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Aus der Neuen Solidarität Nr. 34/2007

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Musik: Wissenschaft oder Phantasie?

„Klassik” contra „Romantik“

Von Lyndon LaRouche
- Schlußteil -

Eine auf völlig falschen Prämissen fußende Kritik eines Buches über klassische Musik in der New York Times ist für Lyndon LaRouche Anlaß, der verbreiteten Irrationalität in der heutigen Diskussion über Musik und Kunst entgegenzutreten. Wir veröffentlichen seinen Artikel, der im Original am 3. Juli 2007 erschien, in zwei Teilen.

In dieser Hinsicht gibt es zwei übergreifende falsche Grundannahmen, die Rothsteins ganzen Artikel durchziehen.

Erstens etwas, was zweitrangig aber doch relevant und bedeutsam ist: Rothstein vertritt die Quacksalberei, wonach die ernstzunehmenden musikalischen Kompositionen des 18. und 19. Jahrhunderts angeblich in „Perioden“ wie Barock, Klassik und Romantik zu unterteilen sei. Um schnell zu dem Thema zu kommen: Rothstein schreibt sophistisch: „Ich idealisiere auch nicht die Vergötterung, mit der man das lange 19. Jahrhundert der Musik (ungefähr von 1785 bis 1915), welches das Herzstück der westlichen Tradition in der Kunstmusik bildet, in einen Schrein einschloß.“

Entgegen der hier von Rothstein ausgedrückten Ansicht ist es so: Johann Sebastian Bach hat mehrere Facetten, aber im wesentlichen verkörpert er - der 1750 starb -, die fortdauernden Grundlagen der gesamten klassischen Kompositionsmethode, die auch den Werken von Joseph Haydn, Wolfgang Mozart, Ludwig van Beethoven und Franz Schubert zugrunde liegt. Besonders ausgeprägt ist sie in Beethovens späten Streichquartetten wie Opus 130, 131, 132 und dem Opus 133-134, der Großen Fuge Opus 135, den späten Klaviersonaten Op. 106, 109, 110, 111 sowie in der Neunten Symphonie und der Missa Solemnis, die gewaltige Herausforderungen darstellen. Beethoven war für alle bedeutenden Musiker, die ihm gefolgt sind, wie Schumann, Verdi und Brahms, der Gipfel, und anders als bei all den albernen Romantikern des 19. Jahrhunderts war für Beethoven Bach der Gipfel, den es zu erklimmen galt.

„Klassik“ und „Romantik“ sind grundsätzlich ebenso politische Kategorien wie wissenschaftliche oder künstlerische. Diese beiden gegensätzlichen Strömungen unter den komponierenden Künstlern liefen verfeindet nebeneinander her, seit der Zeit, als Bach gegen die Torheiten eines Rameau und von Fux’ Gradus ad Parnassum stand, die am besten die Gegenbewegung zu wahren klassischen Prinzipien verkörpern, angefangen zur Zeit von Bachs Nachfolgern bis zum Tod von Brahms. Der Geist eines Rameau, eines Fux und noch schlechterer erweist sich bis heute als durchgängig typisch für die eigentliche Wurzel des moralischen Verfalls, der sich über das gesamte 20. Jahrhundert in allerlei exzentrischen Varianten (wie u.a. Geräuschen für „präpariertes Klavier“) ausbreitete.

Der entscheidende politische Punkt, den man dieser Sicht der klassischen Kompositionsweise von Bach und Händel bis Brahms beifügen muß, ist dieser: Wenn man das 20. Jahrhundert mit den beiden Weltkriegen, dem Kalten Krieg und dem kulturellen und allgemeinen moralischen Verfall vor dem Hintergrund des langen Bogens der europäischen Geschichte seit etwa 700 v.Chr. betrachtet, muß man feststellen, daß die europäische Zivilisation, ja die ganze menschliche Gesellschaft gegenwärtig wirtschaftlich, aber auch sonst kurz vor dem Absturz in ein unmittelbar drohendes, langes, finsteres Zeitalter steht - und es ist zu befürchten, daß dieses finstere Zeitalter noch viel schlimmer und bösartiger wäre als selbst dasjenige, das in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Europa herrschte. Im übrigen wurzelt allerdings auch diese drohende Katastrophe in der Entartung, die schon in den vorausgegangenen Jahrhunderten der ultramontanen Tyranneien des Mittelalters herrschte.

Das gleiche, umfassende Prinzip der klassischen, musikalischen Komposition kommt, wenn auch mit einem deutlich anderen Effekt, in den klassischen Tragödien der Neuzeit, insbesondere von Shakespeare und Schiller, zum Ausdruck. Jedenfalls bleibt die Kategorie „klassisch“ für beide Kunstarten noch immer wahr, und das nicht nur auf dem jeweiligen Fachgebiet, sondern ganz grundsätzlich.

Vor allem definiert eine wohlkomponierte Tragödie jeweils ein eigenes „Universum“, das alle darin enthaltenen Entwicklungen einschließt. Das ihr innewohnende Handlungsprinzip ist dynamisch, und zwar im „Riemannschen“ Sinne, nicht im „kartesischen“ oder „euklidischen“. Es bildet die physikalische Raumzeit der in ihm enthaltenen Entwicklungen. Derartige dynamische Qualitäten haben - im Gegensatz zur Romantik eines Coleridge und anderer - auch Shakespeares historische Dramen über die mittelalterliche Geschichte Englands mit ihren tragischen Entwicklungen im normannischen Königreich, die im Sturz Richards III. ihren Höhepunkt erreichten. In Schillers Tragödien setzt sich dieses allgemeine Gestaltungsprinzip fort.

Der klassische Schauspieler kann in seinem Beruf heldenhaftes leisten, doch in der klassischen Tragödie gibt es keine eigentlichen Helden. Die vermeintlichen Helden in den Hauptrollen eines Dramas beweisen wie die anderen Hauptfiguren der Handlung nur, daß sie einem tragischen Prinzip unterworfen sind, das dynamisch den Raum bestimmt, in dem sie handeln. König Lear, Macbeth und Hamlet sind in dieser Hinsicht alle vergleichbar „hoffnungslose Fälle“ - ebenso wie Julius Cäsar oder Schillers Don Carlos und Wallenstein. Die so definierte tragische Qualität macht den Charakter des gesamten „Universums“ aus, das auf die geistige Bühne des angesprochenen Publikums gestellt wird - vergleichbar wie bei jeder großen Komposition Mozarts oder Beethovens. 13

Es gibt keine eigentlichen „Helden“ unter den Hauptrollen der Tragödien. Statt dessen gibt es im Mittelpunkt oder am Rande des Stückes kontrastierende, meist eher ergänzende, jedoch künstlerisch notwendige Figuren, die praktisch als die notwendigen „Kommentatoren“ der Handlung dienen. Manchmal sind es geisterhafte Stimmen - Geflüster, quasi unsichtbare, nur an ihren Schatten erkennbare Figuren. Das sind Rollen wie Horatio im Hamlet, die Königin in Don Carlos oder die beiden Kinder des Hauses, die Schiller dem Wallenstein zugesellt, oder auch der historische Cicero, der in Julius Cäsar erwähnt wird, aber nicht auftritt.14 Diese Figuren sind wie die tatsächlichen oder unterschwelligen Kommentatoren auf der antiken klassischen Bühne: Sie sind selbst nicht Teil der Kette von Ursache und Wirkung im Hauptverlauf der tragischen Handlung, sondern ironische Geister, die das Publikum sieht und hört.

Das wahrhaft schöpferische Genie - ob in den Naturwissenschaft, in großen musikalischen Kompositionen und Aufführungen oder im klassischem Drama, besonders der Tragödie - schafft einen Riemannschen Raum, in den die Realität der Tragödie eingebettet ist, als sei sie ein Axiom des universellen Systems, das die Handlung einschließt. Es ist nicht einfach nur der Ort, an dem die Handlung abläuft, sondern dient als das durch seine Schatten erkennbare entsprechende Prinzip der antiken klassischen Dynamis oder der modernen antikartesischen, Leibnizschen Dynamik. Es handelt sich nicht um eine euklidische Bühne, auf der Schauspieler frei herumspringen dürfen, sondern um einen Raum, der auf alle Teile, die sich in ihm bewegen, quasi von oben herab einwirkt - ob sie sich nun ihrer eigentlichen Motive bewußt sind oder nicht; das ist einer größeren Komposition Beethovens vergleichbar, und diese Qualität im Werk Beethovens tritt in seinen späteren Jahren, besonders in den späten Streichquartetten, immer deutlicher hervor. Das Drama als ganzes spiegelt das Leibniz-Riemannsche, dynamische Prinzip wider, welches die Wirkung der Handlungen prägt und das eigentliche Wechselspiel zwischen den Rollen auf der Bühne zum Ausdruck bringt.

Hamlets Monolog am Ende des zweiten Akts ist ein brillantes Beispiel für eine solche Anwendung des Prinzips von Dynamis/Dynamik, wie es den Willen des einzelnen beherrscht und die Handlungen und das Zusammenspiel der Charaktere auf der Bühne bestimmt. Das gleiche Prinzip, dieses axiomatische moralische Versagen, das auf eine Weise in diesem Monolog des 2. Akts zum Ausdruck kommt,15 wird dann im berühmten Monolog des 3. Akts bestätigt. 16 Die Tragödie ist eine doppelte, sie ist zugleich auch ein axiomatisches Merkmal der gescheiterten Gesellschaft, in der sie spielt. Genauso versagt heute die Demokratische Partei, indem sie nicht genug mobilisiert, um die Tragödie der Vereinigten Staaten, wie sie Al Gores mißlungene Präsidentschaftskandidatur und dann die Regierung Bush-Cheney darstellen, zu beenden. Die maßgeblichen Politiker unseres Systems haben den Hamlet-artigen moralischen Verfall in der herrschenden Kultur der Nachkriegsgeneration offen zur Schau gestellt - so verschuldet eine Gesellschaft ihren eigenen Untergang. Unter der gegenwärtig in allen Gesellschaftsschichten vorherrschenden Kultur scheinen die Vereinigten Staaten tragisch zum selbstverschuldeten Untergang verurteilt zu sein. Ein solcher tragischer Impuls zum selbstverschuldeten Untergang, ein dekadenter Zug in der europäischen Kultur, steckt dahinter, wenn die Favoriten des Präsidentschaftswahlkampfs in den USA voller Eifer den Weg in die Katastrophe verfolgen und wenn die Regierungen in West- und Mitteleuropa sogar noch unmoralischer als sie handeln.

„Ach, wenn wir uns nur sähen, wie uns die anderen sehen“, sang einst Robert Burns; das gilt besonders für die heute maßgeblichen politischen Kräfte und Trends. So betonte auch Schiller, die Aufgabe des klassischen Dramatikers bestehe darin, daß der Bürger, der das Stück besucht, es als ein besserer Bürger, als er es betreten hatte verläßt. Es gibt keine Helden in der wirklich klassischen Tragödie; es gibt nur die herrschende Dynamik der Gesellschaft, und man muß lernen, sie zu verabscheuen. Die gleiche Wirkung erzielt Eugene O'Neill in seinem Stück Der Eismann kommt: Nicht die Person des Hickey, sondern die gesellschaftliche Kultur, die Dynamik, in der er lebt, macht die Tragödie aus.

Genau so wie das Universum von universellen Naturprinzipien regiert wird, so wird jede Gesellschaft - besonders in den für ihr Überleben entscheidenden Phasen im historischen Prozeß - von Wirkprinzipien regiert, deren sich die Mitglieder dieser Gesellschaft gewöhnlich nicht klar bewußt sind, die aber als verborgene, unerkannte Kraft bestimmen, wie sie sich zu ihren Meinungen und Handlungen entschließen. Dies ist die Dynamis, wie der Begriff in Bezug auf die Naturwissenschaft von den Pythagoräern und den Kreisen um Sokrates und Platon verwendet worden ist. Und es ist die Dynamik im Sinne von Leibniz, der diesen klassischen griechischen Begriff gegen die Torheiten Euklids und gegen den völlig unwissenschaftlichen Descartes in die Wissenschaft der Neuzeit einführte. Es ist auch das Wesen von Bernhard Riemanns großartigem Werk.

Gesellschaftliche Prozesse werden, wie die physikalischen im allgemeinen, durch die Dynamik des ablaufenden Gesamtprozesses bestimmt, nicht von der Summe der Interaktion dessen, was der törichte einzelne - selbst in momentan sehr hochgestellten Kreisen - für seinen „freien Willen“ hält. Nur in einem erbärmlichen, selbstmörderischen Stadium von Kulturen wird man die Existenz von Verschwörungen in der Geschichte bestreiten - Verschwörungen, deren Folgen sich gewöhnlich gegen die Täter selbst richten, die zu den größten Opfern ihrer eigenen Narrheit werden.

Tatsächlich gibt es keinen „freien Willen“, es sei denn als die Kraft, die versucht, bewußt direkt oder indirekt das Verhalten der Gesellschaft als ganzer zu verändern. Man muß die Gewohnheiten durchbrechen, über die der sonst vorherrschende, dekadente gesellschaftliche Gesamtprozeß den Mitgliedern der Gesellschaft (wie etwa Kongreßabgeordneten) seinen Willen aufzwingt, indem er sie quasi durch die Errichtung psychologischer Schranken so in Panik versetzt, daß sie nur mit einer vorbestimmten Auswahl an reflexartigen, moralisch gleichgültigen oder noch schlimmeren Verhaltensweisen reagieren. Die Funktion des großen klassischen Dramas, insbesondere der besten Tragödien, besteht darin, dem Publikum die Realität des eigenen Handelns vor Augen zu führen: Sie entfaltet vor ihm das Bild der versteckten, umfassenden, dogmatisierten Vorurteile, die das Verhalten des Publikums bestimmen, indem sie auf tragische Weise den Willen der einzelnen bestimmen.

Das ist die Quintessenz des tragischen Selbstgesprächs Hamlets am Ende des 2. Akts. Der Fall Hickey in der entsprechenden Szene von Der Eismann kommt (The Iceman Cometh) zeigt in Hickeys erschütterndem Bekenntnis das vorherrschende Schuldprinzip aller Beteiligten auf und vor der Bühne. Das Verhalten der Gesellschaft wird durch unsichtbare Barrieren eingegrenzt, welche die Herde auf ihrem letztlich verhängnisvollen Kurs halten.

Das große klassische Drama soll dem Publikum einen therapeutischen Blick in die innerste Seele der eigenen oder einer anderen Gesellschaft gewähren und so beim Zuhörer plötzliches ängstliches Erschaudern hervorrufen, um ihn zu veranlassen, selbst quasi axiomatisch die Notwendigkeit der Veränderung zu erkennen. Man hebt das Publikum auf eine höhere Ebene der Wahrhaftigkeit, auf einen Hochsitz, um von dort auf seine Gesellschaft herabzublicken wie von den Rängen des Theaters auf die Bühne. Von dort aus soll es erkennen, wie närrisch sich die ganze Bevölkerung verhält, und vor allem veranlaßt werden, die gesellschaftliche Dynamik zu verändern, welche die Gesellschaft in ein tragisches Ende hineintaumeln läßt, wenn sie weiterhin so handelt, wie es die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft bisher für richtig hielten.

In dieser Rolle dient das klassische Drama praktisch als das notwendige Gewissen eines Volkes, wie der Amerikaner heute, und zeigt, wie es - selbst noch zu dem jetzt schon sehr späten Zeitpunkt - das selbstverschuldete, zwanghafte Abdriften in die Katastrophe verhindern kann.

In dieser Weise muß man das Verhalten der Amerikaner heute im allgemeinen sehen, besonders aber das ihrer vermeintlichen politischen Führung. Sie hat in barbarischer Narrheit zugelassen, daß der gegenwärtige, lange Irakkrieg - ein Wahnsinn und eine tragische Verschwendung - überhaupt begann und daß die Diskussion über diese immer schlimmere Katastrophe so geführt wird, daß diese hoffnungslose Narretei immer weitergeht, bis bald der Punkt erreicht ist, an dem sich unser Land durch die Fortsetzung dieses Irrsinns unserer gewählten Regierung und Politiker und anderer Narren selbst zerstört.

Hierin, in solchen tragischen Beispielen, liegt die Aufgabe der Schöpferkraft in der Kunst. Man muß an das Sonnensystem denken, das die Umstände des Lebens auf unserer Erde prägt, an die Galaxie, die unser Sonnensystem umschließt und sein Schicksal prägt, usw. Hören wir auf, uns wie Rhesusaffen zu verhalten und wie schmierige „Rockstars“ im weltanschaulichen Käfig herumzutoben.

Es kommt darauf an, die Geometrie dieser Art geistigen Käfigs, in dem der „populäre“ Geist gefangen ist, zu erkennen und ihn aufzubrechen, um den Geist zu befreien, damit er sich zur höheren Wahrheit all der Dinge erhebt, welche die künftige Existenz des Menschen prägen müssen - Wahrheit, die den Schlüssel dazu liefern wird, das wahre Schicksal unserer Seelen zu entdecken. Und mag Euklid dabei zu recht verdammt bleiben! Die euklidische Geometrie ist eine derartige tragische Narretei, ein tragisches Prinzip, das, wenn es den Geist seiner gläubigen Anhänger prägt, eine Gesellschaft mit tragischen Folgen verkümmern läßt.

2. Was ist Kreativität... und Dynamik?

Sollten Sie wissen wollen, wo und wann Sie sich derzeit auf unserem Planeten im Universum befinden, fragen Sie Johannes Kepler oder die uralten Seefahrer, auf die das Erbe, das die Griechen Sphärik nannten, zurückgeht.

Die wirkliche Kreativität, der das klassische Kompositionsprinzip entspringt, ist eine Art des Handelns, die bei keinem Lebewesen außer dem Menschen vorkommt. Umgekehrt kann man sagen, daß jede Art von Verhalten, die von einem Tier nachgeahmt werden kann, kein Ausdruck menschlicher Kreativität ist. Den interessantesten modernen Beweis dieses Umstands lieferte uns teils direkt und teils indirekt W.I. Wernadskijs Entdeckung des Prinzips, das er die Noosphäre nannte.

Ich erläutere das.

Bei diesen großen Entdeckungen, die Wernadskij während des letzten Jahrzehnts seines Lebenswerkes vorstellte,17 wird das bekannte Universum grundsätzlich in drei sich wechselseitig beeinflussende, aber verschiedene Phasenräume aufgeteilt: a) das Universum der gewöhnlichen physikalischen Chemie; b) die Biosphäre, der physikalische Phasenraum lebender Prozesse und all jener Stoffe, die spezifisch aus dem Wirken lebender Prozesse entstehen; und c) die Noosphäre: all das, was Ausdruck der Schöpferkraft ist, die nur der menschlichen Lebensform eigen ist.

Unser Planet Erde setzt sich aus drei entsprechenden Klassen von Produkten zusammen, die in einem oder mehreren dieser drei phasenräumlichen Prozesse entstehen. In der bekannten „Geschichte“ unseres Planeten hat sich die Zusammensetzung der Erde in einer Weise geändert, daß der Anteil an Erdmasse, der lebenden Prozessen (d.h. der Biosphäre) zuzuordnen ist, zugenommen und der Anteil, welcher der Noosphäre zuzuordnen ist, im Verhältnis zur absoluten Masse wie auch Pro-Kopf-Masse der Biosphäre zugenommen hat. Umgekehrt läßt sich somit menschliche Kreativität definieren als die Form des Handelns, die - ungeachtet ihrer anderen Produkte - in Prozessen zum Ausdruck kommt, die das Verhältnis der Noosphären-Masse gegenüber der Biosphäre erhöhen.

Diese Besonderheiten der Funktion der Noosphäre lassen sich als Ursache dafür ausmachen, daß die Noosphäre im Endeffekt absolut, pro Quadratkilometer und pro Kopf gegenüber der Biosphäre und dem Planeten insgesamt zunimmt.

Dennoch halten viele Menschen - sogar viele, die man aus irgendwelchen Gründen als Wissenschaftler bezeichnet - trotz der experimentellen Fakten an dem Unsinn fest, der sich „Zweites Gesetz der Thermodynamik“ nennt. Ganz entgegen dieser merkwürdigen Gedankenverirrung ist belegt, daß die Sonne (ziemlich gesetzmäßig) die Planeten und ihre durch Kernfusion entstandenen neuartigen Elemente des Mendelejewschen Periodensystems hervorgebracht hat. Das sogenannte „Zweite Gesetz“ ist der Feind jeder menschlicher Kreativität in der wissenschaftlichen Bildung unserer heutigen Gesellschaft.

Die Wahrheit ist, daß unsere Sonne dynamisch ein Teil einer Galaxie ist, deren interne Funktionen ihrerseits Teil der Prozesse sind, die dynamisch ein ganzes Galaxiensystem durchdringen. Unterdessen hat sich auf der Erde selbst eine Aufwärtsentwicklung neuer Arten von Lebewesen vollzogen, angefangen mit evolutionären Aufwärtsentwicklungen von vorbiotischen zu höheren Lebensformen. Alles in allem geschieht auf der Erde bzw. dem entsprechenden Galaxienhaufen nichts, was nicht stark oder gar entscheidend von übergreifenden gesetzmäßigen Wechselwirkungen beeinflußt wäre. Deren Wirkung auf die irdischen Angelegenheiten wurzelt nicht nur in den Abläufen in der Sonne, sondern auch denen innerhalb dieser und noch weiter entfernteren Galaxien - die sog. „kosmische Strahlung“ verdeutlicht das.

Damit kommen wir zu einem großen Schwindel, der die ganze Geschichte der letzten zwei Jahrhunderte durchzieht.

Warum würde nach alledem jemand, der sich für einen Wissenschaftler hält, das so offensichtliche Apriori-Dogma hinter diesem Schwindel mit dem „Zweiten Gesetz der Thermodynamik“ jemals hinnehmen? Die Antwort findet sich in der Bedeutung eines Fachbegriffs: dem „Reduktionismus“.18

Entgegen jenem „Zweiten Gesetz“ ist das reale Universum der Thermodynamik Riemannisch. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Riemanns Ein Beitrag zur Elektrodynamik durch die Preußische Königliche Gesellschaft 1858 kam es zu einem unmittelbaren Zusammenstoß zwischen der kompetenten Physik und den Kreisen um Clausius, Grassmann, Heinrich Weber u.a.19 Die Empiristen und ihre Anhänger der kartesischen Schule von de Moivre, D’Alembert, Voltaire, Euler, Lagrange, Laplace, Cauchy usw. waren fest entschlossen, zu leugnen, daß in der Natur ein physikalisch wirksames schöpferisches Prinzip existiert. Sobald man die Frage im Rahmen der Dynamik von Leibniz, Riemann usw. untersucht, tritt das Betrügerische an dem berühmten „Entropiegesetz“ deutlich hervor.

Der entscheidende Punkt ist hier, daß alle bekannten Daseinszustände in unserem Universum unter einem Prinzip universeller Kreativität zusammengefaßt sind. Das Universum ist ein Prozeß stetiger Schöpfung. Das Sonnensystem ist Teil eines solchen Schöpfungsprozesses. Leben ist Ausdruck eines Schöpfungsprinzips. Und der menschliche Geist ist ein höherer schöpferischer Prozeß als die beiden anderen.

Universelle Gesetze

Die wichtigsten schöpferischen Entdeckungen der Menschheit heißen universelle Naturgesetze. An dieser Stelle sollte daran erinnert werden, daß das Thema dieses ganzen Artikels darin besteht, daß es universelle Naturgesetze gibt, die man Kompositionsprinzipien der klassischen Kunst nennt. Letztere sind auch universelle Naturgesetze - allerdings, wie wir hier zu erläutern haben, einer besonderen Art.

Das Erwähnen des Themas „universelle Naturgesetze“ zwingt uns, die Aufmerksamkeit darauf zu richten, daß viele Menschen den Gebrauch des Wortes „Wahrheit“ gewöhnlich auf unzulängliche Weise definieren. Dieser häufige Fehler besteht darin, daß man meint, eine Äußerung sei entweder wahr oder falsch. In Wirklichkeit gibt es bei einer tatsächlich „wahren“ Äußerung zwei Aspekte: a) Der Gedanke, auf den sich die Worte beziehen, ist wahr; oder b) Die ehrliche Annahme, daß die geäußerten Worte wahr sind. Um den Punkt zu verdeutlichen, denke man zur Veranschaulichung an folgendes.

Sie sagt: „Ja, das ist Hans!“

Sagt sie die Wahrheit? Ja, aber auch nein. Die Person ist nicht Hans, aber es ist wirklich die Person, die sie bisher irrtümlicherweise für Hans gehalten hat.

Er sagt: „Das ist meine Meinung!“

Es stimmt, daß es seine Meinung ist, aber seine Meinung ist absurd.

Eine andere Spielart des letzteren ist: „Ich sage das ganz ehrlich, und ich habe ein Recht auf meine Meinung; deswegen sind Sie im Unrecht.“

Seine Meinung ist falsch, und wenn er ehrlich ist, muß er sich dafür entschuldigen, Falsches zu verbreiten. Wenn er auf seiner Meinung besteht, verhält er sich unmoralisch. Wenn er sie dann noch als angeblich „ehrliche Meinung“ verteidigt, kann man ihm vorwerfen, daß er lügt. Wenn jemand argumentiert: „Aber ich habe ein Recht auf meine ehrliche Meinung“, obwohl die Meinung falsch ist, ist er unmoralisch, vielleicht sogar ein Sophist. Das ist die Art Lügner, die in grober Mißachtung der Wahrheit weiter auf ihren Behauptungen beharren.

Der Mensch hat kein moralisches Recht auf falsche Meinungen. Er hat kein Recht, eine nachprüfbare Wahrheit in flagranter Weise zu mißachten; er hat kein Recht, arglistig Falsches zu sagen. Ich habe genug Erfahrungen mit verlogenen Staatsanwälten, korrupten Richtern und Strafverteidigern und meineidigen Zeugen gemacht, um das ganz genau wissen. Aber ich spreche es hier nur deswegen an, weil es sich auf das Thema unseres Aufsatzes bezieht.

Dies waren ganz einfache Illustrationen des Punktes, mit dem wir uns nun beschäftigen wollen.

Das einfachste neuzeitliche Beispiel für die Probleme, die ich soeben mit diesen Beispielen verdeutlicht habe, ist das Lügensystem, das man wahlweise Empirismus oder philosophischer Liberalismus nennt. Der klassische Fall dieser Form des Lügens ist der, daß die Idee eines Naturgesetzes durch eine mathematische Formel ersetzt wird. Dies war der große Streitpunkt, als Carl F. Gauß in seiner Doktorarbeit den Betrug von D’Alembert, Euler, Lagrange u.a. angriff. Gauß’ Ziel bei diesem Angriff waren die Empiristen, die in ihrer Art entsprechend zu einer Art Nominalismus griffen und irreführende mathematische Formeln an die Stelle echter physikalischer Prinzipien setzten.

Die Vorgeschichte ist kurz zusammengefaßt folgende.

Die alten Pythagoräer, die eigentlichen Begründer einer ernstzunehmenden Strömung der europäischen Wissenschaft, gründeten einen Großteil ihrer Wissenschaft auf die Astrophysik der Ägypter, die sie Sphärik nannten. In dieser Sphärik duldete man nicht den Unfug, der später bei Euklid mit apriorischen Definitionen, Axiomen und Sätzen verbunden war. Man leitete eine Linie davon ab, daß ein Punkt eine entsprechende physikalische Einwirkung erfuhr, und eine Fläche von einer Einwirkung auf eine Linie. Der gedankliche Dreh- und Angelpunkt der pythagoräischen Geometrie war der reale, physikalische Vorgang, der erforderlich war, um durch reine Konstruktion die Verdoppelung eines Würfels zu erzeugen - die berühmte Lösung, die Platons Freund, der Pythagoräer Archytas fand.

Später, im 16. Jahrhundert, ging eine Gruppe italienischer Mathematiker, darunter Giralomo Cardano, an diese Frage der kubischen und biquadratischen Gleichungen von einem algebraischen Standpunkt heran. Diese im 16. Jahrhundert aufgeworfene Frage kubischer und biquadratischer algebraischer Wurzeln beschäftigte im 18. Jahrhundert auch einige fanatische Feinde von Leibniz, darunter de Moivre, D’Alembert, Euler und Lagrange. Es wurde D’Alemberts Komplizen Abraham de Moivre hoch angerechnet, daß er vorschlug, die merkwürdigen, infinitesimalen Werte, die sich algebraisch bei Lösungen kubischer und biquadratischer Wurzeln ergeben, seien rein „imaginär“. Diese verlogene Attacke auf Leibniz’ Infinitesimalrechnung und auf Leibniz’ und Bernoullis mit der Kettenlinie verbundenes universelles Prinzip der physikalischen geringsten Wirkung wurde von Carl F. Gauß in seiner Doktorarbeit von 1799, der ersten von mehreren Arbeiten von ihm über den Fundamentalsatz der Algebra, klar widerlegt.

Gerade diese „infinitesimalen“ Eigenschaften, die Euler, Lagrange, Laplace, Cauchy usw. völlig fälschlich „imaginär“ nannten, bilden den wesentlichen Bezugspunkt kompetenten Denkens in der Mathematik der Naturwissenschaft. Wie in Keplers Entdeckung der Grundprinzipien der modernen Naturwissenschaft, begegnen wir hier dem Ausdruck tatsächlich existenter universeller Naturprinzipien. Genau hier findet sich die Wahrheit in der Naturwissenschaft.

Also begingen Euler usw. im wesentlichen das Verbrechen an der Wahrheit, das wir Nominalismus nennen: eine bloße Beschreibung anstelle eines entscheidenden Experiments, welches das Ergebnis der entsprechenden experimentellen Fragestellung definiert.

Bei allen großen empiristischen Verbrechen dieser Art haben die Täter die Existenz des „Infinitesimalen“ grundsätzlich geleugnet. Die gleiche Lüge wurde von Laplace, in Cauchys Werk über die Infinitesimalrechnung und anderswo wiederholt. Alle diese empiristischen und positivistischen Verbrecher leugnen die Existenz universeller physikalischer Prinzipien.

Das war derselbe Schwindel wie in Euklids Elementen. In allen ähnlichen Fällen nehmen die Lügen immer die gleiche Form an: die Bezeichnung einer Sinneswahrnehmung oder eine bloße Formel als Ersatz, wo die Wahrheit in einem tatsächlich existenten physikalischen Ereignis bzw. einer Abfolge solcher Ereignisse liegt.

Wahrheit in der Wissenschaft

Zwei paradigmatische Entdeckungen bilden die Grundlage der Arbeiten, mit denen Johannes Kepler, der Anhänger des Kardinals Nikolaus von Kues, die Methode der gesamten kompetenten neuzeitlichen Naturwissenschaft gründete. Die erste war die Entdeckung des Ordnungsprinzips der Erdumlaufbahn im Verhältnis zu Sonne und Mars. Die zweite war die Entdeckung der harmonischen Ordnung des Sonnensystems, mit der sich Art und Stärke der universellen Gravitation innerhalb des Sonnensystems recht genau abschätzen ließ. Wie auch Albert Einstein erkannte, bildete diese Kombination von Entdeckungen, hauptsächlich von Kepler, die Grundlage der gesamten kompetenten Naturwissenschaft von Kepler, Fermat und Leibniz bis zu Bernhard Riemann.

Diese Reihe von Entdeckungen von der Antike bis heute definiert die gesamte kompetente moderne Naturwissenschaft und auch gute Kompositionen in der Kunst.

Wenn man sagt, daß die gesamte kompetente moderne Naturwissenschaft notwendigerweise Riemannisch ist, sollen damit Riemanns Vorgänger keineswegs herabgesetzt werden. Was Riemann in seiner revolutionären Habilitationsschrift von 1854 schrieb, bildet den Kern der heutigen kompetenten Naturwissenschaft, aber das bringt Riemanns Vorgänger wie Kepler, Fermat, Leibniz oder Gauß nicht in Mißkredit. Wegen der „Hexenjagd“ gegen seine wissenschaftliche Arbeit von 1799 bis zu seinem Lebensende mußte Carl F. Gauß oftmals zu Täuschungsmanövern greifen, aber das so ehrlich, wie es für ihn als Zielscheibe der liberal-reduktionistischen Inquisition nur möglich war. Bei einer gewissenhaften Suche in seinen überlieferten Arbeiten und Briefwechseln findet man, was Gauß während seines Lebens im 19. Jahrhundert wirklich dachte, wenigstens das meiste. Entgegen dem verfälschenden Vorwort zur modernen Ausgabe der Geschichte der Mathematik von Gauß’ Lehrer Abraham Kästner war Gauß ein Anhänger Kästners, während diejenigen, die Kästner ablehnten, Feinde von Leibniz aus der Schule der Anhänger von Lagrange, Laplace, Cauchy u.a. waren. Einstein hatte recht: Die moderne Wissenschaft ist ein Prozeß, der sich mit der Definition moderner Wissenschaft durch Keplers Werk herausbildete und durch die Arbeiten Riemanns eine recht abgerundete Form erhielt, was bis heute im wesentlichen so geblieben ist.

In der Hinsicht war Bernhard Riemanns wesentlichste Leistung sein Mut, die ganze euklidische und verwandte Traditionen als Betrug an der Wissenschaft bloßzustellen. Diese Erklärung Riemanns verpflichtet ihn und alle kompetenten wissenschaftlichen Denker nach ihm, jeden Anflug einer aprioristischen Geometrie euklidischen oder verwandten reduktionistischen Typs aufzugeben. Riemann zwingt sich selbst und alle, die ihm nachfolgen, in der Wissenschaft keinerlei axiomartige Annahmen zuzulassen, die nicht durch entscheidende Experimente nachgewiesen sind und damit universellen Naturprinzipien entsprechen. Keplers Entdeckungen, als Widerhall der Erkenntnisse der Pythagoräer und der Kreise um Platon in der Antike, müssen als das Fundament angesehen werden, auf dem die gesamte moderne Wissenschaft ruht.

Der entscheidende Beitrag Keplers liegt darin, daß er sich jenes transzendentale Sinnesorgan zunutze machte, auf das ich zu Anfang des ersten Kapitels verwies: das Sinnesorgan, das weder Sehen noch Hören allein ist, sondern beide durch ironische Nebeneinanderstellung zu einer einheitlichen, transzendentalen Sinneswahrnehmung verbindet.

Das entscheidende an dieser Korrektur unserer Auffassung von Wahrheit bei der Sinneswahrnehmung ist, daß der Mensch den sozialen Prozeß der Einwirkung des Menschen auf das Universum selbst als Gegenstand dieser höheren, transzendentalen Überwindung der Sinneswahrnehmung betrachtet. So löst die Wissenschaft die Sinneswahrnehmung ab.

Auf diese Weise sieht die „Wissenschaft“, wie sie es tun sollte, im Menschen in der Gesellschaft ein Subjekt, unter dem die Entwicklung des Menschen und der Gebrauch der sog. Naturwissenschaft voranschreiten muß. Wenn man anerkennt, welche Rolle die Harmonie für die Definition der Gravitation innerhalb des Sonnensystems hat, übernimmt man den Standpunkt einer Wissenschaft des Menschen, der Wissenschaft menschlicher Macht und entsprechender Verpflichtungen für das Wirken des Menschen im Universum.

Das bringt uns zurück zum Menschen, Mann und Frau, wie er im 1. Kapitel der Schöpfungsgeschichte definiert ist: als Ebenbild des Schöpfers, mit den damit verbundenen Verpflichtungen. Wissenschaft wird damit zu einer Frage des Wissens darüber, was wir im Interesse der zukünftigen Entwicklung eines Universums zu tun haben - eines Universums, in dem die besondere Rolle von Mann und Frau in der Unsterblichkeit in Hinsicht auf spätere Generationen gesehen wird. Die Todsünde der sinnlichen Gewißheit ist geächtet, und die heidnischen falschen Götter wie die aus Euklids Elementen werden verbannt und so vernichtet.

Die Macht, welche von der Menschheit einzigartig unter allen bestehenden Lebewesen verkörpert wird, ist die Macht der Entdeckung universeller Naturprinzipien, so wie solche Prinzipien als Gegenstände der Fähigkeit definiert sind, die weder Hören noch Sehen ist.

Prinzipien dieser Art bedingen ein endliches, aber unbegrenztes Universum, ein handelndes Universum. Da diese Prinzipien die Dimensionen der Selbstbegrenzung dieses Universums definieren, erscheinen sie in experimentellen Untersuchungen als unendlich und drücken sich deshalb insbesondere als infinitesimal aus.

Deshalb ist der wichtigste, grundlegendste Aspekt kompetenter Naturwissenschaft diejenige Tätigkeit, in der sich Wissenschaft in den Ironien ausdrückt, die unsichtbar die wahre Bedeutung klassischer Poesie bzw. die Kompositionsmethoden von Johann Sebastian Bach oder anderer Meister des poetischen Transzendentalen verkörpern. Deshalb ist Wissenschaft, die keine klassische Poesie ist, weder Poesie noch Musik noch Wissenschaft.

Die moralische Verpflichtung, die diese Überlegungen der Gesellschaft auferlegen, drückt sich in den kompositorischen Qualitäten klassischer Kunst aus, beispielhaft im Werk von J.S. Bach und Streitern seiner Sache wie Mozart, Beethoven, Schubert sowie dem großen klassischen Dichter und Dramatiker Friedrich Schiller.

Rothstein sollte versuchen, seine Mitgliedschaft in der menschlichen Gattung aufzufrischen.

Schlußbemerkung

Man beachte die funktionelle Ähnlichkeit meiner Untersuchungsmethoden in dem zu Beginn erwähnten Fall aus meinen Tagen als Unternehmensberater mit den Methoden Edgar Allan Poes. Poe erbte seinen Anspruch auf Mitgliedschaft in der Cincinnati-Gesellschaft, verrichtete seinen Militärdienst als Feldwebel und verließ wegen seines lebenslangen Epilepsieleidens im ersten Jahr die Akademie West Point. Er trat dann seinen Dienst als Journalist in New York an, wo er durch seine Methode zur Lösung eines Mordfalls berühmt wurde, und diente weiterhin als Agent bei der Abwehr der britischen Unterwanderung der Vereinigten Staaten. Er starb als Opfer im Dienste dieser Tätigkeit. Als Mitglied der Cincinnati leistete Poe unter dem noch lebenden Kopf dieser Institution, dem Marquis de Lafayette, beträchtliche Dienste in Zusammenarbeit mit einem weiteren Agenten und Mitglied der Cincinnati, James Fenimore Cooper. Ich wurde angezogen von der Hingabe und den Methoden dieser Tradition durch meinen eigenen Militärdienst in niedrigem Rang - speziell in einem Indien, das nach der Unabhängigkeit strebte, die es nach der Überzeugung von uns Anhängern der Roosevelt-Tradition auch haben sollte. Das war meine Leidenschaft seit der Zeit während und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, und ich habe diesen informellen Dienst an dem, was ich als das Interesse meiner Republik erkannt habe, fortgesetzt, wann immer mein Gewissen mich dazu aufgerufen hat.

Ich habe zwar in der Vergangenheit dem Interesse meiner Nation hin und wieder quasi-offizielle Dienste geleistet, aber ich war nie Mitglied eines Geheimdienstes, sondern nur ein Patriot, und zwar, genaugenommen, im Geiste des Erbes der Cincinnati. Schon die Wahl des Namens der Gesellschaft der Cincinnati ist relevant für die Methoden und die Hingabe, die in dem hier vorliegenden Artikel zum Ausdruck kommt. Man muß nur das Kapitel XXV des dritten Buchs von Machiavellis Discorsi (Gedanken über Politik und Staatsführung) lesen, um zu verstehen, warum die früheren Offiziere des Revolutionskrieges der Cincinnati-Gesellschaft diesen Namen zu Recht gaben. Poes Absichten und Methoden sind kongruent - das zeigen seine „Detektivgeschichten“, in denen seine Beherrschung des kreativen Prinzips zum Ausdruck kommt; sie beruhen auf der gleichen Methode, die ich in dieser Schrift darstelle. Es gibt einen Dienst an der eigenen Republik, aber er wiederum dient einer höheren Berufung, für die diese Republik im Interesse der Zukunft der ganzen Menschheit geschaffen wurde. Man vergleiche Machiavellis Argumentation zu Beginn seiner Discorsi mit dem Beginn von James Fenimore Coopers Einleitung seiner Geschichte der Marine der Vereinigten Staaten von 1839.


Anmerkungen

13. Um es in der Sprache der euklidischen Geometrie auszudrücken, liegt der tödliche Fehler des tragischen falschen Helden, wie etwa Prinz Hamlet, in seinem Königreich, in Cäsars Römern usw., in ihrem Gehorsam gegenüber einer falsch gewählten axiomatischen physischen Raumzeit (d.h. der eingebildeten Erscheinung des Vaters des rachsüchtigen Hamlet) als dem Aspekt, der die Dynamik ihrer gesamten Kultur und Gesellschaft charakterisiert. Ihr Fehler ist, daß sie keine Revolutionäre gegen die Kultur sind, deren charakteristische, quasi-universelle Aspekte - wie z.B. die öffentliche Meinung, die Traditionen etc. - ihre Entscheidungen bestimmen und sie auf diese Weise nach Belieben beherrschen wie die Fäden des Puppenspielers eine Marionette.

14. Julius Cäsar, 1. Akt, 2. Szene:

15. „Auf das Spiel kommt es an...“

16. „...So macht Bewußtsein Feige aus uns allen;
Der angebornen Farbe der Entschließung
Wird des Gedankens Blässe angekränkelt;
Und Unternehmen, hochgezielt und wertvoll,
Durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt,
Verlieren so der Handlung Namen...“

- Das Spiel ist aus; der Tod lähmt des Feiglings Willen. Wie bei der laufenden existentialistischen Narrheit von Präsident George W. „Belsazar“ Bushs im Irak.

17. Lyndon LaRouche, „Vernadsky & Dirichlet's Principle”, EIR, 3. Juni 2005. Auf deutsch: „Wernadskij und das Dirichlet-Prinzip“, Fusion, 2/2005.

18. Das sogenannte „Zweite Gesetz“ war eine Erfindung, in der zwei aprioristische Hauptannahmen zum Ausdruck kamen. Die erste davon sind die Apriori-Annahmen von Euklids Elementen, wie im vorigen Kapitel dieses Artikels unterstrichen wurde. Die zweite ist die Grundaussage der kartesischen und anglo-holländischen liberalen empiristischen Anhänger Paolo Sarpis. Das anglo-holländische liberale, empiristische System hat im wesentlichen kartesische Form. Das bedeutet einen aprioristisch euklidischen Begriff von Raum, Zeit und Materie als jeweils ontologisch verschiedene Kategorien. In der Form, die der Empirismus im Verlauf des 18. und 19. Jahrhunderts annahm, bedeutete dies nicht nur eine mechanistische Methode, sondern auch ein sich Verlassen auf reduktionistische statistische Annahmen. Das „Zweite Gesetz der Thermodynamik“ entstand als Verfälschung von Sadi Carnots Studien über Wärme an der Ecole Polytechnique, wobei Clausius, Grassmann u.a. davon ausgingen, die physikalische Raumzeit sei im Grunde kartesisch - im Gegensatz zu der dynamischen Konzeption, wie sie von den Pythagoräern und den Kreisen um Platon sowie den Begründern der kompetenten europäischen Wissenschaft wie Nikolaus von Kues, Luca Pacioli, Johannes Kepler und Gottfried Leibniz eingeführt wurde. In der Sprache des modernen „positivistischen“ Dogmas ist das Zweite Gesetz der Thermodynamik eine „ererbte“ radikale Mißdeutung der Fakten im Sinne eines willkürlichen Glaubens an neokartesische Annahmen über die Natur von Raum, Zeit und Materie.

19. Siehe Riemanns Gesammelte Mathematische Werke, Hrsg. H. Weber, S. 288-293. Riemanns Schrift war ein Ausdruck früherer Forschungsarbeiten, zusammen mit Gauß’ engem Mitarbeiter Wilhelm Weber, worin die offizielle britische Linie über Elektrodynamik als fehlerhaft nachgewiesen wird. Dieser Beweis wurde mit der Zeit zu einem Kompetenzstandard. Heinrich Weber hat Clausius den Angriff auf Riemanns Arbeit zugeschrieben; andere Quellen sehen den Mathematiker Grassmann als Urheber dieses Angriffs.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Musik: Wissenschaft oder Phantasie? - Erster Teil
- Neue Solidarität Nr. 33/2007
Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006
- Internetseite des Schiller-Instituts
Was Lyndon LaRouche wirklich sagt
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees
- in englischer Sprache

 

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