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Neue Solidarität
Nr. 45, 7. November 2024

Die Krisen überleben durch Kooperation:
Was Sie von den BRICS lernen müssen

Von Alexander Hartmann

Während die ganze Welt auf das Ergebnis der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten wartet, spielen sich die wirklich wichtigen Ereignisse, die die Zukunft der Welt prägen werden, auf einer ganz anderen Bühne ab. Das Schicksal nicht nur des kollektiven Westens, sondern der ganzen Welt wird vor allem davon abhängen, inwieweit die Bürger in ihren Ländern die wirklich wichtigen Fragen zur Sprache bringen, anstatt sich nur mit dem zufriedenzugeben, was man ihnen als Optionen vorsetzt.

Ohne bedeutende Veränderungen wird keiner der beiden Präsidentschaftskandidaten in der Lage sein, Amerika und den Westen allgemein von der Kasinowirtschaft zu befreien und eine Mobilisierung von Wissenschaft, Industrie und Landwirtschaft in Gang zu setzen, wie sie in der Globalen Mehrheit unter Führung der BRICS läuft. Donald Trump könnte vielleicht eine nukleare Konfrontation in der Ukraine abwenden, aber statt dessen eine in Israel entfesseln – bei Kamala Harris wäre es vielleicht umgekehrt. Außerdem könnten der Dollar und das Finanzsystem zusammenbrechen, noch bevor es in der Ukraine oder in Israel zur Explosion kommt, was genauso einen nuklearen Flächenbrand auslösen könnte.

Die offensichtliche Herausforderung für uns in der westlichen Welt ist, den Regierenden, einschließlich des nächsten US-Präsidenten, nicht mehr tatenlos bei ihrem Versagen zuzusehen. Die Bürger müssen durch ihr Engagement durchsetzen, daß der Westen seine Konfrontationshaltung gegenüber der Globalen Mehrheit und den BRICS aufgibt und statt dessen mit ihnen kooperiert, um endlich die gemeinsamen Probleme der Menschheit anzupacken.

Das gilt vor allem für die Gefahr eines Dritten Weltkrieges, die es so akut seit Generationen nicht mehr gegeben hat. In der Ukraine und in Südwestasien sind zwei Kriege im Gang, die sich beide leicht zu einem Weltenbrand ausweiten können. Und bald kann ein dritter Konflikt hinzukommen, weil die westlichen Regierungen fanatisch darauf fixiert sind, sich zusätzlich auch noch mit Nordkorea anzulegen, weshalb das Land gerade eine weitere atomwaffenfähige ballistische Rakete getestet hat.

UN-Abstimmung zeigt Isolierung des Westens

Sollen wir wirklich das Überleben der Zivilisation riskieren, um eine überholte „regelbasierte Ordnung“ zu verteidigen? Die große Mehrheit der Welt ist nicht dieser Meinung. Am 30. Oktober demonstrierte die Vollversammlung der Vereinten Nationen erneut, daß die USA keinen Anspruch mehr auf die „Führungsmacht der freien Welt“ haben, als die UNO mit einer überwältigenden Mehrheit von 187 zu 2 Stimmen für die Beendigung der 62-jährigen US-Blockade Kubas stimmte.

Eine solche Abstimmung findet in der UNO zwar jedes Jahr statt, aber diesmal war es im Kontext einer „regelbasierten Ordnung“, die noch nie so in Verruf geraten ist wie heute. Diese „regelbasierte Ordnung“ verliert nicht zuletzt deshalb an Unterstützung, weil der Westen sie zwar ständig im Munde führt, um damit Sanktionen und Kriege gegen unerwünschte Konkurrenten zu begründen, sie aber selbst ignoriert, sobald er seine eigenen Interessen oder die seiner Marionetten bedroht sieht.

Nutzt diese Politik wenigstens den Menschen und Volkswirtschaften des Westens? Ganz im Gegenteil! In Deutschland ist die Automobilindustrie am Abgrund, VW verzeichnete allein im September einen Rückgang des Nettogewinns um 64%. Die Haushalte aller NATO-Staaten ächzen unter der Last immer höherer Ausgaben für den Militärisch-Industriell-Finanziellen Komplex, während die Realwirtschaft unter jahrelanger massiver Unterinvestition leidet.

Es ist vielleicht kein Zufall, daß das einzige Land, das mit den USA gegen die Aufhebung der Kuba-Blockade stimmte, Israel war. Wenige Tage zuvor hatte die israelische Knesset beschlossen, die Arbeit des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) auf israelischem und auf besetztem palästinensischem Gebiet zu verbieten. Es gibt keinen praktikablen Ersatz für dieses Hilfswerk, und seine Abschaffung würde für die Palästinenser noch mehr extremes Leid bedeuten. Wenn Israel die Entscheidung umsetzt, wäre das „eine totale Katastrophe, als würde man das Kind mit dem Bade ausschütten“, sagte UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini am 30. Oktober in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP. Noch deutlicher hatte sich Lazzarini am 28. Oktober in einem Brief an den Präsidenten der UN-Vollversammlung geäußert, den er mit den Worten einleitete:

Es ist mehr als offensichtlich, daß der einzige, der auf der Welt „isoliert“ ist, der kollektive Westen ist, dessen „Ordnung“ jetzt bröckelt.

Umdenken notwendig

Infolgedessen steht jeder heute lebende Mensch vor einer größeren Herausforderung als je zuvor. Diese Herausforderung kann nicht durch Wahlen oder bloße formale Änderungen des bestehenden Systems bewältigt werden, denn was tatsächlich notwendig ist, ist eine Änderung der Axiome, ein Umdenken. Oder, wie Helga Zepp-LaRouche betont, eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur, wie sie auch die BRICS-Staaten anstreben. Im Rahmen einer „Konzert-Kundgebung“ der unabhängigen Kandidaten Diane Sare und José Vega am 26. Oktober, deren Beiträge wir in dieser Ausgabe dokumentieren, begründete Zepp-LaRouche, warum dem Westen der BRICS-Gipfel willkommen sein sollte:

In Gesprächen mit Mitarbeitern erklärte sie weiter:

Das erkennen auch andere. Pierre de Gaulle, Enkel des französischen Präsidenten Charles de Gaulle, forderte am 28. Oktober bei einer Veranstaltung zum 100. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Frankreich und der Sowjetunion, die Europäische Union solle sich der neuen Realität stellen und den BRICS beitreten. Er erklärte:

Ein Beispiel dafür, wie die Aussicht auf die Vorteile der Kooperation dazu genutzt werden kann, um Konflikte zu entschärfen, boten China und Indien, die sich pünktlich zum BRICS-Gipfel darauf einigten, ihren Grenzstreit auf Eis zu legen. Die halboffizielle chinesische Zeitung Global Times bezog sich dazu in einem Kommentar auf den berühmtem Satz von US-Präsident John F. Kennedy: „Wir haben beschlossen, zum Mond zu fliegen, nicht, weil es einfach ist, sondern weil es schwierig ist.“ Das Treffen zwischen Premierminister Modi und Präsident Xi auf dem BRICS-Gipfel „hat tiefgreifende Auswirkungen auf die asiatische Geopolitik und die entstehende multipolare Weltordnung. Der ‚nicht einfache‘ Weg nach vorn erfordert ein Ausbalancieren verschiedener Notwendigkeiten. Das bedeutet, daß Indien seine strategische Autonomie bewahren und gleichzeitig die wirtschaftlichen Notwendigkeiten berücksichtigen muß. Es zeigt die Bereitschaft, mit China in einen Dialog über eine gemeinsame Entwicklung einzutreten.“

Was die BRICS können, können wir auch – wir Bürger müssen es nur von unseren Regierungen verlangen und durchsetzen. Geben Sie sich also nicht mit den Optionen zufrieden, die Ihnen „von oben“ vorgegeben werden! Nehmen Sie sich ein Beispiel an den mutigen Kampagnen von José Vega und Diane Sare, die zusammen mit anderen unabhängigen Kräften eine Vorreiterrolle dabei spielen.

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