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Das Schiller-Institut feierte am 7. und 8. Dezember sein 40jähriges Bestehen mit einer Konferenz unter dem Titel „Im Geiste Schillers und Beethovens: Alle Menschen werden Brüder“, mit dem Ziel, den Lauf der Menschheitsgeschichte zu ändern. Die Frage, die allen Teilnehmern gestellt wurde, lautete: Wie ist es so weit gekommen, daß wir am Rande eines Atomkrieges stehen, und hat die Menschheit die moralische Kraft, ihr Schicksal zu ändern – sich vom Abgrund abzuwenden? Die Diskussion über diese Frage war in vier Sitzungen aufgegliedert, diese befaßten sich mit der strategischen Krise und der Weltkriegsgefahr, den notwendigen großen Projekten zur Überwindung der Migrationskrise, den wissenschaftlichen Triebkräften der physischen Wirtschaft sowie der Schönheit der Kulturen der Welt als Grundlage eines Dialogs zwischen den Zivilisationen.
Die Konferenz begann mit einer Videoaufführung von Harry Burleighs Arrangement des Spirituals Deep River aus dem Jahr 1999 mit dem Bariton William Warfield und der berühmten Gesangspädagogin Sylvia Olden Lee am Klavier, bevor Dennis Speed als Moderator den ersten Konferenzabschnitt einleitete.
Speed stellte die Podiumsdiskussion unter das Motto „Die Politik der Tragödie oder die Staatskunst der Hoffnung“ und zeigte im Rahmen seiner Einführung zwei Videoclips: Im ersten sprach der langjährige US-Senator Bill Bradley über den „grundsätzlichen Fehler“ der NATO-Osterweiterung. Bradley erinnert daran, daß der Westen dem sowjetischen Staatschef Gorbatschow 1990 versprochen hatte, die NATO keinen Zentimeter nach Osten auszudehnen, und trotzdem begann Präsident Clinton einige Jahre später mit der NATO-Erweiterung. Der zweite war ein Videoausschnitt aus einer Rede von Lyndon LaRouche vom 7. Dezember 2012 über „die tragische Annahme, die den Westen in seine eigene Zerstörung geführt hat“ – daß Geld einen Eigenwert habe. Vielmehr liege der Wert in den physischen Werten pro Kopf. „Geld muß etwas bewirken“, sagte er. Der Wert des Geldes steigt nicht, aber die Kosten sinken. Unser Erfolg als Gattung erfordere eine höhere Energieflußdichte und eine Verbesserung der Arbeitsproduktivkräfte – aber nur sehr wenige Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks hätten das verstanden.
Helga Zepp-LaRouche begann ihre Grundsatzrede mit einer eindringlichen Warnung vor der gefährlichen strategischen Lage. Die Atomwaffen der USA und Rußlands seien so eingestellt (Launch on Warning), daß sie möglicherweise bei einer Angriffswarnung automatisch abgefeuert werden, wenn es, so wie jetzt, keine Kommunikationsverbindung zwischen den beiden Seiten gibt. Keine zwei Wochen nach Donald Trumps Wahlsieg habe US-Präsident Biden dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj erlaubt, ATACMS-Raketen auf Rußland abzufeuern, und Rußlands neue strategische Nukleardoktrin mißachtet. Faktisch sei der Westen nun im Kriegszustand mit Rußland. Zepp-LaRouche beschrieb dann die Eigenschaften der neuen russischen Hyperschallrakete Oreschnik, die der Westen auf eigene Gefahr ignoriere. Es gebe Lösungen, aber „jede Friedensordnung muß die Interessen des anderen – aller anderen – berücksichtigen“.
Anschließend präsentierte sie einen Überblick über die wichtigsten Aspekte des Lebenswerks ihres verstorbenen Ehemanns Lyndon LaRouche, darunter die von ihm entworfene Strategische Verteidigungsinitiative (SDI). Sie ging auf den Zusammenbruch des Westens ein, u.a. die „grüne“ Energiewende hin zu geringeren Energieflußdichten, und den Gegensatz zu China, das 850 Millionen Einwohner aus der extremen Armut befreit hat und anschließend seine erfolgreiche Methodik dem Rest der Welt zur Verfügung stellte. Wenn Präsident Xi Jinping von einer „Explosion disruptiver Technologien“ spricht, zeige das, daß er zu derselben wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnis gelangt ist wie LaRouche: „Die Gesetze des physischen Universums sind anti-entropischer Natur.“ Sie betonte: „Wir sollten die Vorstellung ablehnen, daß die Beziehungen zwischen Nationen ein Nullsummenspiel sind, bei dem einer gewinnt und der andere verliert. Wir sind Menschen und keine wilden Tiere... Wir sollten die eurozentrische Arroganz aufgeben... Wir müssen uns vom Geist von Beethovens Neunter Symphonie leiten lassen.“
Es folgte Prof. Dmitrij Trenin, akademischer Leiter des Instituts für Weltmilitärwirtschaft und -strategie an der Hochschule für Wirtschaft in Moskau. Er begrüßte Zepp-LaRouches Ausführungen: „Ich stimme ihrer Analyse voll und ganz zu.“ Trenin fuhr fort: „Die vom Westen vorangetriebene Globalisierung ist vorbei... Diese Hegemonie hat, wie es kommen mußte, begonnen zu bröckeln und zu zerfallen.“ Er warnte, „Kalter Krieg II“ sei heute eine falsche Bezeichnung, weil die Abschreckung, die den Kalten Krieg „kalt hielt“, nicht mehr funktioniere. Präsident Biden könnte den Konflikt in Südwestasien als Gelegenheit nutzen, um die Atomforschung des Iran zu zerstören. Auch wenn in Rußland die Rufe nach einer Mobilisierung für den Krieg in der Ukraine laut seien, räume das Land der wirtschaftlichen Entwicklung Vorrang ein. Das sei eine Lektion, die sich andere heute ansehen sollten. Auch der Westen sollte aus dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine Lehre ziehen.
S.E. Donald Ramotar, ehemaliger Präsident von Guyana, beklagte, daß im Gazastreifen ein Völkermord an palästinensischen Frauen und Kindern verübt werde. Er verurteilte die politische Führung im Westen: „Seit den frühen 1990er Jahren war es ihr Ziel, sicherzustellen, daß Rußland schwach und machtlos ist. Dieser Kampf hat zu einer beängstigenden Situation geführt, nämlich der akuten Gefahr eines Atomkriegs.“ Das Bewußtsein über diese große Katastrophe hinke der tatsächlichen Gefahr weit hinterher, insbesondere weil imperialistische Mächte es geschafft hätten, die Medien unter ihre Kontrolle zu bringen. Ramotar betonte, wir befänden uns in einer Übergangsphase von einer unipolaren zu einer multipolaren Welt. Die alte, neokoloniale Denkweise komme u.a. in der Haltung des Westens gegenüber China zum Ausdruck. Nun beginne im Globalen Süden endlich der Aufbau einer angemessenen Infrastruktur, deren Fehlen die Ursache der Armut war. Die meisten Projekte Chinas seien „transformativ“, und das ist der Grund für die Feindseligkeit der USA gegenüber China. „Wir müssen den Westen dazu aufrufen, sich mit den BRICS-Staaten zusammenzuschließen, um die Armut noch zu unseren Lebzeiten zu beenden.“
S.E. Ján Čarnogurský, ehemaliger Ministerpräsident der Slowakei, begann mit der Aussage, im Osten sei die vorherrschende Meinung, daß nur der Kommunismus den Osten vom Westen trenne, doch im Westen herrsche eine andere Sichtweise. Die NATO-Osterweiterung nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts habe Rußland schließlich veranlaßt, „dagegenzuhalten“. Čarnogurský warnte: „Rußland hegt tiefes Mißtrauen gegenüber dem Westen, insbesondere gegenüber den Vereinigten Staaten und Großbritannien, weil sie Rußland mehr als einmal betrogen haben.“ Die Mehrheit der Slowaken betrachte Rußland nicht als Feind, und die Slowakei werde keine Soldaten in die Ukraine schicken. Joe Biden sei geistig der Lage nicht mehr gewachsen, und man habe den Eindruck, daß die USA nicht von einem gewählten Präsidenten regiert werden, „sondern von einer Art Schattenregierung.“ Die Vereinigten Staaten, unterstützt von Großbritannien und der gesamten NATO, seien derzeit der größte Zerstörer der demokratischen Ordnung in der Welt. „Es ist schwierig, mit solchen Eliten in Verhandlungen zu treten.“
Botschafter a.D. Chas W. Freeman, jr., ehemaliger stellvertretender US-Verteidigungsminister für internationale Sicherheitsangelegenheiten, eröffnete seine Rede mit den Worten: „Mir ist sehr bewußt, daß das jüngste Verhalten meines Landes es seine moralische Autorität gekostet und einen Großteil der Welt gegen es aufgebracht hat.“ Inzwischen sei es schon so weit, daß reisende Amerikaner sich als Kanadier ausgeben. Jeder Kommentar, der der offiziellen westlichen Darstellung widerspricht, werde sofort als „Desinformation“ gebrandmarkt, kritisierte er. „Rüstungskontrollverträge laufen aus und werden nicht ersetzt…, und es gibt derzeit keine funktionierenden Mechanismen zur Eskalationskontrolle zwischen atomar bewaffneten Kriegsparteien.“ Angesichts dieser traurigen Lage bot er Ratschläge für Diplomaten zur Lösung der vielen Konflikte an, u.a. in der Ukraine. Auch wenn die Einwohner der von Rußland besetzten Gebiete die russische Präsenz zweifellos begrüßen, sollte Moskau dennoch in Erwägung ziehen, international überwachte Referenden in diesen Gebieten zuzulassen.
Zhang Weiwei, Professor für Internationale Beziehungen an der Fudan-Universität in Shanghai, berichtete, der Optimismus der Ära nach dem Kalten Krieg in Europa sei verflogen, aus europäischer Sicht sei heute die ganze Welt ein „Lose-Lose-Geschäft“, bei dem alle Seiten verlieren – ganz im Gegensatz zum „Win-Win-Geschäft“ in Asien.
Der ASEAN-Raum genieße seit fast fünf Jahrzehnten Frieden und Entwicklung. Was hat China richtig und Europa falsch gemacht? Zhang nannte „drei Strukturen plus einen Schlüsselfaktor“: 1. Entwicklung (China hat grundsätzlich eine hohe Priorität für Entwicklung, die nicht an politische Zwecke gebunden ist); 2. Politische Sicherheitsstruktur; 3. Kultureller zivilisatorischer Austausch mit gegenseitigem Respekt, friedlicher Koexistenz und Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder. Wenn alle Staaten China nacheifern könnten, gäbe es die Atomkriegsgefahr nicht. Zhang lobte die Vorschläge des Schiller-Instituts für Großprojekte wie den Oasenplan und beschrieb, wie in den Binnenstaaten Südostasiens aus dem früheren „Fluch der Geographie“ ein „Segen der Geographie“ wurde, weil die Neue Seidenstraße (BRI) durch diese Staaten führt.
Scott Ritter, ehemaliger UN-Waffeninspekteur im Irak aus den USA, warnte in einer Videobotschaft, so etwas wie einen „begrenzten Atomkrieg“ gebe es nicht. „Man muß sagen, daß die Situation, mit der wir heute konfrontiert sind, die gefährlichste ist, mit der die Menschheit je konfrontiert war. Im Vergleich zur Kubakrise sind die Zerstörungskraft und die Mittel für ihren Einsatz heute weitaus größer.“ Damals habe es eine direkte Kommunikation zwischen den USA und der UdSSR gegeben, einen brauchbaren und sinnvollen inoffiziellen Gesprächskanal. „Heute gibt es gar keine Kommunikation.“ Er forderte die neue Trump-Regierung auf, der Ukraine keine Angriffe mit ATACMS-Raketen zu ermöglichen und den Konflikt zu deeskalieren.
Oberst a.D. Larry Wilkerson, ehemaliger Stabschef des US-Außenministers Colin Powell, unterstützte Freemans „Darlegung der Niedertracht des Empire“ Was wir derzeit auf der Welt beobachten, sei eine gewaltige Veränderung zurück zu dem Zustand, in dem sie sich vor 3000 Jahren befand, mit Asien im Zentrum und China als Lebensborn. Mehr als alle anderen seien es die USA, die uns an den Rand der Selbstzerstörung bringen, indem sie diesen unaufhaltsamen Wiederaufstieg des Ostens bekämpft. Wilkerson sagte, wir bräuchten Staatsführer, die verstehen, daß es falsch ist, sich der Entwicklung zu widersetzen. Leider sei Donald Trump „der Inbegriff eines Menschen ist, der keine Ahnung hat“, der stelle ein Kabinett zusammen, das sich der Entwicklung mindestens genauso widersetzen wird wie die derzeitige Regierung, wenn nicht noch mehr. Er warnte, eine Konfrontation zwischen China und den USA um Taiwan würde als Atomkrieg enden.
Der ehemalige iranische Botschafter in Deutschland, Hossein Mousavian, spekulierte über die künftigen Beziehungen zwischen den USA und dem Iran und erinnerte daran, daß Trump im Wahlkampf gesagt hatte, er wünsche dem Iran Erfolg, aber er dürfe keine Atomwaffen haben. Der Iran wolle jedoch Kernenergie für friedliche Zwecke, keine Waffen. Er skizzierte dazu vier Szenarien, mit denen die Trump-Regierung konfrontiert sein könnte. Mousavian schloß mit der Feststellung, wir bräuchten große Initiativen, um Kriege und Terrorismus zu beenden, und Entwicklungsinitiativen wie den Oasenplan des Schiller-Instituts.
Auf die Reden folgte eine lebhafte, einstündige Diskussionsrunde. Zepp-LaRouche rief zum Abschluß das Online-Publikum auf, Wege zu finden, die soeben diskutierten Ideen zu verbreiten. Anders als in den 1980er Jahren, als in Deutschland Hunderttausende auf die Straße gingen, seien sich heute große Teile der Bevölkerung der Atomkriegsgefahr nicht bewußt. Chinas Initiativen seien ein richtiger Ansatz, ein weiterer sei ihr eigener Vorschlag für eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur für die Welt. „Wir dürfen nicht zulassen, daß die Menschheit in ihren Untergang marschiert, ohne daß darüber auch nur diskutiert wird!“
Der von Stephan Ossenkopp moderierte zweite Konferenzabschnitt befaßte sich mit der Aufbaupolitik und den Projekten, die in der neuen Studie des Schiller-Instituts (Entwicklungsoffensive bedeutet: Milliarden neue Arbeitsplätze, keine Flüchtlinge, kein Krieg) vorgestellt werden.1 Die Sitzung wurde eröffnet mit dem Schlußsatz von Antonin Dvoraks „Amerikanischem Streichquartett“ aus einer Aufführung des Neo-Quartetts im Rahmen eines Konzerts des New Yorker Chores des Schiller-Instituts in der Bronx. Ossenkopp sagte, im Mittelpunkt der Vortragsrunde stehe die Grundidee der neuen Studie, den Globalen Süden wirtschaftlich zu entwickeln, um so die Welt für die wahren menschlichen Interessen zu einen. Gleichzeitig erinnere die Konferenz auch an den zehnten Jahrestag der Veröffentlichung der etwa 400 Seiten langen Studie Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke.2
Es folgte ein Ausschnitt aus einer Rede Lyndon LaRouches aus dem Jahr 1976 über das Konzept hinter der von ihm vorgeschlagenen Internationalen Entwicklungsbank (IDB). LaRouche verurteilt die auf dem Nazi-Juristen Carl Schmitt basierende Entvölkerungspolitik von George Ball und Henry Kissinger sowie den Plan des Autors William Paddock, die Bevölkerung Mexikos mit ähnlichen Methoden zu reduzieren, und erläutert die Rolle des Kredits bei der Umformung des Wirtschaftssystems.
Dennis Small war der Hauptredner der Sitzung. Er fragte: Was könnte man alles mit einer Billion Dollar anfangen? Man könne z.B. sämtliche auf dem Markt erhältlichen Drogen aufkaufen, den jährlichen Verteidigungshaushalt der USA oder die jährlichen Zinsen für die US-Staatsschulden bezahlen – man könne aber auch 46.000 km Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnstrecken bauen wie in China. Zur Frage, was denn nun eine „gute“ Investition sei, zitierte er LaRouche, gut sei das, was die Menschheit voranbringt. Small präsentierte Statistiken über globale Armut, Arbeitslosigkeit und Lebensmittelproduktion aus der neuen Broschüre des Schiller-Instituts: Die reale Arbeitslosigkeit auf der Welt betrage fast 50%, wir müßten weltweit 1,7 Milliarden neue Arbeitsplätze schaffen, bis 2050 sogar 2,5 Milliarden. „Wenn China es kann, warum nicht wir auch?“ Der neue Hafen von Chancay in Peru verkürze die Transportzeit von dort nach Shanghai um fast ein Drittel, auf 23 Tage. Aber mit einer Hochgeschwindigkeitsbahn durch Südamerika über Mexiko, die USA, Alaska und die Beringstraße nach China würde die Zeit auf nur noch drei Tage sinken! Er erläuterte das Transaqua-Projekt und den Grand Inga-Staudamm in Afrika und betonte, das koste netto gar nichts, man benötige nur die nötigen Kredite.
Dr. Alexander Bobrow, außerordentlicher Professor am Fachbereich für Diplomatie der MGIMO-Universität (Moskauer Staatsinstitut für Internationale Beziehungen) sprach über die „Krise in der Diplomatie“ als „Wurzel allen Übels“ in der heutigen Welt. Mit wenigen Ausnahmen gebe es heute auf keiner Ebene Kontakt zwischen den USA und Rußland, russische Diplomaten würden ausgewiesen und Sanktionen verhängt. In Asien gehe es wegen der Eindämmungspolitik der USA gegen China in die gleiche Richtung. Bobrow arbeitet an einer „Gesamtstrategie“ für Rußland, einschließlich der Rüstungskontrolle. Um gemeinsame Interessen zu finden, müsse man „sich in den anderen hineinversetzen und die Dinge aus seinen Sicht betrachten“. Rußland versuche das, erhalte aber keine Antwort. Er äußerte jedoch die Hoffnung, daß diese Konferenz zur Lösung des Problems beiträgt.
Prof. Manuel Hassassian, der palästinensische Botschafter in Dänemark, beschrieb die israelische Besetzung Palästinas als die „längste ausländische Besetzung der Geschichte“, die seit über 76 Jahren andauert. Die Besetzung und der nun offene Völkermord hätten Palästina weltweit Sympathien eingebracht, aber niemand versuche ernsthaft, sie zu stoppen. Es gebe keinen „Konflikt um umstrittenes Land“, sondern eine „offene Usurpation“ des palästinensischen Landes. Obwohl Palästina erklärte, sich damit zu begnügen, nur 22% des Landes zu behalten, nehme Israel sich jetzt mehr. Er lobte den Oasenplan des Schiller-Instituts; das Video zum Oasenplan sei ein sehr wirkungsvolles Instrument, das dem Schiller-Institut große Glaubwürdigkeit verleiht.
Chandra Muzaffar, Gründer und Leiter der Internationalen Bewegung für eine Gerechte Welt (JUST), sprach über die Hegemonie der USA in einer „unipolaren“ Welt als Ursache der Krise auf der Welt – insbesondere, daß der Völkermord in Palästina nicht beendet wird. Die BRICS repräsentierten das neue Paradigma, das Hoffnung auf eine neue Weltordnung bietet.
Michael Limburg, Elektroingenieur aus Deutschland und selbsterklärter „Klima-Realist“ legte Beweise dafür vor, daß die Klimapropaganda wissenschaftlich ein Betrug ist. „Die Klima-Ideologie ist tot – jedenfalls beinahe“, sagte er. Linke hätten das ins Leben gerufen, als die Sowjetunion nicht mehr da war, statt dessen hätten sie beschlossen, Umweltverschmutzung und Klimakatastrophe zum neuen Feind zu machen, um ihre Bereicherung zu rechtfertigen. So habe man wegen der „Grün-Linken“ Billionen von Euro verschwendet. Die jüngsten COP-Gipfel seien gescheitert, weil die Menschen die Notwendigkeit fossiler Brennstoffe und echter Wissenschaft erkennen.
Der Rußlandexperte Glenn Diesen aus Norwegen sagte, im Konflikt zwischen Rußland und den USA werde es keine Gewinner geben, und forderte den Globalen Süden auf, Lösungen anzubieten. Im Westen herrsche Panik über die Niederlage im Krieg in der Ukraine, Fukuyamas Phantasie vom „Ende der Geschichte“ sei tot. Auch die Demokratie in der jetzigen Form sei tot, wie man in den USA, Deutschland und Frankreich sehe. China habe den größten Aufstieg in der Geschichte hingelegt, und die USA seien dabei, den Krieg in der Ukraine wie auch den Wirtschaftskrieg mit China zu verlieren. Man müsse die Idee der feindlichen Allianzen überwinden, wofür die BRICS ein Vorbild seien.
Den letzten Teil des Sitzung bestritten vier Redner aus der Landwirtschaft: Dr. Bedabrata Pain aus Indien, die Farmer Joe Maxwell und Mike Callicrate aus den USA und Bob Baker vom Schiller-Institut (USA). Pain beschrieb seinen Film Deja Vu, eine Dokumentation über seine Tour durch die USA, bei der er Landwirte traf und zeigte, daß die indischen Bauern gegen dasselbe System kämpfen, das auch Amerikanern unter dem Deckmantel der „freien Märkte“ aufgezwungen wurde und dort die Landwirtschaft ruiniert. Maxwell und Callicrate untermauerten dies mit einem Bericht über die Kartelle und die Monopole, die in Amerika die Landwirtschaft übernehmen und zerstören. Die Ära der Raubritter sei zurück, sagte Callicrate, mit Cargill, JBS und ähnlichen Kartellen, die Landwirte ausbeuten und es ihnen unmöglich machen, „ihre Nachbarn zu ernähren.“ Baker widerlegte die Lüge, es gäbe „genug Lebensmittel auf der Welt, wenn man sie nur richtig verteilt“, und beharrte darauf, daß wir die Erzeugung erheblich steigern müssen. Die Kartelle entließen selbst Tausende ihrer Arbeitskräfte, nur um auf Kosten der Landwirte und der Umwelt ihre Profite zu maximieren. Er forderte eine Million neuer Familienbetriebe in Amerika. Anschließend wurde ein Trailer für den Film Deja Vu gezeigt.
Es folgte eine weitere, ausführliche Diskussionsrunde.
Der dritte Abschnitt der Konferenz begann mit Beethovens schönem Abendlied unterm gestirnten Himmel, gesungen vom musikalischen Leiter des Schiller-Instituts, John Sigerson, begleitet von Margaret Greenspan. Es folgten Auszüge aus einer Rede von Lyndon LaRouche vom 17. Januar 1998 mit dem Titel „Wie das oberste Prozent der amerikanischen Bürger denkt“. Darin befaßte sich LaRouche mit dem Unterschied zwischen Bildern, die auf den Sinnen basieren, und Ideen – Prinzipien, die man nicht riechen, anfassen oder schmecken kann, die aber tatsächlich das Universum regieren. Ideen, d.h. wissenschaftliche Prinzipien, seien der Unterschied zwischen Affen und Menschen. Nur deshalb sei die Menschheit, die anfangs eine potentielle Bevölkerungsdichte von nur etwa 3 Millionen hatte, was der einer Affenart entspricht, so angewachsen, daß sie 1998 bereits 5 Milliarden Menschen ernähren konnte. Ein solches Bevölkerungswachstum brauche technologischen und künstlerischen Fortschritt ab. „Wir sind keine Affen. Wir wachsen!“
Diese Gedanken bildeten den Ausgangspunkt der folgenden ausführlichen Diskussion. Der Moderator des Panels, Jason Ross, wissenschaftlicher Berater des Schiller-Instituts, erläuterte kurz die Rolle des wissenschaftlichen Denkens als Ursprung wirtschaftlichen Wertes und als einzigartige Brücke zwischen verschiedenen Gesellschaften, die gemeinsam das uns allen gemeinsame Universum erforschen. Die menschliche Wirtschaft habe sich immer weiterentwickelt, von der Nutzung des Feuers bis zur Aussicht auf die Kernfusion. Ross erinnerte daran, daß LaRouche genau 50 Jahre zuvor, 1974, die Fusion Energy Foundation gründete, die zur wichtigsten Lobby für die Entwicklung der Fusionsenergie wurde, bis die US-Regierung sie 1986 schloß. Der Kampf gegen die oligarchische Lüge von den „Grenzen des Wachstums“ sei ein alter Kampf, bis zurück zu Zeus Verfolgung des Prometheus, weil der den Menschen die Macht der Vernunft geschenkt hatte. LaRouche bekämpfte diese Lüge, u.a. in seinem Buch Es gibt keine Grenzen des Wachstums von 1983.3 „Unsere wahrhaft menschliche Zukunft liegt nicht in der Eroberung oder Beherrschung der Erde, sondern in der Erforschung des Weltraums und der Weiterentwicklung unseres gemeinsamen Verständnisses der Wunder der Natur“, sagte Ross.
Jacques Cheminade, ehemaliger Kandidat für das Amt des französischen Staatspräsidenten und Vorsitzender der Partei Solidarité et Progrès, hielt die Grundsatzrede zum Thema „Der Wissenschaftsmotor für das neue Paradigma der physischen Ökonomie“. Er begann unverblümt: „Unsere Mission ist es, die Menschheit von der Bahn hin zur thermonuklearen Auslöschung abzubringen.“ Der wissenschaftliche Fortschritt, durch den wir die physischen Voraussetzungen für das Überleben der gesamten Menschheit sichern, sei der Schlüssel zur Förderung des Vertrauens in die Kräfte des kreativen Verstandes, und das ist unsere einzigartige geistige Waffe, um Menschen zu inspirieren, sich gemeinsam für den Frieden einzusetzen. Cheminade griff ein Thema aus den vorherigen Sitzungen auf: das Prinzip des Guten als Grundlage für das Überleben der Zivilisation. Der Westen erkenne im platonischen Christentum die Vorstellung an, daß alle Menschen als Gutes geboren sind, ebenso wie China in der konfuzianischen Tradition – eine Grundlage für den Frieden. Cheminade empfahl LaRouches Schrift „Geschichte als Wissenschaft“ von 1993,4 um die platonische Methode der Hypothesenbildung wiederzubeleben, wie sie in der christlichen Vorstellung der Renaissance von Imago viva Dei und Capax Dei weiterentwickelt wurde. Auf diesen Prinzipien basierten echte wissenschaftliche Entdeckungen.
Als Beispiel führte an, der Westen müsse den afrikanischen Ländern helfen, Entwicklungsstufen zu überspringen, die afrikanische Raumfahrtindustrie und die Entwicklung von Nuplex-Zentren für industrielle Entwicklung seien der Schlüssel dazu. Die Zusammenarbeit westlicher Länder mit der Globalen Mehrheit sei die einzige Alternative zum Atomkrieg. „Wir müssen aufhören, in Machtverhältnissen zu denken, und statt dessen eine integrative Zusammenarbeit anstreben, um für unsere zukünftige Generationen eine bessere Welt zu schaffen.“
Dann sprach Dr. Naledi Pandor, ehemalige Ministerin für internationale Beziehungen und Zusammenarbeit der Republik Südafrika, zum Thema „Wie sollte der Süden reagieren“. Eine „vergiftete Politik“, aggressives Eigeninteresse und Ablehnung globaler Zusammenarbeit hätten die Bande geschwächt, die jahrzehntelang halfen, einen Weltkrieg zu verhindern. Aber diese Zeit sei auch ein Wendepunkt mit vielversprechenden Anzeichen für neue Formationen und politische Perspektiven, bei denen „die Menschen an erster Stelle stehen“.
Südafrikas Klage vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gegen den Krieg gegen die Palästinenser sei ein Beispiel dafür, wie der Süden sich stärker einbringen kann. Diese Aktion stehe in der Tradition Nelson Mandelas, daß die Außenpolitik Südafrikas auf der Sorge um andere basieren müsse, und drücke die alte afrikanische Ubuntu-Philosophie aus: „Ich bin ein Mensch, weil du in meinem Handeln meine Menschlichkeit siehst.“
Die Reifung des BRICS-Forums mit seiner Neuen Entwicklungsbank (IDB) und Diskussionen über neue innovative Institutionen und Methoden sei ein weiteres Zeichen dafür, daß der Süden sich stärker einbringen kann. Sie betonte auch, Afrika müsse in den nächsten fünf Jahrzehnten verwandelt werden, um den Wünschen seiner „bedeutenden ungeduldigen Jugendbevölkerung gerecht zu werden, die darauf brennt, ein wohlhabendes ... Afrika zu erreichen“. Wie das Schiller-Institut vorschlage, müsse man „menschliche Fähigkeit und Einfallsreichtum zur Lösung von Problemen nutzen“ und diese Fähigkeit gemeinsam ausbauen, um den Frieden zu sichern.
Es folgte eine faszinierende Diskussion zwischen Zepp-LaRouche, Pandor und Cheminade, ausgehend von Zepp-LaRouches Frage an Dr. Pandor, was man noch tun könne, um von dem derzeitigen Kurs in Richtung Katastrophe wegzukommen und Europa und die USA davon zu überzeugen, mit den BRICS und dem Globalen Süden zusammenzuarbeiten. Wir bräuchten reife, rationale Staatsführungen, die einen Dialog darüber führen können, antwortete Pandor. Die Zivilgesellschaft müsse aktiver werden; das Umfeld sei zwar vergiftet, biete aber dennoch die Chance dafür. Cheminade hob das Potential der afrikanischen Diaspora in Europa hervor, zur Schaffung dieses Dialogs beizutragen. Pandor stimmte zu und erinnerte daran, wie Südafrika nach der Apartheid die Nation einte, indem es dem Prinzip der „Einheit in der Vielfalt“ folgte und die Menschen aufrief, sich ihrer gegenseitigen Abhängigkeit bewußt zu werden.
Zepp-LaRouche betonte ihre Überzeugung, daß der Globale Süden das Recht habe und wahrnehmen müsse, sich stärker zu Wort zu melden, um vor der Atomkriegsgefahr zu warnen. Als Antwort darauf erinnerte Pandor an das Ende des Apartheidregimes in Südafrika, das durch eine solche Nord-Süd-Zusammenarbeit erreicht wurde. „Wenn wir zusammenarbeiten, können wir Großes leisten.“
Der nächste Redner, Prof. Theodore Postol, emeritierter Professor für Wissenschaft, Technologie und nationale Sicherheit am Massachusetts Institute of Technology (MIT), erläuterte ausführlich die Eigenschaften und Fähigkeiten der neuen russischen Oreschnik-Rakete. Anhand von Abbildungen, die er auch Interessierten gerne zur Verfügung stellt, beschrieb er, was über die Rakete bekannt ist, und seine Einschätzung ihrer Fähigkeiten und Funktionen auf der Grundlage seiner sorgfältigen, fundierten Untersuchung dieser Fakten.
Michele Geraci, ehemaliger Staatssekretär im italienischen Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, betonte in seinem Diskussionsbeitrag aus Shanghai zwei Punkte: Erstens stellte er das „Nullsummendenken“ des Westens der „Win-Win“-Philosophie Asiens gegenüber, die er mit einem Paar verglich, das Tango tanzt: Beide müssen perfekt aufeinander eingespielt sein, sonst stürzen beide. Als zweiten Punkt betonte er, wie „visionär“ Lyndon LaRouche war, als er die Vorteile der BRI-Korridore erklärte. Seewege schüfen zwar Werte an beiden Endpunkten – so werde z.B. der neue Hafen von Chancay Produktion nach Peru bringen –, aber die Schienenstrecken über Land erzeugen eine solche Entwicklung entlang der gesamten Strecke. Dadurch seien die Transportkosten netto null, weil die wirtschaftlichen Vorteile, die entstehen, größer sind als die Baukosten. Geraci bemerkte abschließend, wir befänden uns in schwierigen Zeiten, aber Konferenzen wie diese seien sehr wichtig, um die Menschen wachzurütteln.
Prof. Sergej Pulinez, leitender Forschungswissenschaftler am Weltraumforschungsinstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften, sprach live aus Moskau über seine mehr als 30-jährigen Forschungen zur Erdbebenprognose. Dabei dienen räumliche Messungen der Ionosphäre dazu, die drei wichtigsten Parameter vorherzusagen: wann ein Erdbeben auftreten kann, wo wahrscheinlich das Epizentrum liegen wird, und wie stark es ausfallen kann. Pulinez nannte seinen Vortrag „Die kritische Masse der Erdbebenvorhersage“, weil die „kritische Masse“ von Kernwaffen heute in aller Munde ist. Weil die meisten Länder nicht bei der Untersuchung der immer besseren Aussichten auf eine zuverlässige Erdbebenvorhersage zusammenarbeiten wollen, sei die kritische Masse leider noch nicht erreicht. Sein Vortrag machte deutlich, daß es trotz fehlender Finanzmittel und ausreichender Ressourcen Fortschritte bei der Forschung gibt.
Der deutsche Ingenieur Jürgen Schöttle, Experte für Kraftwerksbau, hielt anschließend einen schonungslosen Vortrag über die verheerenden Folgen der „grünen“ Energiepolitik auf die deutsche Industrie. Die Zuhörer konnten die Idiotie dieser Politik nicht übersehen!
Der letzte Redner dieser Runde war Brian Harvey, ein Weltraumhistoriker aus Irland, der über „Weltraumzusammenarbeit in unsicheren Zeiten“ sprach. Harvey beschrieb die großen Erfolge der Zusammenarbeit in der Raumfahrt und Wissenschaft zwischen ansonsten verfeindeten Nationen während des Kalten Krieges und stellte dem die Konfrontation heute gegenüber, wo in den USA Zusammenarbeit mit China im Weltraum verboten ist und dieser sogar durch die Einrichtung von Weltraumkommandos militarisiert wird.
Die frühere Zusammenarbeit habe auch Nationen des Globalen Südens umfaßt. Er nannte insbesondere zwei Beispiele: das Internationale Geophysikalische Jahr 1957-58 und den Antarktisvertrag von 1961, der Konflikte zwischen den Ländern, die diesen Kontinent erforschten, beilegte, indem man sich darauf einigte, daß die Antarktis entmilitarisiert bleibt, Landnahme verboten ist und die Zusammenarbeit in der wissenschaftlichen Forschung gefördert wird. Er schlug vor, einen ähnlichen Vertrag für die Erforschung des Mondes in Betracht zu ziehen.
In der einstündigen abschließenden Diskussionsrunde gingen die Redner noch tiefer auf Grundsatzfragen sowie die von Pulinez und Schöttle aufgeworfenen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Fragen ein.
Der vierte und letzte Abschnitt der Konferenz, moderiert von Harley Schlanger, befaßte sich mit dem Zusammenhang zwischen der Kultur, der Kreativität und dem freien Willen der Menschen, der in Übereinstimmung mit der Vernunft stehen muß, wenn die Menschheit und ihre Zivilisation überleben soll.
Diane Sare, ehemalige Kandidatin für den US-Senat aus New York und Präsidentin der LaRouche-Organisation (TLO), eröffnete die Vortragsrunde mit der Frage „Warum ist Kultur wichtig?“ Sie gab die Antwort: „Weil sie das Wasser ist, in dem wir schwimmen, der unsichtbare Äther, den wir atmen, und weil viel zu viele Menschen einfach mit dem Strom schwimmen, ohne zu berücksichtigen, welche Grundannahmen über Mensch und Natur – die meisten davon unbewußt – unser Handeln und unsere Entscheidungen prägen.“ Sie kritisierte die Kultur der Gewalt in der westlichen Welt und mahnte: „Wir leben inmitten eines wachsenden, sich ausdehnenden und entwickelnden Universums, und wenn wir uns bemühen, seine Geheimnisse zu entschlüsseln, werden wir wachsen und gedeihen. Wenn wir aber versuchen, uns gegen die unglaublich mächtige harmonische Entwicklung unseres Universums zu stellen, indem wir willkürliche Regeln aufstellen und unnatürliche sogenannte kulturelle Normen auferlegen, die den angeborenen freien Geist des Menschen verletzen, laufen wir in unser Verderben.“ Die Herausforderungen seien so groß, daß der Westen seine Arroganz, daß „unsere Art, Dinge zu tun, die einzige ist“, ablegen müsse.
Helga Zepp-LaRouche erinnerte an die Umstände und Motive, die sie vor 40 Jahren zur Gründung des Schiller-Instituts veranlaßten. Schon damals seien die Beziehungen zwischen den Nationen sehr unfreundlich gewesen, geprägt von Konflikten, Kriegen, Staatsstreichen etc. Das zu überwinden, erfordere statt des geopolitischen Denkens Staatskunst, um „das Beste in den andern Staaten zu fördern, in der Hoffnung, daß dies dann auch die Haltung uns gegenüber sein wird“. Die Welt brauchte eine neue, gerechte Weltwirtschaftsordnung, „aber das würde nur funktionieren, wenn es mit einer Renaissance der besten Traditionen aller Kulturen verbunden ist“. Heute, 40 Jahre später, breite sich diese Idee immer weiter aus. So habe sie 2018 einen „Dialog asiatischer Zivilisationen“ miterlebt, bei dem Chinesen, Inder, Koreaner, Thailänder, Afghanen und andere stolz über die Blütezeiten ihrer jeweiligen, bis zu 5000 Jahre alten Kulturen berichteten. Dieses Bewußtsein der kulturellen Wurzeln mache diese Länder optimistisch in Bezug auf ihre eigene Zukunft.
Sie fragte dann, warum Europa und die USA sich nicht an diesem Dialog beteiligen? Als Antwort zitierte sie den russischen Außenminister Sergej Lawrow, der Westen sei von seinen traditionellen Werten abgekommen und habe statt dessen „postchristliche Werte“ angenommen. Das sei der Grund, warum die Kommunikation zwischen den westlichen Ländern und der asiatischen Welt faktisch zusammengebrochen ist. Und es sei auch der Grund, warum die Bevölkerung im Westen die akute Gefahr der Vernichtung durch einen Weltkrieg kaum wahrnimmt und nicht darauf reagiert. Sie beschrieb dann die 200 Jahre langen Bemühungen der Oligarchie, die antikolonialen Ideale und die Kultur der Amerikanischen Revolution und der deutschen Klassik zu zerstören, vom Aufkommen der antiklassischen Romantik bis hin zur Umerziehung nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Kongreß für kulturelle Freiheit (CCF).
Bill Ferguson vom amerikanischen Schiller-Institut sprach über das Thema „Poesie statt Information“. Er zitierte Friedrich Schiller: „Der Wille ist der Geschlechtscharakter des Menschen, und die Vernunft selbst ist nur die ewige Regel desselben. Vernünftig handelt die ganze Natur; sein Prärogativ ist bloß, daß er mit Bewußtsein und Willen vernünftig handelt. Alle andern Dinge müssen; der Mensch ist das Wesen, welches will.“ Ferguson fuhr fort: „Die Freiheit des Menschen wird verletzt, wenn er dem äußeren Zwang eines Sklavenhalters oder Tyrannen ausgesetzt ist. Aber ist der Mensch frei, wenn seine inneren Impulse im Widerspruch zur Vernunft stehen?“ Unter Bezugnahme auf weitere Schriften Schillers erläuterte Ferguson, es sei freudige Pflicht des wahren Künstlers, „die Emotionen des Publikums zu schulen, damit sie sich am Schönen, Harmonischen und Wahren erfreuen, damit sie das Theater als bessere Menschen verlassen und sich schließlich nur noch am Schönen, Harmonischen und Wahren erfreuen. Es ist die Pflicht des Künstlers, sie spielerisch auf dem Weg zu schönen Seelen zu begleiten.“
Anschließend rezitierte Paul Gallagher zwei Gedichte von Robert Lee Frost, Mending Wall (Ausbessern der Mauer) und The Tuft of Flowers (Ein Büschel Blumen).
John Sigerson, der Musikdirektor des Schiller-Instituts, wollte seinen Zuhörern mit seinem Vortrag helfen, zu verstehen, warum LaRouche und seine Mitarbeiter schon immer soviel Wert auf klassische Musik legen. Er zitierte LaRouche: „Eine Bevölkerung, der es an Freude an großer Kunst, vor allem an großer Musik, mangelt, ist nicht nur im üblichen Sinne kulturell beeinträchtigt, sondern es fehlt ihr auch ein Mittel zur Verbesserung ihrer moralischen Urteilsfähigkeit und Kreativität im allgemeinen.“ Sigerson demonstrierte dann am Beispiel von Franz Schuberts Lied An die Musik, das er vortrug, wie Schubert den Sinn der Worte durch seine kreativen musikalischen Ideen vermittelt und unterstreicht. Er schloß seine Ausführungen in der Hoffnung, „daß ich Ihnen mit dieser kurzen Darstellung einen kleinen Vorgeschmack auf das wundervolle Festmahl kreativer Freude geben konnte, das Sie erwartet, wenn Sie sich entschließen, sich zu Tisch zu begeben“.
Es folgte ein Satz von Mozarts Klavierkonzert KV 415 aus einem Konzert des Pianisten Sebastiano Brusco mit dem Ensemble Harmoniae Aureae in einer wunderschönen Kirche in Rom, mit einer Einführung von Liliana Gorini, der Vorsitzenden der LaRouche-Bewegung in Italien (Movisol).
Der letzte Beitrag vom Podium kam von Nader Majd, Präsident und Direktor der Persian Classical Music Co. in Vienna im US-Staat Virginia. Er berichtete, wie er Anfang der 1980er Jahre Veranstaltungen verschiedener iranischer politischer Organisationen besuchte, wo sich die Menschen „in jeder Hinsicht völlig uneinig waren“. Als Reaktion darauf schlug er einem Freund vor, eine persische Kulturgesellschaft zu gründen. „Ich sagte ihm: Ich mache Musik und du Poesie. Das ist etwas, bei dem wir uns nicht uneinig sind. Auf diese Weise können wir die iranischen Gemeinschaften zusammenbringen. Und ob Sie es glauben oder nicht, das hat funktioniert!“ Majd rezitierte dann auf Persisch und Englisch ein Gedicht von Hafis über die Erschaffung des Menschen.
Den Abschluß der Runde und der Konferenz bildete dann eine mehr als einstündige Diskussionsrunde, in der die Referenten Fragen beantworteten, die vom globalen Publikum oder anderen Teilnehmern der Runde aufgeworfen wurden.
Alle Reden und Beiträge der Konferenz finden Sie im englischen Original im Internetangebot des Schiller-Instituts, demnächst auch mit deutscher Simultanübersetzung.
Anmerkungen
1. Den 28seitigen Bericht mit zahlreichen farbigen Grafiken finden Sie hier in englischer Sprache. In Kürze wird er auch mit einigen Ergänzungen und Anpassungen in anderen Sprachen verfügbar sein.
2. Siehe The New Silk Road Becomes the World Land-Bridge. Die deutsche Ausgabe erschien 2017, siehe Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke, E-Book (PDF).
3. Siehe Es gibt keine Grenzen des Wachstums, DIN A5 Taschenbuch, 196 Seiten.
4. Siehe History as Science.
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