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In einer Zeit, in der große Vorhaben durch ideologische Schranken und das allumfassende Diktat der monetaristischen Ideologie gebremst und sabotiert werden, lohnt sich ein Blick aus Deutschland hinaus. Am 17. Juli veranstaltete das Schiller-Institut daher zusammen mit dem China SME Center Germany einen Vortragsabend im Dresdner Innovationszentrum zum Thema „Die Neue Seidenstraße - Chance für Unternehmer und Optimisten”. Michael Gründler vom Schiller-Institut begann mit einem Vortrag zur Infrastruktur als Entwicklungsschlüssel für die Überwindung von Armut und demonstrierte anhand vieler beeindruckender Beispiele die rasante industrielle Entwicklung Chinas. Chinas produktionsorientierte Investitionspolitik, bei der seit der Finanzkrise über 10 Billionen Dollar in Infrastruktur-Großprojekte investiert wurden, ermöglichte eine beispiellose Explosion der Produktivkräfte von 2008 bis heute. Verkehrsverbindungen rückten Städte näher aneinander und transformierten die Wirtschaftsdynamik. Als Beispiel führte er die längste Überseebrücke der Welt an, die Hongkong, Zhuhai und Macao verbindet.
Auch die Zahlen über das Wachstum des chinesischen Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnnetzes sprechen für sich: 2008 wurde die erste Strecke zwischen Beijing und Tianjin in Betrieb genommen, aber schon 2018 betrieb China mehr als 25.000 km an Hochgeschwindigkeitsstrecken und ist damit mit großem Abstand Weltführer. Das Ziel ist, bis 2025 alle großen Städte Chinas an dieses Netz anzuschließen.
Auch die Wasserprojekte, durch die der trockene Norden mit Frischwasser versorgt wird, wie zum Beispiel das Projekt des „South North Water Transfer”, wurden vorgestellt - auch als Vorbild u.a. für Afrika.
Nach genauerer Ausführung von Chinas Megaprojekten in Afrika kontrastierte Herr Gründler dieses vom Optimismus geprägte Bild mit der Stagnation in Europa und dem Scheitern der Europäischen Union bei der Umsetzung des europäischen Verkehrswegeplans. Aber selbst in Europa sieht man eine Transformation durch die Neue Seidenstraße.
So beim Ausbau des Hafens von Piräus, den China während der Eurokrise kaufte und zu einem der Knotenpunkte der maritimen Seidenstraße machte und der 2019 voraussichtlich zum größten Hafen des Mittelmeeres wird. Auch das Projekt der österreichischen Regierung für den Ausbau der russischen Breitspurbahn bis vor die Tore Wiens und die Absicht Österreichs, sich zum Verkehrsknotenpunkt für die Umsetzung des Chinahandels in Europa zu machen, wurde erläutert, und Herr Gründler richtete einen Appell an die deutsche Politik, nicht den Anschluß zu verlieren.
Auch in Finnland und Estland gibt es eine Bewegung hin zum neuen Paradigma der Entwicklung. Im März 2019 unterzeichneten FinEst Bay Area und CREC (China Railway Engineering Corporation) - die größte Baufirma der Welt - eine Absichtserklärung über den Bau eines 100 km langen Tunnels unter dem Finnischen Meerbusen, der Tallinn und Helsinki mit Hochgeschwindigkeitszügen verbinden soll. Die Fahrzeit zwischen den beiden Hauptstädten würde sich von zweieinhalb Stunden auf nur 20 Minuten verkürzen.
Im folgenden Vortrag von Herrn Yu Ding vom China SME Center Germany (China-Zentrum für kleine und mittelständische Betriebe) über die Möglichkeiten der Industriekooperation zwischen deutschen und chinesischen mittelständischen Firmen wurde klar, wie groß das Potential für eine Win-Win-Politik zum beiderseitigen Vorteil ist.
Man konnte bei dieser Veranstaltung wirklich spüren, wie groß die Aufbruchsstimmung in Asien ist, und wie dringend notwendig es für Europa ist, diesen frischen Wind zu nutzen und die verfehlte Politik der Deindustrialisierung hinter sich zu lassen.
Tobias Faku