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Neue Solidarität
Nr. 24, 13. Juni 2024

Putin warnt die NATO-Regierungen:
„Wir können asymmetrisch reagieren“

Von Alexander Hartmann

Der russische Präsident Wladimir Putin gab am 5. Juni anläßlich der Eröffnung des Internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg (SPIEF) internationalen Medien eine dreistündige Pressekonferenz, in der er auf die Ankündigung der USA und anderer NATO-Staaten in der Vorwoche reagierte, daß sie der Ukraine gestatten, mit westlichen Waffen, wie z.B. amerikanischen ATACMS-Raketen, Ziele in Rußland anzugreifen. Putin erklärte, Rußland mache sich nicht vor, die ukrainischen Truppen, die von der NATO gelieferte Raketen einsetzen, würden unabhängig handeln. „Die USA und ihre Verbündeten liefern Geheimdienstinformationen und Zieldaten.”

Rußland werde mit einer Verstärkung der Luftabwehr und der Zerstörung dieser Raketen reagieren, zitiert ihn RT. Dann warnte Putin: „Wenn es möglich ist, solche Waffen in das Kriegsgebiet zu liefern, um unser Territorium anzugreifen, … warum sollten wir dann nicht ähnliche Waffen in den Regionen der Welt stationieren, wo sie gegen sensible Einrichtungen dieser Länder eingesetzt werden. Wir können asymmetrisch reagieren… Das ist ein Rezept für sehr ernste Probleme.“

Tatsächlich könnten diese ernsten Probleme bis hin zum Überschreiten der Schwelle zu einem Atomkrieg zwischen dem Westen und Rußland führen. Kremlsprecher Dmitri Peskow wies erneut darauf hin, daß westliche Militärausbilder und -berater in der Ukraine ein legitimes Ziel sind, unabhängig davon, ob sie sich dort in offizieller Funktion oder als Söldner aufhalten. „Tatsache ist, daß sämtliche Ausbilder, die an der Ausbildung des Militärs des ukrainischen Regimes beteiligt sind, keine Immunität genießen“, sagte Peskow laut RT. „Und es spielt keine Rolle, ob sie Franzosen sind oder nicht.“

RT fügt hinzu: „Peskows Kommentare folgten der Ankündigung des prominenten ukrainischen Abgeordneten Alexej Gontscharenko von letzter Woche, wonach eine erste Gruppe französischer Militärausbilder auf dem Weg in das Land sei… Zuvor hatte Kiews Oberbefehlshaber Oleksandr Syrskyj erklärt, er habe die Papiere fertiggestellt, die es den französischen Ausbildern erlauben, die Ausbildungseinrichtungen in Kiew zu besuchen und sich mit der lokalen Infrastruktur vertraut zu machen.“

Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow betonte am 4. Juni vor Journalisten, daß diese Ausbilder unabhängig von ihrer Bezeichnung, „ob sie nun Angehörige der französischen Streitkräfte oder einfach Söldner sind, ein absolut legitimes Ziel für unsere Streitkräfte darstellen“.

Der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, bestritt an Bord der Air Force One auf dem Weg nach Frankreich erneut, daß Amerika die Entsendung von Militärausbildern in die Ukraine plane. „Wie wir bereits mehrfach zu Protokoll gegeben haben, haben wir nicht die Absicht, amerikanische Militärberater, Truppen oder Ausbilder in die Ukraine zu schicken, um Ukrainer in der Ukraine auszubilden.“ Er fügte jedoch hinzu, daß in Deutschland bereits tausende ukrainische Soldaten ausgebildet werden. „Wir sind bereit, diese Ausbildung fortzusetzen und sogar auszuweiten. Das haben wir den Ukrainern direkt gesagt.“

Der ehemalige UN-Waffeninspekteur Scott Ritter brachte die möglichen Konsequenzen dieser Politik am 4. Juni in der Sendung Judging Freedom von Richter Andrew Napolitano auf den Punkt: „Wir sind nur einen ATACMS-Einsatz davon entfernt, alle zu sterben. Die Russen spielen hier keine Spielchen.“

Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, stimmte Ritter in ihrem wöchentlichen Internetforum am 5. Juni 2024 nachdrücklich zu. „Die Einschätzung von Scott Ritter bedeutet: Sobald die ATACMS-Raketen eingesetzt werden, die eine viel größere Reichweite haben und tatsächlich tief in russisches Territorium eindringen könnten – oder wenn der deutsche Bundeskanzler Scholz wieder kapituliert, was er gerade tut, und den Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern zuläßt, was sogar zur Zerstörung des Kremls in Moskau führen könnte –, dann garantiert dies den Dritten Weltkrieg. Wir sitzen auf einem riesigen Pulverfaß. Daher sind wir genau einen ATACMS-Einsatz vom Armageddon entfernt. Und deswegen müssen wir die Bevölkerung mobilisieren“, betonte Zepp-LaRouche.

Petersburger Forum zeigt die Alternative auf

Was muß passieren, damit die USA ihre Politik ändern? Präsident Putin hatte in seiner internationalen Pressekonferenz am 5. Juni mit Blick auf die US-Politik gegenüber der Ukraine und Rußland eine Menge dazu zu sagen. „Ich denke, Sie werden mir zustimmen, daß den Vereinigten Staaten die Ukraine egal ist“, sagte er. „Alles, was sie interessiert, ist die Größe der Vereinigten Staaten. Die USA sind nicht da, um für die Ukraine oder die Ukrainer zu kämpfen. Sie kämpfen für ihre eigene Größe und die Weltherrschaft. Sie können auf keinen Fall zulassen, daß Rußland Erfolg hat. Und warum? Weil sie glauben, daß dies die Führungsrolle der USA untergraben würde.“

Ändern könne sich die Lage nur, „wenn die nächste Regierung ihren Kurs ändert und ihre Agenda so umstellt, daß ihr raison d’etre und ihre Arbeit sich darauf konzentrieren, die Vereinigten Staaten von innen heraus zu stärken und ihre Wirtschaft, ihre Finanzen und den Aufbau normaler, respektvollerer Beziehungen zu allen auf der ganzen Welt zu stärken… Ich denke, daß die allgemeine öffentliche Meinung hier eine entscheidende Rolle spielen kann, und die öffentliche Meinung scheint sich in diese Richtung zu neigen. Wenn die nächste Regierung diesen Wind in ihren Segeln spürt, dann ist es der Punkt, an dem Veränderungen möglich werden.“

Tatsächlich war der Anlaß von Putins Pressekonferenz nicht die akute Kriegsgefahr, sondern das St. Petersburger Wirtschaftsforum (SPIEF), das am 5. Juni begann und bis zum 8. Juni (nach Redaktionsschluß dieser Ausgabe) andauert. Dabei befaßt sich das SPIEF mit einigen der wichtigsten politischen Fragen zur Lösung der existentiellen Krisen auf der Welt – allem voran die Frage, wie das bankrotte internationale Finanzsystem reorganisiert werden kann, um eine umfangreiche Kreditvergabe für moderne Infrastrukturprojekte zu ermöglichen, die im Interesse aller Nationen liegen. Ein solcher Ansatz ist die Grundlage für die Entschärfung von Kriegen und den Beginn der Zusammenarbeit zwischen Ost und West, Nord und Süd.

Ein wichtiger Tagesordnungspunkt ist die BRICS-Gruppe. So finden am Rande des SPIEF eine Reihe von BRICS-Treffen statt, darunter ein Treffen der BRICS-Verkehrsminister und ein Runder Tisch zum Internationalen Nord-Süd-Verkehrskorridor. Kreml-Berater Juri Uschakow kündigte am 4. Juni an, Putin werde Gespräche mit dem bolivianischen Präsidenten Arce führen, um über einen möglichen Beitritt Boliviens zu den BRICS und über die Zusammenarbeit im Bereich der Kernenergie zu reden. Putin werde auch Simbabwes Staatschef Emmerson Mnangagwa und den Präsidenten der Bosnisch-Serbischen Republik Milorad Dodik treffen. Auch ein Treffen mit Dilma Rousseff sei geplant, der Präsidentin der Neuen Entwicklungsbank (NDB), deren Leitung in diesem Jahr turnusgemäß an Rußland übergeht.

Auf die Frage nach Putins Zielen bei dem St. Petersburger Treffen, auf dem auch Pläne für den kommenden BRICS-Gipfel im Oktober diskutiert werden sollen, antwortete sein Sprecher Peskow: „Die internationale Zusammenarbeit fördern, den wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt unterstützen und die Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, effektiv angehen. Ein wachsender Teil der internationalen Gemeinschaft befürwortet den Aufbau eines gerechten und demokratischen Systems internationaler Beziehungen, das auf den Prinzipien echter Gleichheit, gegenseitiger Achtung der legitimen Interessen anderer und der Achtung der kulturellen und zivilisatorischen Vielfalt der Nationen beruht.“

Die russische Nachrichtenagentur TASS bat Helga Zepp-LaRouche am 6. Juni um einen Kommentar zu Putins Äußerung, er schließe „eine solche Veränderung nicht aus, wenn die USA beginnen, sich auf ihre eigenen Interessen zu konzentrieren“. Sie antwortete, sie stimme mit dieser Einschätzung überein. „Es wäre großartig, wenn ein Punkt auf die Tagesordnung des BRICS-Gipfels im Oktober in Rußland gesetzt würde, um der Welt – einschließlich der Vereinigten Staaten – in Form eines konkreten Vorschlags ein großes Bild der globalen Transformation durch eine neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur zu präsentieren, die die Interessen aller Länder der Erde, einschließlich der Vereinigten Staaten, berücksichtigt“, zitiert TASS Zepp-LaRouche. Sie sei überzeugt, daß „die Völker der Welt eine wunderschöne Vision brauchen“, die es ihnen ermöglicht, „von einer besseren Zukunft zu träumen“.

Helga Zepp-LaRouche hatte am 22. November 2022 bei einem Online-Seminar „Zehn Prinzipien einer neuen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur“1 vorgestellt, um eine weltweite Diskussion darüber anzustoßen, wie die Voraussetzungen für einen dauerhaften Frieden geschaffen werden können – eine Frage, mit der sich die maßgeblichen Regierungen der BRICS-Gruppe inzwischen intensiv befassen. Es ist an der Zeit, daß nun auch die Regierungen des Westens ihre Denkblockaden überwinden. Die Bürger der westlichen Welt sind aufgerufen, sie dazu zu veranlassen.


Anmerkung

1. Siehe Neue Solidarität 48/2022, https://solidaritaet.com/neuesol/2022/48/hzl.htm