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Neue Solidarität
Nr. 36, 5. September 2024

Deutschlands Aufgabe: Kultur statt Krieg

Von Helga Zepp-LaRouche

Die Bundesvorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo), Helga Zepp-LaRouche, hielt beim Bundesparteitag der BüSo in Dresden am 17. August das folgende Grundsatzreferat. (Der Text wurde für den Abdruck überarbeitet, Zwischenüberschriften wurden hinzugefügt. Den Videomitschnitt finden Sie hier.)

Guten Tag, ich begrüße Sie sehr herzlich. Die Welt ist angespannt, jeder weiß, daß wir in Deutschland im Augenblick in einer extrem schwierigen Situation sind. Und ich werde versuchen, in meinem Vortrag heute die Gefahren aufzuzeigen, die enorm sind und es notwendig machen, die Bevölkerung endlich aufzuwecken.

Ich weiß, daß viele Menschen in höchster Sorge sind. Aber leider ist es ja so, daß doch der größere Teil, mindestens im Westen, die offiziellen Narrative glaubt – daß wir die Guten sind, daß wir in der regelbasierten Ordnung leben, daß Rußland die direkteste Bedrohung darstellt, daß China ein Gegner ist und daß man sich deshalb nur angemessen verhalten muß und alles wird schon irgendwie in Ordnung sein.

Die Wahrheit ist natürlich etwas anders. Ich kann nur sagen, ich habe, obwohl ich seit langem im politischen „Geschäft“ bin, obwohl es kein Geschäft ist, wirklich schlaflose Nächte und überlege: Wie können wir einen Ausweg finden aus einer Situation, in der Deutschland, sollte sich die Lage zuspitzen, keine Chance hat, zu überleben?

Denn im Augenblick sind wir im Griff einer Dynamik, die Schritt für Schritt, Schritt für Schritt, immer weiter auf die Konfrontation der NATO mit Rußland und im weiteren Sinn der Globalen NATO mit Rußland, China und den jeweiligen Verbündeten auf beiden Seiten zugeht. Und diese Dynamik müssen wir durchbrechen.

Ich will Ihnen gleich zu Anfang sagen: Ich bin auch optimistisch, daß es einen Ausweg gibt, daß man es also schaffen kann, Deutschland auf einen Kurs zu bringen, wo wir mit dem sich schnell entwickelnden Teil der Mehrheit der Menschheit, die sich im Augenblick in den BRICS Staaten formieren, zusammenarbeiten – die BRICS plus, das sind inzwischen 85% der menschlichen Gattung, die ein anderes Wirtschaftssystem aufbauen. Daß es uns gelingen wird oder gelingen kann, diesen Schwenk zu vollziehen und zu sagen, wir kooperieren mit den Ländern des globalen Südens, wozu eben auch Rußland und China gehören. Das erfordert aber eine Riesenanstrengung.

Lassen Sie mich ein paar Elemente davon aufzeichnen. Sie haben ja in den letzten Wochen gesehen, daß die Ukraine jetzt – ganz offensichtlich mit Unterstützung der USA – eine Region in Rußland angegriffen hat, nämlich die Region Kursk. Das wäre nach Aussage von allen Experten, mit denen wir in Kontakt sind, nicht möglich ohne Kooperation mit den USA, mit der NATO, die da ganz klar Geheimdienstinformationen gegeben haben.

Die Lage im Donbaß stand vor der Kapitulation, die ukrainische Armee war am Punkt des Kollapses. Und dann hat offensichtlich jemand auf dem Niveau der NATO entschieden, eine Flanke in Rußland selbst anzugreifen, wo die Verteidigungsstärke Rußlands laut Luftaufklärung sehr gering war. Dort ist es gelungen, einzufallen und zunächst ein Territorium von einiger Größe zu besetzen.

Das hat natürlich die Schwelle [für einen Atomkrieg] noch eine Stufe herabgesetzt. Der stellvertretende Außenminister Rußlands, Rjabkow, hat schon am vergangenen Sonntag [11.8.] gesagt, daß es jetzt keine Sicherungen mehr gibt. Dimitri Trenin, ein wichtiger Analyst in Rußland, hat gestern sinngemäß gesagt: Wir haben jetzt eine neue Phase erreicht.

Das Denken der NATO ist auf den kommenden Krieg mit Rußland ausgerichtet, darauf, daß er stattfinden wird. Im Juni hat die Kommission für Nationale Verteidigungsstrategie im amerikanischen Kongreß eine Einschätzung abgegeben, daß wenn es zu einem Konflikt kommt, dieser zu einem Weltkrieg führen wird, und zwar wegen der Militärbündnisse, die Rußland hat – mit China, sie haben eine enge strategische Partnerschaft, aber jetzt auch mit dem Iran und mit Nordkorea. Und die Anforderungen für uns, für die USA und die Verbündeten – die Verbündeten sind natürlich wir in Europa – wären dann gewaltig.

Deutschland muß seine Souveränität zurückgewinnen

Ich möchte gerne das Thema der Notwendigkeit, daß wir die Souveränität Deutschlands wiedererlangen, in den Mittelpunkt meiner Ausführungen stellen.

Wir haben mit der Wiedervereinigung offiziell die Souveränität errungen. Im Zwei-plus-vier-Vertrag wird sie uns formell zugestanden, aber in der Praxis ist sie natürlich überhaupt nicht vorhanden. [Bundeskanzler] Scholz war ja im Juli beim NATO-Gipfel und hat dann hinterher mal so ganz eben erklärt: „Die USA haben die Entscheidung getroffen, ab 2026 in Deutschland Mittelstreckenraketen zu stationieren und das war eine gute Entscheidung, die wir vollkommen unterstützen.“

Man muß sich das mal vorstellen: Der Bundeskanzler, der einen Amtseid geschworen hat, daß er Schaden vom deutschen Volk abwenden und das Gute mehren muß, sagt, die USA haben eine Entscheidung getroffen – nicht die deutschen Wähler, nicht der Bundestag. Da gab es keine öffentliche Debatte. Und das würde bedeuten, daß ab 2026, wenn das bei dieser Aussage bleibt, in Deutschland Tomahawk-Marschflugkörper stationiert werden, mit einer Reichweite von über 1000 Kilometer, SM6-Raketen – auch über 1000 Kilometer – und dann, wenn sie entwickelt und fertig sind, Dark-Eagle-Hyperschall-Raketen, die eine Reichweite haben von 2500 Kilometer und natürlich eine extrem verkürzte Vorwarnzeit.

Das heißt die Zeit, solche Raketen zu lancieren und ans Ziel zu bringen, beträgt nur wenige Minuten – vier bis fünf Minuten. Und damit sind wir wieder in der Situation, die einige von Ihnen noch in Erinnerung haben, nämlich Anfang der 1980er Jahre, als wir damals die Krise um die Mittelstreckenraketen hatten, die SS-22 und die Pershing II, die auch mit einer Vorwarnzeit von vier bis fünf Minuten gegeneinander gerichtet waren.

Im Unterschied zu heute wußten die Menschen damals, daß das heißt: Wir sind nur 4 bis 5 Minuten vom Dritten Weltkrieg entfernt oder sogar weniger. Und damals gab es Hunderttausende von Menschen, die auf die Straßen gingen. Helmut Schmidt hat damals jeden zweiten Tag gesagt: Wir sind am Rande des Dritten Weltkriegs. Diese Massendemonstrationen in den Straßen waren immerhin mit ein Faktor, daß es dann 1987 zum INF Vertrag kam, also dem Vertrag über die Begrenzung von Mittelstreckenraketen, und damit die Stationierung von Mittelstreckenraketen von einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern verboten war und in Europa auch keine Abschußvorrichtungen mehr existieren durften.

Die verpaßte Chance von 1989

Nur um einmal die Verquickung und die Geschichte unserer eigenen Organisation mit dieser Entwicklung zu demonstrieren: 1988 haben mein Ehemann Lyndon LaRouche und ich in Berlin im Kempinski-Hotel eine Pressekonferenz gegeben, wo wir gesagt haben, daß es bald zur Wiedervereinigung Deutschlands kommen würde – also ein Jahr, bevor es passiert ist –, und daß Berlin die deutsche Hauptstadt werden würde. Das heißt, wir waren damals eigentlich die Einzigen, die eine Vorstellung davon hatten, daß der Warschauer Pakt nicht endlos existieren und der COMECON sich auflösen würde.

Das hatte damit zu tun, daß mein Ehemann schon 1984 gesagt hatte, daß die Sowjetunion, wenn sie bei ihrer damaligen Politik bleibe, untergehen würde, weil ihre schlechte Wirtschaftspolitik das bewirken würde.

Wir waren auch die Einzigen, die ein Konzept hatten, was man tun könnte. Wir haben damals das Produktive Dreieck entwickelt, die Idee, daß man den Wirtschaftsraum Paris-Berlin-Wien ausweitet, durch Entwicklungskorridore nach Polen, nach Kiew, Moskau, in den Balkan, und damit im Grunde die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die der COMECON hatte, durch die Injektion von moderner westlicher Technologie überwindet. Hätte man das gemacht, hätte man die ganzen produktiven Anlagen, die im Osten existiert haben, erhalten können.

Deshalb war ich die erste, die am 15. November 1989, eine Woche nach dem Fall der Mauer, in einem Flugblatt mit dem Titel „Weiter so geliebtes Deutschland“ den Vorschlag gemacht habe, daß das wiedervereinigte Deutschland Polen mit westlichen Methoden entwickeln sollte, als Modell für die Transformation des gesamten COMECON. Das war ein Konzept, wie man diese enorme Phase, diese Transformation von 1989 bis 91, als dann die Sowjetunion unterging, hätte nutzen können, um eine neue Friedensordnung zu schaffen.

Aber das war nicht die Absicht. Am 28. November hat Helmut Kohl sein Zehn-Punkte-Programm vorgestellt – das war noch kein Vorschlag für die deutsche Wiedervereinigung, sondern nur eine Föderation von zwei Staaten, aber es war der erste Babyschritt, den Kohl gemacht hat in Richtung Souveränität. Er hat es damals nicht mal mit Genscher abgesprochen und schon gar nicht mit den Verbündeten.

Zwei Tage später ist dann Herrhausen, der Chef der Deutschen Bank, ermordet worden, von der dritten Generation der Baader-Meinhof-Gruppe, deren Existenz bis heute fragwürdig ist. Auf jeden Fall war das ein Signal an Kohl, an alle, sich nicht in Richtung Souveränität zu bewegen. Und ein paar Tage später, bei dem EU Gipfel in Straßburg, wurde Kohl dann wirklich von allen Seiten in die Mangel genommen. Er hat das später in einem Interview als die schwärzeste Stunde seines Lebens bezeichnet. Und ein amerikanischer Mitarbeiter des Pentagon, Colonel Prouty – der „Mister X“ in dem Kennedy-Film [JFK – Tatort Dallas] – hat damals gesagt, daß die Ermordung von Herrhausen für Deutschland dieselbe strategische Bedeutung hatte wie die Ermordung von John F. Kennedy für die USA. Daß sie ein ganzes Paradigma abschließt bzw. daß man damit eine Entwicklung, in die Deutschland hätte eintreten können, verhindert hat.

Herrhausen war der einzige Banker, der damals gesagt hat, man muß der Dritten Welt einen Schuldenerlaß genehmigen, man muß Polen mit den Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau entwickeln, also ohne den IWF, wirklich nur durch staatliche Kredite für den Wiederaufbau. Mit seiner Ermordung war natürlich diese Politik weg.

Und Sie hier im Osten wissen natürlich, daß nicht nur Herrhausen ermordet wurde, sondern kurze Zeit später auch Rohwedder, der damals die Treuhand leitete und ein sehr industrieorientierter Mensch war, der sagte, man muß erst sanieren und dann erst privatisieren.

Als er ermordet wurde, ging das dann voll in Richtung von Frau Breuel, Birgit Breuel, und das war natürlich die Weichenstellung. Das ist auch der Beginn dessen, warum heute viele Menschen in den ostdeutschen Ländern glauben, daß eigentlich ihr ganzes Leben und Werk gestohlen wurde, mit anderen Worten, daß die Privatisierung durch den Westen nicht nur ihre Geschichte, sondern auch einen großen Teil ihres Eigentums entwertet hat.

Eine umgekehrte Kubakrise

Damals, 1990, gab es eben auch die Versprechungen von den USA, konkret US-Außenminister James Baker III, gegenüber Gorbatschow, daß die NATO sich keinen Zentimeter nach Osten ausweiten würde. Heute wird ja immer gesagt: Nein, es gab dieses Versprechen nie, das ist nie schriftlich niedergelegt worden. Aber es war im Grunde ein festes Versprechen, daß die Tatsache, daß Deutschland der NATO beitreten würde, nicht dazu führen würde, daß die NATO sich nach Osten ausweitet. Aber was ist passiert? Die NATO hat sich seitdem 1000 Kilometer nach Osten ausgeweitet, Schritt für Schritt, immer näher an die Grenzen von Rußland.

Auch das Versprechen, keine offensiven Systeme an die Grenze Rußlands zu bringen, wurde nicht gehalten. Während der Obama-Administration kam es schon zur Verletzung des Mittelstreckenraketen-Vertrages, in dem nämlich die Marschflugkörper des sogenannten Aegis-Systems auf Schiffen etabliert und dann ab 2013 in Rumänien und Polen stationiert wurden.

Ich erinnere mich noch gut an die Sicherheitskonferenzen in Moskau, bei denen gesagt wurde, daß Rußland auf keinen Fall erlauben könnte, daß die Phase drei und vier dieser Aegis-Systeme etabliert werden, weil dann die nationale Sicherheit von Rußland bedroht wäre. Das war schon in 2013, 14, 15, also schon vor zehn Jahren.

Dann kam 2019. Unter der Trump Administration wurde der Vertrag aufgekündigt, und es ist ganz wichtig, daß das durch die USA passiert ist. Wenn Pistorius jetzt sagt, es wäre Rußland gewesen, dann ist es einfach nicht wahr, und das darf man auch nicht so stehen lassen, weil auf dieser NATO-Narrative, dieser Geschichte oder Erzählweise der NATO, im Grunde die ganze Strategie basiert.

Seit 2017 haben wir auch in Erbenheim in Wiesbaden das Vergnügen, daß dort die Multi-Domain Task Force stationiert ist, die über die Verwendung von Atomraketen der USA entscheidet.

Und damit haben wir jetzt eine Situation, wo, wenn es weiterhin zu diesen Stationierungen kommt, vor allen Dingen natürlich dieser Mittelstreckenraketen, daß dann – man muß sich das wirklich plastisch vorstellen – eine Großmacht, eine nukleare Großmacht, das Zentrum der anderen Großmacht von einem externen Territorium aus extrem kurzer Distanz treffen kann. Rußland muß im Ernstfall also davon ausgehen, daß es vom deutschen Boden aus mit sehr kurzer Vorwarnzeit angegriffen wird und auch dann nicht weiß, ob auf diesen Raketen Atomwaffen sind oder eben nicht.

Das heißt, wir reden eigentlich schon die ganze Zeit über eine umgekehrte Kubakrise. Damals hat Kennedy ja in der Auseinandersetzung mit Chruschtschow ganz klar gesagt: Es ist vom Standpunkt der nationalen Sicherheit der USA nicht akzeptabel, daß Atomwaffen so nah sind. Aber hier wird es als vollkommen normal angesehen, daß amerikanische Atomwaffen in der Nähe der russischen Grenze sind. Wie würden die USA reagieren, wenn an der Grenze zu Mexiko oder Kanada russische oder chinesische Atomwaffen stationiert wären?

Das ist der Grund, warum Putin am 17. Dezember 2021, also vor dem Ausbruch des Ukrainekriegs, von den USA und der NATO rechtlich bindende Sicherheitsgarantien verlangt hat, daß die Ukraine nicht in die NATO eintreten würde und zweitens keine offensiven Waffensysteme an die russische Grenze gebracht würden. Das ist natürlich von der NATO und den USA nicht beantwortet worden, die haben einfach eine Larifari-Antwort gegeben, ja, man könnte ja wieder mit Abrüstungsverhandlungen beginnen. Aber in der Substanz wurde das Ultimatum Putins, das er damals wirklich mit großem Nachdruck gestellt hat, nicht beantwortet.

Was bedeutet es, wenn Deutschland „kriegstüchtig“ gemacht wird?

Nun muß man sich vergegenwärtigen, daß bei diesen NATO-Manövern meist von amerikanischer Seite vom Einsatz taktischer Atomwaffen auf deutschem Gebiet absolut leichtfertig oder überhaupt ohne Überlegung, was die Wirkung des Einsatzes dieser Waffen auf unserem Territorium wäre, gesprochen wurde. Dies berichten verschiedene Zeitzeugen – wie z.B. Klaus von Dohnanyi in seinem Buch, und auch Rainer Rupp auf einer Veranstaltung des Schiller-Instituts –, die schon bei NATO Manövern mitgemacht haben, Rupp als hoher NATO Offizieller.

Deshalb müssen wir wirklich von diesem ganzen Prozeß noch mal zurücktreten und sagen: Wir werden, wir können nicht erlauben, daß das, was Pistorius sagt – daß man Deutschland kriegstüchtig machen muß –, daß das wirklich umgesetzt wird. Es gibt ja seit 2023 durch die Ampelkoalition diesen Operationsplan Deutschland, das ist die Idee, daß man alle Ebenen der Gesellschaft, die gesamte Bevölkerung, an den kommenden Krieg gewöhnt – daß es eben Krieg geben wird. Was Scholz mit seiner Zeitenwende meint, ist, daß die Zeit der friedlichen Koexistenz, der Ost-Anbindung, dem Wandel durch Annäherung, Annäherung durch Wandel – daß das alles vorbei sei und wir uns darauf einstellen müssen, daß es spätestens 2029 zum Krieg mit Rußland kommen kann

Und der Kommandant des Hamburger Militärbezirks, Generalleutnant Michael Gliss, hat gerade vor zwei Tagen die Einschätzung verlauten lassen, daß es, damit es zu einer glaubwürdigen Abschreckung Rußlands kommt, nicht ausreicht, nur zwei Wochen ein Manöver zu machen. Sondern man müsse die Sache so organisieren, daß 800.000 Soldaten und deren Ausrüstung innerhalb von zwei Monaten an die Ostfront verlagert werden können. Und man müsse die Leute daran gewöhnen, daß es eben auch zum Transport einer großen Zahl von Verwundeten und Kriegsgefangenen kommen werde und viele Flüchtlinge vom Baltikum oder von Polen geben werde.

Daß auch das Gesundheitssystem diese Zeitenwende erleben muß, das hat Lautenbach gesagt. Das heißt im Klartext: wenn ein Krieg in Europa oder in Deutschland stattfindet, dann hat die Behandlung der Kriegsverwundeten Vorrang vor normalen Patienten. Wenn Sie dann Pech haben und einen Herzinfarkt haben, müssen Sie warten, bis die Verwundeten behandelt sind. Außerdem müsse der Hamburger Hafen für solch ein Szenario bis spätestens 2029 fit gemacht werden.

Diese Überlegungen sind schon länger im Gang. Die DGAP [Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik] hatte schon vor etwa einem Jahr ein Papier dazu verfaßt. Einer der Autoren, Christian Mölling, schreibt, Europa müsse sich auf jahrzehntelange Auseinandersetzungen mit Diktaturen in der ganzen Welt vorbereiten.

Die Nord-Stream-Farce

Ich will jetzt noch mal von diesem längeren Bogen zurückkommen zu den Schlagzeilen von gestern und vorgestern, daß man jetzt endlich den Täter des Anschlags auf die Nord-Stream-Pipeline gefunden hat, nämlich einen ukrainischen Taucher. Den hätte man schon vor vier Wochen in Polen verhaften wollen. Aber die Polen hätten wieder nicht reagiert, deshalb konnte der sich bequem in die Ukraine absetzen und ist jetzt nicht mehr auffindbar.

Dann hat das Wall Street Journal geschrieben, es war eine Party-Laune betrunkener Militärs. Der General Saluschnyi wäre dabeigewesen, und Selenskyj hätte das alles gewußt, jedenfalls wäre da die Entscheidung gefallen. Selenskyj hätte ein bißchen protestiert und hätte auch die westlichen Geheimdienste informiert, aber die hätten auch nichts tun können.

Und jetzt kommen gleich zwei ehemalige BND-Chefs und sagen nein, das war eine Vereinbarung zwischen Polen und Ukraine auf der höchsten Ebene.

Es ist also ein Affentheater, wie es man sich nur vorstellen kann. Wenn das stimmt, daß der Selenskyi das wußte und daß hohe Stellen in der Ukraine beteiligt waren, dann könnte man ja vielleicht sagen: Das war ein Kriegsakt seitens der Ukraine gegen Deutschland. Und könnte aufhören, diese ganzen Waffen in die Ukraine zu liefern. Aber es ist immer noch das Wahrscheinlichste, daß Seymour Hersh recht hatte – daß es die USA waren. Er hat so viel Details dazu angegeben.

Deutsche Wirtschaft im freien Fall

Wir erleben im Augenblick in Deutschland einen wirtschaftlichen Zusammenbruch, ich befürchte, daß es zu einer Riesenexplosion kommen wird, weil im Augenblick die Insolvenzen massiv sind. Die Firmen werden durch die USA ermutigt, in den USA zu investieren, durch den sogenannten Inflation Redaction Act, also das Gesetz zur Verringerung der Inflation in den USA, das große Anreize gibt, daß Firmen dort investieren. Einige Firmen gehen nach China oder anderswohin. Aber wir stehen in Deutschland als Folge dieser Politik vor der Deindustrialisierung. Was der Morgenthau Plan mal intendiert hatte, wird hier passieren.

Es ist auch völlig klar, wenn man die wichtigste Frage stellt, die man immer bei solchen Fragen stellen soll – nämlich das cui bono [wem nützt es] –, dann ist es die langfristige strategische Ausrichtung der USA, Rußland und Deutschland voneinander zu trennen. Denn die Befürchtung war schon immer, daß das wissenschaftliche und technologische Know-how von Deutschland zusammenkommt mit den enormen Ressourcen von Rußland, Rußland hat ja alle Rohstoffe, die man sich nur vorstellen kann auf seinem Territorium, die noch lange nicht ausgebeutet sind oder erschlossen sind. Und die Befürchtung der Anglosphäre ist seit langem, daß Deutschland und Rußland zusammen ein unschlagbarer Gegner sind.

Jetzt ist der Versuch ganz offensichtlich, daß man da einen Cover-up macht, also die Sache irgendwie verdeckt und dann beerdigt. Aber das dürfen wir nicht zulassen, eben weil ja die Existenz von Deutschland damit auf dem Spiel steht.

Die Lage im Nahen Osten

Ich will jetzt die Lage im Nahen Osten nur ganz kurz beschreiben. Es ist ebenfalls eine Situation, die aus dem Ruder laufen kann, wenn der Iran einen Gegenschlag macht gegen die Ermordung von dem Hamas-Führer Hanija, wozu sie eigentlich ja nach allem Völkerrecht berechtigt wären. Und wahrscheinlich ist es nur der Intervention des ehemaligen russischen Verteidigungsministers Schoigu zu verdanken, daß bisher nichts passiert ist. Schoigu war vor einer Woche in Teheran und hat dort versucht, die Regierung zu beeinflussen, daß sie keinen Gegenschlag machen, weil Putin persönlich angeboten hat, zwischen dem Iran und Israel zu vermitteln.

Die Lage ist aber nach wie vor äußerst gespannt, die Bundesregierung und andere Regierungen haben Warnungen an die Bevölkerung gegeben, sofort den Libanon zu verlassen. Die Möglichkeit, daß es zu einem großen Krieg kommt, ist also nach wie vor absolut gegeben.

Und das könnte genauso wie die Lage um die Ukraine aus dem Ruder laufen, wenn der Iran von Israel angegriffen würde, denn der Iran hat inzwischen erhebliche militärische Kapazitäten und Israel käme nicht so einfach davon. Israel hat etwa 200 Atomwaffen, von denen die Welt weiß, und wenn es dann zu einer Eskalation käme, könnte das zum Dritten Weltkrieg führen.

Die einzige Chance: Kooperation mit der globalen Mehrheit

Deshalb ist die Frage: Was können wir tun, um dieser Situation zu entkommen? Ich sehe nur eine einzige Chance. Diese Chance existiert sehr real, aber sie erfordert, daß wir die Bevölkerung oder mindestens große Teile der Bevölkerung informieren und dazu bewegen, daß sie diese Alternative unterstützen.

Die NATO – selbst wenn man sie zur Globalen NATO macht, das ist Europa, die USA, Australien, Neuseeland, Japan –, repräsentiert maximal 15% der Weltbevölkerung, während die anderen Länder – die BRICS Staaten, Afrika, große Teile von Asien und Lateinamerika – 85 % der Menschheit darstellen. Und die sind im Augenblick dabei, ein vollkommen neues Weltwirtschaftssystem zu bauen.

Es wäre eigentlich im ureigensten Interesse Deutschlands, zu sagen, wir können uns doch nicht zum Feind der ganzen Menschheit machen, sondern wir müssen einen Weg finden, wie wir kooperieren. Und ich bin auch 100% überzeugt: Wenn Deutschland das ganz klar sagen würde, hätte das Folgen für ganz Europa, und wenn Deutschland und Europa in diese Richtung gehen würden, dann wäre das auch der nötige Schub für die USA, daß sie diese gegenwärtige Idee, die dominante Hegemonialmacht in der Welt bleiben zu müssen, aufgeben.

Der erste oder wichtigste Schritt war die Bandung-Konferenz 1955 in Indonesien, als sich damals die asiatischen und afrikanischen Staaten zum ersten Mal zusammenschlossen, mit der Idee, daß sie die Unabhängigkeit vom Kolonialismus praktisch umsetzen würden.

Es lohnt sich wirklich, sich die Reden von Sukarno, von Nehru, von Zhou Enlai einfach noch mal anzuschauen, denn das war ein Einschnitt in der Geschichte. Damals schon sagten sie, wir müssen aufpassen, daß der Neokolonialismus nicht fortbesteht. Weil das eben bedeuten würde, daß die Länder, die zwar die Unabhängigkeit erlangt haben, trotzdem in ein neokolonialistisches System eingebunden blieben, wo sie der Mangel an Zugriff zu produktiven Krediten und die Bestimmung der Handelsbeziehungen durch IWF und Weltbank von der Entwicklung abgeschnitten hat.

Daraus ist dann die Idee der „Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz“ entstanden. Das ist ein ganz wichtiges Konzept. Diese fünf Prinzipien sind erstens, die absolute Anerkennung der Souveränität aller Staaten, zweitens, daß man sich nicht einmischt in die inneren Angelegenheiten des anderen, drittens, daß man das andere soziale System akzeptiert, also nicht versucht, dem anderen sein eigenes System aufzuzwingen, Gleichberechtigung, und daß man kooperiert zum gegenseitigen Vorteil.

Das waren die Ideen von Mahatma Gandhi, von Nehru, von Sukarno, von Zhou Enlai und dann später von Nasser und Tito.

Daraus ist dann die Bewegung der Blockfreien entstanden, und wir hatten auch damit direkt zu tun, weil LaRouche schon 1975, als er von der Reise in den Irak zurückkam, den Vorschlag gemacht hat, den Internationalen Währungsfonds abzulösen durch eine Entwicklungsbank, die Internationale Entwicklungsbank.

Das war die Idee, daß man eben nicht, wie der IWF, die Kredite als Knebel anlegt, sondern den Entwicklungsländern jedes Jahr – wir haben damals von 400 Milliarden D-Mark pro Jahr für Infrastrukturprojekte gesprochen; wenn man seitdem, seit 1975 – das sind fast 50 Jahre – jährlich 400 Milliarden Euro oder Dollar als Kreditlinien für wohldefinierte Projekte zur Verfügung gestellt hätte, dann wäre heute die Lage in Afrika und in Lateinamerika völlig anders.

Wir haben damals für diese Idee gekämpft, ein ganzes Jahr lang haben wir mit den Regierungen der Blockfreien-Bewegung gesprochen. Und die haben das 1976 in ihrer Schlußresolution in Colombo eingebracht.

Das wurde damals sehr negativ beantwortet von den Kräften im Norden. Sie haben Frau Indira Gandhi destabilisiert, in Indien. Sie haben Frau Bandaranaike in Sri Lanka aus dem Amt gejagt, Ali Bhutto wurde ermordet. Kissinger hat damals gesagt, wir werden ein blutiges Beispiel an jemandem statuieren, nämlich Bhutto, damit diese Idee der Unabhängigkeit und des Schuldenerlasses für die Dritten Welt, daß das nie mehr auf die Tagesordnung kommt.

Es war eine Situation, in der diese Blockfreien-Bewegung Riesenanstrengungen gemacht hatte für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, dann aber quasi zurückfiel, weil ihre führenden Kräfte alle destabilisiert wurden.

Chinas Rolle

China hat damals noch nicht so eine große Rolle gespielt, denn das war noch zur Zeit der Kulturrevolution. Damals war China unter der Kontrolle der Viererbande und der maoistischen, antitechnologischen Ideologie, und das wirtschaftliche Niveau von China war damals auf dem Niveau von Schwarzafrika, wie heute der Sudan. Deshalb ist das Wirtschaftswunder, das China seitdem in Gang gesetzt hat, die wichtigste zivilisatorische Entwicklung der neueren Geschichte.

1978 wurde die Viererbande abgesetzt. Deng Xiaoping kam ins Amt und hat damals die Politik von Reform und Öffnung eingeleitet und damit die Orientierung an kontinuierlichem wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt, kontinuierlicher Erneuerung, Innovation als Basis für die Wirtschaft. Und damit hat China ein Wirtschaftswunder geschaffen.

Denjenigen von Ihnen, die noch nicht in China waren, wahrscheinlich die Mehrheit: das kann ich nur empfehlen. Schauen Sie sich mal die Bilder an von 1971. Ich war 1971 in China und habe das mit eigenen Augen gesehen. China war damals nichts, man ist aufs Land gegangen, es gab Toiletten, die waren unbeschreiblich. Es gab keine mechanisierte Landwirtschaft, alles wurde mit der Hand gemacht. Die Armut war enorm.

Und wenn Sie heute nach China fahren, zum Beispiel nach Shenzhen oder nach Zhuhai? Es gibt in der ganzen Welt keine Städte, die so modern sind wie die in China! Sie haben Bahnhöfe, quasi ausgelegt mit Marmor. Die Züge sind pünktlich, sie fahren 350 Kilometer pro Stunde, ohne daß man wie bei uns in jeder Kurve hin und her fliegt, sondern die fliegen quasi über die Landschaft. Es ist ein wahres Vergnügen.

Auch alle anderen Bereiche. China ist inzwischen in ungefähr 37 von 40 Bereichen weltweit führend. Sie haben nicht nur die meisten Patente, sie sind die ersten, die auf der Rückseite des Mondes waren und dort Experimente gemacht haben, Gesteinsproben gesammelt haben, die zurückgebracht werden auf die Erde, um hier als Treibstoff für zukünftige Kernfusion zu dienen. Sie haben zum ersten Mal eine kleine Pflanze zwei Wochen lang auf der Rückseite des Mondes am Leben erhalten.

Das heißt, es ist unglaublich, wie die Chinesen Fortschritte gemacht haben. Und das ist natürlich der Grund, warum China jetzt, 40 Jahre später, faktisch die größte Wirtschaftsmacht der Welt ist, weil die Wirtschaft der Chinesen sehr stark auf physischer Ökonomie basiert, während die USA inzwischen außer dem Militärisch-Industriellen Komplex kaum noch Industrien besitzen.

Auf jeden Fall hat China mit dieser Methode in knapp 40 Jahren 850 Millionen Menschen seiner eigenen Nation aus der Armut befreit. Sie haben heute einen wachsenden Mittelstand, der eine immer größere Kaufkraft hat. Und sie haben vor allen Dingen damit ein Modell geschaffen, das es den anderen Entwicklungsländern zum ersten Mal ermöglicht, selber die Armut und Unterentwicklung zu überwinden.

Wiederum ist die Rolle unserer Organisation verknüpft mit dieser Geschichte. 1989 haben wir dieses Programm des Produktiven Dreiecks Paris-Berlin-Wien vorgeschlagen. Als sich dann 1991 die Sowjetunion auflöste, haben wir dieses Programm auf ganz Eurasien ausgeweitet, d.h. den Plan, die Bevölkerungs- und Industriezentren Europas mit denen in Asien durch Entwicklungskorridore zu verbinden. Nicht nur Verbindungslinien von A nach B, etwa eine Eisenbahn von Paris nach Peking zu bauen, sondern Entwicklungskorridore, die Infrastruktur, Autobahnen, Schnellbahnen, Wasserwege mit Energieproduktion und -verteilung verbindet und auf die Weise die Standortbedingungen, die vorher nur am Ozean oder an Flüssen gegeben waren, in das Landesinnere des eurasischen Kontinents hineinbringt. Man erschließt also das Innere des Kontinents für Industrie, neue Städte, für Industrialisierung und Landwirtschaft.

Diese Idee, die wir 1991 zum ersten Mal vorgeschlagen haben, als Basis für eine neue Friedensordnung, wurde dann primär von China aufgegriffen. Wir haben Hunderte von Konferenzen veranstaltet, in fünf Kontinenten, und als Xi Jinping 2013 die Neue Seidenstraße verkündet hat, da waren wir extrem froh und haben gesagt: Das ist im Grunde unser Programm.

Die Entscheidung Xi Jinpings, die Seidenstraße auf die Tagesordnung zu setzen, geschah vor inzwischen elf Jahren, und wenn man sich die Transformation der Welt ansieht in diesen elf Jahren, das ist ungeheuer. Überall sind Hochtechnologieprojekte entstanden. Laos hat jetzt ein Schnellbahnsystem, was besser organisiert ist als irgendeine Bahn in Europa, von den USA erst gar nicht zu sprechen, die keinen einzigen Kilometer Schnellbahnen haben.

Auf jeden Fall schließen heute die Entwicklungsländer, die Länder des globalen Südens, sehr schnell auf zu den Ländern mit mittlerem Einkommen. Sie wollen ihre Armut überwinden, Unterentwicklung überwinden, sie wollen nicht länger bloß Rohstoffexporteure sein. Sie wollen die Einnahmen, die sie von den Rohstoffen haben, nutzen zur Qualifizierung der Arbeitskräfte, um einen Mittelstand aufzubauen, neue Städte zu bauen.

Unser ureigenstes Interesse

Wenn wir in Europa nicht so vollkommen verbohrt wären, dann würden wir sagen: Das ist doch unser Wirtschaftsmodell, unser Geschäftsmodell. Deutschland ist eine Exportnation, die keine Rohstoffe hat, aber seit Bismarck durch kontinuierliche Anwendung von wissenschaftlichem und technologischem Fortschritt einen hohen Lebensstandard erreicht hat. Man kann jetzt kritisieren, daß wir so exportabhängig sind, aber wir brauchen noch auf lange Zeit wachsende Märkte, bis wir unser Wirtschaftsmodell vielleicht mal irgendwann so umgestellt haben, daß diese extreme Exportabhängigkeit überwunden wird und wir einen stärkeren Binnenmarkt haben, was sicherlich anzustreben wäre. Aber für lange Zeit, Jahrzehnte, brauchen wir wachsende Märkte mit reicheren Kunden.

Und es wäre doch in unserem ureigensten Interesse, daß wir sagen: Wenn diese Länder des Globalen Südens, die 85% der Menschheit umfassen, jetzt mit Hilfe Chinas und zunehmend auch der anderen BRICS-Staaten endlich ihre Unterentwicklung überwinden können, und es besteht eine reale Chance, daß das geschieht – warum kooperieren wir nicht, stellen unser wissenschaftliches Know-how zur Verfügung, investieren in Infrastruktur in Afrika, in den Aufbau von Industrie und Landwirtschaft, und schaffen damit die Situation, daß Millionen und Hunderte von Millionen Menschen nicht mehr als Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa in der Sahara verdursten, im Mittelmeer ertrinken und uns als Menschenrechtsmonster erscheinen lassen, was die Frontex inzwischen tut. Warum können wir nicht die Speerspitze sein und sagen, wir kooperieren mit diesen Ländern?

Ich denke, das ist die einzige Richtung, in der wir einen Ausweg finden, wenn wir es schaffen, in der Bevölkerung diesen Umschwung im Denken zu erzeugen.

Wie der Globale Süden uns sieht

Die Länder des globalen Südens haben natürlich viel mehr Geschichte und Wissen, als die Leute bei uns auch nur ahnen. Es gibt z.B. die Vorstellung von Josef Borrell, der sagt, daß wir hier im EU-Garten leben und die da draußen alle im Dschungel, daß wir aufpassen müssen, daß diese Dschungelpflanzen nicht bei uns in unseren schönen Garten kommen.

Das wird in der ganzen Welt verlacht, weil jeder sagt: Wie arrogant und dumm sind diese Europäer, daß sie nicht einsehen, daß China eine 5000 Jahre alte, ungebrochene Zivilisation hat? Ebenso Indien. Auch andere Staaten in Asien haben Zivilisationen, die ohne Unterbrechung seit Tausenden von Jahren bestehen und viel älter sind als wir in Europa, die enorm reich sind, die eine eigene Dichtung haben, eine eigene Philosophie, eine eigene Kultur, Malerei, die im Grunde also über Jahrtausende die Hochkultur der menschlichen Entwicklung darstellten. China war Jahrtausende lang die Speerspitze der Menschheit und ist eigentlich erst ab dem 15. Jahrhundert etwas zurückgefallen. Oder Afrika, Äthiopien, die Wiege der Menschheit. Da gibt es Kulturfunde, die uns zeigen, daß die Menschheit eigentlich von dort aus begonnen hat, sich auszubreiten.

Diese Länder schauen seit langem auf das, was im Westen passiert. Und vor allen Dingen haben sie die Interventionskriege der USA und der NATO gesehen – der illegale Krieg und die Bombardierung Jugoslawiens, dann 2001 die Intervention in Afghanistan, 2003 Intervention im Irak, etc.

Einige von Ihnen wissen ja vielleicht von unserer Internationalen Friedenskoalition, die einmal in der Woche freitags zusammenkommt. Lawrence Wilkerson war da – der damalige Staatsstabschef des amerikanischen Außenministers Colin Powell –, er hatte schon vorher gesagt, daß Colin Powell schon bevor er seine Rede in der UNO hielt – wonach Saddam Hussein angeblich Massenvernichtungswaffen hatte, die den Vorwand für die Intervention lieferten – wußte, daß das nicht gestimmt hat. Nancy Pelosi hat aus Laune oder Unachtsamkeit in einer Studentenversammlung zugegeben, daß sie alle wußten, daß Saddam Hussein keine Massenvernichtungswaffen hatte. Trotzdem hat man diesen Krieg geführt.

Versetzen Sie sich in den Kopf der Menschen in Afrika, in Asien: Sie sehen, wie der Westen im Grunde eine Lüge nach der anderen verbreitet. Oder auch interveniert, in Syrien, in Libyen.

Die Sanktionen – die übrigens alle illegal sind, weil sie nicht vom UN Sicherheitsrat abgesegnet sind –, richten sich immer gegen die Bevölkerung. Man dreht die Daumenschrauben an, man verschlechtert die Lebensbedingungen, und damit soll die Bevölkerung aufgehetzt werden gegen die eigene Regierung und einen Regierungswechsel unterstützen. Das sehen die Länder alles, die beobachten das.

Dann sehen sie, wie der Dollar als Waffe instrumentalisiert wird. Man konfisziert einfach mal so eben neun Milliarden in Afghanistan, dann 300 Milliarden in Rußland. Sie denken sich, vielleicht ist es nicht so sicher, sein Geld in Dollar anzulegen oder überhaupt den Dollar als Handelswährung zu benutzen?

Deshalb findet seit geraumer Zeit diese Entdollarisierung statt, die Länder sind dabei, sich eine eigene Währung zu geben, den Handel untereinander nicht mehr in Dollar und Euro abzuwickeln, sondern in Rupie, in Rubel, in Pesos, in allen anderen Währungen.

Man muß wirklich verstehen, daß das, was der Globale Süden macht, keine aggressive Haltung gegen Europa oder die USA ist, sondern es ist eine Verteidigungsmaßnahme gegen Maßnahmen, die vom Norden kamen. Wenn sie jetzt ihr eigenes Wirtschaftssystem bauen, dann ist das nicht nur ihr gutes Recht, sondern es ist auch für uns eine Chance, damit zu kooperieren.

Wir in Europa müssen es schaffen, daß die Bevölkerung bei uns wirklich mal ein Bild davon bekommt, was die wirkliche Absicht der Führer dieser Länder ist, von Brasilien, von Indonesien, von Indien, von Ägypten, von Südafrika. Was ist die wirkliche Absicht dieser Länder? Das wird von unseren Massenmedien entweder überhaupt nicht dargestellt, oder es wird total ins Gegenteil verkehrt.

Die gefährlichste Zeit hat begonnen

Ich denke deshalb, daß die gefährlichste Zeit überhaupt, wo die Weichen für die Zukunft gestellt werden, eigentlich die nächsten drei bis sechs Monate sind, also bis zur US-Wahl und dann bis zur Amtseinführung des neuen amerikanischen Präsidenten.

Ein Wort zu den USA. Weder Kamala Harris, die von Top-Wallstreet-Firmen und vom militärisch industriellen Komplex unterstützt wird, noch Trump, der vom Silicon Valley unterstützt wird, werden etwas wesentlich verändern. Robert Kennedy Junior hat auch Probleme, er ist leider in der Israelfrage sehr prozionistisch eingestellt, und das hat wahrscheinlich mit den Wahlkampfspenden zu tun, die enorm groß sind.

Vorgestern [am 15.8.] hat Robert Kennedy Junior gesagt, er würde, wenn er Präsident wird, sofort eine Konferenz für ein neues Bretton-Woods-System veranstalten, mit dem Unterschied, daß es nicht die Länder des globalen Südens benachteiligt, wie das bei dem alten Bretton-Woods-System der Fall war.

Aber unter den jetzigen Umständen hat Kennedy kaum Chancen, die Wahl zu gewinnen. Deshalb ist es wichtig, daß da unabhängige Kandidaten entstehen, die das andere Amerika repräsentieren, wie unsere Kandidatin Diane Sare und Jose Vega in der Bronx. Die einzige Chance ist, daß wir auf internationaler Ebene eine Wende zustande bringen.

Deutschlands kulturelle Krise

Nun will ich vielleicht noch etwas zum Zustand Deutschlands sagen, und zwar dem kulturellen Zustand. Ich denke, wir haben nicht nur eine wirtschaftliche Krise, eine militärische Krise, eine strategische Krise, sondern wir haben vor allem eine kulturelle Krise, die mit der Endphase des Römischen Reiches in starkem Wettbewerb steht. Mit anderen Worten, die Dekadenz und der moralische Niedergang sind im Grunde erschütternd, denn wir sind dabei, alles zu verlieren, was einmal in der Welt als große deutsche Kultur respektiert wurde.

Ich erinnere mich, noch vor einigen Jahrzehnten konnte man in der Welt herumreisen, und man wurde begrüßt: „Ach, Sie kommen aus Deutschland, das ist doch das Land von Schiller, von Beethoven, die Ode an die Freude, alle Menschen werden Brüder.“ Oder, „Das ist das Land, wo die ganzen Erfindungen herkommen, die Ingenieure, die Techniker.“

Aber das hat sich total verkehrt. Heute sagen die Leute: „Was, von der EU kommen Leute und wollen uns hier in Afrika erzählen, wir sollen LGBTQ einführen? Geht zum Teufel! Das ist nicht unsere Tradition.“ Oder Frau von der Leyen fährt nach China und hofft, daß die Chinesen ihre hochwertige chinesische Kultur eintauschen gegen Genderismus, Wokismus und all diese modernen Erscheinungsformen. Das gleiche in Rußland, in Ungarn: Überall auf der ganzen Welt sagen die Leute: „Nein, danke schön, damit haben wir nichts am Hut.“ Aber wir sollen diese Sachen wirklich akzeptieren, und sind damit dabei, unsere gesamte Kultur zu verlieren.

Ich sage das jetzt ganz ohne Arroganz, aber wenn Sie von klassischer Musik reden, weltweit, dann reden Sie wahrscheinlich zu 95% über deutsche Kompositionen. Das ist so! Das heißt nicht, daß andere Länder nicht auch schöne Dinge komponieren, wunderschöne Volkslieder haben und alles mögliche andere, aber in Bezug auf das, was man klassische Kultur in der Musik nennt, ist Deutschland die Hauptproduktionsstätte gewesen.

Und das ist dabei zu verschwinden. Es gibt zwar noch ein paar Konzerte, aber auch beim Rheingau-Musik-Festival, beim Schleswig-Holstein-Festival, wo gibt es da einen Liederabend? Das ist nicht mehr gewünscht. Statt dessen hat man Jazz und ein bißchen Hip Hop und ein bißchen atonale Musik.

Die Oligarchie bekämpft die klassische Kultur

Die deutsche Klassik, also ungefähr die Zeit von Leibniz, Lessing, Schiller, Goethe und in der Musik von Bach bis Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Brahms, sogar noch etwas Hugo Wolf, diese Periode, in der ja auch viele andere Denker waren, auf vielen Gebieten, viele Wissenschaften überhaupt erst begründet worden sind – das war wahrscheinlich die höchste kulturelle Phase der Menschheit. Ich sage das wirklich ohne Arroganz, aber wenn man das vergleicht mit anderen Kulturen, kann man sagen: das war die Hochphase der menschlichen Kultur. Und das ist jetzt im Grunde verloren.

Die Oligarchie damals hat diese Hochform der Kultur bekämpft, denn Schiller z.B. hatte das schönste Menschenbild, was mir bekannt ist – deshalb ist das Schiller-Institut ja auch das Schiller-Institut. Das wurde für Wilhelm von Humboldt zur Inspiration für sein Bildungssystem. Wilhelm von Humboldt hat sich an Schillers Konzept der Schönen Seele orientiert und gesagt, das Ziel der Erziehung muß der schöne Charakter sein, alle Wissensgebiete sind im Grunde nur Hilfsmittel, damit alle Potentiale des Menschen sich zu einem harmonischen Ganzen entfalten können, und das ist der schöne Charakter, das ist die schöne Seele. Und Schiller hat gesagt, nur das Genie erfüllt diese Bedingungen vollständig, diese Idee der harmonischen Persönlichkeit. Dann hat Humboldt das Humboldtsche Bildungssystem geschaffen, das Humboldtsche Gymnasium, und das hat alle Universitäten im 19. Jahrhundert in Europa und selbst in Amerika beeinflußt.

Das war vom Standpunkt der Oligarchie ein absoluter Horror, denn Humboldt wollte, daß jedes Kind ein Genie wird. Und er hat gesagt, dazu eignen sich bestimmte Wissensgebiete besser als andere, also etwa die Beherrschung der eigenen Hochsprache. Denn nur das, was man gut ausdrücken kann, kann man auch denken.

Deshalb ist die Beschäftigung mit der eigenen Dichtung die Voraussetzung. Natürlich auch mit der Universalgeschichte, wenn man die eigene Identität einbindet in die lange Linie von Generationen, die alle zu unserem Wissen bis zum heutigen Zeitpunkt beigetragen haben, und der Wunsch erzeugt wird, dieses Wissen vermehrt an die künftigen Generationen weiterzugeben – das ist für die Entwicklung der Identität extrem wichtig. Oder auch die Beschäftigung mit Geographie, Naturwissenschaften, Musik. Alle diese Wissensgebiete formen den Charakter zu einem schönen Charakter.

Wenn Humboldts Konzept das gängige geworden wäre, dann wären heute alle Menschen kreativ und keiner würde mehr erlauben, daß einige Leute sich selbst als Oligarchie oder Monarchen erhöhen, sich gestohlene Diamanten, die sie von den Kolonialländern stibitzt haben, auf die Krone setzen, und da sitzen wie auf diesem lächerlichen Bild von König Charles und Königin Camilla. Haben Sie schon mal so etwas Absurdes gesehen wie das offizielle Foto von diesem Paar?

Mit anderen Worten, die Oligarchie hätte im Grunde befürchten müssen, daß sie es mit aufgeklärten, wirklich entwickelten Menschen zu tun gehabt hätte. Und deshalb haben sie sofort alle kulturellen Tendenzen gefördert, die dem entgegensteuerten, angefangen mit der Romantik.

Die meisten Leute haben davon eigentlich eine falsche Vorstellung und sagen: „Oh, wir hatten so ein schönes romantisches Abendessen mit Kerzenschein am Meeresstrand, die Sonne ging unter.“ Das hat mit Romantik nichts zu tun, sondern das ist Kitsch. Die politische Romantik, die sich aus der Frühromantik entwickelt hat, war eine politische Gegenbewegung gegen die Klassik.

Denn was war der Hauptverdienst der deutschen Klassik? Es war die Idee, die griechische Idee des Schönen, Wahren und Guten als Einheit wiederherzustellen, mit der eine Bestimmung für die Inhalte von Kunst, von Musik, von Poesie gegeben war, die verbunden war mit der klassischen Form.

In der klassischen Form hat man eine Idee. Diese Idee wird durchgeführt und kommt, in welcher spezifischen Form auch immer, zu einem Abschluß und stellt ein universelles Prinzip dar.

Die Romantik dagegen hat gesagt: Nein, Form ist Unsinn. Der Tag wird zur Nacht, die Nacht wird zum Tag, nichts ist jemals abgeschlossen, alles ist eine ewig währende Seifenoper, wo immer noch mal eine neue Serie kommt. Am nächsten Tag geht es weiter mit Rote Rosen oder wie auch immer diese ganzen Serien heißen.

Auf jeden Fall wurde damit schon mal die klassische Form, die von Beethoven und Schiller zur höchsten Form entwickelt wurde, sowohl in der Dichtung als auch im Drama bzw. der Komposition in der Musik – das wurde unterminiert, und das Schöne, Wahre und Gute wurde ersetzt durch das „Interessante“. Was heute interessant ist, ist morgen natürlich schon wieder alt, also braucht man etwas noch interessanteres und so fort.

Diese Idee, daß man die Sinne in gewisser Weise immer weiter kitzelt, das hat zu diesem gesamten Niedergang geführt, bis zum heutigen Dekonstruktionismus, wo kein Mensch mehr sich einig ist, was er überhaupt für schön halten soll. „Ich denke, das ist schön, und der denkt, das ist schön. Alle Meinungen sind gleich, und ich brauche nur einen Farbbeutel an die Wand zu schmeißen. Ich sage, das ist die größte Kunst, und dann habe ich genauso recht wie Beethoven, der sich mit den späten Streichquartetten da ein Denkmal gesetzt hat.“

Mit anderen Worten: Die Zerstörung der Kunst fing mit der Romantik an und ging dann natürlich sehr schnell weiter – mit Schopenhauer, mit dem Kulturpessimismus, der damit einsetzte. Und dann natürlich nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Umerziehung durch die Besatzungsmächte, mit dem Kongreß für kulturelle Freiheit, der eine bewußte CIA-Operation war, um die Europäer und auch die Amerikaner, aber auch andere Völker in der Welt von ihrer eigenen kulturellen Tradition abzuschneiden.

Das ist das Resultat des Angriffs auf das christliche, humanistische Menschenbild in Europa und die entsprechenden Menschenbilder anderswo. Wir befinden uns in einem kulturellen finsteren Zeitalter.

Die Asiaten haben genau das Gegenteil gemacht. Sie haben das neoliberale Modell von vornherein abgelehnt und gesagt, wir beziehen uns ganz bewußt auf unsere 5000 Jahre alte Geschichte. Wenn Sie nach China fahren, sie haben große Kulturschätze, ob es jetzt der Einfluß des Buddhismus war, von Indien her oder Taoismus oder andere Einflüsse, die man in ihrer Eigenständigkeit durchaus betrachten muß und bei denen man nicht unbedingt immer eurozentristische Maßstäbe anlegen kann. Diese Länder beziehen sich auf ihre eigene Kultur.

Deshalb brauchen wir, wenn wir aus diesem Loch herauskommen wollen, in dem wir uns befinden, eine Renaissance der deutschen klassischen Kultur. Es muß damit anfangen, daß wir wieder lernen, Gedichte zu lesen und eventuell sogar zu schreiben. Gedichte schreiben ist eine Kunst, die ich nur jedem ans Herz legen kann, weil das den Geist zu einer anderen Tätigkeit herausfordert, weil man dann eben nicht praktisch sein kann, oder man kann nicht prosaisch sein. Das ist ja gerade der Unterschied zwischen Lyrik und Prosa, daß man die höhere Ebene der Synthese im Geist eben erzeugt.

Die Mehrheit der Menschheit tickt anders

Das sind jetzt nur Aspekte, aber zum Glück wird die Weltgeschichte nicht in Deutschland gemacht. Denn wenn es an uns läge, aus dieser Krise herauszukommen, dann würde ich sagen, sind die Aussichten schlecht. Ich bin aber optimistisch, weil ich die Welt niemals nur von Deutschland, von innen her betrachte, sondern immer von oben, von der strategischen Lage. Und da sehe ich, daß die Mehrheit der Menschheit im Augenblick ganz anders tickt als die Deutschen. Die sind optimistisch, die sind ergebnisorientiert, die sind froh, die haben eine Idee, daß sie das zukünftige Jahrhundert gestalten werden. Und zwar nicht durch Hegemonialansprüche, nicht durch Chauvinismus, sondern auf der Basis der fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz und der UN-Charta. Und deshalb bin ich sehr optimistisch.

Dieses Jahr im Oktober findet in Kasan in Rußland das BRICS-Treffen statt. Ich schätze, daß dort eine ganze Reihe von neuen Ländern beitreten werden. Sie werden die New Development Bank, die in der Tradition der Internationalen Entwicklungsbank von LaRouche steht, zur größten Bank des globalen Südens machen, das hat Sergej Glasjew ganz deutlich gesagt, und sie wird Kredite zur Verfügung stellen. Wenn nicht der Dritte Weltkrieg über die Ukraine und Nahost ausbricht, dann ist das alles auf einem sehr guten Weg.

Unsere Initiativen

Deshalb müssen wir uns in Deutschland nicht nur auf die deutsche Politik beziehen, sondern wir müssen uns parallel dazu international engagieren. Das ist das, was wir mit dem Schiller-Institut machen. Denn die BüSo muß ganz klar wachsen in Sachsen, aber auch an anderen Orten. Und wir sind entschlossen, das nach allen Kräften zu machen, und ich bitte sie alle zu helfen und mitzumachen.

Gleichzeitig brauchen wir wegen der enormen strategischen Lage auch noch einige andere Initiativen. Eine davon ist die Idee, daß wir in der internationalen Politik eine Ebene etablieren müssen, wo die Diplomatie wieder eine Rolle spielt, die ja im Augenblick bei der NATO vollkommen weg ist, es wird ja nur davon geredet, Rußland zu zerstören. Ursula von der Leyen will Rußland eine strategische Niederlage beibringen – als ob die Russen nicht eine Strategie hätten, daß sie das als Casus belli, als Kriegsfall betrachten. Und von der Leyen als frühere Verteidigungsministerin müßte das eigentlich wissen, daß sie so etwas überhaupt sagt, ist unverantwortlich.

Deshalb brauchen wir eine andere Ebene. Ich habe deshalb schon nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine zur Schaffung einer neuen internationalen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur aufgerufen, die die Interessen aller Staaten berücksichtigen muß. Das ist die Lehre aus dem Westfälischen Frieden, daß ein Frieden nur funktionieren kann, wenn er die Interessen von jedem einzelnen Land reflektiert. Das war nach 150 Jahren Religionskrieg die Erkenntnis, daß wenn man den Krieg fortführt, daß dann am Ende keiner mehr da ist, der sich am Sieg freuen kann. Und das ist natürlich im Zeitalter von nuklearen Waffen um so mehr der Fall.

Inzwischen gibt es ja viele Initiativen, die – nach mir, muß ich wohlbemerkt sagen – ähnliche Ideen präsentiert haben; Xi Jinping mit seiner Sicherheitsinitiative, Putin am 14. Juni, wo er vorgeschlagen hat, die eurasische Integration des gesamten eurasischen Kontinents. In dem Rahmen hat er auch eine Friedenslösung für die Ukraine vorgeschlagen, die jetzt durch die Kursk-Intervention natürlich wieder zerschmettert ist. Aber die Idee ist, daß man eine neue Sicherheitsarchitektur braucht, jenseits der NATO, die im Grunde alle umschließt – Rußland, China, Nordkorea, Indien, die USA, einfach alle.

Das Gleiche gilt für die Idee der Schaffung eines Rates der Vernunft. Ich habe gesagt, wenn man die Welt betrachtet und sagt, wo soll die Lösung herkommen? Die NATO ist schon auf Konfrontationskurs. Die Regierungen sind unterwürfig als Vasallen der Anglosphäre. Wo soll es also herkommen?

Die Idee ist, daß es in jedem Land Personen gibt, die durch ihr Lebenswerk bewiesen haben, daß sie dem Gemeinwohl verpflichtet sind, daß sie klüger sind als die jetzigen Regierenden, und daß man diese Personen aus jedem Land zusammenholen muß, damit sie dann eine neue Ebene der Vernunft in die Debatte einbringen.

Ich habe drei Beispiele, wo so etwas schon einmal Erfolg gehabt hat:

Es gibt viele andere Beispiele. Aber ich wollte Beispiele dafür anführen, daß man etwas schaffen kann, auch wenn es ausweglos aussieht, was aber dann doch eine höhere Ebene der Vernunft darstellt.

Deutschland befindet sich in höchster Gefahr, denn wir sind am Rande des Dritten Weltkriegs. Wir haben es mit einer Bevölkerung zu tun, die das nur unzureichend wahrnimmt, und deshalb, denke ich, sind die Wahlen in den drei Bundesländern jetzt im September extrem wichtig.

Ich bitte Sie alle, BüSo zu wählen. Vielleicht würde der eine oder andere sich eher denken, besser AfD oder BSW. Ich kann nur sagen, in der AfD gibt es viele vernünftige Menschen, aber sie sind für die NATO. Sie sind für Sachen, die in der jetzigen Situation überhaupt gar nicht gehen. Frau Wagenknecht hat sicher auch viele gute Ideen, aber die BüSo ist die einzige Kraft, die aufgrund unserer Geschichte die internationalen Verbindungen hat. Das beweisen wir dauernd durch die Konferenzen unseres Schiller-Instituts, durch die IPC, die internationale Friedenskoalition.

Und vor allen Dingen wir sind das, was Ramsey Clark, der ehemalige Justizminister der USA, einmal eine Fabrik von Ideen genannt, hat. Unsere Geschichte hat auf Grundlage der Methode, die Lyndon LaRouche uns vermacht hat, bewiesen, daß wir immer wieder mit Ideen vorankommen, die einen Ausweg zeigen, wenn andere denken, daß kein Ausweg mehr zu sehen ist. Und deshalb denke ich, sollten Sie wirklich uns nicht nur, wie schon gesagt, wählen, sondern wirklich helfen. Dieses Land Deutschland ist einfach zu schön, als daß wir es den Bach hinuntergehen lassen können.

Ich bin im Augenblick vielleicht mehr begeisterter Weltbürger als deutscher Patriot, weil der Zustand unserer Zeitgenossen eben so ist, wie er ist. Trotzdem denke ich, daß ein Volk, das soviel an Großem hervorgebracht hat, dies auch in der Zukunft wieder tun kann, vorausgesetzt, wir bringen es jetzt auf den Weg der neuen Weltwirtschaftsordnung.

Danke schön.

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