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Aus der Neuen Solidarität Nr. 1/2008 |
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Während die „Wirtschaftsweisenknaben“ uns einreden wollen, für das kommende Jahr seien steigende Reallöhne, weniger Arbeitslose und eine geringere Inflation zu erwarten, herrscht in Bankenkreisen offensichtlich Panik. Anders ist nicht zu erklären, daß die EZB am 19. Dezember den notleidenden Banken umgerechnet mehr als eine halbe Billion Dollar zur Verfügung stellte.
Das erstaunlichste Phänomen angesichts des voranschreitenden Zusammenbruchs des Weltfinanzsystems ist mit Sicherheit die völlige Konzeptlosigkeit und Unfähigkeit der führenden Finanzinstitutionen und Politiker im Umgang mit dieser Krise. Das einzige, was den Zentralbanken einfällt, ist offenbar, Geld zu drucken, damit die Banken wenigstens ein paar Wochen so tun können, als wären ihre Papiere noch irgend etwas wert. Aber während die Finanzwelt äußerlich Ruhe zu wahren sucht, herrscht hinter den Kulissen blanke Panik.
In den Massenmedien kommt dieses Thema nur äußerst selten zur Sprache. Um so bemerkenswerter ist ein Kommentar im Londoner Telegraph vom 23. Dezember, worin Ambrose Evans-Pritchard die Inkompetenz der Banken im Umgang mit der Krise anprangert. Evans-Pritchard schreibt, ein „Chor von Ökonomen“ warne, daß die Zentralbanken der Welt „den falschen Krieg führen und riskieren, einen politischen Fehler von möglicherweise epochalen Proportionen zu machen“. Er erwähnt die Milton-Friedman-Schülerin Anna Schwartz, den Chefökonomen des ITEM-Clubs Peter Spencer, den Marktdirektor der Bank von England Paul Tucker sowie den Chef der New Yorker Federal Reserve Tim Geithner. Spencer äußerte sich geradezu apokalyptisch: „Die Zentralbanken verlieren schnell die Kontrolle. Da sie die Zinsen bei weitem nicht tief und schnell genug senken, lassen sie zu, daß die Geldmärkte die Politik diktieren. Wir machen uns schon lange keine Sorgen mehr über moralische Risiken... Sie haben noch zwei Monate, bevor alles implodiert. Die Lage ist sehr instabil und kann unglaublich in Fluß geraten. Ich glaube nicht, daß die Zentralbanken einen großen politischen Fehler begehen werden, aber wenn es dazu kommt, könnte 1929 im Vergleich dazu ein Kinderspiel sein.“
Ganz anders die prominenten Ökonomen in der Bundesrepublik, die offenbar noch nicht wagen, der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken. Besonders tat sich in dieser Hinsicht der sog. „Wirtschaftsweise“ Bert Rürup hervor, der rechtzeitig zu Weihnachten mit seiner Ankündigung einer Reallohnsteigerung von 1,5% im kommenden Jahr Stimmung machen wollte. Auch der neoliberale Präsident des Ifo-Instituts Hans-Werner Sinn wurde zitiert, es seien Reallohnsteigerungen zu erwarten, und die Arbeitslosigkeit werde sinken - als gebe es überhaupt keine oder höchstens eine „amerikanische“ Finanzkrise. Sogar die Inflationsrate werde sinken. Die „Wirtschaftsweisenknaben“ scheinen noch an den Weihnachtmann zu glauben.
Wahrscheinlich machten die Zentralbanken tatsächlich kurz vor Weihnachten den „großen politischen Fehler“, vor dem Spencer warnte. Die Europäische Zentralbank (EZB) gab am 19. Dezember bekannt, sie habe in Abstimmung mit fünf anderen Zentralbanken beschlossen, allen Banken unbegrenzt kurzfristige Gelder zur Verfügung zu stellen, und das zu dem äußerst niedrigen Zins von 4,21%. Das sind bloß 21 Basispunkte über der offiziellen europäischen Zinsrate, weit unter der Interbankrate, die zuletzt bei 4,9% lag. Wie die Financial Times berichtete, erwartete die EZB eine Nachfrage nach Zweiwochengeld in Höhe von 260 Mrd. Euro, tatsächlich wurden dann jedoch 348 Mrd. Euro - umgerechnet mehr als eine halbe Billion Dollar - abgerufen. Das ist die größte Geldspritze in der Geschichte der EZB. Theoretisch soll dieses Geld wieder an den Kreditgeber EZB zurückfließen, aber in der Praxis werden solche Kredite immer wieder refinanziert, so daß das Geld in Umlauf bleibt und die Hyperinflation schürt. So wird der hirntote Körper des Bankensystems durch eine „Geld-Beatmungsmaschine“ am Leben erhalten, doch der allgemeine Ruin des Weltfinanzsystems läßt sich damit nicht aufhalten.
Angesichts der auf Hochtouren laufenden Gelddruckmaschinen ist ein massiver Preisschub zu erwarten, und in vielen Bereichen ist er längst im Gang. Von November 2006 bis November 2007 stieg der Preis für Butter um 46,1%, Käse (Camembert) um 10,4%, Milch zwischen 23% und 28%, Weizenmehl um 19%, Joghurt um 11%, Reis um 6,6%, Eier und Nudeln um 6,2%. Neben Nahrungsmitteln verteuern sich auch Benzin und Heizöl sprunghaft. Der Dieselpreis erhöhte sich um 17,6%, der von Normalbenzin um 18,8%, Heizöl stieg um 23,7%. Die Versorgungsunternehmen haben für den 1. Januar 2008 weitere erhebliche Preissteigerungen für Strom angekündigt, bei Erdgas wird ein Anstieg um 20% bis April erwartet.
Der Normalbürger, der mit seinem Einkommen „gerade so hinkommt“, spürt diese Preisexplosion natürlich sofort im Portemonnaie. Der Warenkorb, nach dem das Statistische Bundesamt die amtliche Inflation berechnet, bildet diese „gespürte Inflation“ allerdings nicht ab, weil er viele Kategorien enthält, die im täglichen Leben nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Besonders kritisch ist die Lage für Bezieher von Niedrigsteinkommen wie Hartz-IV-Empfänger. Wer als Pendler das eigene Auto für den Weg zur Arbeit und zurück nach Haus benutzt, muß heute im Schnitt 17-19% mehr für Benzin ausgeben als Ende 2006, und wenn das Einkommen vor einem Jahr gerade so hinreichte, so können viele Bürger Mehrkosten beim Benzin in Höhe von 50 Euro und mehr pro Monat nicht mehr tragen. Dementsprechend sagten kürzlich nahezu zwei Drittel der Bürger in einer Umfrage, bei einem Benzinpreis von 1,50 Euro wären sie gezwungen, auf die Bahn umzusteigen - obwohl auch dort aufgrund der Streichung von Bundeszuschüssen für den Nahverkehr die Preise ansteigen.
Noch weit schlimmere Folgen der Politik des Gelddruckens drohen der „Dritten Welt“. Rekordpreise bei den wichtigsten Agrargütern und schrumpfende Lebensmittelhilfen bedeuten eine sehr große Gefahr, daß der Hunger auf der Welt sich im nächsten Jahr verschlimmern wird. Das belegt ein Bericht der Welternährungsorganisation (FAO), der am 17. Dezember veröffentlicht wurde. Am gleichen Tag war der Weizenpreis auf einen Allzeitrekord hochgeschnellt, die Preise für Sojabohnen lagen so hoch wie seit 34 Jahren nicht mehr, und die Maispreise stiegen bei starker Nachfrage und knapper Versorgungslage durch die extrem niedrigen weltweiten Lagerbestände auf ein 11-Jahreshoch. Die Preisexplosion bei Nahrungsmitteln ist das Ergebnis der hyperinflationären Politik des Geldpumpens und immer geringerer Investitionen in die landwirtschaftliche Produktion und Infrastruktur.
Jacques Diouf, der Generaldirektor der FAO, sieht infolge der hohen Nahrungsmittelpreise und der Einschränkung der Lebensmittelhilfen ein ernstes Risiko, daß armen Menschen im kommenden Jahr weniger Nahrungsmittel zur Verfügung stehen werden. Tatsächlich ist die landwirtschaftliche Erzeugung schon seit mehreren Jahren stark rückläufig, und die Verknappung beschleunigt sich.
Die FAO bittet in ihrem Bericht um finanzielle Unterstützung für ein Gutscheinsystem, das Bauern in armen Ländern hilft, teurer werdendes Saatgut und Düngemittel zu erwerben, damit die Produktion vor Ort gesteigert werden kann. Steigende Preise für Erdöl und Erdgas, dem Hauptrohstoff für Düngemittel, treiben die Preise für Dünger auf eine Höhe wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Preise für Saatgut sind wegen der vermehrten Nachfrage aus den Schwellenländern angestiegen. Parallel dazu ergreifen Staaten in aller Welt Maßnahmen, um ihre lokalen Nahrungsmittelmärkte zu schützen.
Lyndon LaRouche, der schon Ende Juli den Zusammenbruch des Finanzsystems konstatiert hatte, kommentierte am 19. Dezember zum Abwurf einer halben Billion Dollar Helikoptergeld durch die EZB: „Das ist ein Zeichen der Zeit - reine Idiotie. Die Institutionen sind bankrott, sie halten wertlosen Ramsch und sie pumpen noch mehr wertlosen Ramsch in das System. Die können nicht gewinnen - nur wir können gewinnen, wenn wir den Ramsch beseitigen und meine Vorschläge umsetzen. Wir werden vielleicht mit ihnen untergehen, wenn sie die menschliche Gattung untergehen lassen, aber sie können nicht gewinnen. Wir müssen die Menschen fragen: ,Seid ihr wirklich so verrückt, bei diesem Mist mitzumachen’?“
Man höre jetzt ein Gerede darüber, ob das Finanzsystem sich erholen werde, dabei sei es bereits im Juli explodiert. „Was wir jetzt sehen, ist nur der Widerhall dieser Explosion, mit einem sich beschleunigenden Zerfall des Wirtschaftssystems, das durch den Zusammenbruch des Währungs- und Finanzsystems mit in den Abgrund gezogen wird. Die werden vielleicht mit ihren Plänen durchkommen, aber der Ramsch wird immer noch da sein, den werden sie nicht los.“
Auch Evans-Pritchard und die von ihm zitierten Ökonomen machen keine konstruktiven Vorschläge, was gegen die Krise zu tun wäre. Aber die Krise ist lösbar, wenn die Regierungen dies wollen oder die Bürger ihre politischen Vertreter zwingen, sie zu lösen. Genau das ist der Zweck der Mobilisierung der LaRouche-Bewegung in den USA für das „Gesetz zum Schutz der Eigenheimbesitzer und Banken“. (Lesen Sie hierzu unseren Bericht auf S. 1.)
In Deutschland setzt sich allein die BüSo dafür ein, durch entsprechende gesetzliche Regelungen eine „Brandmauer“ zu errichten, welche die Realwirtschaft, die Bürger und die für das Funktionieren der Realwirtschaft notwendigen Banken vor dem unvermeidlichen Zusammenbruch der Spekulationen schützt und das jetzige Währungssystem durch ein Kreditsystem ersetzt, das die Mittel für den Wiederaufbau der realen Wirtschaft bereitstellt.
In diesem Fall ist es allerdings möglich, den Geldwert zu stabilisieren, die Arbeitslosigkeit schnell abzubauen und die Reallöhne deutlich zu steigern. Aber das erfahren Sie nicht von Rürup, Sinn und Co., sondern nur von der BüSo.
Alexander Hartmann
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