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Neue Solidarität
Nr. 33, 12. August 2009

Jetzt erst recht: In Sachsen muß die Wirtschaft wachsen!

Karsten Werner, der Spitzenkandidat der BüSo für die sächsische Landtagswahl am 30. August, erinnert im folgenden Wahlaufruf an die verpaßte Chance von 1989.

Liebe Sachsen!

Sie alle spüren, daß wir nicht in normalen Zeiten leben: Die wohl größte internationale Wirtschafts- und Finanzkrise der Neuzeit hinterläßt ihre Spuren und konfrontiert den Bürger anläßlich des zwanzigsten Jahrestag der friedlichen Revolution mit der Frage:

Wofür sind wir 1989 auf die Straße gegangen?

Als vor 20 Jahren die Mauer fiel, hofften die Menschen auf einen wirklichen Neuanfang, erlöst vom Kalten Krieg und staatlicher Bevormundung. Aber der große Augenblick wurde nicht genutzt und die Erwartungen bitter enttäuscht, als die Mehrheit der Bevölkerung dem brutalen Industriekahlschlag von Birgit Breuels Treuhand-Regime zum Opfer fiel. Jahrelang versuchte man, dem Bürger vorzugaukeln, der Übergang von einer Industriegesellschaft in eine Dienstleistungsgesellschaft sei der einzig natürliche Weg, wobei die Bürger mit Phantasiewelten wie „Silicon Saxony”, Medienstädten usw. bei der Stange gehalten wurden. So konnte der Weg in die Massenarbeitslosigkeit vielleicht verschleiert, aber nicht verhindert werden. Letztendlich hatte man die Finanzwirtschaft von der Realwirtschaft nahezu vollständig abgekoppelt.

Wie mittlerweile jeder erkennen kann, ist das System der Globalisierung hoffnungslos bankrott - und zwar genauso bankrott wie die Sowjetunion im Jahre 1989. Diese Einsicht wird inzwischen auch vom letzten Ministerpräsidenten der DDR, Lothar de Maizière, geteilt, der vor kurzem sagte, daß es sich für viele Westdeutsche um eine Krise im System handle, viele Ostdeutsche empfänden die Finanzkrise dagegen als Krise des Systems.

Wie Sie sich erinnern werden, brach diese Systemkrise kurz vor dem Zeitpunkt aus, als im August 2007 die SachsenLB ins Schlingern kam. Auf einer Kundgebung vor dem sächsischen Landtag und in telefonischen Gesprächen warnte die BüSo bereits damals die Landtagsabgeordneten und die Bevölkerung, daß der „Finanz-GAU in Sachsen” nur ein Teil der globalen Kernschmelze sei. Die Bundesvorsitzende der BüSo, Helga Zepp-LaRouche, schrieb dazu in einem am 1. September 2007 veröffentlichtem Artikel folgendes:

„Wenn die Berliner Regierung nicht umgehend einen Schutzwall für die Realwirtschaft und die öffentlichen Banken errichtet, droht nicht nur dem Freistaat Sachsen eine wirtschaftliche und finanzielle Katastrophe, sondern auch dem Rest von Deutschland. Denn das Debakel um die SachsenLB [...] ist Teil des Zusammenbruchs des globalen Finanzsystems, das gerade dabei ist, sich in einer Kettenreaktion aufzulösen.”

Sowohl hier als auch schon 2004 (!) bei den sächsischen Landtagswahlen und den Montagsdemos gegen Hartz IV betonte die BüSo immer wieder, daß dieser Zusammenbruch bei unveränderter Politik unausweichlich sei und die Machthaber dazu zwingen würde, sich zu entscheiden: Gemeinwohl oder Finanzinteressen?

Nach wie vor besteht die einzig vernünftige Lösung darin, die fiktiven Spekulationsgeschäfte der Banken in einem ordentlichen Konkursverfahren ersatzlos zu streichen. Andernfalls werden die Heuschrecken gnadenlos versuchen, die riesigen Schuldensummen durch drastische Kürzungen aus den Bürgern herauszupressen. Mit Hartz IV wurde von der damals rot-grünen Bundesregierung fatalerweise beschlossen, den Weg der Sparpolitik zu beschreiten, der uns geradewegs an einen Punkt geführt hat, der den extremen Auswüchsen der Wirtschaftskrise in den dreißiger Jahren gefährlich nahe kommt und wieder zu einer Radikalisierung auf beiden Seiten des politischen Spektrums führt.

Im Gegensatz zu Deutschland 1933 wurde die große Depression in Amerika durch die gemeinwohlorientierte Politik des U.S.-Präsidenten Franklin D. Roosevelt gelöst, der die Bevölkerung durch beherzte Aktionen vor dem Schlimmsten bewahrte, die verantwortlichen Spekulanten und Bankiers ins Gefängnis werfen ließ, die Banken reorganisierte und einen staatlich finanzierten Wiederaufbau in Gang setzte, wie ihn die Welt bis dahin noch nicht gesehen hatte.

Ob nun Obama, Merkel oder die sächsische Landesregierung - keiner von ihnen hat etwas daraus gelernt, im Gegenteil: Sie wiederholen dieselben Fehler, die uns 1923 die Hyperinflation bescherten und zehn Jahre später den Faschismus ermöglichten. Weder hat eine Untersuchung über die Ursachen der Krise stattgefunden, noch hat man versucht, die Kasinowirtschaft in ihre Schranken zu verweisen. Statt dessen floriert das Geschäft wie eh und je, was man anhand der jüngsten Quartalszahlen verschiedener Großbanken klar sehen kann. Der wohl größte Skandal dabei ist, daß neun amerikanische Banken ihren Managern über 30 Mrd. $ an Bonuszahlungen ausgeschüttet haben, während von der gesamten internationalen Staatengemeinschaft weniger als 2 Mrd. $ für die mehr als 1.000.000.000 hungernden Menschen der Welt aufgetrieben wurden. Genauso verwerflich ist die Tatsache, daß trotz des milliardenschweren Rettungspakets für den finanziellen Giftmüll immer noch kein Geld für Schulen, Krankenhäuser, Brücken, etc. verfügbar ist. So wirft man neue Schuldenpapiere den alten hinterher, während der übriggebliebene Rest der Realwirtschaft verfällt.

Die Lösung für Sachsen

Die Bürgerrechtsbewegung Solidarität hat sich diesen Namen gegeben, weil wir wußten, daß es in der sich seit langem abzeichnenden Krise wieder um grundsätzliche Bürgerrechte - wie Wahlrecht, Recht auf Arbeit, Recht auf Leben und Recht auf ein erfülltes Leben - gehen würde, und daß zur Lösung dieser Fragen der Geist der Solidarität nötig sein würde.

Gerade in dieser Krise müssen wir sicherstellen, daß diese jahrhundertelang umkämpften Werte und Errungenschaften für jeden Bürger verfügbar sind und auch bleiben. Doch dafür brauchen wir Ihre Hilfe!

Um Sachsen eine wirkliche Zukunft zu geben, müssen wir den heimischen Erfindergeist wieder mobilisieren, der für diese Region bis heute typisch ist.

Sachsen war sowohl Wiege der industriellen Revolution als auch Werkstätte und Heimat der besten Geister, die unser Land zu bieten hat - ob in der Musik mit J.S. Bach, Felix Mendelssohn-Bartholdy und Robert Schumann, oder das Universalgenie Leibniz, den Begründer der deutschen Klassik Lessing und den Dichterfürsten Schiller, bis hin zum Pioniergeist eines Friedrich Lists, der Rolle der weltberühmten Freiberger Bergakademie und den Chemnitzer Hartmann-Werken.

All das hat Sachsen geprägt und zu dem kulturellem Reichtum und wirtschaftlichen Wohlstand verholfen, auf den wir heute noch stolz sind. Um aber heute allen Bürgern eine wirkliche langfristige Perspektive in unserem Freistaat zu geben, müssen wir Vollbeschäftigung erreichen. Nicht weniger als 500.000 neue Vollzeitarbeitsplätze sind vonnöten, um dem Heer an Arbeitslosen, Zeit- und Leiharbeitern einen menschenwürdigen Platz in der Gesellschaft anbieten zu können. Arbeit für qualifizierte und unqualifizierte Kräfte fällt vor allem bei der Rundum-Erneuerung und Sanierung der maroden öffentlichen Infrastruktur an, aber auch beim Neubau moderner Kernkraftwerke und Transrapidstrecken, von der auch mittelständische Unternehmen profitieren würden. Finanziert werden muß das Ganze mittels staatlicher Kredite vom Bund.

Geht nicht? Und ob! Wenn wir Hunderte Milliarden für nicht zu rettende Glücksspielschulden ausgeben können und nichts als heiße Luft als Gegenwert bekommen, können wir das Geld auch genauso gut dafür ausgeben, die Realwirtschaft in Gang zu bringen und uns somit aus der Krise herausproduzieren!

Wer das Programm der BüSo aufmerksam studiert, wird merken, daß alles Hand und Fuß hat. Wer jedoch immer noch behauptet, diese Krise hätte niemand vorhergesehen, und jetzt aber schon so tut, als wäre das Schlimmste vorüber, der führt den Bürger an der Nase herum!

Entscheiden Sie sich am 30. August für eine wirkliche Lösung, und wählen Sie die BüSo in den Landtag!

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Rußland und Sachsen
- Neue Solidarität Nr. 42/2008
Bürger vor dem Finanzkrach schützen - Schulden der Sachsen LB streichen!
- Neue Solidarität Nr. 19/2007
Diesmal geht die Wende von Sachsen aus! In Sachsen muß die Wirtschaft wachsen!
- Neue Solidarität Nr. 29/2004