|
|
Von Alexander Hartmann
Im ägyptischen Scharm el-Scheich wurde am 8. Oktober eine Einigung zwischen der Hamas und israelischen Unterhändlern über die erste Phase eines Friedensabkommens erzielt. In ersten Erklärungen von US-Präsident Donald Trump und dem Hamas-Team hieß es, daß alle lebenden israelischen Geiseln und die etwa 2000 seit dem 7. Oktober 2023 festgehaltenen palästinensischen Gefangenen freigelassen werden sollen. Die israelischen Truppen sollen sich auf vereinbarte Linien zurückziehen und die Hilfslieferungen sollen in einem Umfang wiederaufgenommen werden, der dem Abkommen vom Januar 2025 entspricht. Später stimmte auch das israelische Kabinett der Einigung zu.
Die Hamas hat Bedenken, ob Trump Israel zur Einhaltung seiner Verpflichtungen aus dem Abkommen zwingen kann. Aber auch wenn die Vereinbarung tatsächlich umgesetzt wird, ist damit der Konflikt nicht aus der Welt geschafft. Für einen wirklichen Frieden zwischen Israel und Palästina ist eine Perspektive nötig, mit der beide Seiten dauerhaft leben können: einen umfassenden Plan zum Wiederaufbau und zur gemeinschaftlichen wirtschaftlichen Entwicklung der gesamten Region.
Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, beschrieb diesen Ansatz am 7. Oktober in einem Interview mit Pakistan TV:
„Das Schiller-Institut hat einen Plan ins Leben gerufen, wir nennen ihn den ,Oasenplan‘. Dabei handelt es sich um ein wirtschaftliches Entwicklungsprogramm, das nicht nur den Wiederaufbau des Gazastreifens, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region zum Ziel hat. Das soll durch die Gewinnung großer Mengen an Frischwasser durch den Bau eines Kanalsystems erreicht werden. Ein Kanal soll das Tote Meer mit dem Roten Meer verbinden, ein weiterer Kanal soll davon abzweigen, so daß neue künstliche Flüsse entstehen. Außerdem ist die Entsalzung großer Mengen Meerwasser und die Begrünung der Wüste geplant. Meine Vision ist, daß die gesamte Region von Indien bis zum Mittelmeer, vom Kaukasus bis zu den Golfstaaten, in wenigen Jahren grün werden könnte.
Wenn man die Dynamik in der Region verändern will, braucht man meiner Meinung nach eine Vision für die Zukunft. Insbesondere alle jungen Menschen sollten einen Grund haben, Wissenschaftler und Ingenieure zu werden. Sie sollten die Vorstellung haben, daß dieses Horrorszenario, das schon viel länger andauert als nur die letzten zwei Jahre, irgendwann ein Ende haben wird und daß eine Zukunft für alle Länder in der Region aufgebaut werden kann.”
Zepp-LaRouches verstorbener Ehemann Lyndon LaRouche, der geistige Vater des Oasenplans, hatte schon anläßlich des Durchbruchs der Osloer Verträge 1993 betont: „Jetzt müssen wir sofort die Schaufeln rausholen. Vordringlich ist jetzt, daß wir mit vollem Tempo darangehen müssen, diese wirtschaftlichen Entwicklungsprojekte, wie den Kanal von Gaza zum Toten Meer, sofort in Gang zu setzen. Denn wenn wir warten, bis alles ausdiskutiert ist, dann werden die Feinde des Fortschritts und der Menschheit erfolgreich sein ... und eingreifen, um dieses Abkommen in Blut und Chaos zu ertränken. Aber jetzt haben wir eine Chance. Wenn wir schnell genug handeln, um die wirtschaftliche Entwicklung in Gang zu bringen, dann können wir ein Abkommen im Nahen Osten erzielen, das erfolgreich ist.“
Die Gefahr, daß die Zukunft der Menschheit „in Blut und Chaos ertränkt wird“, besteht nicht nur in Südwestasien, sondern auch in anderen Teilen der Welt. Die größte Gefahr für die Menschheit – die größte der gesamten Menschheitsgeschichte, weil durch einen Atomkrieg sogar die Auslöschung unserer Gattung droht – liegt in dem offenen Bekenntnis der westlichen Nationen zur Geopolitik – diesem alten, sterbenden System, bei dem einige Länder und Völker andere beherrschen. Der unaufhaltsame, psychotische Drang der Eliten Europas und der NATO, um jeden Preis einen Krieg mit der Atommacht Rußland anzuzetteln, ist ein extrem alarmierendes Beispiel hierfür.
Viele Beobachter verurteilen scharf die jüngsten, verzweifelten Bemühungen des amtierenden ukrainischen Präsidenten Selenskyj und seiner Hintermänner, Präsident Trump zu bewegen, der Ukraine Tomahawk-Langstreckenraketen zu liefern, um angeblich „Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen“. Der ehemalige UN-Waffeninspekteur Scott Ritter hat den US-Kongreß aufgefordert, unverzüglich zu handeln und den Export solcher Waffen in die Ukraine sowie die Unterstützung durch Geheimdienstinformationen bei der Zielerfassung der Raketen zu verbieten. Trump hat bisher noch nicht klar gesagt, ob er das genehmigen will.
Ritter zitiert aus der Rede des russischen Präsidenten Putin vor dem Waldai-Club am 2. Oktober: Die Lieferung von Tomahawks „würde den Beginn einer völlig neuen Phase in dieser Eskalation signalisieren, auch in Bezug auf die Beziehungen Rußlands zu den Vereinigten Staaten“. Rußland hat angeboten, den New START-Vertrag zur Begrenzung strategischer Offensivwaffen, der im kommenden Frühjahr ausläuft, freiwillig ein Jahr zu verlängern, wenn die USA es auch tun. Putin betonte aber: „Was danach geschieht, ist schwer zu sagen. Es gibt noch viel zu klären. Wenn wir wissen, daß es in den USA Menschen gibt, die sagen, daß sie keinerlei Rüstungskontrolle brauchen, dann brauchen wir das auch nicht. Alles in allem sind wir zufrieden. Wir sind uns unserer nuklearen Abschreckung sicher. Wir wissen, was wir morgen und danach tun müssen.“
Putin sagte weiter, der Westen wolle China in die Verhandlungen über die Beschränkung von Atomwaffen einbeziehen, aber: „Warum läßt man das nukleare Potential Frankreichs und Großbritanniens außen vor? Sie sind im übrigen NATO-Mitglieder. Sie wollen ihr nukleares Schutzschild auf ganz Europa ausdehnen.“
Ritter sagt, Präsident Trump werde von seiner Regierung nicht gut beraten. Vizepräsident J.D. Vance und General Keith Kellogg hätten angedeutet, den Einsatz von Tomahawk-Raketen in der Ukraine zu unterstützen. Ritter zitiert erneut Putin (diesmal aus Reuters): „Der Einsatz von Tomahawks ohne direkte Beteiligung von US-Offizieren ist unmöglich. Das bedeutet eine völlig neue, qualitativ neue Eskalationsstufe, auch in den Beziehungen zwischen Rußland und den Vereinigten Staaten.“
Ritter erinnert daran, daß Trump selbst im Dezember 2024 vor seiner zweiten Amtszeit gegenüber Time Präsident Bidens Entscheidung, der Ukraine den Einsatz von amerikanischen ATACMS-Raketen gegen Ziele in Rußland zu gestatten, wie folgt kommentierte: „Ich bin absolut nicht damit einverstanden, Raketen Hunderte von Kilometern weit in Rußland einzusetzen. Warum tun wir das? Wir eskalieren damit nur diesen Krieg und verschlimmern die Lage. Das hätte nicht erlaubt werden dürfen. Jetzt setzen sie nicht nur Raketen, sondern auch andere Arten von Waffen ein. Und ich halte das für einen sehr großen Fehler.“
Da Trump offenbar kurz davor steht, jetzt selbst diesen großen Fehler zu begehen und dem Einsatz von Tomahawks in der Ukraine zuzustimmen, fordert Ritter:
„Der Kongreß sollte eine Resolution verabschieden, die den USA die Lieferung von Tomahawk-Raketen an die Ukraine sowie die Bereitstellung von nachrichtendienstlicher Unterstützung zum Einsatz dieser und anderer Raketen untersagt… Eine Intervention des Kongresses ist notwendig, um die Trump-Regierung auf die Inkonsistenz ihrer politischen Positionen hinsichtlich der Lieferung von Langstreckenraketen an die Ukraine und die Gefahr aufmerksam zu machen, die solche Maßnahmen für die größere Frage der strategischen nuklearen Rüstungskontrolle darstellen. Dies könnte die Trump-Regierung auch dazu bewegen, sich mit Putins Angebot eines Moratoriums für New START und der Notwendigkeit einer umfassenden Überprüfung der amerikanischen Rüstungskontrollpolitik und -prioritäten auseinanderzusetzen.“
Ritter schließt: „Ein einziger Fehler, eine Fehleinschätzung, und die Welt könnte sich durchaus mit der schrecklichen Realität eines nuklearen Armageddon konfrontiert sehen. Geben wir dem Frieden eine Chance. Der Kongreß sollte jetzt handeln, um die ,Raketen des Oktobers‘ ruhen zu lassen.“
Die einzige Lösung für die weltweit ausbrechenden Krisen besteht darin, daß sich die westlichen Nationen auf ihre besseren Seiten besinnen, ihre Grundsätze ändern und das System der Kriege und geopolitischen Konflikte aufgeben. Unser Universum ist keine Welt, in der „jeder gegen jeden“ kämpft, wie Hobbes behauptete – ganz im Gegenteil. Schauen Sie sich die Länder des Globalen Südens an, die BRICS und die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit: Trotz Trumps Zollkrieg wächst der Süd-Süd-Handel von Jahr zu Jahr weiter. In diesen Ländern entstehen neue Kooperationsprojekte in Bereichen wie Verkehr, Energie und Landwirtschaft.
Dieser Tage nehmen 7000 Gäste aus 80 Ländern an dem Forum „Die Zukunft erfinden“ in Moskau teil. Dort diskutieren sie über eine Vielzahl von Themen, die für unsere Zukunft wesentlich sind, von demographischen Herausforderungen über Künstliche Intelligenz bis hin zu Weltraumforschung. Präsident Putin sagte vor Teilnehmern des Forums: „Die Schlußfolgerungen und Ergebnisse einer so tiefgründigen und substantiellen Diskussion sind von großem Wert. Ich bin überzeugt, daß wir unsere eigene Zukunft auf der Grundlage einer Weltsicht der Souveränität gestalten müssen.“
„Ich denke, die Zeichen der Zeit stehen auf Zusammenarbeit”, sagte Helga Zepp-LaRouche im Internetforum des Schiller-Instituts am 1. Oktober. „Wenn die westlichen Länder der Globalen Mehrheit signalisieren würden, daß sie beabsichtigen, mit ihr in Wirtschaft, Politik, Kultur und allen möglichen Bereichen zusammenzuarbeiten, dann könnten wir in eine ganz neue Ära der Zivilisation eintreten.”
Weitere Leitartikel der vergangenen Wochen
Wie andere Zeitungen auch leidet die Neue Solidarität unter steigenden Kosten und sinkenden Abonnentenzahlen. Angesichts dieser Entwicklung ist das Weiterbestehen unserer Zeitung – jedenfalls in der bisherigen Form – gefährdet. Damit ginge dem deutschsprachigen Raum eine wichtige Stimme der Vernunft verloren.
Wir sehen uns daher – hoffentlich nur vorübergehend – gezwungen, die Erscheinungsweise von bisher acht Seiten wöchentlich auf zwölf Seiten alle zwei Wochen umzustellen.
(Für die aktuellen Meldungen empfehlen wir als Ergänzung unsere täglich erscheinenden E.I.R. Nachrichten, die den Abonnenten per
Aufrufe zur Unterstützung unserer Zeitung im vorigen Jahr halfen uns, das Defizit zu mildern, wofür wir uns bei allen Unterstützern herzlich bedanken. Aber um das weiterbestehende strukturelle Defizit wirklich zu überwinden, brauchen wir vor allem eines: mehr Abonnenten für unsere Zeitung, was auch das beste Mittel ist, das geistige Defizit im politischen Diskurs der deutschsprachigen Welt zu bekämpfen.
Nutzen Sie unsere Zeitung als ein Instrument, dies zu erreichen! Helfen Sie uns, neue Leser zu finden, und empfehlen Sie unsere Zeitung weiter.
Man kann Abonnements auch verschenken. Manche unserer Leser haben Mehrfach-
Abonnements, damit Sie die Zeitung an Interessierte weitergeben können. Und natürlich können Sie uns auch weiterhin mit Förderabonnements und Förderbeiträgen helfen.
Bankverbindungen – Empfänger: E.I.R. GmbH, Wiesbaden
Nassauische Sparkasse Wiesbaden
IBAN: DE79 5105 0015 0114 0044 99 – BIC: NASSDE55
Postbank Frankfurt
IBAN: DE93 5001 0060 0330 0216 07 – BIC: PBNKDEFF
Stichwort: Erhaltet die Neue Solidarität