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Aus der Neuen Solidarität Nr. 5/2008 |
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Wenn man krampfhaft versucht, die fiktiven Spekulationsschulden zu bezahlen, müssen Wirtschaft und Bevölkerung so ausgebeutet werden, daß dies praktisch nur noch in einer Diktatur möglich ist.
Lyndon LaRouche hat gewarnt, 2008 werde ein turbulentes Jahr, und man sieht jetzt schon, wie recht er damit hat. Zwei der größte Geldinstitute Amerikas, Citigroup und Merrill Lynch, meldeten jeweils 10 Mrd. Dollar Verlust für das letzte Quartal 2007, und das zusätzlich nach großen Wertberichtigungen bei Wertpapieren und Rückstellungen wegen Verlusten bei Kreditkarten und anderen Konsumentenkrediten. 20 Mrd. Dollar Verlust für zwei Banken in einem Zeitraum von drei Monaten, das ist zwar noch nie dagewesen. Dennoch ist diese Bilanz immer noch ein Täuschungsmanöver, denn die wahren Einbußen sind noch viel größer. Die Wall Street ist heute so pessimistisch, daß die Aktien der Großbank J.P. Morgan Chase anstiegen, als diese ihren Wertpapierbestand „nur“ um 1,3 Mrd. Dollar nach unten berichtigte. Ein Verlust von einer Milliarde gilt dieser Tage offenbar noch als gute Nachricht.
Der Wahnsinn greift dermaßen um sich, daß kanadische Bankiers gar versuchten, ein Loch von 3 Mrd. Dollar in der Bilanz der Canadian Imperial Bank of Commerce (CIBC) als „Grund zur Hoffnung“ darzustellen. Um den Verlust zu decken, mußte die Bank eine Kapitalspritze in Höhe von 3 Mrd. Dollar aufnehmen, aber der Vorstandsvorsitzende der Bank of Nova Scotia behauptete frech: „Das sollte Vertrauen in den Markt schaffen... Es ist ein sehr gutes Zeichen.“ Es ist verständlich, wenn Bankiers in dieser Situation lügen; aber man muß sich fragen, ob sie wirklich dermaßen den Draht zur Wirklichkeit verloren haben, daß sie gar nicht merken, wie solche Lügen ihre Kunden und Geschäftspartner und die Öffentlichkeit nur noch nervöser machen.
Im Grunde ist das Verhalten der Bankiers, auf eine Finanzkrise instinktiv mit der Ausgabe von mehr Geld zu begegnen, nicht verwunderlich. Sie glauben, wie leider der größte Teil der Öffentlichkeit auch, Wirtschaft und Finanzen seien eigentlich nur zwei Wörter für ein und dieselbe Sache, und die Stärke der Wirtschaft sei vom Geldfluß abhängig. Produktion und Infrastruktur werden nicht mehr ernstgenommen, heutzutage dreht sich scheinbar die ganze Wirtschaft ums Finanzgeschäft - wobei die Höhe der Zinsen als besonders wichtig gilt.
Zinsraten sind sicherlich eine wichtige Komponente der Geldpolitik, denn die Bereitstellung von Krediten zu vernünftigen Zinssätzen ist für das Funktionieren der Wirtschaft wesentlich. Aber die heutige Fixierung auf die Zinsraten rührt von dem ungeheuren Schuldenberg her, über den man nicht gern spricht, der aber die gesamte Weltwirtschaft erdrückt. Niedrigere Zinsen verringern die Kosten der Schulden, höhere Zinsen vermehren sie, und für eine Volkswirtschaft, die auf Pump lebt, sind die Kosten der Schulden das allerwichtigste.
Die Bankiers können bis zur Unendlichkeit die Behauptung wiederholen, es sei ein „Zeichen der Stärke“, wenn Abermilliarden aus dem Ausland in das Bankensystem eines Landes fließen - in Wirklichkeit ist es nur der Beweis, daß die betreffende Nation, in diesem Fall die Vereinigten Staaten, bankrott ist. Und es sind nicht nur die Banken, es ist das ganze Land.
Einst haben die USA und andere Industrieländer dank ihres durch Produktion und effektive Infrastruktur geschaffenen Reichtums Kapital in alle Welt exportiert. Sie liehen ihren überschüssigen Reichtum anderen Nationen aus, um ihnen beim Aufbau einer eigenen Produktion zu helfen. Das schuf neue Märkte für unsere Waren und steigerte den Lebensstandard für alle Seiten.
Heutzutage ist Amerikas Volkswirtschaft durch die Kombination aus Industrieabbau, Deregulierung und Globalisierung nicht nur zum Nettoschuldner geworden - ohne die Milliardenkredite aus dem Ausland, die sehr hohe Zinsen kosten, würden die US-Banken schon nicht mehr überleben. Die einst produktivste Nation der Erde ist zum erbärmlichen „Schuldenjunkie“ heruntergekommen.
Der Abstieg in den Bankrott zeigt sich bei der Leistungsbilanz, an der die steigende Abhängigkeit von ausländischen Waren und Investitionen abzulesen ist. Das US-Leistungsbilanzdefizit verdoppelte sich 2006 auf mehr als 800 Mrd. $. Im Jahr 2000 lag es noch bei 400 Mrd. $, 1990 sogar nur bei 80 Mrd. $, also einem Zehntel des heutigen Defizits. Im selben Zeitraum stiegen die Schulden der US-Wirtschaft laut den Zahlen der Notenbank Federal Reserve von 14 Bio. $ 1990 auf heute fast 50 Bio $.
Stellt man die Schulden dem Bruttoinlandsprodukt gegenüber, so zeigt sich, daß die USA seit Beginn des gegenwärtigen Jahrzehnts für jeden Dollar Wachstum des Inlandsprodukts fünf Dollar neue Schulden machen mußten. Das straft die Behauptung von den „gesunden Grundlagen“ der Wirtschaft lügen. Allein die Zahlung der Zinsen frißt das Land auf, und es besteht nicht die geringste Aussicht, jemals die Hauptschuld tilgen zu können. In immer kürzeren Abständen muß man neue Schulden machen, um alte Kredite zu bezahlen, und der Bankrott wird mit jedem Steuerjahr schlimmer.
Das ist der Kontext, in dem man das „Konjunkturprogramm“ von Finanzminister Henry Paulson und Fed-Chef Ben Bernanke bewerten muß. Bei seinem Auftritt vor dem Haushaltsausschuß des Repräsentantenhauses am 17. Januar forderte Bernanke „steuerliche und monetäre Anreize“; es sei von „entscheidender Wichtigkeit“, schnellstens solche Maßnahmen zu ergreifen. Was Paulson und Bernanke letztendlich vorschlagen, ist eine weitere, noch größere Runde der Verschuldung, die alles nur noch schlimmer machen wird.
Da mehr Schulden auch mehr jährlichen Schuldendienst bedeuten, hat eine solche Politik zur Folge, daß Wirtschaft und Bevölkerung noch mehr ausgepreßt werden. Um die entsprechende Sparpolitik durchzusetzen, müßte man auch die politischen Strukturen verändern - in der Art und Weise, wie es unter Vizepräsident Dick Cheney schon angefangen hat. Ein Land kann keine mörderische Sparpolitik umsetzen, ohne auch gleichzeitig die Freiheit abzuschaffen. Wir sind auf dem Weg in den Faschismus.
Am selben Tag, an dem Bernanke im Washingtoner Kongreß für „mehr von dem Gift, das uns jetzt schon umbringt“ warb, legte Lyndon LaRouche in seinem internationalen Internetforum einen Plan zur Erholung der Realwirtschaft dar (die Neue Solidarität berichtete darüber in der vorigen Ausgabe ausführlich). Ausdrücklich verwarf er das wirtschaftliche „Stimulierungsprogramm“ der Regierung mit den Worten: „So etwas brauchen wir nicht mehr. Wir wollen dafür sorgen, daß es nie wieder passiert.“
LaRouche zitierte wiederholt die amerikanische Verfassung, insbesondere die Präambel, die das oberste Rechtsprinzip des Landes beschreibt. Diese Präambel besagt: „Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, von der Absicht geleitet, unseren Bund zu vervollkommnen, die Gerechtigkeit zu verwirklichen, die Ruhe im Innern zu sichern, für die Landesverteidigung zu sorgen, das allgemeine Wohl zu fördern und das Glück der Freiheit uns selbst und unseren Nachkommen zu bewahren, setzen und begründen diese Verfassung für die Vereinigten Staaten von Amerika.“
Laut Verfassung sei das Recht, Geld zu schöpfen, der Bundesregierung vorbehalten, betonte LaRouche: „Die Ausgabe von Geld erfolgt mit Bewilligung des Repräsentantenhauses durch das Finanzministerium, unter Leitung des Präsidenten. In den Vereinigten Staaten ist es gesetzeswidrig, Geld in irgendeiner Form zu schöpfen, es sei denn durch die Bundesregierung und unter Einhaltung dieses Prinzips.“
Die Bundesregierung sei befugt, ein allgemeines Konkursverfahren durchzuführen, und das sei entscheidend, um den wirtschaftlichen Zusammenbruch zu überwinden. „Der größte Teil der ausstehenden Schulden, die Finanzinteressen als Forderungen an die Vereinigten Staaten, an das Land und an die Menschen stellen, muß von der Bundesregierung unter Konkursverwaltung gestellt werden. Was kurzfristig bezahlt werden muß, wird bezahlt. Was kurzfristig aufrechterhalten werden muß, wird aufrechterhalten. Aber die Summen, deren Bezahlung wir uns nicht leisten können, werden nicht bezahlt. Wir werden gemäß dem Insolvenzrecht vorgehen, d.h. gemäß Bundesrecht, um das gesamte System des Geldes mit allem, was damit zusammenhängt, unter Konkursverwaltung stellen. Wenn wir das tun, werden es andere Länder genauso machen.“
„Wir werden die Gesellschaft so umstellen“, sagte LaRouche, „daß für alles Lebensnotwendige gesorgt ist, und alles andere kann warten.“ Wohlfahrt und Freiheit der Menschen hat Vorrang. Es ist rechtswidrig, die Bevölkerung zu unterjochen und ihre Freiheiten zu beseitigen, um fiktive Geldforderungen zu erfüllen. Es war ein Verfassungsbruch, als die amerikanische Regierung Anfang des 20. Jahrhunderts ihre Verantwortung für die Schaffung von Geld an die Zentralbank (Federal Reserve) abgab und Banken gestattete, durch „Multiplikatoreffekte“ ihrer Mindestreserven Geld zu schaffen. Diese Fehler und die Weigerung, das Bankenwesen angemessen zu regulieren, haben eine Krise geschaffen, die Amerika und die ganze Welt bedroht. Nun hätten die Finanziers gerne, daß Amerika seine Verfassung aufgibt, um ihre Macht und ihre Interessen zu schützen, doch viel besser für Amerika und die Welt wäre es natürlich, die verrückte Politik der Finanziers aufzugeben und zur Verfassung zurückzukehren.
Das ist der Kampf, den LaRouche mit seinem „Gesetz zum Schutz der Eigenheimbesitzer und Banken“ (HBPA) aufgenommen hat, und das ist auch der Grund, warum ihn so viele dabei unterstützen. Aus dem gleichen Grund, nur eben mit entgegengesetzten Vorzeichen, stellen sich so viele Bankiers und Spekulanten gegen das vorgeschlagene Gesetz und wollen es um jeden Preis verhindern.
Die Verabschiedung des HBPA ist nur der erste Schritt, um die Wirtschaft zu stabilisieren und vier Jahrzehnte Industrieabbau und Globalisierung rückgängig zu machen. Es bleibt sehr viel zu tun, um das Finanzsystem wieder zu regulieren, Produktionsanlagen und verschlissene Infrastruktur wiederaufzubauen und verlorenen Lebensstandard zu erneuern. Die Prinzipien, die in der amerikanischen Verfassung zum Ausdruck kommen, können dabei als Leitschnur dienen.
John Hoefle
Lesen Sie hierzu bitte auch: LaRouche: Neuer Roosevelt muß Neues Finsteres Zeitalter verhindern! - Neue Solidarität Nr. 4/2008 „Wir brauchen Kreditschöpfung, nicht Stimulierung!“ - Neue Solidarität Nr. 4/2008 Die Banken in der Zwickmühle - Neue Solidarität Nr. 4/2008 Das Ende der „freien” Marktwirtschaft: Schafft Gesetze zur Rettung des Gemeinwohls! - Neue Solidarität Nr. 3/2008 Weihnachtsgeschenk für die Banken beschert uns 2008 eine Hyperinflation - Neue Solidarität Nr. 1/2008 Die Kernschmelze des Weltfinanzsystems ist in vollem Gang! - Neue Solidarität Nr. 50/2007 Holt den Totengräber! - Neue Solidarität Nr. 47/2007 Anatomie eines Finanz-Tsunamis - Neue Solidarität Nr. 42/2007 |
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