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Neue Solidarität
Nr. 19, 8. Mai 2025

80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs:
Das geopolitische Denken überwinden!

In einer Erklärung, die am 28. April veröffentlicht wurde, kündigte der russische Präsident Wladimir Putin eine Waffenruhe vom 8. Mai um Mitternacht bis zum 11. Mai um Mitternacht Moskauer Zeit anläßlich der Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs an. „Alle militärischen Operationen werden während dieses Zeitraums eingestellt“, heißt es darin. „Rußland ist der Ansicht, daß die ukrainische Seite diesem Beispiel folgen sollte.“

Die Erklärung schließt mit den Worten: „Im Falle von Verstößen gegen den Waffenstillstand durch die ukrainische Seite werden die Streitkräfte der Russischen Föderation eine angemessene und wirksame Reaktion zeigen. Die russische Seite bekräftigt ihre Bereitschaft, ohne Vorbedingungen in Friedensgespräche einzutreten, um die Ursachen der Ukraine-Krise zu beseitigen und eine konstruktive Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern aufzubauen.“

Diese Formulierung ist eine direkte Folge der Gespräche zwischen Washington und Moskau. Außenminister Sergej Lawrow bekräftigte, daß Putins Geste als Angebot zur Aufnahme „direkter Verhandlungen mit Kiew ohne Vorbedingungen“ zu verstehen sei. Sollte Kiew zustimmen und diese Verhandlungen rechtzeitig aufnehmen, könne die anschließende dreitägige Waffenruhe je nach Verlauf der Gespräche verlängert werden.

Putins Vorschlag wurde im Westen mit Panik und Spott aufgenommen. Diese Reaktion und Ablehnung kommt sowohl von offiziellen Vertretern der Ukraine – wenn auch nicht unbedingt von ihrer Bevölkerung – als auch vom „Russiagate-Medienzirkus“, d.h. von den Sprachrohren der anglo-amerikanischen Eliten, die manchmal euphemistisch als „alte“ oder „Legacy-Medien“ bezeichnet werden.

Der Grund für die Zurückweisung liegt dabei nicht, wie behauptet wird, in der kurzen Dauer des vorgeschlagenen Waffenstillstands von drei Tagen. Bekanntlich gab es bereits im März einen von US-Präsident Donald Trump initiierten 30-tägigen Waffenstillstand, dem Rußland und die Ukraine zugestimmt hatten, der dann aber nicht eingehalten wurde. Lawrow lehnte in einem Gespräch mit Journalisten nach einem Treffen der BRICS-Außenminister die ukrainische Forderung nach einer 30-tägigen Waffenruhe ab und verwies dazu auf frühere Verstöße der ukrainischen Seite gegen derartige Vereinbarungen – das von Trump Mitte März vermittelte 30-tägige Moratorium für Angriffe auf die Energieinfrastruktur sowie zuletzt der Oster-Waffenstillstand.

Der eigentliche Grund für die Vorbehalte gegen Putins Vorschlag liegt vielmehr in dem gewählten Zeitpunkt: Der Waffenstillstand soll am 8. Mai beginnen, dem 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa. In Rußland wird er am 9. Mai gefeiert, weil das offizielle Kriegsende am 8. Mai 1945 um 23.01 Uhr mitteleuropäischer Zeit und damit in den elf Zeitzonen Rußlands bzw. der Sowjetunion um 00.01 Uhr und später am 9. Mai war. Die einseitige russische Waffenruhe am 8. und 9. Mai feiert nicht nur implizit den damaligen Triumph der Vier Freiheiten, wie US-Präsident Franklin Delano Roosevelt sie nannte – Freiheit der Rede, Freiheit der Religion, Freiheit von Not und Freiheit von Furcht –, über die Vier Reiter der Apokalypse. Sie mahnt nicht nur Rußland und die Ukraine mit ihren westlichen Unterstützern, sondern die gesamte Menschheit, endlich einen erkennbaren, verläßlichen Weg aus der Hölle zu nehmen.

2025 ist der letzte runde Jahrestag, an dem noch Veteranen des Zweiten Weltkriegs am Leben sein werden. Immerhin lebten 2024 in Rußland noch 75.000 Weltkriegsveteranen und Anfang dieses Jahres 66.000 in den Vereinigten Staaten. Viele von ihnen, besonders in Rußland, waren erst 12 oder 13 Jahre alt, als sie kämpften, um ihr Land zu verteidigen.

Aber es gibt auch die Aktionen des Unsterblichen Regiments, das weithin mit Rußland identifiziert wird. Bei diesen öffentlichen Kundgebungen werden Bilder der Gefallenen von ihren Nachkommen getragen, zur Erinnerung an diesen Kampf, in dem nicht nur 27 Millionen Russen, sondern zig Millionen Menschen auf der ganzen Welt, Soldaten wie Zivilisten, ihr Leben gaben. (Es wird selten erwähnt, aber in diesem Krieg waren auch 100 Millionen Chinesen Flüchtlinge im eigenen Land, und die Zahl der zivilen und militärischen Opfer in China dürfte über 20 Millionen liegen.) Die Feier dieses Sieges nicht nur über den Faschismus, sondern auch im Sinne des „Siegs der menschlichen Natur über das Böse“, ist es wert, begangen zu werden, auch durch einen Waffenstillstand, der diesem Einsatz vor 80 Jahren gewidmet ist. Er ist eine Aufforderung an alle Menschen, sich heute für dieses Ideal einzusetzen.

Beschämendes Verhalten deutscher Behörden

Vor diesem Hintergrund ist die Haltung der deutschen Behörden beschämend, allen voran die der Noch-Außenministerin Anna-Lena Baerbock, die laut einem Bericht der Berliner Zeitung vom 4. April in einer vertraulichen „Handreichung“ den Landkreisen und Kommunen „empfohlen“, sprich: sie angewiesen hat, keine Einladungen an russische oder belarussische Diplomaten auszusprechen und notfalls sogar ungebetene Gäste unter Wahrnehmung ihres Hausrechts wieder wegzuschicken.

Ganz offensichtlich ist es den Verantwortlichen unangenehm, daran erinnert zu werden, daß der Sieg über den Faschismus vor allem dem Einsatz der sowjetischen Truppen zu verdanken ist. Zwei Drittel der gefallenen Soldaten der Alliierten waren Rotarmisten, und der Krieg kostete die Sowjetunion 27 Millionen Menschenleben. Aber bei den offiziellen deutschen Veranstaltungen zum 80. Jahrestag des Kriegsendes soll der russische Beitrag zum Ende der Naziherrschaft so weit wie möglich ausgeblendet werden.

In dieses Muster paßt auch ein Erlaß der Berliner Behörden, während der Gedenkfeiern zum Tag des Sieges am 8. und 9. Mai an wichtigen sowjetischen Gedenkstätten in der Stadt russische Symbole zu verbieten. Wie die Berliner Morgenpost unter Berufung auf die Polizeibehörde berichtete, wird eine Allgemeinverfügung vorbereitet, die das Zeigen von russischen Fahnen und Flaggen an den Gedenkstätten in Treptow, Mitte und Pankow verbietet. Damit sollen „Gewalttätigkeiten und das damit verbundene propagandistische, öffentlichkeitswirksame Agieren in der Öffentlichkeit“ verhindert werden, so die Polizei.

Dieselbe Russophobie zeigte sich auch in Torgau, wo jedes Jahr am 25. April eine Zeremonie zum Gedenken an das Aufeinandertreffen von US-amerikanischen und sowjetischen Truppen am 25. April 1945, dem berühmten „Handschlag an der Elbe“, stattfindet. Der Botschafter der Russischen Föderation, Sergej Netschajew, hat auch in diesem Jahr an der Zeremonie teilgenommen, aber die Stadt Torgau verweigerte ihm das Rederecht, und der sächsische Ministerpräsident Kretschmer ließ sich dazu hinreißen, in seiner Rede Netschajew direkt anzugreifen, Rußland habe einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine begonnen und es liege nur an Rußland, diesen Krieg zu beenden. Und schon die bloße Aussicht auf die schweigende Anwesenheit des russischen Diplomaten genügte der Bundeswehr, um ihre Teilnahme an der Fahnenhissung an der Gedenkstätte abzusagen.

Dieses moralische Versagen der deutschen Politik wird auf der ganzen Welt mit Unverständnis und Abscheu beobachtet.

Die Welt braucht ein neues Sicherheitssystem

Putins Angebot einer Waffenruhe im Kontext der Feier des Siegs über den Faschismus und von Friedensgesprächen mit der Ukraine ohne Vorbedingungen sollte nicht als geopolitischer Schachzug mißverstanden werden, denn um einen dauerhaften Frieden zu erreichen, muß das geopolitische Denken überwunden werden – eine Einsicht, die offenbar auch in der Regierung Trump Anhänger findet.

Wie die ehemalige österreichische Außenministerin Karin Kneissl in einem Interview sagte: „Es geht nicht nur um bilaterale oder trilaterale Beziehungen – zwischen Moskau, Kiew und Washington –, sondern um eine tiefgreifende Umgestaltung des gesamten Sicherheitssystems in Europa. Das Thema steht auf der Tagesordnung, und Moskau fordert seit langem, daß es angegangen wird. Einfach nur einen Waffenstillstand um die Ukraine auszuhandeln, wird das Problem nicht lösen, denn seine Wurzeln liegen viel tiefer.“

In diesem Zusammenhang wies Kneissl darauf hin, daß sich Moskau und Washington „derzeit in sehr dynamischen Gesprächen auf dieser Schiene befinden, bei denen die Ukraine eines der Gesprächsthemen ist, aber keineswegs das einzige“. Wie Rußland „beginnen auch die Vereinigten Staaten, über die Notwendigkeit breiterer regionaler Sicherheitsabkommen zu sprechen, ähnlich denen, die auf der Grundlage der Helsinki-Vereinbarungen in den 1970er Jahren getroffen wurden“.

Insgesamt ist Kneissl zuversichtlich, daß Putins Initiative, anläßlich des 80. Jahrestages des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg einen Waffenstillstand auszurufen, „ein wichtiges Signal“ auf dem Weg zur Lösung des Konflikts ist.

Tatsache ist: Die Welt und damit auch Europa stehen an einer Wegscheide. Die westeuropäischen Eliten sind – bisher jedenfalls noch – gefangen im geopolitischen Denken. Sie versuchen, mit allen Mitteln die gescheiterte neokoloniale Weltordnung der letzten 500 Jahre, in der sie das Sagen hatten, zu verteidigen. Ihr Weg führt in die militärische Konfrontation gegen Rußland und implizit den gesamten Globalen Süden. Um diese Konfrontation zu vermeiden, müssen wir den anderen Weg beschreiten und Rußland und dem Globalen Süden die Hand reichen – so wie vor 80 Jahren die amerikanischen und russischen Soldaten in Torgau.

Auch wenn Putins Vorschlag für einen Waffenstillstand vom 8. bis 10. Mai nur ein erster Schritt ist, bildet der Geist, in dem dieser Waffenstillstand vorangetrieben wird, die Grundlage für eine Einigung auf eine notwendige neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur der Welt. Das ist Gegenstand der Konferenz des Schiller-Instituts am 24.-25. Mai „Eine schöne Vision für die Menschheit in Zeiten großer Turbulenzen!“ Nehmen Sie daran teil!

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