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Aus der Neuen Solidarität Nr. 50/2007

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Die Kernschmelze des Weltfinanzsystems ist in vollem Gang!

Von Helga Zepp-LaRouche

Den folgenden Aufsatz verfaßte Helga Zepp-LaRouche für ein neues Massenpamphlet der Bürgerrechtsbewegung Solidarität, das ab Dezember in Deutschland verbreitet werden wird.

Was sich in diesen Tagen auf den internationalen Finanzmärkten abspielt, ist beispiellos. Auch wenn das die normalen Bürger noch nicht begriffen haben: die Banker und Finanzhändler befinden sich in einem Schockzustand. Der Kollaps, der im Juli mit der US-Hypothekenkrise begann und im August zu einer internationalen Kreditklemme führte, weitet sich unerbittlich aus und erfaßt alle Marktsegmente des Weltfinanz- und Wirtschaftssystems. Das globale Finanzsystem ist gewissermaßen „eingefroren”, und auch wenn die Finanzinstitutionen dies noch nicht zugeben: in Wirklichkeit sind all die schönen „kreativen Finanzinstrumente”, die Allan Greenspan erfunden hatte und die die Grundlage für die größte Casino-Ökonomie aller Zeiten dargestellt haben, dabei, sich in Luft aufzulösen.

Wir befinden uns in einer fortgeschrittenen Phase des größten Zusammenbruchs in der Geschichte der Finanzmärkte. Noch besteht die Möglichkeit, die schrecklichsten Konsequenzen dieser systemischen Krise abzufedern - vorausgesetzt die Regierungen sind kurzfristig bereit, das vollkommen bankrotte System der Globalisierung durch eine neue Finanzarchitektur zu ersetzen, durch ein neues Bretton-Woods-System in der Tradition von Franklin D. Roosevelt.

Schauen wir kurz zurück: Am 25. Juli stellte der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Lyndon LaRouche auf einer Internet-Konferenz in Washington fest: „Das globale Finanzsystem ist bereits kollabiert. Was wir jetzt erleben, sind nur die Auswirkungen, die jetzt allmählich ans Tageslicht kommen.” Und im Gegensatz zu diversen Ignoranten und Verdrängungskünstlern, die von „kleinen Anpassungen und Begradigungen” einiger kleinerer Hedgefonds sprachen, haben die Entwicklungen der vergangenen viereinhalb Monate LaRouche vollkommen recht gegeben.

Der Dollar hat seinen Sturzflug angetreten, der höchstens einmal für ein paar Tage durch monetaristische Manipulationen unterbrochen wird, um sich dann fortzusetzen. Die Liquiditätsspritzen von über 750 Milliarden Dollar durch die Zentralbanken und die Zinssenkungen vor allem der Fed, die dann andere Zentralbanken zwang, nachzuziehen, haben zu einer gefährlichen hyperinflationären Entwicklung geführt, die bisher vor allem landwirtschaftliche Produkte, Energie und Rohstoffpreise erfaßt hat. Nach längstmöglichen Manövern zur Verschleierung der eigenen Verluste gaben die Banken nach und nach zu, was nicht mehr zu verbergen war.

Nur sehr zögerlich begannen die großen Investmentbanken, Milliardenbeträge abzuschreiben. Die Citigroup z.B. schrieb zunächst 6,5 und dann noch einmal 11 Milliarden Dollar ab. Allein die Citigroup soll 34,9 Billionen (34.000.000.000.000) Dollar an ausstehenden Derivatkontrakte haben, die den weltweit auf 750 Billionen geschätzten Derivatmarkt und damit das ganze Weltfinanzsystem detonieren könnten. Herr Ackermann von der Deutschen Bank wußte also wahrscheinlich sehr wohl, warum er den ihm angebotenen Job des Vorstandsvorsitzenden der Citigroup ausschlug.

Die Investmentbanken sitzen auf Riesenbergen von sogenanntem Giftmüll - unverkäuflichen „kreativen” Finanztiteln -, keiner traut dem anderen. Weil er nicht weiß, ob ein neuerdings ausgestellter Kredit jemals zurückbezahlt werden kann, und weil man nicht weiß, welche Verluste noch anstehen, horten die Banken Liquidität, als ob es sich um das Eingemachte der Großmutter handelte. „Was wir derzeit beobachten, ist nichts weniger als der Zusammenbruch des modernen Bankensystems, einem Komplex verschachtelter Kreditinstrumente [„leveraged lending“], der so schwierig zu verstehen ist, daß selbst der Chef der Federal Reserve Ben Bernanke im August einen Nachhilfekurs von Angesicht zu Angesicht bei den Hedgefond Managern gebraucht hat”, erklärte kürzlich Bill Gross, der Anlagemanager der Kapitalanlagegesellschaft Pimco.

Das Mißtrauen ist verständlich, denn die Liste der Leichen, die in den Kellern entdeckt werden, wird immer länger. Die öffentlichen Banken in Deutschland, deren Aufgabe es eigentlich wäre, Kredite für den Mittelstand bereitzustellen, verzockten sich in Hochrisikogeschäften im offensichtlich unseriösen US-Hypothekenmarkt. Eine Reihe von Investmentbanken werden derzeit von der amerikanischen Wertpapier- und Börsenaufsicht (SEC) und dem New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo untersucht, ob sie in betrügerischer Absicht die riskanten hypothekenbesicherten Anleihen an Investoren in aller Welt verkauft haben, obwohl sie wußten, daß sie so gut wie wertlos waren.

Untersucht werden derzeit Goldman Sachs, Deutsche Bank, Merrill Lynch, Bear Sterns, Morgan Stanley, aber auch die großen Hypothekenaufkäufer Fannie Mae und Freddie Mac. Allein die Deutsche Bank, die bereits im Januar 2006 von ihrem Chef-Wertpapierhändler Greg Lippmann vor den Ramschqualitäten der zweitrangigen Hypotheken gewarnt worden war, verkaufte in diesem Jahr Papiere im nominellen Wert von 28,6 Milliarden Dollar und dann noch einmal für zwölf Milliarden in den ersten neun Monaten des Jahres 2007.

Aber nicht nur die hypothekenbesicherten Anleihen stellen sich als Ramsch heraus, auch große Mengen sogenannter SIVs (structured investment vehicles) finden entweder innerhalb allerkürzester Zeit superpotente Investoren, oder sie werden ebenfalls auf Ramsch abgewertet, einige befinden sich schon in der Liquidierung. Betroffen sind auch Kommunen oder Schulen, wie z.B. der „Florida Local Government Investment Pool”, in den diese ihre Rücklagen, von denen nun wenig übrig bleibt, eingezahlt hatten. Und jetzt gibt es kein Geld, um die Lehrer zu bezahlen oder Sozialprogramme für die obdachlos gewordenen Familien aufzulegen, deren Häuser zwangsversteigert worden sind. 

Wenn es einen Mann gibt, der mehr Schuld an diesem Megadesaster trägt als alle anderen, dann ist es Alan Greenspan, der frühere Chef der Fed. Denn ihm ist es zu verdanken, daß wir alle jene wunderbaren „Finanz-Innovationen” haben, die nicht mal sein Nachfolger Bernanke mehr versteht. Als er 1987 sein Amt übernahm, reagierte er auf den damaligen Crash, der durchaus schon dem schwarzen Freitag von 1929 vergleichbar war, indem er nach und nach all jene „kreativen Finanzinstrumente” erfand, deren Verflechtung heute das Problem darstellt. Dazu gehören die Derivate, die Kreditderivate, die CDOs, die SIVs, die MBSs, die ABCPs, aber auch die Hedgefonds, die Beteiligungsgesellschaften, die Zweckgesellschaften, die „conduits”, „investment vehicles” etc. Dabei wurde die Lüge verbreitet, daß alle diese Instrumente das „Risiko auf viele Schultern verteilen” und deshalb minimieren - eine Milchmädchenrechnung, die auch zur Betriebsphilosophie im Berliner Finanzministerium gehört.

Natürlich, solange die Megablase der verschachtelten Finanzinstrumente wächst, solange alle an der Casino-Wirtschaft beteiligten ihre Superprofite machen, konnten sich die Profiteure der Illusion hingeben, als sei nun das perpetuum mobile erfunden. Daß 80 Prozent der Weltbevölkerung dabei immer ärmer wurden, na, solche unangenehmen kleinen Nebenwirkungen, die konnte man schon ignorieren.

Das Problem ist nur, daß die Blase wachsen muß. In dem Augenblick, wo es zu einem Einbruch in einem Marktsegment kommt, wie in diesem Fall dem amerikanischen Markt zweitrangiger Hypotheken, kommt es zu einem Kollaps, in dem sich die Hebelwirkung umkehrt, das berühmte Klumpenrisiko wird wirksam. Als ab März 2000 die Blase auf dem IT-Markt, die sogenannte „dotcom-Blase“, platzte und rund 16 Billionen Dollar an Kapital vernichtete, fuhr Greenspan die Zinsrate auf ein Prozent herunter, um viele seiner Bankerfreunde zu retten, und schuf dadurch nicht nur eine noch viel größere Blase, sondern mit dem subprime-Markt ein solches Hochrisikogeschäft, dessen Kurzlebigkeit von vornherein jedem denkenden Menschen hätte klar sein müssen.

Nun dämmert reichlich spät einigen Ökonomen, wie z.B. Professor Nouriel Roubini von der Stern School of Business an der New Yorker Universität, daß ein vollkommener Systemkollaps begonnen hat, und auch der erstrangige Hypothekenmarkt, der Immobilienmarkt, mit dramatischem Effekt auch der MBS- und der CDO-Markt betroffen sind, daß massive Einbrüche bei Konsum und Produktion bevorstehen, und daß es zu einem run auf Banken und andere Finanzinstitute kommen wird.

Und was schlägt er als Lösung vor? Um die sogenannte „harte Landung ” der US-Wirtschaft und globale Folgewirkungen aufzufangen, schlägt er rückhaltlose Zinssenkungen aller Zentralbanken vor. Die Furcht z.B. der EZB, daß das Aufdrehen aller Geldschleusen zu einer massiven Inflation führen würde, sei völlig unbegründet, weil eine „Rezession” in den USA eine weltweite „Deflation” zur Folge hätte. Auf deutsch: der Zusammenbruch der Weltwirtschaft wird das Problem schon lösen.

Angesichts der wachsenden Panik unter den Bankern der Wall Street läßt das Weiße Haus dieser Tage durchsickern, daß die Administration im Notfall ohne Beschränkung Liquidität zur Verfügung stellen wird. Das Problem ist nur: das ist genau das, was die Reichsbank 1923 auch getan hat, und im November 1923 war dann Schluß, weil der Preisanstieg im Absurden endete. Am 15. November 1923 kostete 1 Kg Roggenbrot 5.145.000.000.000 Reichsmark. Als Folge der Hyperinflation  wurden erst alle Milliardäre, und dann waren dann die Ersparnisse der Bevölkerung vernichtet. Heute ist das Problem nicht auf ein Land beschränkt wie damals, sondern es betrifft die ganze Welt. Schon jetzt hat die Politik der Fed auch asiatische, lateinamerikanische und europäische Zentralbanken gezwungen, ihre Zinsen zu senken, um den Dollarverfall abzubremsen und so die Inflation weltweit exportiert.

Noch weigern sich die Finanzminister und Zentralbankiers, einzusehen, daß es keine monetaristische Lösung für das Problem gibt. Der Grund liegt darin, daß die ausstehenden Zahlungsverpflichtungen stratosphärische Dimensionen angenommen haben. Wegen der mangelnden Transparenz weiß niemand genau, wieviel, aber man kann schon vermuten, daß es in die Billiardenhöhe geht, denn niemand will diesen Giftmüll mehr kaufen. Für diejenigen, die beim Monopoly nicht soweit gekommen sind: eine Billiarde ist 1.000.000.000.000.000.

Eines hat die Casino-Wirtschaft schon jetzt geschafft, eine enorme Umverteilung von Reichtum von arm zu reich. Einige sind Milliardäre und Multimillionäre geworden, und die Politiker, die dies durch entsprechende Gesetzgebungen ermöglicht haben, sind auch nicht schlecht gefahren. Die bei weitem überwiegende Mehrheit hingegen mußte massive Einbußen in ihrem Lebensstandard hinnehmen.

Realität ist, daß nur die von Lyndon LaRouche seit langem vorgeschlagene Reorganisation des globalen Finanzsystems durch ein neues Bretton-Woods-System das Problem lösen kann. Die nicht bezahlbaren Schulden müssen gestrichen werden, die „kreativen Finanzinstrumente” ebenfalls, aber die Realwirtschaft, das Gemeinwohl und die Banken müssen gerettet werden. Das einzig gute ist, daß LaRouches Ideen eine immer weitere Verbreitung finden, wie nicht zuletzt die Berichterstattung in der offiziellen chinesischen Presse über seinen Vorschlag zeigt, daß die USA, China, Rußland und Indien bei der Neuorganisation des Weltfinanzsystems zusammenarbeiten müssen. Aber auch viele andere namhafte Politiker und Staatsmänner sprechen sich dieser Tage für ein neues Bretton-Woods-System oder einen New Deal für die Weltwirtschaft aus, darunter Präsident Putin, Präsident Kirchner, der ehemalige italienische Wirtschaftsminister Tremonti, und der ehemalige französische Premierminister Rocard, um nur einige zu nennen. Und falls Deutschland noch zu retten ist, dann werden sich auch hier in der nächsten Zeit Kräfte finden, die sich für ein Neues Bretton Woods einsetzen.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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- Neue Solidarität Nr. 49/2007
Finanzkrach: Europa in Panik - Chinesen setzen auf LaRouche
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Stellungnahmen und Reden der BüSo-Vorsitzenden
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)

 

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