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Neue Solidarität
Nr. 36-37, 3. September 2020

Energiepolitik in Zeiten der Corona-Pandemie

Es besteht kein Zweifel, daß die Corona-Pandemie das Gefüge der Weltwirtschaft in einem Maße getroffen hat, das den meisten ganz unvorstellbar schien. Jedem denkenden Menschen dürfte klar sein, daß die Wiederherstellung dieses Gefüges von global verknüpften Verkehrswegen und Produktionsketten eine internationale Zusammenarbeit geradezu herausfordert. Die Lage zwingt uns, einen ganz neuen Blick auf das Thema „Wirtschaftsentwicklung“ in die Zukunft zu richten. Denn eins dürfte klar sein: Um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen, brauchen wir die Verfügbarkeit von sehr viel mehr Energie, sehr viel mehr Wasser, sehr viel mehr Nahrungsmitteln und eine Modernisierung unserer Verkehrswege und auch der Bildungseinrichtungen.

Besonders für Europa und die Bundesrepublik stellt sich die Frage: Sind wir überhaupt – auch im Vergleich mit Asien zum Beispiel – dafür gerüstet? Die Antwort lautet schlicht: Nein.

Es wurde übermäßig viel Geld gedruckt, ja, aber dieses Geld wird auch weiterhin, sogar zunehmend in vorwiegend unproduktive Investitionen gesteckt, die auch in der Vergangenheit schon mehr dem Niedergang als dem Fortschritt dienten. Eine schleichende Deindustrialisierung ist deshalb bereits im Gange.

Dieser Trend wird an zwei Ausrichtungen des europäischen New Green Deal besonders deutlich: der Energiepolitik und der sog. „Taxonomie“.

Deshalb ist es sehr nützlich, daß der Verband der Familienunternehmen in einem Positionspapier vom Mai 2020 diese Politik endlich einer kritischen Bewertung unterzieht. Er kommt zu dem Schluß, daß der Verlauf der sogenannten Energiewende ein Debakel ist und von Vorbildfunktion nicht im mindesten die Rede sein kann. Es werde kein Land dieser Welt dem deutschen Weg folgen, „wenn mit der Energiewende deutscher Prägung die Gefahr einer Deindustrialisierung sehenden Auges in Kauf genommen wird“. Seit Jahren laufe alles „darauf hinaus, daß wir in Deutschland ökonomische Nachteile in immensen Höhen in Kauf nehmen, ohne europäisch und international einen Vorteil zu erzielen. Im Gegenteil – eine derartige Strategie ist unter globalen Gesichtspunkten extrem kontraproduktiv.“ Da durch den ebenfalls milliardenschweren hastigen Kohleausstieg die Grundlastsicherung gefährdet sei, dürfe eine wissenschaftliche und politische Diskussion um die Verschiebung des geplanten „Atomausstiegs“ kein Tabu sein.

Auch Prof. Sinn argumentiert in seinem neuen Buch Der Corona-Schock, im Moment der Krise falle es besonders ins Auge, daß sich die Energiepolitik in Deutschland auf einem ganz weltfremden Kurs befindet:

Der andere fatale Plan des New Green Deal läuft unter dem Stichwort „Taxonomie“. Bei Prof. Sinn heißt es dazu:

Auch im Positionspapier des Verbandes der Familienunternehmen wird darauf hingewiesen, daß diese Richtlinien einer angeblich „nachhaltigen Finanzwirtschaft“ besonders die deutsche Wirtschaft mit ihrer starken Aufstellung im Industriebereich treffen werde. Wie die Neue Solidarität schon im August 2019 detailliert dargelegt hat (z.B. mehrfach in der Ausgabe 35/2019), sind wesentliche Elemente des New Green Deal von der Finanzmarktlobby geplant und auf die kurzfristigen Ziele derselben ausgerichtet. Das Verheerende daran ist, daß mit dieser als „sustainable finance“ bezeichneten Strategie Investitionen systematisch in Bereiche gelenkt werden, die Energiedichten des Mittelalters begünstigen (wie Wind- und Solartechnik), während der Rest der Welt den Blick auf Technologien richtet, die selbst die gegenwärtigen Energiedichten um ein vielfaches übersteigen werden.

Die Kritik daran ist also nicht nur berechtigt. Sie wirft die Frage auf, ob Deutschland und Europa als Industrieraum überhaupt eine Zukunft haben können.

Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Corona-Pandemie muß man sich erst recht fragen, welche Konsequenzen es für den Verlauf der Corona-Pandemie hätte, wenn auf die höchst effiziente deutsche Industrie kein Verlaß mehr ist.

Im übrigen gibt es sowohl in Europa als auch in Amerika eine wachsende Bewegung junger Leute, die den Ausbau moderner Kerntechnik sowie die Entwicklung der Fusionstechnik befürwortet, weil gerade dem Umweltschutz damit viel besser gedient ist. Es wäre der Wissenschaftstradition Deutschlands mehr als angemessen, diesen Trend zu beflügeln, statt den Rückwärtsgang beizubehalten.

Andrea Andromidas (andromidas@gmx.de)