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Aus der Neuen Solidarität Nr. 6/2008

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Die Hyperinflation ist da! Die Wirtschaft kollabiert

Von Lyndon LaRouche

Die folgende Schrift, die im englischen Original für das Nachrichtenmagazin Executive Intelligence Review verfaßt wurde, erschien am 25. Januar 2008.

Die verrückte Entscheidung der USA in der letzten Woche, ein wirtschaftliches „Stimulierungspaket“ aufzulegen, hat dazu geführt, daß die USA jetzt in eine neue Richtung eingetreten sind: die einer hyperinflationären wirtschaftlichen Zusammenbruchskrise. Die Folgen dieser Krise, sofern sie nicht sehr bald durch die von mir kürzlich aufgezeigten Maßnahmen rückgängig gemacht wird, werden fast sicher den gesamten Planeten kurzfristig  in ein „neues finsteres Zeitalter“ führen, vergleichbar mit dem, welches im 14. Jahrhundert durch das venezianische System der lombardischen Bankhäuser, wie das berüchtigte Haus Bardi, ausgelöst wurde. Ich hatte seit den Entwicklungen im Jahr 1968 bei verschiedenen öffentlichen Gelegenheiten meine Befürchtung ausgedrückt: Die Änderungen in der Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik der USA und anderer Länder - angefangen mit der Kombination aus der Aufkündigung des Systems fester Wechselkurse des Bretton-Woods-Systems unter Nixon und der anschließenden Ruinierung der amerikanischen Realwirtschaft durch die Politik der Trilateralen Kommission von Rockefeller und Brzezinski unter der Regierung Carter - werden letztlich nicht nur zur Umsetzung einer faschistischen Politik in den USA führen, wie sie jetzt im Umkreis von Shultz, Rohatyn, Bloomberg und Schwarzenegger vorangetrieben wird, sondern zu einer allgemeinen Zusammenbruchskrise der Weltwirtschaft insgesamt.1

In den letzten beiden Wochen sind die Vereinigten Staaten sowie Großbritannien in eine solche allgemeine wirtschaftliche Zusammenbruchskrise eingetreten - eine hyperinflationäre Periode der Geldstimulierung, vergleichbar mit der in der Weimarer Republik 1923. Wenn dieser jetzt einsetzende Trend in den politischen Entscheidungsprozessen nicht gestoppt wird, wird sich über kurz oder lang kein Teil der Erde den weltweiten Folgen dieser Zusammenbruchskrise, die sich nur mit der in Europa im 14. Jahrhundert vergleichen läßt, entziehen können.

Diese Gefahr ließe sich auch jetzt noch abwenden; aber wenn nicht umgehend Reformmaßnahmen der Art, wie ich sie beschrieben habe, ergriffen werden, hätte das mit Sicherheit einen kettenreaktionsartigen, weltweiten hyperinflationären Zusammenbruch zur Folge, der die Gesamtheit unseres Planeten in ein langwährendes dunkles Zeitalter zu stürzen drohte. Das wären zum Beispiel die einzig wichtigen Fragen, die bei den jetzigen Vorwahlen zur US-Präsidentschaft eine Rolle spielen sollten. Alle anderen Fragen sind nahezu irrelevant.

* * *

Auf diese Weise hat sich die englischsprechende transatlantische Welt zwischen meinem Internetforum vom 17. Januar 2008 und dem Dienstagmorgen des 22. Januar darauf festgelegt, eine hausgemachte globale hyperinflationäre Krise in Gang zu setzen, die sich im weitesten Sinne mit der vergleichen läßt, die Weimar-Deutschland 1923 heimsuchte. Es gibt jedoch einige wichtige Unterschiede zwischen dem damaligen Deutschland und der Lage heute.

Deutschland war damals unter Androhung der Zerstörung durch die alliierten Militärmächte dazu verdammt, Forderungen nach Zahlung sog. Kriegsreparationen an England, Frankreich und andere zu erfüllen. In Wirklichkeit konnten diese Forderungen gar nicht erfüllt werden, aber Deutschland war unter diesen Bedingungen genötigt, ihnen angesichts französischer Bajonette trotzdem nachzukommen. Daher nahm Deutschland Zuflucht dazu, das zur Begleichung dieses Tributs erforderliche Geld in Umlauf zu bringen, und dieser Geldvermehrungsprozeß führte dann im Herbst 1923 zum hyperinflationären Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft.

Es gibt heute gegenüber den USA oder Großbritannien oder den kontinentaleuropäischen Nationen keine solche äußeren Zwänge, außer der Beschränkung, die sich die USA infolge einer Art legalisierten Wahnsinns selbst auferlegt haben oder die Kontinentaleuropa direkt oder indirekt durch die Maastrichter Auflagen Thatchers und Mitterrands aufgenötigt wurde. Die den kontinentaleuropäischen Nationen auferlegten Restriktionen haben die Form einer verrückten Ideologie, die man manchmal „nachindustrielle Gesellschaft“ oder „Globalisierung“ nennt - ideologische Possen, wie sie degenerierte Briten wie H.G. Wells, Betrand Russell und ihre Verehrer aushecken.

Ob Deutschland in den zwanziger Jahren oder der Großteil der Welt heute: Eine Welt, die dem Glauben an die vermeintliche Zwangsläufigkeit so verrückter Praktiken verfällt, ist genauso sicher dem Untergang geweiht wie damals Deutschland durch die Androhung blanker, vernichtender Gewalt. Die Zeit ist inzwischen soweit fortgeschritten, daß für die Menschen in Amerika und für den Großteil der ganzen Menschheit auf Generationen hinaus wenig Hoffnung bleibt, wenn die USA und andere Nationen nicht sehr bald bestimmte entscheidende Schritte zur Abhilfe ergreifen, wie ich sie vorgebracht habe.

Die nötigen politischen Veränderungen müssen insgesamt eine radikale Abkehr von den vorherrschenden politischen Trends der Zeit von 1968 bis heute darstellen. Die Krise, die uns jetzt trifft, ist die Frucht von Veränderungen der amerikanischen Wirtschaftspolitik und ihrer praktischen Umsetzung während dieser ganzen Zeit. Um die unmittelbare Lage heute zusammenzufassen: Dieser in letzter Zeit eingeschlagene Kurs muß plötzlich und radikal umgedreht werden, wenn unsere Republik die hyperinflationäre Krise, die jetzt von den transatlantischen Zentren ausgeht, überleben soll.

Um die jetzige Krise kompetent verstehen zu können, müssen wir davon ausgehen, daß es im wesentlichen die gleiche ist wie die, die Deutschland nach Versailles Anfang der 20er Jahre widerfuhr. Wie in den 20er Jahren liegt die Ursache dieser Katastrophe hauptsächlich in der langangelegten britischen Reaktion auf den Sieg der USA unter Präsident Abraham Lincoln über die Marionette des britischen Außenamtes, die Südstaatenkonföderation.

Ich erläutere das.

Der geopolitische Faktor

Kurz gesagt, spielt die sogenannte Geopolitik beim Zustandekommen der heutigen Situation die folgende Rolle.

Die rapide Entwicklung der Vereinigten Staaten unter Abraham Lincoln und danach, als die siegreichen USA dank der transkontinentalen Eisenbahn zu einer vereinigten, schnell wachsenden kontinentalen Nation aufstiegen, bildete in den Augen der anglo-holländischen liberalen Finanzoligarchie eine geopolitische Bedrohung der imperialen Vormachtstellung der britischen Seemacht gegenüber dem eurasischen und iberoamerikanischen Kontinent. Der Aufstieg Deutschlands und Rußlands zu agroindustriellen Großmächten und die Entwicklung anderer Nationen zu wirklich souveränen Staaten spiegelte einen Einfluß wider, der von der Entwicklung der USA seit Lincolns Amtsantritt ausging. Diese Entwicklung war es, was die Nachfolger Lord Palmerstons und Jeremy Benthams vom britischen Außenamt unbedingt unterbinden wollten. Die britische Angst vor dem Einfluß dieser Errungenschaften der USA, selbst nur als Vorbild, ist das Leitmotiv aller britischen imperialen geopolitischen Abenteuer auf der ganzen Welt seit Lord Palmerstons Tod bis heute.

Das war für die Briten das Motiv, das leichtgläubige königliche Opfer des Prinzen von Wales, Kaiser Wilhelm II., zur Entlassung von Reichskanzler Bismarck zu verleiten. Hier lag das Motiv desselben Prinzen Edward Albert (des späteren Königs Edward VII.), einen „großen Krieg“, den sog. „Ersten Weltkrieg“ zwischen den Nationen seiner Neffen Kaiser Wilhelm II. und Zar Nikolaus II. zu organisieren. Hier lag auch das Motiv der Briten, zusammen mit US-Präsident Woodrow Wilsons Außenminister Lansing in Versailles die Legende von der „deutschen Alleinschuld“ zu erfinden, was ausschlaggebend für das war, woraus 1923 die berüchtigten Hyperinflationskrise der Weimarer Republik entstand.

Später lag hier das Motiv des britischen Zentralbankchefs Montagu Norman und seiner Komplizen in US-Finanzkreisen wie Harrimans Gehilfen Prescott Bush, 1933 Adolf Hitler in Deutschland an die Macht zu bringen. Hier lag auch das Motiv für den Haß auf die Politik von US-Präsident Franklin Roosevelt, insbesondere seine antiimperialistische Politik, ein Haß, der gleich nach Präsident Roosevelts Tod in der britisch orientierten imperialistischen Politik von Churchills schamlosem Komplizen, US-Präsident Harry Truman, zum Ausdruck kam.

Ähnlich war später das Vorgehen der Regierung Nixon zur Zerstörung des Bretton-Woods-Systems fester Wechselkurse 1971-72, die Rolle der Trilateralen Kommission bei der Selbstzerstörung der amerikanischen Binnenwirtschaft 1977-81, der Drang zur sog. „Globalisierung“ sowie die obszöne Begeisterung des früheren US-Vizepräsidenten Al Gore für eine „nach-industrielle Gesellschaft“: Dies alles war unmittelbarer Ausdruck des Hasses der anglo-holländischen liberalen, globalistischen Finanzinteressen auf die amerikanische Verfassungstradition.

Diese revolutionären, ruinösen Maßnahmen, wie man sie vor allem in Form der umfassenden Reformen unter den Regierungen Nixon und Carter kennt, waren entscheidend für die Selbstzerstörung unserer Republik von diesem Jahrzehnt an bis heute.2

Kurz gesagt, das wirksamste Mittel unserer anglo-holländischen liberalen Gegner, eine mächtige Nation wie die USA zu zerstören, bestand darin, die USA dazu zu verleiten, sich selbst zu zerstören - so wie es unter den Präsidenten Nixon und Carter hauptsächlich durch die eigenen, korrumpierten Institutionen der politischen und finanziellen Führung geschehen ist. Dies war zuvor auch schon das entscheidende an der Methode des Römischen Reiches, des byzantinischen Systems sowie der venezianischen Finanzinteressen, die die normannischen Ritter benutzten, um das Erbe Karls des Großen zu ruinieren. Das ist auch das künstlerisch einsichtsvolle Thema von Oscar Wildes Das Bildnis des Dorian Gray.

Ich habe seit August 1971 beständig vor diesen Entwicklungen gewarnt, und es gab nie eine vernünftige Entschuldigung, die Fakten, auf die ich mich beziehe, anzuzweifeln, da sich meine Warnungen so umfassend und durchschlagend bestätigt haben. Hinsichtlich der systematischen Grundlage dieser Prognosen waren die Arbeiten meiner bekannten Konkurrenten unter den Wirtschaftsprognostikern in den letzten Jahrzehnten völlige Fehlschläge; das sollte man u.a. daran erkennen, welche üble Rolle der Statistiker Myron Scholes beim Zustandekommen der amerikanische Finanzkrise 1998 spielte.

Die entscheidende Bedeutung dieser Fakten liegt darin, daß sie etwas belegen, was für das Verständnis der Situation, die derzeit die Welt bedroht, von großer Wichtigkeit ist. Erstens, daß die allgemein akzeptierte Volkswirtschaftslehre, wie sie heute an den Universitäten und anderswo verbreitet wird, in wissenschaftlicher und anderer Hinsicht höchst inkompetent ist. Zweitens, daß die Wurzel sogenannter „Geschäftszyklen“ und ähnlicher Phänomene in Fragen wissenschaftlicher Prinzipien zu finden ist, die im wirtschaftlich relevanten akademischen und verwandten Diskurs gewöhnlich unbekannt sind.

Ich behandle hier deshalb die tiefergehenden wissenschaftlichen Fragen, die übrigen relevanten Themen werden in Beiträgen meiner Mitarbeiter behandelt.

Alle Imperien müssen zusammenbrechen

Alle bekannten großen Imperien der Geschichte sind Ausdruck dessen, was man in der griechischen Klassik als „das oligarchische Modell“ bezeichnete. Das ist, kurz gesagt, der Olymp, wie er an so berühmten Stellen wie Aischylos’ Der gefesselte Prometheus dargestellt ist. Der Kern dieses Dramas liegt darin, daß der olympische Zeus Prometheus verurteilt, weil Prometheus sterblichen Menschen Zugang zum Wissen über den Umgang mit dem „Feuer“ (z.B. Kernspaltung) verschafft hat. Wie es Zeus bei Aischylos anordnet, wurden im Sparta des Lykurg die Heloten dazu verdammt, sich den Sklavenketten der Unwissenheit zu unterwerfen, genauso wie die Sophisten, die unter dem Einfluß des delphischen Apollo-Dionysus-Kults standen, und wie die Sekte des sogenannten „Umweltschutzes“ heute.

Der gleiche Streitpunkt tauchte in anderer Form in den wissenschaftlichen Disputen des 18. Jahrhunderts wieder auf, als Widerlinge wie de Moivre, D’Alembert, Euler und Lagrange versuchten, die Vorstellung wissenschaftlicher Prinzipien, besonders das Prinzip des ontologisch Transfiniten (d.h. „das Prinzip des Feuers“), das Nikolaus von Kues, Kepler, Fermat und Leibniz entwickelt hatten, aus der zeitgenössischen Naturwissenschaft zu tilgen. Die empiristischen Anhänger des Venezianers Paolo Sarpi (d.h. die sog. „Liberalen“ in der Tradition Wilhelms von Ockham) untersagten die Einführung entdeckter universeller Prinzipien in die wissenschaftliche Praxis, erlaubten aber als Ersatz dafür mathematische Beschreibungen gemessener Ergebnisse, wie zum Beispiel implizit digitalisierte „Formeln“.

Diese delphische Tradition des olympischen Zeus und des Apollo-Dionysos-Kults besteht heute darauf, daß in der liberalen Meinung über jedwedes Thema schon die Vorstellung eines tatsächlichen Universums nicht existiert.

Anders gesagt: Wie der Apollo-Kult des olympischen Zeus in Der gefesselte Prometheus, verboten die Liberalen Wissen über wirkliches „Feuer“, d.h. die Fähigkeit zur Entdeckung von Prinzipien menschlicher, wissenschaftlicher und verwandter Kreativität, die den Menschen vom Affen und anderen niederen Lebensformen unterscheidet.

Das Thema, das ich hier aufgeworfen habe, ist daher der tiefgreifendste Aspekt wissenschaftlicher und verwandter Erkenntnisse des Menschen. Hier liegt auch der Schlüssel zum Verständnis und zur Abwendung der großen weltweiten Zusammenbruchskrise, die heute nicht nur die USA und das britische Empire bedroht - kein Teil der Erde würde diesem Zusammenbruch aller Teile der Weltwirtschaft entgehen.

Ich muß daher an dieser Stelle direkt auf die Bedeutung dieser Tatsache für den Aufstieg und Fall von Imperien, wie dem heutigen anglo-holländischen liberalen System der Finanztyrannei, zu sprechen kommen. Entscheidend ist dabei, wie die potentielle relative Bevölkerungsdichte einer bestimmten menschlichen Kultur so reguliert ist, daß jedes jemals geschaffene Imperium unausweichlich zusammenbrechen mußte.

Die Fähigkeit der menschlichen Gattung, eine potentielle relative Bevölkerungsdichte weit über der jeder annähernd vergleichbaren Tiergattung zu erreichen, wohnt im Potential jener schöpferischen Geisteskräfte, auf die implizit in Genesis 1 hingewiesen wird und die bei keiner niederen Lebensform als dem Menschen existiert. Diese schöpferischen Geisteskräfte drücken sich in Formen aus, in denen man analoge Funktionen erkennen kann, existieren aber nicht in Form digitaler Funktionen. Das definiert eine entsprechende Schnittstelle zweier Erwägungen, von denen abhängt, ob wir der jetzt heranstürmenden weltweiten Zusammenbruchskrise entkommen.

Das Prinzip der physischen Ökonomie

Zunächst muß betont werden, daß die Entwicklung einer Kultur, die sich auf bestimmte entdeckte universelle Naturprinzipien stützt, eine bestimmte Obergrenze ihrer potentiellen relativen Bevölkerungsdichte definiert. Allerdings kann dieses Potential niemals auf einer festen Höhe unendlich weiterbestehen, da das Potential mit der Erschöpfung der eingesetzten Ressourcen sinkt, bis dieses Problem durch wissenschaftlichen Fortschritt in Form höherer Energieflußdichten behoben wird. Um ein einmal erreichtes Bevölkerungsdichteniveau aufrechtzuerhalten, brauchen wir daher kulturellen Fortschritt, darunter Fortschritte bei der Entdeckung und Anwendung - z.B. durch Kapitalinvestitionen - der universellen physikalischen Prinzipien, die nur in den Eigenschaften analoger Funktionen zum Ausdruck kommen.

Leidet eine Bevölkerung durchweg an unterdrückter Kreativität, wie ausgedrückt in den digitalen Leibniz-feindlichen Lehren von de Moivre, D’Alambert, Euler und Lagrange oder Laplace, Cauchy, Clausius, Graßmann, Weierstrass u.a. oder Widerlingen wie Mach, Bertrand Russell oder Russell-Anhängern wie Norbert Wiener und John von Neumann, dann wird der verderbliche Einfluß solcher Leute tendenziell das schöpferische Geistespotential der von ihnen beeinflußten Menschen zerstören. Beispielhaft dafür ist heute die auf digitalen Annahmen basierende Computerkultur, die verheerende Folgen für die Erkenntnisfähigkeit des einzelnen hat, weil diese nicht auf digitale, sondern nur auf „analoge“ Art und Weise ausgedrückt werden kann.3

Ansonsten findet man den Unterschied auch in der Funktion entscheidender Experimente in der Naturwissenschaft und in der Rolle klassischer Ironieformen der musikalischen Polyphonie, in der klassischen Poesie und im klassischen Drama sowie in der Kunsttradition Leonardo da Vincis, Raphael Sanzios und Rembrandts. In bezug auf die Realwirtschaft ist die wichtigste Voraussetzung für den Erhalt einer bestimmten potentiellen relativen Bevölkerungsdichte der Gesellschaft, die grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur (pro Kopf und pro Quadratkilometer) zu entwickeln und in sie zu investieren. Wenn aber nicht parallel dazu die Methoden der Kommunikation so befruchtet werden, daß es den mit Analogfunktionen verbundenen menschlichen Geistesprozessen entspricht, dann wird auch die naturwissenschaftliche Kreativität zum Erliegen kommen.

Die Funktion der Dynamik

Der deutlichste Faktor verbreiteter Inkompetenz in der gegenwärtigen Praxis von Wirtschaftsprognostikern, ihren leichtgläubigen politischen Opfern oder in verwandten Bereichen sind die statistischen Methoden, die mehr oder weniger in der Tradition der cartesischen Mechanik stehen. Praktisch alle heute bekannten Wirtschaftsprognostiker oder ihre Stellvertreter, Sündenböcke wie Ben Bernanke und George Bush junior, sind allein schon aus diesem Grund völlig inkompetent, ihr Amt auszuüben.

Kompetente Wissenschaft ist in jederlei Hinsicht, die Wirtschaftswissenschaft eingeschlossen, im wesentlichen eine Frage der Dynamik (in Form analoger Funktionen), im Gegensatz zu den inhärent digitalen Verfahrensweisen der Mechanik. Diese Tradition geht in der europäischen Geschichte auf Thales und seine Anhänger wie die Pythagoräer und Platon zurück. Diese Methode, die im alten Griechenland dynamis hieß, wurde von Leibniz mit seinem Begriff Dynamik wiederbelebt. Die tiefere Bedeutung von Leibniz’ Dynamikbegriff kam in Bernhard Riemanns Habilitationsschrift von 1854 und in Riemanns späterer Weiterentwicklung dieses Begriffs ans Licht. Gründlich untersuchte soziale Prozesse, einschließlich physischer (im Gegensatz zu bloß monetären) Volkswirtschaften, müssen grundsätzlich in Form „mehrfach interaktiver“ Riemannscher Dynamik ausgedrückt werden. Alle gegenteiligen Darstellungen moderner Sozial- und Wirtschaftsprozesse sind im wesentlichen inkompetent.

Die Art Universum, die der kompetente Wissenschaftler als Bezugsrahmen für die Beschreibung des Universums im allgemeinen oder sozialer Prozesse wie Volkswirtschaften und ihrer zugehörigen Kulturen wählen muß, ist im wesentlichen ein Kepler-Riemannsches Universum, das in der Dynamik von Wernadskijs Biosphäre und Noosphäre noch weiter ausgeführt ist.

In früheren Zeiten, vor der Metamorphose der „Mittelklasse-68er“, war in einigen Teilen der Bevölkerung ein beträchtliches Maß an wirklicher Kreativität zu beobachten. In Europa kam dies beispielsweise in den Humboldtschen Bildungsreformen zum Ausdruck, die auch in die besseren Bildungseinrichtungen der USA übertragen wurden. Dies zeigte sich daran, daß die Industrie unter Präsident Franklin Roosevelt oder während der zwei nachfolgenden Jahrzehnte Realschulabgänger praktisch „von der Straße“ einstellen konnte und, nach einer gewissen Auslese, Arbeitskräfte zur Verfügung hatte, die in Tätigkeitsbereichen, die ihr Bildungsniveau überstiegen, dennoch „ihren Mann standen“. Dies war der Vorteil eines Faktors, den man „beiläufige“ Kreativität nennen könnte, was (nach meiner Erfahrung) in der Bevölkerung der USA, Deutschlands und Norditaliens verbreitet war.

Mit dem steigenden Einfluß einer industrie- und arbeiterfeindlichen Bevölkerung von „68ern“ folgte ein Niedergang der Gesellschaft, beispielsweise in den USA und Europa, bezüglich ihrer Fähigkeit, wissenschaftliches Denken zu assimilieren und technologisch fortschrittliche, produktive soziale Funktionen zu übernehmen. Die zunehmende „Vergrünung“ wurde zu einem wachsenden, generativen Faktor der Inkompetenz und kulturellen Dekadenz in der Angestelltenschicht, vor allem bei denjenigen, die zwischen 1945 und 1958 in der höheren Mittelschicht geboren wurden.

Dieser kulturelle Mangel, der für diese „68er“ mehr oder weniger kennzeichnend ist, wurde zu einem immer bedeutsameren Faktor, der sich in den USA und West- und Mitteleuropa im zunehmenden Niedergang in eine „nach-industrielle“ Kultur äußerte. England hat, so gesehen, eine Bevölkerung, die sich am erfolgreichsten selbst zerstört hat.

Dieser Niedergang, der von der „68er-Generation“ bis heute ausstrahlt, war ein zentraler Faktor im Verfall der Volkswirtschaften und Kulturen insbesondere Nordamerikas und West- und Mitteleuropas. Aus langfristiger Sicht ist dabei das entscheidende, daß auf diese Weise die kulturellen Faktoren, die für die Förderung realwirtschaftlichen und moralischen Fortschritts in der Bevölkerung wesentlich waren, in den letzten vier Jahrzehnten verloren gingen.

Das war nicht die alleinige Ursache der jetzt heranstürmenden weltweiten wirtschaftlichen Zusammenbruchskrise, aber es war als ein sozialer Faktor mit entscheidend dafür, daß dieser moralische Zerfall möglich wurde.

Der Kern der globalen Krise

Der Prozeß der sog. „Globalisierung“ - besser bekannt als die Rückkehr zum Turmbau zu Babel - führte zu einer Verlagerung der Produktion aus Teilen der Welt, in denen das produktive Potential ein relativ hochentwickelter, charakteristischer Aspekt der Bevölkerung und ihres wirtschaftlichen und kulturellen Umfelds war, in Billiglohngebiete in relativ rückständigen Umständen und kulturellen Standards der Haushalte und ihres sozialen Umfelds. Diese Produktionsverlagerung aus ruinierten Gebieten in relativ rückständige bedeutet eine generelle Absenkung des relativen Bevölkerungsdichtepotentials des Planeten als ganzem, eingeschlossen eine zunehmend mörderische Verschlechterung der Lebensbedingungen in der Bevölkerung Nordamerikas und Europas. Die Wirkung ist also eine Netto-Verringerung der Tragfähigkeit des relativen Bevölkerungsdichtepotentials pro Kopf und Quadratkilometer des Planeten insgesamt! Der Kollaps des realen Lebensstandards der Bevölkerung von Mexiko, den Vereinigten Staaten und Westeuropa, der jetzt katastrophale Ausmaße annimmt, ist beispielhaft.

Dies geschieht, während gleichzeitig die oberen Bevölkerungsschichten, die meist schlimmer als Parasiten sind, in letzter Zeit ein Einkommensniveau genießen, das schon an und für sich moralisch unanständig ist und das nur zustande kommt, indem Verpflichtungen, die für den Erhalt der gesamten Bevölkerung erfüllt werden müßten, unterbleiben und rücksichtslos vereinnahmt werden.

Aber nachdem diese und ähnliche Überlegungen berücksichtigt sind, müssen wir uns der wichtigsten aller relevanten Fragen zuwenden: der Frage der individuellen Kreativität - in dem Sinne, wie nur „analoge“ Funktionen des individuellen menschlichen Geistes wirklich der Schöpferkraft entsprechen, die das menschliche Individuum von den Tieren unterscheidet.

Eine sehr gute Veranschaulichung dieser wahren Schöpferkraft ist das Musterbeispiel der Entdeckung der universellen Gravitation durch Johannes Kepler, insbesondere wenn man das, was Kepler unter Gravitation verstand, als Korrektur des grundlegenden Fehlers des Archimedes auffaßt, der annahm, die Erzeugung des Kreises ließe sich durch Quadratur definieren.

Das soll heißen, daß man zwar versuchen kann, die Wirkung des Prozesses, durch den ein Kreis oder eine Ellipse als Konstruktion erzeugt werden kann, mittels der Quadratur zu beschreiben. Aber wenn ein Prozeß in der Natur einer kreisförmigen oder insbesondere einer elliptischen Bahn folgt, wäre es der Versuch, die Entstehung dieser Bahn mittels Quadratur zu beschreiben, vollkommen inkompetent. Tatsächlich ist genau das der wesentliche Unterschied zwischen echter mathematischen Physik und Sophisterei.

Zur neuzeitlichen Wiedergeburt der kompetenten Naturwissenschaft, welche die Griechen in der Zeit von den Initiativen des Thales bis zu den Arbeiten der Pythagoräer und Platons geschaffen hatten, kam es dank der sokratischen Geburtshilfe des Kardinals Nikolaus von Kues, der das Prinzip aller kompetenten naturwissenschaftlichen Praxis wiederentdeckte, als er einen entscheidenden Fehler in Archimedes’ Quadratur des Kreises entdeckte. Alle spätere kompetent erarbeitete Kreativität in der neuzeitlichen europäischen Wissenschaft, von Johannes Kepler bis Fermat, Leibniz, Gauß, Riemann und anderen, war von diesem großartigen Prinzip der „analogen“ Form der Entdeckung universeller Naturprinzipien abgeleitet.

Ein Beispiel: Die elliptischen Bahnen der Planeten im Sonnensystem entstehen durch einen Impuls, der sich angemessen nur als ontologisches Infinitesimal beschreiben läßt, d.h. als eine Wirkung, die so dicht ist, daß es kein Wirkungsintervall gibt, das so klein wäre, daß es nicht von diesem Naturprinzip erzeugt würde. Das ist das gleiche Konzept wie Leibnizens Entdeckung des Kalkulus, der genau dem entsprach, was Kepler „künftigen Mathematikern“ zur Aufgabe gemacht hatte. Das gleiche spiegelt sich auch in dem von Leibniz und Bernoulli entdeckten Prinzip der kleinsten Wirkung wider.

Deshalb müssen die politischen Entscheidungsträger heute erkennen, daß sie die betrügerischen und willkürlichen Annahmen solcher Empiristen des 18. Jahrhunderts wie de Moivre und Euler zurückweisen müssen. Sie müssen erkennen, daß unser Universum in einer Form organisiert ist, die kongruent ist mit dem Begriff eines seinem Wesen nach nichtlinearen Universums, das auf der Grundlage von Naturprinzipien arbeitet, die als analoge, nichtlineare Funktionen aufzufassen sind. Sie müssen erkennen, daß die intensive Konditionierung durch Computer-Routinen, die ihrem Wesen nach digital sind, schwerwiegende geistige Störungen hervorruft, wie man sie von den „Killerspielen“ her kennt und die den gewohnheitsmäßigen („süchtigen“) Spieler tendenziell entmenschlichen.

Sie müssen erkennen, daß in dem Maße, wie die Bildung in der allgemeinen Praxis Inhalte „digitalisiert“, so wie es für das „programmierte Lernen“ typisch ist, die spezifisch menschliche Erkenntniskraft gestört wird, mit mehr oder weniger gefährlichen Folgen für den einzelnen und die Gesellschaft.

Wenn der Mensch digitalisiert, hört er auf, kreativ zu denken. Sein Verhalten, einschließlich seiner Moral, ähnelt dann auf quasi natürliche Weise zunehmend dem des erwachsenen, männlichen Schimpansen - ein Resultat, das wir heute leider überall sehen können, wenn wir etwa die Ausgeburten der verkommenen populären Kultur, an die sich das Geschwafel der meisten Wahlkämpfe richtet, im Fernsehen betrachten.

Werden doch wir zur Abwechslung wieder Menschen. Das könnte unsere Kultur retten; es könnte auch unser Land retten, vielleicht auch unser Leben.

Stellen wir, mit derartigen Überlegungen im Kopf, eine solche Rückkehr zur kulturellen Vernunft in den Kontext der wunderbaren Leistungen von Präsident Franklin D. Roosevelt, der die Vereinigten Staaten von dem Abgrund, den Theodore Roosevelt, Woodrow Wilson, Calvin Coolidge und Herbert Hoover gegraben hatten, zu sich selbst zurückfinden ließ. Es gibt heute nur sehr wenig an dem, was geändert werden muß, was nicht von diesem Präzedenzfall profitieren könnte: wie Franklin Roosevelt auf der Grundlage des großartigen Verfassungsprinzip des Westfälischen Friedens von 1648 nicht nur die Vereinigten Staaten rettete, sondern auch der ganzen Zivilisation zumindest eine faire Chance auf Überleben verschaffte. Roosevelt appellierte an das, was die menschliche Seele vom Tier unterscheidet, was sich in der Entwicklung der Schöpferkraft der Menschheit äußert, die den Tieren wie auch Empiristen fehlt; dieser eine Appell hat unserer Nation und dem Planeten damals gute Dienste geleistet.

Wir können sie deshalb auch jetzt noch retten - wenn wir den Willen dazu aufbringen.


Anmerkungen

1. Siehe meine Debatte 1971 am Queens College über die Frage des Faschismus mit Prof. Abba Lerner. Auszüge siehe EIR, 12. März 2004.

2. Jimmy Carter war als Präsident eine Katastrophe, aber er erwies sich später als einer der besten unserer lebenden Ex-Präsidenten.

3. Siehe „Steckt der Teufel in deinem Laptop?“, BüSo 2007; Sky Shields „What Exactly, is a Human Being? Analog, Digital, and Transcendental“, EIR, 4. Januar 2008 (deutsche Übersetzung in Vorbereitung).

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Der menschliche Geist ist nicht digital
- Neue Solidarität Nr. 5/2008
LaRouche: Neuer Roosevelt muß Neues Finsteres Zeitalter verhindern!
- Neue Solidarität Nr. 4/2008
„Wir brauchen Kreditschöpfung, nicht Stimulierung!“
- Neue Solidarität Nr. 4/2008
Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006
- Internetseite des Schiller-Instituts
Was Lyndon LaRouche wirklich sagt
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees
- in englischer Sprache

 

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