auserwähltes Volk, unentbehrliches Volk..., das führt in allen Fällen in eine Katastrophe.“
Co-Moderator Dennis Speed berichtete über einen Podcast in den USA, in dem ein früherer Berater und heutiger Kritiker des ukrainischen Präsidenten Selenskyj der offiziellen Darstellung vom bösen Putin, der einen Angriffskrieg gegen die Ukraine beginnt, seine eigene, inoffizielle Ansicht gegenüberstellte: Putin sei tatsächlich der prowestlichste russische Spitzenpolitiker, soweit man sich erinnern kann. So habe Putin angeboten, der NATO beizutreten und eine gemeinsame Raketenabwehr zu schaffen, und in der Anfangsphase des Krieges gegen Afghanistan eine Basis für die US-Streitkräfte zur Verfügung gestellt. Zepp-LaRouche sagte, diese inoffizielle Ansicht „stimmt voll und ganz mit dem überein, was ich über die Jahre beobachtet habe“.
Dr. Nidal Jboor von der Organisation „Ärzte gegen Völkermord“ gab bekannt, daß das letzte verbliebene Krankenhaus im Norden von Gaza, Kamal Adwan, niedergebrannt und alle Ärzte verhaftet worden seien. Er lud alle IPC-Teilnehmer ein, an einem Live-Stream seiner Organisation (doctorsagainstgenocide.org) mit Kollegen in Gaza teilzunehmen.
Johnson sagte, die letzten zehn Jahre hätten selbst die prowestlichsten Menschen in Rußland davon überzeugt, daß man dem Westen nicht trauen kann – der sei „wie eine gefräßige Heuschrecke, die alles vertilgen will“. McGovern erklärte, Putin habe sehr lange immer wieder versucht, „auf die Tauben und Stummen zuzugehen und mit ihnen zu reden“.
Früher sei das Kräfteverhältnis zwischen der Sowjetunion und dem Westen mehr oder weniger ausgeglichen gewesen, aber heute arbeiteten Rußland und China zusammen und Rußland verfüge über technische Vorsprünge, die es noch nie hatte. Johnson fügte hinzu, dank der sozialen Medien hätten wir Videoaufnahmen von neuer Raketentechnologie in Aktion; auch Angriffsdrohnen seien ein entscheidender neuer Faktor.
Zepp-LaRouche wiederholte, sie sehe nur eine einzige Hoffnung, nämlich daß der Westen sagt: „Machen wir Schluß mit der Geopolitik und setzen wir auf Zusammenarbeit statt Konfrontation.“ In den USA etwa seien riesige Landstriche unterbevölkert, es sei höchste Zeit, sich statt auf Hegemoniestreben auf die Entwicklung der ramponierten Wirtschaft zu konzentrieren. Dies sei der Weg, um das Migrationsproblem zu lösen und um Frieden zu schaffen.
Der Präsident von Solidarité et Progrès aus Frankreich, Jacques Cheminade, gab zu bedenken, die Interessen Israels und der Türkei würden sich bald nicht mehr decken. Dies werfe die Frage auf, was mit dem Iran geschehen wird, und ob Rußland seine Militärstützpunkte in Syrien behält.
Schließlich wurde über die Rolle der Kirchen und den jüngsten Friedensappell des Papstes diskutiert. Joe Biden, der sich als Katholik bezeichnet, will in Kürze den Papst besuchen. McGoverns Gedanke dazu war: „Ich weiß nicht, wie ein praktizierender Katholik einen Völkermord [in Gaza] ermöglichen kann, das ist mir ein Rätsel.“ Er sagte ironisch, Biden habe „viel zu beichten“.
Johnson kommentierte Donald Trumps jüngste Äußerungen, die USA sollten sich Panama, Kanada und Grönland einverleiben: „Das sind die bizarrsten Aussagen, die mir je untergekommen sind.“ Tatsächlich führen kaum US-Schiffe durch den Panamakanal. „Trump hat Spaß daran, Trudeau zu quälen... Ich muß allerdings sagen, ich kann ihm das nicht verübeln.“
Zepp-LaRouche sagte abschließend, auch in Deutschland nehme der Wahnsinn zu. Es heiße jetzt, die Bundeswehr solle sich sofort auf einen Krieg einstellen, das sei völlig verrückt. In den alternativen Medien werde eine Flut von Stimmen laut, die sagen: „Zwischen Europa und den Vereinigten Staaten gibt es keine gemeinsamen Interessen mehr.“ Man müsse sich jetzt an den Höhepunkten der Kultur orientieren, wie sie Schiller und Beethoven verkörpern. Die Diskussion über ein humanistisches Menschenbild sollte uns die Kraft geben, positiv in das Weltgeschehen zu intervenieren.
eir
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