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Neue Solidarität
Nr. 49, 7. Dezember 2023

Ein kleines Wunder und dann immer größere:
Wie das Morden in Gaza gestoppt werden kann

Von David Shavin

Am 30. November veröffentlichte die Washington Post einen Bericht über ein bisher unbekanntes Gespräch Ende Oktober, in dem Papst Franziskus dem israelischen Präsidenten Isaac Herzog sagte, kein Mensch dürfe „auf Terror mit Terror antworten“. Herzog protestierte, Israel verteidige sich nur, aber der Papst stellte klar, daß das Töten von Zivilisten keine „Verteidigung“ ist. In seiner Generalaudienz auf dem Petersplatz am 22. November ging er mit derselben Aussage an die Öffentlichkeit und erklärte, dieser Konflikt gehe „über Krieg hinaus. Das ist Terrorismus.“

Auch wenn es niemand wundern würde, wenn Präsident Joe Biden und sein Außenminister Antony Blinken gleich wieder zurückrudern, hat Washington am 30. November dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu intern und öffentlich eine ähnliche Botschaft übermittelt, die er sicher nicht gerne gehört hat.

Schon am 28. November hatte Biden in den sozialen Medien geschrieben: „Die Hamas hat einen Terroranschlag verübt, weil sie nichts mehr fürchtet als Israelis und Palästinenser, die Seite an Seite in Frieden leben. Den Weg des Terrors, der Gewalt, des Tötens und des Krieges fortzusetzen, bedeutet, der Hamas zu liefern, was sie will. Das dürfen wir nicht tun.“

Netanjahu tat so, als habe er diese Änderung gegenüber Bidens früheren Äußerungen – dem Freibrief, zu töten, soviel er will – nicht gehört. Er begrüßte Blinken als Gast des israelischen Kriegskabinetts am 30. November: „Ich möchte Ihnen unseren Dank aussprechen für die Unterstützung, die Sie uns von Anfang an gegeben haben – dem Präsidenten, Ihnen persönlich –, im Krieg, um die Hamas zu eliminieren und unsere Geiseln zu befreien. Sie waren sehr, sehr hilfreich. Wir wissen das sehr zu schätzen.“ Netanjahus Sprecher Ofir Gendelman twitterte auf X, Netanjahu bespreche mit Blinken die nächste Phase des Krieges.

Aber wie Channel 12 TV, der größte private Fernsehsender Israels, berichtete, überbrachte Blinken Netanjahu eine durchaus andere Botschaft: „Man kann im Süden des Gazastreifens nicht so operieren wie im Norden. Dort leben zwei Millionen Palästinenser… Es muß sichergestellt werden, daß weniger Menschen aus ihren Häusern vertrieben werden, daß die Angriffe präziser sind, daß keine UN-Einrichtungen getroffen werden und daß es genügend Schutzzonen gibt. Und wenn das nicht möglich ist? Dann sollte man nicht dort angreifen, wo Zivilisten sind.“

Verteidigungsminister Yoav Gallant habe behauptet, ganz Israel stehe hinter dem Ziel, die Hamas zu zerschlagen, „auch wenn es Monate dauert“, worauf Blinken geantwortet habe: „Ich glaube nicht, daß Sie den Kredit dafür haben.“ Es ist nicht klar, wer das Gespräch durchsickern ließ.

In der Zusammenfassung des US-Außenministeriums heißt es, Blinken „bekräftigte die Unterstützung der Vereinigten Staaten für Israels Recht, sich vor terroristischer Gewalt in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht zu schützen, und forderte Israel auf, jede mögliche Maßnahme zu ergreifen, um zivilen Schaden zu vermeiden“.

Wichtig ist auch, daß Blinken, wie sein Sprecher Matthew Miller berichtete, auf sofortige Schritte drang, „um extremistische Siedler für Gewalt gegen Palästinenser im Westjordanland zur Rechenschaft zu ziehen“ – worauf die israelische Regierung offenbar nicht reagierte. Miller setzte hinzu, daß die USA „sich weiterhin für greifbare Schritte zur Förderung eines palästinensischen Staates einsetzen, der in Frieden, Freiheit und Sicherheit an der Seite Israels lebt“.

Am Abend erklärte Blinken auf einer Pressekonferenz in Tel Aviv: „Es ist unerläßlich, daß Israel in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht und dem Kriegsrecht handelt, auch wenn es einer Terrorgruppe gegenübersteht, die diese nicht respektiert.“ Netanjahu stimme mit ihm darin überein, daß dieser Ansatz zum Schutz der Zivilbevölkerung notwendig sei. Und weiter: „Es gibt konkrete Schritte – die ich hier heute Abend nicht im Detail erläutern kann –, die wir kennen und gehört haben, die nach bestem Wissen und Gewissen dafür sorgen werden, daß dies geschieht.“

CNN zitierte einen israelischen Regierungsvertreter: „Israel und die US-Regierung stehen in vielen Bereichen in engem Dialog, einschließlich der Notwendigkeit, nach der Pause Druck auf die Hamas auszuüben, der Zivilbevölkerung im Gazastreifen humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. In diesen Gesprächen ist Israel sehr interessiert an der US-Perspektive.“

Die Rolle der extremistischen Siedler

Schön und gut. Die Empörung der Völker der Welt wurde also gehört, aber das ist nicht mehr als ein Beweis des Prinzips, die Andeutung eines Wunders. Was muß passieren, damit Joe Biden „Feuer unter dem Hintern“ bekommt?

Die häßliche Wahrheit ist, daß westliche Politiker, besonders in den USA, dem Druck der Wahlkampf-Geldgeber nachgeben und mit ihren Wählern gar nicht wie Erwachsene reden können, weil sie sie schon ihr Leben lang wie Kinder behandeln.

Netanjahu wiederum klammert sich an die Macht und ist dafür abhängig von den rassistischen Mitgliedern seiner Regierungskoalition, allen voran den beiden hartnäckigsten ideologischen Fundamentalisten im Kabinett, Intamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich. Sie drohen damit, seine Regierung zu stürzen, wenn er nicht alle Hindernisse für ein „Großisrael“ beseitigt.

Beide haben eine lange Geschichte rassistischer Politik und Äußerungen, und in den letzten zwölf Monaten trugen sie mit ihrer Politik der Gewalt gegen die Palästinenser im Westjordanland vielleicht mehr als jeder andere dazu bei, auf der palästinensischen Seite Rassisten für den haßerfüllten Gewaltausbruch der Hamas zu rekrutieren. Die Hamas existiert kurz gesagt nur, weil das Zwei-Staaten-Abkommen, das Jassir Arafat und Itzhak Rabin geschlossen hatten, wieder begraben wurde – Rabin wurde ja sogar ermordet –, weshalb viele Palästinenser glauben, daß der Westen sie immer verraten wird.

Jetzt forderte Smotrich von Netanjahu eine Eskalation im Westjordanland, nämlich „weite Sicherheitszonen um Siedlungen und Straßen zu schaffen und Araber daran zu hindern, sich ihnen zu nähern“. Die illegalen israelischen Siedlungen sollen vergrößert und ihre Grenzen ausgedehnt werden. Als die Times of Israel am 27. November Smotrich nach den 105 Millionen Dollar an neuen Mitteln für „mehr Sicherheit“ im Westjordanland fragte, antwortete Smotrich: „Es gibt zwei Millionen Nazis in Judäa und Samaria, die uns hassen, genau wie die Nazis der Hamas-ISIS in Gaza.“

Die Gewalt, die Smotrich und Ben-Gvir in den ersten elf Monaten ihrer Amtszeit gefördert haben – ständige militärische Angriffe, Bewaffnung der Siedler, Druck auf die Regierung, Sicherheitsbeamte zum Schutz von Siedlern, die Palästinenser angreifen, usw. – führte dazu, daß dort jede Woche im Durchschnitt fünf palästinensische Zivilisten getötet wurden.

Biden und Blinken haben nachdrücklich betont, daß dieses Töten im Westjordanland sofort enden muß. Israels Nichtreaktion auf diese Forderung spricht Bände darüber, wie Ben-Gvir und Smotrich die Regierung in der Hand haben. Am 28. November twitterte Ben-Gvir kurz und knapp die Drohung: „Beendigung des Kriegs = Auflösung der Regierung“ – sprich, sie würden Netanjahus Regierung stürzen. Netanjahus Kabinettssekretär Yossi Fuchs reagierte prompt mit einem Tweet: „Jede Nachricht über eine Geiselbefreiung, die den Krieg beendet oder zu einem längeren Waffenstillstand führt = Fake News“.

Der Oasenplan als Ausweg

Ein amerikanischer Präsident, dessen Politik darin bestünde, daß Israelis und Palästinenser wie andere in der Region von einer Zusammenarbeit an Energie-, Wasser- und Bewässerungs-Großprojekten profitieren, um die Wüste in einen blühenden Garten zu verwandeln, hätte kein Problem damit, beiden Seiten zu sagen, „wo es lang gehen muß“. Lyndon LaRouches Oasenplan1 wurde für eine solche Realität entworfen. Salzwasser und Sand sind nun einmal da, Frischwasser fehlt allen in der Region. Welcher vernünftige Menschen würde versuchen, ein Land zu regieren, ohne sich zu überlegen, was angesichts solcher physikalischen Parameter sinnvollerweise getan werden kann? Physische Ökonomie ist der Schlüssel zum erfolgreichen Regieren!

Es gibt keine Heilung für die Wunden, wenn man nicht dafür sorgt, daß die Menschen in der Region sich an Projekten beteiligen können, die ihr Leben und die Welt nachhaltig verbessern. Es gibt keine Gerechtigkeit für die Massaker an der Zivilbevölkerung und kein Ende des Schmerzes über den Verlust, wenn die Menschen nicht an einer besseren Zukunft arbeiten können. Es gibt keinen Weg, den Regierungen Feuer unter dem Hintern zu machen, wenn man nicht die mühselige Arbeit, aber auch die damit verbundene Freude auf sich nimmt, diese Lösung durchzusetzen.

Deshalb ist der Oasenplan keine „nette Idee“. Es ist ein Muß für jeden, der den Frieden will. Es ist der Schlüssel, damit aus einem kleinen Wunder ein großes wird und die Ängste und Sorgen der Gegenwart überwunden werden. Laß uns also handeln und den Frieden und die Zukunft gewinnen!


Anmerkung

1. Vgl. https://solidaritaet.com/neuesol/2023/47/friedensplan.htm