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Bei den Veranstaltungen zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung wurden die wahren Fehler meist nicht angesprochen – weil sie bis heute fortbestehen.
Zum 30. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung, der am 3. Oktober gefeiert wurde, erinnerte man sich in zahlreichen Veranstaltungen rückblickend an die riesengroße Hoffnung und den Optimismus, die damals im Land herrschten. Eine düstere Ära der Teilung nicht nur Deutschlands, sondern ganz Europas neigte sich dem Ende zu, und eine neue Ära des Friedens und großer Chancen schien vor der Tür zu stehen.
Doch nach dieser Sternstunde wurden zahlreiche Chancen verpaßt, sowohl in wirtschaftlicher als auch in strategischer Hinsicht. Die deutschen Eliten unternahmen keine ernsthaften Anstrengungen, die Souveränität der wiedervereinten Nation zurückzuerlangen, sondern sie akzeptierten die Zwangsjacke der „europäischen Integration“ und die fortgesetzte Mitgliedschaft in der NATO. Als (öffentlich unausgesprochene) Bedingung für die amerikanische, britische und französische Zustimmung zur Wiedervereinigung wurde die stabile D-Mark für den Euro aufgegeben. Und Deutschland hat die ihm durch die Geschichte zugefallene Aufgabe, den ehemaligen Ostblockländern bei Wiederaufbau und Modernisierung ihrer Wirtschaft zu unterstützen, bis heute nicht erfüllt.
Der ehemalige Finanzminister und jetzige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble gibt zwar zu, daß Fehler gemacht wurden, nennt aber nicht die entscheidenden. Am 2. Oktober sagte er gegenüber der Funke-Mediengruppe, ein großes Problem sei die fehlende Anerkennung der beruflichen Qualifikationen der Menschen in der DDR. Aber in Wahrheit hat sich die deutsche politische Klasse, darunter auch Schäuble selbst, bewußt für den monetaristischen Ansatz der „Schocktherapie“ entschieden, statt für den produktiven Ansatz, der u.a. von Lyndon LaRouche, dem Chef der Deutschen Bank Alfred Herrhausen und dem Direktor der Treuhandanstalt Detlev Rohwedder vorgeschlagen wurde.
Die beiden letzteren, die ausdrücklich die berufliche Qualifikation der Ostdeutschen – nicht zuletzt ihre russischen Sprachkenntnisse – nutzen wollten, wurden im November 1989 bzw. April 1991 ermordet. Ihre Beseitigung machte den Weg frei für die Schocktherapie, die 3,5 Millionen Arbeitsplätze in der ehemaligen DDR-Wirtschaft vernichtete und die enge wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Ostdeutschland und der Sowjetunion abrupt beendete.
Und das, obwohl damals eine klare Alternative auf dem Tisch lag: Bei einer Veranstaltung in Berlin im Oktober 1988 hatte Lyndon LaRouche einen Plan für ein wiedervereinigtes Deutschland vorgelegt, das Osteuropa wirtschaftlich entwickelt. Deutschland sollte dann andere westeuropäischen Nationen mit industriellen Fähigkeiten dafür gewinnen, sich diesem Prozeß anzuschließen und ihn auf die gesamte Sowjetunion auszudehnen. Dieser erweiterte Vorschlag wurde im Programm des Schiller-Instituts Das Produktive Dreieck Paris-Wien-Berlin und in Memoranden zu dieser Perspektive dargelegt, die Helga Zepp-LaRouche im November 1989 an Bundeskanzler Helmut Kohl und mehrere Ministerien sandte. Bekanntlich hat Kanzler Kohl diese Vorschläge leider nicht umgesetzt.
In einem Internetforum am 3. Oktober berichtete Helga Zepp-LaRouche:
„Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 erweiterten wir dieses Programm des Produktiven Dreiecks zur Eurasischen Landbrücke, die die Industrie- und Bevölkerungszentren Europas mit denen Asiens verband, woraus dann die Neue Seidenstraße wurde, die heute in weiten Teilen der Welt Realität ist. Lyn [Lyndon LaRouche] befürwortete diese Politik 1998, und er sagte in der letztgenannten Rede: Wenn diese Politik, wie meine Frau und andere Mitarbeiter sie seit 1991 präsentierten, umgesetzt worden wäre, dann hätte sich die gegenwärtige Spirale des Zusammenbruchs eines zerfallenden Weltfinanzsystems nicht entwickelt. Diese Politik sei die einzige Alternative zu einem Kollaps in ein neues finsteres Zeitalter, wie man ihn beim Zusammenbruch des Bankensystems in Europa Mitte des 14. Jahrhunderts erlebte.
Er fragte, wer seine Prognose unterstützen werde, um die Katastrophe zu verhindern, die verhindert werden konnte und vor der er warnte. Für einen Sieg würde es ausreichen, wenn nur ein Patriot unter hundert Bürgern dies tut, wie in Gideons Armee, und eine führende Rolle bei der Verteidigung dieser Sache übernehmen würde! Das ist es, was ich Ihnen sagen wollte, und was Lyn sagen würde, wenn er heute bei uns wäre, obwohl wir uns in einer sehr schwierigen Lage befinden.“
Sie fuhr fort: „Es bleibt zu hoffen, daß Präsident Trump sich [von seiner COVID-Infektion] erholt und alles wieder seinen normalen Lauf nimmt... Aber ich denke, daß seine Erkrankung uns daran erinnert, daß wir unbedingt eine Bürgerschaft brauchen, die gebildet ist, die wie Staatsmänner denkt: Jeder von Ihnen muß lernen, wie ein Präsident oder wie ein Minister für ein bestimmtes Ressort zu denken, mit anderen Worten, das nötige Wissen zu entwickeln. Und das Wissen ist ganz klar das, was Lyndon LaRouche entwickelt hat, der sein ganzes Leben lang immer die gleiche Politik vorgeschlagen hat: die SDI-Politik, die Politik der Eurasischen Landbrücke, die Politik der Internationalen Entwicklungsbank; sie alle waren Ausdruck der gleichen Idee - daß wir die Unterentwicklung der Entwicklungsländer rückgängig machen müssen.“
Sie erinnerte daran, daß LaRouche schon 1973 gewarnt hatte, „daß Pandemien die Folge wären, wenn man die Armut in den Entwicklungsländern nicht lindert. Deshalb prangerte er die Konditionalitätspolitik des IWF als Ursache für Pandemien an. Die Pandemie ist nicht durch das Coronavirus, sondern durch die Unterentwicklung vieler Länder verursacht worden. Deshalb fordern wir ein modernes Weltgesundheitssystem für jedes Land der Welt, das nicht nur vor COVID-19 schützt, sondern auch vor allen anderen Pandemien und anderen Krankheiten, die kommen werden. Das ist einfach die Art und Weise, wie das biologische Universum organisiert ist.“
Sie verurteilte die gegenwärtige Politik der deutschen Regierung. Es sei empörend, die Bundeswehr an äußerst provokanten NATO-Manövern und Einsätzen in den baltischen Staaten bis vor die Grenzen Rußlands zu beteiligen. Angesichts des deutschen Verhaltens gegenüber Rußland im Zweiten Weltkrieg sei die russische Zusammenarbeit beim Prozeß der deutschen Wiedervereinigung äußerst großzügig gewesen. Doch anstatt sich dankbar zu zeigen, indem man an der Errichtung einer Friedensordnung mitwirkt, bete die deutsche Regierung unterwürfig sämtliche Verleumdungen gegen Rußland nach, die von den Kriegstreibern in Washington und London in die Welt gesetzt werden.
Sie schloß: „Also, was sollen wir tun? Ich denke, wir müssen den Aufruf zu einem Gipfeltreffen, den Präsident Putin seit Januar initiiert hat und das ich seit Januar auch fordere, in etwas anderer Form unterstützen. Aber es sollte klar sein, daß wir bei der Kombination der Probleme, die wir heute haben - eine außer Kontrolle geratene Pandemie, ein wirtschaftlicher Zusammenbruch, der schlimmer ist als alles seit dem Zweiten Weltkrieg, die Gefahr eines Finanzcrashs, der schlimmer ist als 2008, die Gefahr einer geopolitischen Konfrontation gegenüber Rußland und China, die außer Kontrolle gerät –, den Kurs ändern müssen. Deshalb ist ein solches, von Präsident Putin gefordertes Gipfeltreffen die einzige realistische Option, die jetzt auf dem Tisch liegt.
Die fünf Ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates müssen zusammenkommen und sich mit diesen Fragen befassen. Wir brauchen ein neues Weltfinanzsystem, ein neues Kreditsystem, ein neues Bretton-Woods-System. Das alte System ist bankrott. Wir brauchen Kredite für die Entwicklung. Wir können all diese Dinge in der Tradition der ursprünglichen Absicht von Franklin D. Roosevelt und seiner Idee des Bretton-Woods-Systems finanzieren.
Dann machen wir weiter mit LaRouches Vier Gesetzen: Wir beenden die Kasinowirtschaft, setzen die Glass-Steagall-Bankentrennung um und schützen die Geschäftsbanken. Keine Rettungsaktionen mehr für bankrotte Spekulanten! Wir schaffen eine Nationalbank, nicht nur in einem Land, sondern in allen Ländern der Erde. Und dann schaffen wir ein Kreditsystem, das für langfristige Investitionen zum Wiederaufbau der Weltwirtschaft kooperiert. Wir starten ein Crash-Programm für die Fusionstechnologie, die wirklich unglaubliche Fortschritte macht, wie wir kürzlich auf einer Konferenz des Schiller-Instituts hörten, und wir setzen auf internationale Zusammenarbeit in der Weltraumforschung, wie Präsident Trump es für das Artemis-Programm angekündigt hat.
Wenn all dies zumindest zwischen den Vereinigten Staaten, Rußland und China vereinbart wird und dann noch andere Industriemächte hinzukommen, die in der Lage sind, die Welt wiederaufzubauen, dann können wir unsere Probleme lösen. Was wir brauchen, sind viele Patrioten – mindestens jeder hundertste in Städten überall in den Vereinigten Staaten und in vielen anderen Ländern –, die wirklich anfangen, Verantwortung für das Ergebnis dieser Periode zu übernehmen. Ich glaube, nichts anderes wird funktionieren. Ich glaube wirklich, daß es machbar ist. Ich zähle auf Sie!“
alh