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Von Alexander Hartmann
England und Frankreich nutzten den 75. Jahrestag des „D-Day“ am 6. Juni, an dem die amerikanischen Truppen im Zweiten Weltkrieg von England aus über den Ärmelkanal setzten und in der Normandie landeten, dazu, einmal mehr den Geist des „westlichen Bündnisses“ zu beschwören und so ihr gescheitertes geopolitisches Paradigma zu verteidigen. Frankreichs Präsident Macron belehrte den amerikanischen Präsidenten: „Wir wissen, was wir Amerika verdanken, das immer dann am größten ist, lieber Präsident Trump, wenn es für die Freiheit der anderen kämpft und seinen Werten treu bleibt.“ Nach dem Willen der europäischen Eliten sollen die USA also auch weiterhin wie in den vergangenen Jahrzehnten als Weltpolizist den Büttel spielen, der ihre Interessen weltweit gegen alle durchsetzt, die sich ihnen nicht freiwillig unterwerfen.
Ebenso klar ist auch, daß sich dieses vielbeschworene westliche Bündnis insbesondere gegen Rußland und China richten soll, die zu den Feierlichkeiten in Portmouth und Colleville-sur-Mer auch gar nicht erst eingeladen worden waren. Stattdessen besuchte Chinas Präsident Xi Jinping Rußland, um Gespräche mit Präsident Wladimir Putin zu führen und am Internationalen Forum in St. Petersburg teilzunehmen. In der Pressemitteilung zum Verlauf ihres Treffens heißt es: „Auf der Tagesordnung der Gespräche standen Möglichkeiten zur weiteren Vertiefung der umfassenden russisch-chinesischen Partnerschaft und strategischen Zusammenarbeit sowie die Umsetzung ehrgeiziger wirtschaftlicher, kultureller und humanitärer Projekte. Die beiden Staatsführer tauschten sich über aktuelle internationale und regionale Fragen aus. Ein Paket von Dokumenten wurde nach den Gesprächen unterzeichnet.“
Was die Regierungen in London und Paris sehr wohl wissen, aber ebenso verschweigen wie die Mainstream-Medien des Westens, ist die Tatsache, daß Präsident Donald Trump, auch wenn er sehr nachdrücklich die wirtschaftlichen Interessen der Vereinigten Staaten vertritt, keine Konfrontation mit Rußland und China anstrebt, sondern eine Kooperation – was erklärt, warum die Angriffe eben dieser Medien gegen Trump nicht weniger boshaft und feindselig sind als die gegen Putin und Xi. Der Tonfall dieser Angriffe erinnert oft fatal an die schlimmsten Zeiten des Kalten Krieges und der rußlandfeindlichen Hexenjagden Joe McCarthys und J. Edgar Hoovers in der Truman-Ära, mit denen der amerikanischen Bevölkerung jegliche Neigung zur Politik der amerikanisch-russischen Kooperation der Roosevelt-Ära ausgetrieben wurde.
Tatsächlich, und das sollte man bei der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg nicht vergessen, wäre der in den letzten Tagen vielbeschworene Sieg über die Achsenmächte wohl kaum ohne das Bündnis mit der Sowjetunion errungen worden, sodaß die Nichteinladung russischer und chinesischer Vertreter zu den Feierlichkeiten durchaus als vorsätzlicher Affront verstanden werden muß. So verurteilte der russische Außenminister Lawrow in einem Gastkommentar in dem Magazin International Affairs die rußlandfeindliche Darstellung der historischen Ereignisse: „In das westliche Bildungssystem werden falsche Deutungen der Geschichte eingeschoben. Da finden Mystifizierungen und pseudohistorische Theorien neuerlich Verbreitung, die die Heldentaten unserer Vorfahren herabsetzen sollen. Die Jugendlichen werden davon überzeugt, die wichtigste Leistung zum Sieg über den Faschismus und zur Befreiung Europas gehöre nicht den sowjetischen Truppen, sondern dem ,Westen’ – dank der Landung in der Normandie, erst weniger als ein Jahr vor der Zerschlagung des Faschismus. Wir achten den Beitrag aller Verbündeten in jenem Krieg als heilig und betrachten die Versuche, einen Keil zwischen uns zu treiben, als schändlich.“
Lawrow erinnerte daran, daß die Alliierten, einschließlich der Sowjetunion, nach Kriegsende eine neue Architektur der internationalen Beziehungen um das Ideal der gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen souveränen Staaten aufgebaut haben. „Die Schaffung der Vereinten Nationen sollte gewährleisten, daß das traurige Schicksal der Vorgängerorganisation, des Völkerbundes, sich nicht wiederholen würde. Die Gründer hatten sich die Lehren der Geschichte sehr gut eingeprägt: Ohne ,ein Konzert der Großmächte’, also Eintracht zwischen den führenden Ländern der Erde, die die ständigen Positionen im Sicherheitsrat eingenommen haben, kann die Welt nicht stabil sein. Auch wir müssen uns heute von ihrem Vermächtnis leiten lassen.“
Er betonte: „Ja, wir sind bereit, genauso entschieden wie unsere Vorfahren, jedem Aggressor entgegenzuwirken. Aber die Russen wollen keinen Krieg, keine Wiederholung der Schrecken und Leiden. Die historische Mission unseres Volkes ist es, den Frieden zu schützen. Jenen Frieden, den wir bewahren wollen.“
Tatsächlich ist dies nicht allein die Mission des russischen Volkes, sondern auch die aller übrigen Nationen, die nur gemeinsam eine globale Friedensordnung schaffen können.
Für eine solche Friedensordnung und ein solches „Konzert der Großmächte“ hat sich der kürzlich verstorbene amerikanische Staatsmann und Ökonom Lyndon LaRouche sein Leben lang eingesetzt. Er forderte, daß die USA, Rußland, China und Indien zusammenwirken, um ein neues internationales Kreditsystem zu errichten und die gemeinsamen Ziele der Menschheit zu erreichen – nämlich die Armut weltweit überwinden, Energie- und Rohstoffsicherheit für alle Völker schaffen, die Menschheit vor gemeinsamen Bedrohungen schützen und die menschliche Zivilisation in den Weltraum hinaustragen. Nur diese vier Nationen gemeinsam seien stark genug, dies auch gegen den Widerstand des „Britischen Empire“ durchzusetzen, wie er es nannte – das Konglomerat der von den Banken der Londoner City und der mit diesen verbundenen Finanzwelt beherrschten Unternehmen und Staaten in der westlichen Welt.
LaRouche hat diese Gedanken im November 2009 in einem kurzen Videobeitrag für ein Moskauer Treffen anläßlich eines Wirtschaftsentwicklungsabkommens zwischen Rußland und China anschaulich dargestellt. Darin verweist er auf die „folgenreichen Vereinbarungen“ zwischen Rußland und China in den Monaten zuvor und betont, diese Entwicklungen und ihre Folgen hätten „den Kurs der Weltgeschichte grundlegend verändert. Bisher war für die Welt die transatlantische Beziehung zwischen Europa und den Vereinigten Staaten bestimmend, nun ist es die Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten bzw. dem ganzen amerikanischen Kontinent und den Nationen Asiens über den Pazifik bis zum Indischen Ozean und nach Afrika.“
Diese Entwicklung bedeute, „daß sich die Weltgeschichte von ihrer transatlantischen Orientierung, die seit Christoph Kolumbus im wesentlichen vorherrschte, zu einer neuen Periode gewandelt hat, in der die Beziehung der Vereinigten Staaten über den Pazifik nach Asien und auch zur Küste Afrikas und Australiens der dominierende Aspekt sein wird – besonders nach Asien mit seinen großen Bevölkerungszentren... Rohstoffe und Arbeitskraft kämen hier zusammen, nicht um die Rohstoffe eines Gebiets zu plündern, sondern um es zu entwickeln und auch die Menschen, die an der Entwicklung des Gebietes beteiligt sind, voranzubringen.“
Faktisch ging die globale Entwicklung in den letzten zehn Jahren, vorangetrieben insbesondere durch Chinas Belt & Road-Initiative, die Präsident Xi Jinping 2013 ankündigte, genau in diese Richtung. Immer mehr Länder in aller Welt schließen sich diesem Aufbaubündnis an, und offenbar befürchtet man in London, Paris und Brüssel, daß auch die USA unter ihrem Präsidenten Donald Trump geneigt sein könnten, dies zu tun, denn damit käme genau die von Lyndon LaRouche geforderte Konstellation – Rußland, China, Indien und die USA – zusammen, die den Kräften des „Empire“ eine Friedensordnung aufzwingen kann.
Schon in naher Zukunft bietet sich eine hervorragende Gelegenheit, alle diese Nationen – und noch viele weitere – im Geiste dieser globalen Zusammenarbeit im Dienst der gemeinsamen Ziele der Menschheit zu versammeln: der bevorstehende 50. Jahrestag der Mondlandung am 20. Juli, denn die Raumfahrt ist ein Bereich, in dem eine solche Kooperation schon seit langer Zeit selbstverständlich und insbesondere zum Erreichen weiterreichender Ziele unumgänglich ist. Lyndon LaRouche sagte dazu in seinem Vortrag:
„Wir müssen der Menschheit wieder einen Daseinszweck geben, für Entwicklung, und das nicht nur auf der gesamten Erde, sondern durch den Einfluß der Erde auch in den angrenzenden Regionen des Sonnensystems und darüber hinaus.
Diese Ziele sind erreichbar. Dazu müssen sicherlich noch viele wissenschaftliche Probleme gelöst werden. Wir haben viele Fragen, aber grundsätzlich wissen wir, daß es innerhalb von zwei oder drei Generationen möglich ist. Wir müssen den Menschen, die unsere Enkel oder Urenkel sein werden, etwas mitgeben, was sie verwirklichen werden. Wenn wir bereits tot und vergangen sind, werden sie in drei oder vier Generationen leben und Gebiete jenseits der Erde selbst kolonisieren. Wir müssen ihnen die Gelegenheit dazu verschaffen. Wir müssen der Gesellschaft schon heute diese Zielsetzung vermitteln, damit unsere Nachfahren in drei oder mehr Generationen diese Kolonisierung leisten können.“
Nur aus einem solchen Geist heraus kann eine globale Friedensordnung geschaffen werden.
(Den vollständigen Text von LaRouches Vortrag drucken wir aus aktuellem Anlaß in dieser Ausgabe nochmals ab.)