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Neue Solidarität
Nr. 38, 19. September 2024

Das große Tabu im US-Wahlkampf:
Wo sind die Friedensstifter?

Von Harley Schlanger

Mit einem Wust von „Analysen“ und endlosen Stunden an Videokommentaren haben die selbsternannten „Experten“ im Mainstream-Medienkartell die Diskussion über die Fernsehdebatte zwischen Kamala Harris und Donald Trump am 10. September erfolgreich vom sprichwörtlichen Elefanten im Raum – über den man nicht spricht – abgelenkt. Die Auftritte der beiden Kandidaten, die Sophismen der Medien und die Aberhunderte von Millionen Dollar, die beide Kampagnen ausgeben, schaffen ein künstliches Narrativ, das die Realität hinter der Wahl verbergen soll: Amerikas Außen- und Wirtschaftspolitik wird immer noch von Konzernmilliardären gesteuert, die fanatisch entschlossen sind, ihre zusammenbrechende unipolare Weltordnung zu verteidigen – und sei es, indem sie einen Atomkrieg beginnen.

Obwohl Umfragen zeigen, daß die Wirtschaftsschwäche und die vom Steuerzahler finanzierten Kriege in der Ukraine und in Südwestasien für die Bürger die wichtigsten Themen sind, wurden diese Dinge in der Debatte an den Rand gedrängt. Der Schlagabtausch hat gezeigt, daß keiner der beiden Kandidaten diese von einer imperialen Oligarchie ausgeübte Kontrolle in Frage stellen wird, sodaß den meisten Amerikanern der gefährliche Marsch in die Tragödie für das Land und für die Menschheit gar nicht bewußt ist.

Ein Beispiel: Zum Zeitpunkt der Debatte wurden in bilateralen Konsultationen zwischen der Biden-Administration und der Marionette der Londoner City, dem britischen Premier Keir Starmer, Pläne aktiviert, die „rote Linie“ des russischen Präsidenten Putin zu überschreiten und den Einsatz von Langstreckenraketen durch die Ukraine für Angriffe auf russisches Territorium zu genehmigen. Die „Sonderbeziehung“ soll durch zweifelhafte Änderungen der amerikanisch-britischen Vereinbarungen über die gemeinsame Nutzung von Atomwaffen gestärkt werden, und US-Außenminister Blinken hat ein Treffen nach dem anderen mit seinem britischen Amtskollegen.

Einige Beobachter weisen darauf hin, daß die Koordinierung zwischen amerikanischen und britischen Stellen eine Provokation gegenüber Rußland und China ist und einen Atomkrieg zu provozieren droht.1 Warum, fragen sie, wird darüber im Präsidentschaftswahlkampf nicht diskutiert?

Der Moderator der Debatte, David Muir, sprach die Weltkriegsgefahr kurz in einer Frage an Trump an, die fast spöttisch formuliert war. Er fragte: „Wollen Sie, daß die Ukraine diesen Krieg gewinnt?“

Trump: „Ich möchte, daß dieser Krieg aufhört. Ich möchte Leben retten.“

Muir fragte nach, ob Trump glaube, daß „es im besten Interesse ist, wenn die Ukraine diesen Krieg gewinnt“?

Trump: „Ich denke, es ist das beste Interesse, mit diesem Krieg Schluß zu machen und ihn zu beenden.“

Harris nutzte die nicht nähere Erläuterung dieser Antwort durch Trump, ihn zu reizen und ihre wahre neokonservative Persönlichkeit offenzulegen. Sie lobte die Unterstützung der USA und der NATO für die Ukraine und wiederholte dann ihre Standardfloskel, daß die NATO an der Seite der Ukraine stehen müsse. „Sonst würde Putin in Kiew sitzen und das Auge auf den Rest Europas werfen, angefangen mit Polen.“ Trump, so Harris, würde Polen schnell „aufgeben, um sich einzuschmeicheln, für das, was Sie für eine Freundschaft halten, mit einem Diktator, der Sie in die Pfanne haut“.

Dann fuhr sie fort mit einer Zeile aus dem russophoben Drehbuch des Londoner Chatham House, die längst diskreditiert ist, aber trotzdem ständig wiederholt wird: „Putins Agenda betrifft nicht nur die Ukraine. Die europäischen Verbündeten und unsere NATO-Verbündeten sind dermaßen dankbar, daß [Trump] nicht mehr Präsident ist und daß wir die Bedeutung des größten Militärbündnisses verstehen, das die Welt je gesehen hat, nämlich der NATO.“

Harris verteidigt Bidens Kriege

Auf die Frage, ob sie als Vizepräsidentin die Verantwortung für den schlampigen Rückzug aus Afghanistan mit dem Tod von Amerikanern und Zivilisten trage, wollte sie Trump die Schuld zuschieben: „Donald Trump hat, als er Präsident war, einen der schwächsten Deals ausgehandelt, den man sich vorstellen kann. Er nennt sich selbst einen Dealmaker. Sogar sein nationaler Sicherheitsberater sagte, es sei ein schwacher, schrecklicher Deal.“

Dann log sie, unter der Biden-Harris-Regierung sei „kein einziger amerikanischer Militärangehöriger in einem Kriegsgebiet auf der ganzen Welt im aktiven Dienst – das erste Mal in diesem Jahrhundert“. Über die amerikanischen Streitkräfte, die immer noch im Irak und in Syrien sind, und die Schiffe und Stützpunkte im östlichen Mittelmeer zum Schutz Israels verlor sie bequemerweise kein Wort.

In Bezug auf Israel zerstreute Harris alle Illusionen darüber, daß es ihr mit der Suche nach einem Waffenstillstand im Gazastreifen und der Durchsetzung einer Zweistaatenlösung ernst ist. Die USA müßten Israel und sein Recht, sich selbst zu verteidigen, weiter unterstützen und Netanjahu geben, was er verlangt, sagte sie. Weder sie noch Trump erwähnten die mehr als 40.000 getöteten Palästinenser, darunter mehr als 16.000 Kinder. Sie bewies auch ihre Loyalität zu Bidens Kriegspolitik, indem sie sagte, das eigentliche Problem sei der Iran, womit sie mit Trump ganz auf einer Wellenlänge war. Der einzige Streitpunkt zwischen beiden war, wer von ihnen der bessere „Freund Israels“ ist und wer härter gegen den Iran vorgehen würde.

Kriegstreiber sitzen am längeren Hebel

Da Harris sich voll und ganz mit der Kriegspolitik der Regierung Biden identifiziert, fragten sich einige Trump-Anhänger, warum er das nicht zum Thema machte. Nur einige Tage vor der Debatte hatte Harris die offizielle Unterstützung des ehemaligen Vizepräsidenten Dick Cheney und seiner Trump-hassenden Tochter Liz erhalten, was eine ideale Gelegenheit gewesen wäre, um deutlich zu machen, daß eine Stimme für Harris eine Stimme für mehr Krieg ist. Daß Trump 2016 das Weiße Haus eroberte, verdankte er seinen knallharten, oft mit bissigem Humor gespickten Angriffen auf die Neokonservativen um Bush und Cheney und dann auf Hillary Clinton, die er wegen ihrer rücksichtslosen Bereitschaft geißelte, wegen Syrien einen Krieg mit Rußland zu riskieren. Nach der Debatte brachten einige von Trumps Anhängern ihre Enttäuschung darüber zum Ausdruck, daß er Harris nicht in dieser Weise wie 2016 kritisierte.

Diejenigen, die Trump als „Mann des Friedens“ verteidigen, haben übersehen, daß er zwar die Loyalität der Wählerbasis der Republikanischen Partei genießt, daß aber ein großer Teil der Kongreßpolitiker und Funktionäre der Partei hartgesottene Neocons sind, mit denen Trump sich nicht anlegen will. Das wurde deutlich im Frühjahr, als Trump Bidens Zusatz-Militärhaushalt über 95 Milliarden Dollar – mit 61 Milliarden Dollar für den Ukraine-Krieg und 25 Milliarden Dollar für Israel – stoppen wollte, schließlich aber einknickte. In Zusammenarbeit mit dem neu gewählten, Trump-freundlichen Kongreßsprecher Mike Johnson konnten die Kriegsgegner – oder besser gesagt die Populisten unter den Republikanern – die Verabschiedung des Gesetzes sechs Monate lang aufhalten.

Als sich die Lage der Ukraine im Krieg verschlechterte, beschuldigten die Kriegstreiber um Biden die Trump-Loyalisten, die das Gesetz sabotierten, sie arbeiteten für Putin. Dies wurde kombiniert mit einer Lobby-Offensive bei Johnson – mit exklusiven Briefings der CIA und des Verteidigungsministeriums sowie Drohungen, daß Rüstungskonzerne Wahlkampfgelder zurückhalten, wenn das Gesetz nicht verabschiedet wird –, bis Johnson nachgab. Nach einem Treffen mit Trump am 14. April teilte Johnson den Demokraten im Kongreß mit, daß er mit Trumps Rückendeckung die Blockade des Gesetzentwurfs aufgibt, und das Gesetz wurde problemlos parteiübergreifend verabschiedet.

Diese Episode ist ein Beispiel mehr dafür, wie die Angst vor der finanziellen und politischen Macht des Militärisch-Industriell-Finanziellen-Komplexes, nicht zuletzt über die „zionistische“ oder „Israel“-Lobby, Amerikas Politik regiert. Um einen Atomkrieg zu verhindern, der auch mit der Zerstörung der USA endet, brauchen wir einen Aufstand gegen diese Erpressung.

Es gibt eine große Ironie, die den meisten Menschen entgeht, was sie dafür anfällig macht, vor der Macht der Medien und des Zensurstaates zu kapitulieren: Es ist noch nicht lange her, da rebellierten im Juli die Demokraten gegen Biden als ihren Kandidaten. Viele von ihnen und ihre Verbündeten in den Medien griffen ihn an, weil er non compos mentis – geistig unfähig – sei, das Präsidentenamt auszuüben. Aber als er dann aufgab und sich aus dem Rennen zurückzog, unterstützten dieselben Leute, die ihn gerade noch angegriffen hatten, enthusiastisch seine Politik mit Vizepräsident Harris als „neuem Gesicht“ der Partei – obwohl die Biden-Harris-Politik zu einem nuklearen Dritten Weltkrieg führen kann!

Es bleiben noch sieben Wochen, um diese Ironie deutlich zu machen und den „Elefanten im Raum“ anzuprangern und so die Amerikaner aus ihrem Schlafwandeln in die Tragödie aufzurütteln, indem sie erkennen, daß die gesamte Wahl und die Regierung unter der Kontrolle einer eigennützigen Oligarchie krimineller Konzerne stehen. Das ist die Aufgabe der Friedensstifter, deren Stimmen jetzt laut und deutlich zu hören sein müssen.

Eine Stimme für den Frieden meldete sich nach dem Ende der Debatte zu Wort. Robert F. Kennedy Junior, der seinen Präsidentschaftswahlkampf aufgab und Trump unterstützte, sagte, einer der Hauptgründe für diese Unterstützung sei, daß Trump die Gefahr versteht, daß die Regierung Biden, wer auch immer sie anführt, uns in einen Atomkrieg hineinzieht. Er sei enttäuscht darüber, daß Trump in der Debatte einige Gelegenheiten verpaßte, dennoch sei eine seiner Bemerkungen entscheidend gewesen.

In der Diskussion über den Krieg in der Ukraine sagte Trump, Präsident Putin „hat etwas, was andere nicht haben. Er hat Atomwaffen. Darüber wird nie gesprochen. Und irgendwann wird er sie vielleicht auch einsetzen. Vielleicht wirkt er nicht so bedrohlich. Aber er hat sie.“ Kennedy schrieb dazu auf X: „Trump hat ein Argument, von dem ich hoffe, daß jeder es versteht: Die Politik der Biden-Administration, die auf maximale Konfrontation setzt und eine demütigende Niederlage Rußlands und Regimewechsel anstrebt, ist ein Rezept für die nukleare Vernichtung.“

Noch bleibt Zeit, die Dynamik hin zum Krieg umzukehren – aber nicht mehr viel. Wer Frieden will, muß jetzt aufstehen und sich zu Wort melden!


Anmerkung

1. Siehe den Bericht über das Treffen der Internationalen Friedenskoalition vom 7. September mit dem Atomkriegsexperten Dr. Ted Postol, Oberst a.D. Lawrence Wilkerson und dem früheren US-Botschafter in Rußland Jack Matlock, „Sperrt die Kriegsmeute in den Zwinger!“, Neue Solidarität 37/24.

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