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Aus der Neuen Solidarität Nr. 9/2008

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Die weltstrategische Bedeutung der Münchener Transrapidstrecke

Von Helga Zepp-LaRouche, Bundesvorsitzende der BüSo

Die folgende Rede hat Helga Zepp-LaRouche auf der gemeinsamen Konferenz der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) und des Fusions-Energie-Forums (FEF) am 13. Februar in München gehalten.

Liebe Gäste, sehr verehrte Mitglieder der BüSo - und diejenigen, die noch nicht Mitglieder sind, können das ja vielleicht noch später heute abend werden.

Es ist sehr gut, wenn ein Thema soviel Interesse findet, daß der Raum überquillt, denn im Augenblick erhitzt das Thema Transrapid Ja oder Nein in München die Gemüter, und man stellt fest, wenn man wie wir dafür auf der Straße organisiert, daß die Leute ganz unterschiedliche Vorstellungen haben. Die Leute sagen uns zum Beispiel: „Ich bin für den Transrapid - aber nur, wenn es um lange Strecken geht, nicht auf so einer kleinen Strecke wie von München [Innenstadt] zum Flughafen.“ Andere sagen: „Das ist viel zu teuer!“ Wir hatten zum Beispiel Schilder aufgestellt, auf welchen steht: Transrapid München-Peking. Und die Leute fragten uns trotzdem: „Sind Sie jetzt dafür oder dagegen?“ - obwohl die Aussage eigentlich klar sein dürfte.

Ich möchte deshalb die Frage, ob der Transrapid in München gebaut werden soll oder nicht, von einem etwas größeren Standpunkt behandeln. Nach mir werden noch andere Redner zum Thema Transrapid selbst, über die Technologie, konkrete Strecken usw. sprechen, deshalb gestatten Sie mir, daß ich zunächst einmal den Gesamtrahmen skizziere, in dem diese Entscheidung stattfindet.

Eine Richtungsentscheidung für Deutschland

Auch wenn die Welt vielleicht nicht untergeht, wenn der Transrapid in München nicht gebaut werden sollte, würde ich doch soweit gehen zu sagen, daß die Frage, ob der Transrapid jetzt endlich bei uns kommt, nachdem er an vielen Orten überall auf der Welt in der Planung ist - in China wird bereits eine kommerzielle Strecke betrieben -, eine Frage der Richtung ist, in die Deutschland generell geht. Gehen wir in die Richtung eines neuen Morgenthau-Plans, d.h., werden alle Technologien, die hier entwickelt wurden - wie der Transrapid, wie der Hochtemperaturreaktor usw. - anderswo in der Welt genutzt, oder besinnen wir uns wieder auf unsere technologische Exzellenz, daß wir als Volk der Dichter, Denker und Erfinder eigentlich stolz darauf sein sollten, solche Technologien entwickelt zu haben, um damit die Frage der deutschen Identität positiv beantworten zu können?

Natürlich sind wir nicht nur für den Bau der Transrapidstrecke von der Münchener Innenstadt zum Flughafen, sondern wir wollen auch Transrapidstrecken von München nach Hamburg, von Hamburg nach Kopenhagen - dazu wird später noch jemand ein paar Worte sagen - von Kopenhagen nach Aarhus, von da wahrscheinlich weiter nach Schweden, und natürlich auch nach Berlin, von Berlin nach Moskau, nach Peking, nach Schanghai und viele andere Strecken. Das heißt, wir verfolgen ein sehr ehrgeiziges Konzept einer eurasischen oder Weltlandbrücke, wobei der Transrapid die Technologie der Zukunft sein wird, und viele andere Nationen haben dies tatsächlich viel besser erkannt als wir Deutschen.

Aber zunächst möchte ich den dramatischen Kontext schildern, in dem diese Entscheidung stattfindet. Diejenigen von Ihnen, die entweder Mitglieder der BüSo sind oder unsere Zeitung Neue Solidarität regelmäßig lesen, wissen ja, daß die Prognosen, die mein Ehemann Lyndon LaRouche seit langem macht - daß wir uns nämlich in der Endphase eines systemischen Kollapses des globalen Finanzsystems befinden -, inzwischen die berühmten Spatzen von den Dächern pfeifen bzw. von der Finanzpresse und anderen Medien dauernd aufgegriffen werden. All das kann man natürlich nicht unreflektiert lassen, wenn man über solche langfristigen Projekte wie den Bau des Transrapids spricht.

Nur kurz zur Erinnerung: Am 25. Juli 2007 hat mein Ehemann auf einem internationalen Internetforum in Washington gesagt: „Das Weltfinanzsystem ist bereits kollabiert, und was wir jetzt erleben, sind nur noch die Auswirkungen davon, die allmählich an die Oberfläche kommen.“

Genau drei Tage später ging es los: Die ersten Hedgefonds begannen im Rahmen der sogenannten Subprime-Krise in den USA bankrott zu gehen, so u.a. Bear Stearns; vier Tage später geriet die Industriekreditbank IKB in Schwierigkeiten; einen Tag später erklärte der Chef der deutschen Bankenaufsicht (BaFin) Sanio, wir seien in der schlimmsten Bankenkrise seit 1931; dann ging es weiter mit der WestLB, der SachsenLB und vielen anderen Banken mehr.

Ab August führte dann die Kreditklemme dazu, daß die Geschäfte zwischen den Banken fast vollständig zum Stillstand kamen, denn durch den Kollaps des amerikanischen Hypothekenmarktes hatte ein sogenannter reversed leverage collapse, also ein Kollaps mit umgekehrter Hebelwirkung eingesetzt, so daß all die kurzfristig zu finanzierenden verschiedenen „kreativen Finanzinstrumente“, die Alan Greenspan uns beschert hatte, nicht mehr refinanziert werden konnten, und somit die Großbanken, vor allen Dingen die Investmentbanken, auf wertlosen Papieren sitzen blieben. Und da jeder wußte, daß der andere ähnliche Probleme hat, entwickelte sich noch zusätzlich eine riesige Vertrauenskrise.

Inzwischen mußten die großen Investmentbanken Abschreibungen von zweistelligen oder dreistelligen Milliardenbeträgen vornehmen, also Summen, die noch vor einigen Jahren vollkommen unvorstellbar waren, und die gesamte internationale Finanzpresse benutzt inzwischen eine Terminologie, die Sie bisher nur bei uns lesen konnten. Sie reden jetzt auch über Schockwellen, d.h. nicht nur der zweitrangige amerikanische Immobilienmarkt kollabiert, sondern jetzt auch der kommerzielle Immobilienmarkt und andere Hypothekenmärkte, die eine bessere Qualität hatten.

Inzwischen sind auch die sogenannten Monoliner betroffen, der Versicherungsbereich, in dem insgesamt $ 2.300 Mrd. an Problemverträgen auf dem Spiel stehen; in Großbritannien und Spanien entwickeln sich ähnliche Immobilienkrisen. Gerade jetzt sind neue „Bomben“ aufgetaucht, zum Beispiel $ 600 Mrd. an Autokrediten in den USA, denn dort sind Autokäufe im Schnitt mit Krediten von sieben Jahren Laufzeit behaftet, die jetzt auch zu platzen anfangen; dasselbe mit den persönlichen Kreditkartenschulden von $ 900 Mrd.

Das ganze läuft völlig aus dem Ruder, und inzwischen spricht auch die Finanzpresse von dem, was bisher nur wir gesagt haben, daß wir es nämlich mit einem hyperinflationären Prozeß wie in Weimar 1923 zu tun haben. Vor drei Tagen schrieb der Independent in London über „Hyperinflation“ und erinnerte an die Bilder von Frauen, die mit Wäschekörben voller Banknoten - Reichsmarknoten von RM 10 Mrd. pro Schein – zur Bank rennen, um sie einzutauschen. Tatsächlich ist dies in gewisser Weise heute wieder die Situation.

Andere, wie zum Beispiel der New Yorker Ökonom Nouriel Roubini, glauben, daß die Kernschmelze des Systems eingesetzt habe und daß die Federal Reserve nichts tun könne, um das zu stoppen.

Wir werden heute abend noch von meinem Mann hören, daß in der Tat in Amerika ein wahnsinnig spannender Kampf begonnen hat und es durchaus Maßnahmen gibt, wie das Problem gelöst werden kann. Aber das ganze ist wirklich ein Krieg, und das gleiche gilt auch für Europa. Auch in Europa und in Deutschland gibt es durchaus Möglichkeiten, das Problem in den Griff zu kriegen, aber uns stellt sich auch ein großes Problem, und darauf möchte ich zunächst kurz eingehen. Im übrigen gehe ich jedoch davon aus, daß der Finanzkrach die Tagesordnung aller Institutionen, einschließlich der europäischen Regierungen, vollkommen ändern wird, auch wenn denen das im Augenblick noch nicht klar ist. Die dramatischen Entwicklungen auf den Finanzmärkten werden die Leute zum vollkommenen Umdenken zwingen.

Das Monster von Lissabon

Dennoch möchte ich auf eine ganz große Gefahr eingehen, die von der Presse überhaupt nicht diskutiert wird: den neuen Europäischen Vertrag oder „Vertrag von Lissabon“. Der inhaltlich bis auf 95% gleiche Entwurf einer Europäischen Verfassung wurde schon im Mai 2005 von der Bevölkerung abgelehnt, als Frankreich und Holland mit einem ganz klaren Nein stimmten, da die Auswirkungen des Euros auf den generellen Lebensstandard, die Arbeitslosigkeit und die Teuerungsraten offensichtlich waren.

Aber nun haben die europäischen Regierungen - und ich muß Sie wirklich bitten, das sehr ernst nehmen, weil da eine unglaubliche Gefahr droht - am 13. Dezember auf dem EU-Gipfel in Lissabon diese selbe Verfassung in getarnter Form eines Verfassungsvertrages, also nicht mehr als Verfassung, sondern nur noch als Vertrag, beschlossen. Erst vor einigen Tagen wurde der von einem Studenten aufgespürte deutsche Text verbreitet - was allein schon ein Unding ist; bisher existierte er wie gesagt nur in Form der alten Verfassung, die abgelehnt wurde, sowie in Form des Änderungsgesetzes, das vollkommen unlesbar und unübersichtlich ist; so wird dort zum Beispiel lediglich festgestellt: „In Artikel 14, Absatz 5, Unterabteilung 7, wird das folgende Wort ersetzt durch das und das.“ Dann weiter: „In dem Paragraphen 35, Absatz 5, Unterabteilung sowieso wird das und das ersetzt durch das und das.“

Bei 400 Normen, um die es da geht, müßte sich also ein Bürger oder Parlamentarier hinsetzen und sich auf der einen Seite den Europäischen Verfassungsentwurf und auf der anderen Seite diese ganzen Formulierungen zurechtlegen, um den Vertrag zu verstehen - und das ganze natürlich in einem Juristendeutsch, das die meisten Leute sowieso nicht verstehen.

Meiner Auffassung nach ist das durchaus die Absicht der Autoren, die diesen Vertrag ohne Debatte und ohne Aufsehen durchsetzen wollen; das hätte katastrophale Konsequenzen für Europa.

Schon der Maastrichter Vertrag, der Amsterdamer Vertrag und der Stabilitätspakt haben für die europäischen Staaten ein Korsett geschaffen, das nicht nur - wie man am Euro sehen kann - den nationalen Regierungen die Hoheit über ihre eigenen Währungen nimmt, sondern auch bewirkt, daß es in Europa keinen lender of last resort gibt, also keinen Kreditgeber der letzten Instanz. Das wäre nicht so problematisch, wenn alles normal liefe, aber in einer wirklichen Bankenkrise wie der jetzigen wären zwar die Bundesbank und die BaFin angeblich der lender of last resort, aber sie haben keine Hoheit über den Euro! Herr Trichet, der Chef der Europäischen Zentralbank,  hat kürzlich auf einer Pressekonferenz ganz eindeutig gesagt: „Das ist nicht in unserem Interesse. Wir kümmern uns nicht um nationale Rettungspakete.“

Es gibt also eine echte Gesetzeslücke. Und mit dem Vertrag von Lissabon sollen jetzt ganz massive Eingriffe in die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Souveränität begründet werden. Denn mit diesem Vertrag, wenn er denn ratifiziert würde, ginge die Verfassungshoheit an den Europäischen Rat über, und das Europäische Parlament würde bestenfalls noch angehört, und die nationalen Parlamente hätten nur etwas zu sagen, wenn sie gefragt würden.

Der Europäische Vertrag ist in Wirklichkeit eine Diktaturverfassung, die nicht einmal mehr den Anschein eines demokratischen Prozesses hat: eine Mehrheit der Regierungschefs und eine Bürokratie, die sich nicht demokratisch legitimieren muß, treffen dabei die Entscheidungen.

Vor allem in Österreich gibt es darüber eine riesige Debatte, weil dieser Vertrag dort wegen der Neutralitätsklausel in noch größerem Widerspruch zur österreichischen Verfassung steht. Professor Klecatsky, einer der Väter der österreichischen Verfassung und ehemaliger Justizminister von Österreich, hat am 19.12. 2007, d.h. sechs Tage, nachdem der Vertrag von Lissabon beschlossen wurde, in einer Schrift folgenden Kommentar abgegeben: „Die Republik Österreich mit ihrer Bundesverfassung [wird] zwangsläufig zu einem Sub(Teil)-Rechtssubjekt des neuen Rechtssubjektes EU degradiert. An die Stelle der bisherigen Koordination der beiden Verfassungen tritt nun die Subordination der österreichischen, und damit die Auflösung der Republik in eine EU. Mitgliedstaaten verlieren die Substanz ihrer existentiellen Staatlichkeit und werden zu bloßen regionalen Verwaltungskörpern.“

Dasselbe gilt natürlich für Deutschland, wo die eigene Staatlichkeit durch diesen Vertrag aufgegeben würde; lediglich das Wort „Bundesstaat“ für die EU wird in dem Europäischen Vertrag vermieden, Deutschland ist es aber de facto schon.

Mit dieser Art Semantik wird versucht zu sagen, man müsse das Grundgesetz nicht ändern, aber in Wirklichkeit ist dies eine vollständige Änderung des Grundgesetzes. Laut Grundgesetz geht alle Macht vom Volke aus; dies gilt nicht mehr, sondern ab sofort ist es die EU. Selbst unserer früherer Bundespräsident Roman Herzog hatte in der Welt am Sonntag am 14. Januar 2007 geschrieben, daß Deutschland keine parlamentarische Demokratie mehr sei, wenn es zu dieser Regelung komme, und er deshalb dafür sei, den Vertrag abzulehnen.

Es handelt sich hier also um einen vollständigen staatsrechtlichen Paradigmawandel von einem Staatenbund zum Bundesstaat und eine Gesamtänderung des Grundgesetzes. Der EU-Vertrag bedeutete, daß das Grundgesetz - und auch die bayerische Verfassung - außer Kraft gesetzt werden; letzteres ist vielleicht nicht das wichtigste daran, aber es sollte Ihnen hier in Bayern immerhin zu Herzen gehen. Das war auch die Meinung von Herrn Gauweiler im Münchner Merkur vom 27. Dezember 2007.

Schauen wir uns jetzt nur ganz kurz einige Einzelmaßnahmen an, um die Dramatik zu verdeutlichen: Die EU hätte ab sofort das Recht, europäische Steuern zu erheben und könnte sich damit ohne jede Beteiligung der nationalen Parlamente Eigenmittel beschaffen. Und die Steuerhoheit ist immerhin ein wesentlicher Teil der existentiellen Staatlichkeit der Völker. Auch die Gesetzgebungshoheit wird auf die EU übertragen, so daß das Recht nicht mehr länger vom Volke, sondern von der EU ausgeht. Aber auch andere Aspekte wie Wettbewerbsregeln, die Währungspolitik usw. sind betroffen; wegen der Generalklausel in Artikel 3, Absatz 2 des VAU [Vertrag über die Arbeitsweise der EU] sind alle Bereiche der Politik erfaßt.

Sehr dramatisch verlangt außerdem die „Solidaritätsklausel“, daß beim Kampf gegen terroristische Aktivitäten alle Mitgliedsstaaten mithelfen müßten; es gibt kein Vetorecht mehr: selbst wenn ein Staat dagegen ist, aber die Mehrheit es anders beschließt, muß sich jeder beteiligen. Der Mehrheitsbeschluß gilt auch für den Einsatz von Waffengewalt, für Konfliktlösungen, Angriffskriege, Aufrüstungspflicht.

Ich möchte nur auf das Beispiel Afghanistan verweisen, um zu verdeutlichen, wie schnell sich im Getriebe der Ereignisse solche Entwicklungen verselbständigen. Ursprünglich wurde hier Artikel 5 der NATO-Statuten geltend gemacht, weil es wegen der Beteiligung von Al-Qaida am 11. September angeblich um Notwehr ging. Inzwischen sind sieben Jahre vergangen, und jetzt soll laut US-Verteidigungsminister Gates die Bundeswehr auch im Süden von Afghanistan eingreifen, was allerdings erst einmal auf den Westen beschränkt worden ist, und da geht es gegen die Taliban. Waren die Taliban am 11. September beteiligt? Ich glaube nicht! Das wurde auch nie behauptet. Mit anderen Worten, alles wird sehr schnell verwässert.

Man hat ja gesehen, wie Gates bei der Wehrkundetagung hier in München erst verlangt hat, die Bundeswehr solle in den Süden [von Afghanistan], was die Große Koalition abgelehnt hat. Dafür habe ich sie gelobt (wenn sie schon einmal etwas Positives tut, dann soll man sie auch loben; das kommt ja nicht so oft vor!), aber am Ende der Wehrkundetagung hörte sich das schon wieder ganz anders an: doch tausend Soldaten mehr in den Westen [von Afghanistan].

Das ist ein verlorener Krieg, denn Afghanistan ist vollkommen in der Hand der Drogenbarone, die $ 1 Mrd. pro Jahr einnehmen, wovon $ 100 Mio. an die Taliban gehen. Und der einzige Grund, warum jetzt versucht wird, die europäischen Verbündeten in diesen Krieg hineinzuziehen, ist, daß Präsident Bush Angst um seinen Platz in der Geschichte hat; er will nicht als alleiniger Verlierer dastehen. Das ist natürlich eine absolute Wahnsinnssituation.

Mit anderen Worten, in diese Richtung würde das mit dem EU-Vertrag gehen. Wenn man hinzunimmt, daß der erste EU-Präsident Toni Blair heißen soll, der Autor des Irakkriegs, der sich ebenfalls für einen Irankrieg ausgesprochen hat, würde die EU endgültig zu einem imperialen Gebilde verkommen. Das ist genau das, was Robert Cooper, der ehemalige Mitarbeiter des EU-Außenbeauftragten Solana, sehr deutlich gesagt hat: die EU sei die größte imperiale Ausdehnung in der Geschichte, sollte gegen Schurkenstaaten vorgehen usw. Ich kann nur unterstreichen, daß es eine wirkliche Mobilisierung in der Bevölkerung gegen diese Änderungsversuche geben muß.

Der Finanzkrach ist meiner Meinung nach mit ein Grund, warum eine solche Eile besteht, den EU-Vertrag ohne öffentliche Diskussion durch die Parlamente zu peitschen; wenn es dazu käme, gäbe es auch keine Handhabe mehr, um aus der Krise herauszukommen.

Das Recht auf Widerstand

Ich habe, wie einige von Ihnen vielleicht gelesen haben, auch für Deutschland trotz seiner begrenzten Souveränität Maßnahmen vorgeschlagen, die wir laut Grundgesetz haben, um auf diese Wirtschaftskrise zu reagieren. Zum Beispiel gibt es im Deutschen Grundgesetz den Artikel 20, der besagt, Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat, das heißt ein sozialer Staat - eine ganz wichtige Handhabe -, und im Paragraph 4 desselben Artikels heißt es, daß, wenn jemand versuchen sollte, diesen Charakter Deutschlands zu verändern, die Bevölkerung das Recht auf Widerstand hat. Man sollte dieses Gesetz aktivieren, und man sollte sich an den Artikel 56 des Grundgesetzes erinnern; das ist der Artikel, in dem der Amtseid von Bundeskanzler, Bundespräsident und Kabinett formuliert ist, wo diese schwören, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden und sich für dessen Wohl einzusetzen. Und natürlich Artikel 104, der besagt, daß das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz [von 1967] eine gesetzliche Grundlage sein kann, und der Artikel 115, der in eine ähnliche Richtung geht.

Wenn man von diesen grundgesetzlichen Voraussetzungen ausgeht, läßt sich das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967 wieder aktivieren, das auf diesen Grundgesetzartikeln basiert. Dieses Gesetz hatte die Große Koalition in den 60er Jahren beschlossen, weil damals die Zahl von 400.000 Arbeitslosen als unerträglich betrachtet wurde; es gab dem Staat das Recht und die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um Kredite für die Schaffung von produktiven Arbeitsplätzen zu vergeben. Erst letzte Woche schrieb der Spiegel, daß Bundeswirtschaftsminister Glos noch vor wenigen Wochen bereit gewesen sei, dieses Gesetz auf den Müllhaufen zu werfen, daß man sich aber angesichts der Dramatik der Entwicklungen jetzt das Gesetz wieder vorgenommen habe und studiert werde, ob es nicht angewendet werden könnte.

Nur, wenn der EU-Vertrag durchgesetzt würde, wäre diese Option weg!

Ich habe auch gesagt, daß wir einen „New Deal“ für Deutschland und Europa brauchen. Wir brauchen einen „New Deal“ nicht nur für Amerika, sondern auch für Rußland, wie Präsident Putin gesagt hat, für Argentinien, wie Präsident Kirchner gesagt hat, für ganz Europa, wie der ehemalige Wirtschaftsminister von Italien, Tremonti, gesagt hat; aber das können wir nur, wenn dieser Europäische Vertrag nicht durchkommt.

Schon der Maastrichter und der Amsterdamer Vertrag haben die Auflegung staatlicher Kredite untersagt, was bedeutete, daß wir alle Möglichkeiten der Verteidigung des Gemeinwohls und der nationalen Volkswirtschaften aus der Hand geben würden.

Wenn wir den Weg des Lissabonner Vertrags gehen, dann ist Deutschland nicht zu retten, dann gehen wir auf ein dunkles Zeitalter zu, dann wird der Morgenthau-Plan verspätet durchgeführt und soziales Chaos ist die absolut sichere Realität. Das heißt, es geht um die Existenz Deutschlands.

Eurasische Entwicklungskorridore

Daß wir auf der anderen Seite eine absolut positive Chance haben, möchte ich kurz in einem anderen Szenario darstellen.

Als der „Eiserne Vorhang“ zwischen 1989 und 1991 endlich verschwand, weil sich die Sowjetunion und der Comecon auflösten, haben wir sofort vorgeschlagen, die Industrie- und Bevölkerungszentren Europas mit denen Asiens durch sogenannte Entwicklungskorridore zu verbinden. Diese Eurasische Landbrücke wäre also gewissermaßen ein gesamteurasischer Verkehrswegeplan, in dem die historisch gewachsenen Transportlinien, wie die Transsibirische Eisenbahn, die alte Seidenstraße und andere Hauptverkehrsadern als Entwicklungskorridore von jeweils hundert Kilometern Breite ausbaut würden, so daß praktisch ganz Eurasien mit einem Netzwerk von Transrapid-Schnellbahnen, Autobahnen, Wasserwegen und computerisierten Bahnhöfen durchzogen und damit infrastrukturell und wirtschaftlich zusammenwachsen würde.

Mitglieder der BüSo, der LaRouche-Organisation, des Schiller-Institutes haben damals in Hunderten von Konferenzen in Peking, in Delhi, in vielen amerikanischen und europäischen Städten für dieses Konzept geworben, und lange Zeit tat man uns als Rufer in der Wüste, als Utopisten ab. Man fragte: Wer soll das bezahlen? - also die gleichen Argumente, wie man sie hier in München in bezug auf den Transrapid hört. In gewisser Weise ist aber unter dem Unilateralismus der Bush/Cheney-Administration Eurasien viel schneller zusammengewachsen, als das unter normalen Umständen möglich gewesen wäre.

Wenn Sie sich heute die Landkarte anschauen und diese mit dem ursprünglichen Konzept der Eurasischen Landbrücke vergleichen, das wir 1991 zum ersten Mal veröffentlichten, dann befinden sich ganz viele Projekte in verschiedenen Phasen der Realisierung. Zum Beispiel: die Eisenbahn zwischen Südkorea und Nordkorea wird mit russischer Hilfe modernisiert und ausgebaut und mit der Transsibirischen Eisenbahn und der chinesischen Hauptlinie verbunden. Indien baut zwischen Delhi und Bombay einen Korridor von 1.400 Kilometern Länge, der das wirtschaftliche Leben von 180 Mio. Menschen verbessern soll. Der Transrapid ist für Lateinamerika geplant. Die Golfstaaten wollen 1.100 Kilometer Transrapidstrecke entlang der Golfküste bauen, und es gibt viele, viele Beispiele mehr.

Ich will nur eines herausgreifen. Im April letzten Jahres fand in Moskau eine Konferenz zur Querung der Beringstraße statt. Mein Mann war als einer der Hauptredner eingeladen, weil die russische Regierung ein Signal setzen wollte, um zu zeigen, daß die gemeinsame Umsetzung von Großprojekten zwischen Rußland und Amerika in der Tradition von Franklin D. Roosevelt ein Weg der Friedenssicherung als Alternative zum Kalten Krieg sei. Die Konferenz fand unter Teilnahme vieler Vertreter der Akademie der Wissenschaften, der russischen Infrastrukturbehörde SOBS, der russischen Regierung und der Gouverneure Sibiriens und anderer Regionen im Fernen Osten statt, und es wurde dort beschlossen, daß die russische Regierung die Transsibirische Eisenbahn um eine Strecke von 6.000 Kilometer verlängern und Rußland durch einen 100 Kilometer langen Tunnel unter dem Meeresboden der Beringstraße hindurch mit Alaska, Kanada und bis nach Chile zu verbinden.

Das waren Mitglieder der russischen Akademie der Wissenschaften, die einen wirklichen Pioniergeist haben, denn es geht hierbei um Riesenprojekte, und einige der größten Rohstoffvorkommen der Welt sind in Sibirien, die die russische Regierung unter Permafrostbedingungen erschließen und entwickeln will. Sofort sagten die Chinesen, die Japaner und die Koreaner zu, dabei mitmachen zu wollen, weil für sie Energiesicherheit und Rohstoffsicherheit für die Zukunft ganz wichtig sind.

Wir waren im Mai 2007 noch einmal in Moskau und haben mit denselben Leuten von der Akademie der Wissenschaften gesprochen; ich kann Ihnen versichern, die haben sich über diese Perspektive wie kleine Jungs gefreut, obwohl ihr Durchschnittsalter wahrscheinlich über 80 war. Sie sagten: „In zwanzig Jahren kann man mit dem Transrapid schneller über die Beringstraße nach Bombay in Indien fahren, als jetzt auf dem Seeweg mit dem Schiff.“ Da war ein Pioniergeist spürbar, der ganz phantastisch ist.

Inzwischen kann man sagen, daß es hier um ein Rekonstruktionsprogramm nach dem Finanzkrach geht. Dieses Finanzsystem ist absolut nicht zu retten. Es gibt keinen Trick, mit dem die Herren Steinbrück, Trichet oder Bernanke irgendwie ein Kaninchen aus dem Zylinder zaubern könnten. Das System ist hoffnungslos bankrott, und das, was mein Mann vorgeschlagen hat, ist wirklich die einzige Chance: Die vier größten Nationen der Welt müssen gemeinsam eine neue Finanzarchitektur auf die Tagesordnung setzen.

Zum Glück gibt es in Rußland darauf schon eine sehr gute Resonanz; in China, und in Amerika ist ein äußerst interessanter Kampf im Gange. Das heißt, es gibt die sehr reale Möglichkeit, wirklich eine neue Finanzarchitektur zu schaffen, die eine Reorganisation der nicht bezahlbaren Schulden, feste Wechselkurse und neue, langfristige staatliche Kredite mit langen Laufzeiten für langfristigen Infrastrukturaufbau mit einschließt. Wenn wir über die Eurasische Landbrücke sprechen, geht es eben nicht darum, einmal das ganze System der Globalisierung schnell zu reformieren und dann wieder mit Shareholder Value und Profit, Profit, Profit weiterzumachen wie bisher, sondern wir reden über ein Programm mit Laufzeiten von 25 bis 50 Jahren, wir reden darüber, daß man durch Infrastrukturprogramme und multilaterale Abkommen in Absprache zwischen den verschiedenen Regierungen der Welt Bedingungen schafft, damit sich die Produktivität der landeingeschlossenen Regionen Eurasiens langfristig verbessern und damit der Lebensstandard der Bevölkerung nachhaltig angehoben wird.

Die Frage der Identität Deutschlands ist dahingehend zu beantworten, daß Deutschland dabei eine absolut positive Rolle zu spielen hätte, denn wir haben viele Technologien, wir haben viele Strukturen - zum Beispiel unsere mittelständischen Unternehmen -, die auf der ganzen Welt dringend gebraucht werden. In Amerika gibt es so gut wie keine mittelständischen Unternehmen, und Rußland hat in diesem Bereich einen enormen Bedarf, von anderen Ländern erst gar nicht zu reden.

Deshalb darf die Eurasische Landbrücke, wie wir von Anfang an vertreten haben, nicht nur auf Eurasien beschränkt bleiben, sondern muß über die Beringstraße nach Kanada, Nordamerika, Mittelamerika bis nach Südamerika fortgeführt werden. Außerdem muß sie über Ägypten, über die Straße von Gibraltar und über einen Tunnel von Sizilien nach Tunesien nach Afrika weiterführen, weil dies die einzige Chance ist, wie verhindert werden kann, daß der afrikanische Kontinent vollkommen stirbt. Nur wenn wir in Eurasien durch eine Infrastrukturentwicklung das Potential entwickeln, daß sich Europa auch in Afrika infrastrukturell und wirtschaftlich engagiert, gibt es eine Chance, den totalen Kollaps des afrikanischen Kontinents zu verhindern. Das ist in gewisser Weise die moralische Herausforderung, vor der die Welt steht, denn ich habe schon vor vielen Jahren gesagt, daß wir selbst nicht überleben werden, wenn wir es nicht schaffen, den afrikanischen Kontinent zu entwickeln - obwohl das so einfach wäre, da alle wissenschaftlichen und technologischen Voraussetzungen dafür vorhanden sind. Was fehlt, ist nur der politische Wille.

Wir stehen vor einer Wegscheide, an der die Richtung entweder in Richtung Oligarchie oder in Richtung Entwicklung geht - in eine oligarchische Struktur, der wir eine ungeheure Machtfülle zugestehen würden. Wenn man sich die Geschichte anschaut, geben Institutionen mit großer Machtfülle diese normalerweise nie freiwillig wieder her. Wenn wir uns die Souveränität aus der Hand schlagen lassen, dann wird Europa ein häßliches Nebenprodukt von der Gefahr eines neuen Faschismus in Amerika.

Auf der anderen Seite denke ich, daß wir auch alle Ansätze dazu haben, den anderen Weg zu gehen und Deutschland, Europa, die europäischen Nationalstaaten Teil einer neuen Weltordnung, einer gerechteren Weltordnung werden zu lassen, der Weltordnung, die von der Eurasischen Landbrücke als Weltlandbrücke ausginge.

Dies sind meine Bemerkungen zu der Frage, worum es bei der Transrapidstrecke von der Münchener Innenstadt zum Flughafen wirklich geht: um eine Weichenstellung darüber, ob wir verspätet vom Morgenthau-Plan eingeholt werden und bald ein Weideland mit häßlichen Windrädern wären, in dem es keine Ingenieure mehr gibt, die zum Beispiel noch den Ausstieg aus der Kernenergie bewerkstelligen könnten, oder ob wir uns entschließen, nicht nur den Transrapid, sondern auch den inhärent sicheren Hochtemperaturreaktor zu bauen. Wenn wir davon ausgehen, daß wir nicht nur sechs Milliarden Menschen ernähren wollen, sondern daß die Menschheit sich hoffentlich vermehrt und wir bald acht oder neun Milliarden Menschen sind, dann brauchen wir Investitionen, die langfristig die Energie- und Rohstoffsicherheit der Menschheit sichern.

Das ist es, um was es geht, und ich bitte Sie, bedenken Sie meine Worte, die ich zu dem EU-Vertrag gesagt habe, gründlich. Ich werde in den nächsten Tagen dazu noch einen wichtigen Artikel schreiben und versuchen, mit der Schwierigkeit fertig zu werden, daß wir zwar im Artikel 20, Absatz 2 die Klausel haben, daß „in Wahlen und Abstimmungen“ die Entscheidungen vom Volk ausgehen, aber der Gesetzgeber es nie konkret ausformuliert hat. Das heißt aber nicht, daß wir keine Volksbegehren haben sollten, nur weil die Regeln dafür nicht ausgeführt sind.

Das ist eine Schwierigkeit, die nur durch massiven Druck in der Bevölkerung zu lösen ist. Wir haben dazu bis maximal Mai Zeit, weil die Regierung die Ratifizierung des EU-Vertrags bis dann durchpauken will. Ich bitte Sie, bleiben Sie mit uns in Kontakt, denn wir haben vor, voll für unser Recht auf Widerstand zu mobilisieren.

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