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Aus der Neuen Solidarität Nr. 45/2007 |
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Angesichts der immer akuteren Gefahr eines US-Schlags gegen den Iran tut der demokratische Abgeordnete Kucinich genau das richtige: Er will eine Debatte über das Absetzungsverfahren gegen US-Vizepräsident Cheney erzwingen, auch wenn dies der demokratischen Mehrheitsführerin Nancy Pelosi nicht gefällt.
Der demokratische Abgeordnete Dennis Kucinich hat am 23. Oktober bei einer Telefonkonferenz angekündigt, er werde im Repräsentantenhaus eine „privilegierte Resolution“ zur Amtsenthebung von Vizepräsident Cheney einbringen, um eine Debatte im Parlament über dessen Entfernung aus dem Amt zu erzwingen. Er wolle das noch vor dem amerikanischen Erntedankfest („Thanksgiving“) am 22. November tun.
Dieses Vorgehen erlaubt es Kucinich, die Schwierigkeiten des üblichen Prozesses einer Resolution zur Amtsenthebung zu umgehen. Normalerweise würde eine solche Vorlage in den zuständigen Ausschüssen beraten und darüber abgestimmt, bevor sie dem Parlament vorgelegt wird. Dieser Prozeß wird aber durch Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi mit dem Hinweis blockiert, die Amtsenthebung sei „vom Tisch“. „Das Parlament darf nicht einfach seine von der Verfassung gegebene Verantwortung aufgeben, daß es den Machtmißbrauch der Exekutive begrenzen muß“, erklärte Kucinich. „Die Amtsenthebung könnte das letzte Mittel sein, mit dem wir eine Aggression gegen den Iran aufhalten können.“
Lyndon LaRouche kommentierte, Kucinichs Vorgehen sollte unterstützt werden. Tatsächlich sind die meisten Demokraten im Kongreß jedoch bereit, erneut zu kapitulieren und sich der sogenannten „Parteiführung“ um Pelosi zu beugen. Kucinichs ursprüngliche Resolution 333, in der die Einleitung eines formellen Absetzungsverfahrens gegen Cheney gefordert wird, hatte nur 22 Unterstützer gefunden, und bisher war es vor allem nicht gelungen, den Vorsitzenden des Justizausschusses, John Conyers, dazu zu bewegen, sich über Pelosis Anweisung hinwegzusetzen.
LaRouche hat in dieser Situation die sofortige Absetzung Pelosis gefordert, aber ihm es geht auch darum, deutlich zu machen, was tatsächlich hinter dem „Pelosi-Problem“ steht. Pelosi sei nicht nur ein Instrument der Kreise um George Shultz und Felix Rohatyn, sondern auch ein Instrument des Kennedy-Clans. „Pelosi handelt praktisch wie eine republikanische Agentin, aber tatsächlich ist sie eine Kennedy-Agentin“, erklärte LaRouche. „Die Kennedy-Familie muß ihre Angelegenheiten in Ordnung bringen. Das ist das Problem, mit dem wir es hier zu tun haben.“
LaRouche fuhr fort: „Jeder im Kongreß und jeder in den Wahlkampforganisationen weiß das.“ Der Plan sei, einen Neocon-Republikaner wie den jetzigen New Yorker Bürgermeister Giuliani ins Präsidentenamt zu bringen. Und das ginge nur, wenn man Pelosi auf ihrem jetzigen Posten belasse. „Sämtliche demokratischen Wahlkampforganisationen sollten sagen: ,Schickt Pelosi in Rente, bevor sie noch mehr Schaden anrichtet’!“ forderte LaRouche.
Aber das sei das Spiel. Die Kennedys - oder wenigstens eine Mehrheit der Kennedys, einige Mitglieder der Familie vielleicht nicht - haben implizit zugestimmt, durch die kommenden Wahlen in den Vereinigten Staaten ein faschistisches Regime zu installieren - dafür wäre Giuliani ein geeigneter Agent, wenn man seinen wahren Hintergrund kennt.“
Pelosis Kontrolle über die Demokraten-Mehrheit im Repräsentantenhaus schafft noch ein weiteres gravierendes Problem: ein Krieg hängt in der Luft - gegen den Iran. Dadurch wird Kucinichs Entscheidung um so dringlicher, die traditionellen Verfahrensweisen zu umgehen, um seine Absetzungsresolution dem Plenum des Repräsentantenhauses vorzulegen.
Ein Iran-Krieg steht definitiv auf Cheneys Agenda, wie er am 21.10. auf einer Konferenz des Washingtoner Instituts für Nahostpolitik (WINEP), einem Ableger des Amerikanisch-Israelischen Politischen Aktionskomitees (AIPAC) deutlich machte. Associated Press zitierte Cheney mit den Worten: „Unser Land und die gesamte internationale Gemeinschaft können nicht zusehen, wie ein Staat, der Terroristen unterstützt, seine größten Ambitionen erfüllt… Wir werden Iran den Besitz von Nuklearwaffen nicht gestatten.“ Cheney behauptete, das „Regime im Iran arbeitet weiterhin mit Verzögerungen und Betrug, um Zeit zu gewinnen“, und drohte mit „schwerwiegenden Konsequenzen“ von seiten der USA.
Kucinichs Vorgehen ist nicht die einzige Reaktion vernünftiger Kriegsgegner in den Vereinigten Staaten auf Cheneys Kriegspläne. Einer der erstaunlichsten Angriffe auf Cheneys Kriegshetze kam am 17. Oktober in Washington von Wesley Clark, einem Fünf-Sterne-General a.D. und früherem demokratischen Präsidentschaftskandidaten. Vor mehreren hundert amerikanischen und arabischen Politikern, die an der 16. Jahreskonferenz des Nationalen Rates für Amerikanisch-Arabische Beziehungen (NCUSAR) teilnahmen, riet Clark zu einer gründlichen Debatte über die iranische Lage, die zu einem neuen diplomatischen Dialog mit Teheran führen müsse, und verurteilte die Kriegspolitik der Regierung Bush nachdrücklich als andauernden „Staatsstreich“, den das Weiße Haus seit den Anschlägen des 11. September 2001 betreibe.
Clark beschrieb, wie eine kleine Gruppe in der Regierung Bush nach dem 11. September ohne Diskussion, ohne Autorisierung durch den Kongreß und ohne Konsultationen mit Amerikas Verbündeten eine neue Strategie durchsetzte. Er berichtete über ein privates Gespräch mit dem damaligen hohen Pentagon-Beamten Paul Wolfowitz und dessen Stellvertreter Lewis „Scooter“ Libby im Mai 1991. Wolfowitz habe sich über den damaligen Präsidenten George H.W. Bush sen. ereifert, weil dieser es versäumt habe, die Operation Wüstensturm bis zum Sturz von Saddam Hussein fortzusetzen. Wolfowitz habe ihm, Clark, gesagt, „in den kommenden fünf bis zehn Jahren“ müßten die Vereinigten Staaten in einer Reihe „früherer Klientelstaaten der Sowjetunion“ Regimewechsel durchsetzen - darunter Syrien, Irak und Iran. Wolfowitz habe dem erstaunten General erklärt, die Vereinigten Staaten müßten die „vorübergehende Gelegenheit, straflos militärische Gewalt einzusetzen“, nutzen, bevor eine neue, noch nicht sichtbare „Supermacht“ entstehe, die Amerikas globale Hegemonie in Frage stellen könne.
Als der damalige Verteidigungsminister Cheney, Wolfowitz und Libby ihre Pläne für ein neues Imperium im Stile des Römischen Reichs dem Nationalen Sicherheitsberater Brent Scowcroft und Präsident Bush senior vorlegten, seinen sie damit abgeblitzt. Aber nach dem 11. September hätten Cheney und Wolfowitz diese Pläne wieder aus der Versenkung geholt, ohne das amerikanische Volk oder den Kongreß darüber zu informieren, „weil man sie von der Bühne heruntergelacht“ und wegen ihrer wilden Phantasien angegriffen hätte.
Man wird wohl kaum einen schlagenderen Beweis dafür finden, wie nahe der von Cheney gewollte Krieg gegen den Iran bevorsteht, als die schockierenden Erklärungen des russischen Präsidenten Putin am Ende des Rußland-EU-Gipfels in Lissabon. Putin, der intensiv darum bemüht ist, diesen Krieg abzuwenden, betonte zunächst seine Entschlossenheit, die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags gegenüber dem Iran und anderen Staaten durchzusetzen. Dann wandte er sich an die USA, die soeben die Verhängung einseitiger Sanktionen gegen den Iran verkündet hatten: „Warum die Situation mit bedrohlichen Sanktionen noch schlimmer machen und sie damit in eine Sackgasse fahren? Es ist noch nicht lange her, da schien eine friedliche Lösung mit Nordkorea unmöglich, doch heute ist dieser Konflikt gelöst. Es ist nicht gerade die beste Art, eine Situation zu lösen, wenn man wie ein Verrückter mit einem Rasiermesser in der Hand herumläuft.“
Wenn die zweitgrößte Nuklearmacht der Welt den US-Vizepräsidenten, wenn auch nicht namentlich, als „Verrückten mit einem Rasiermesser in der Hand“ charakterisiert, kann da noch irgendein Zweifel daran bestehen, daß die Lage kurz davor steht, außer Kontrolle zu geraten?
nbs/js
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