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Neue Solidarität
Nr. 49, 6. Dezember 2018

Militärische Provokation der Ukraine soll
amerikanisch-russische Kooperation sabotieren

Von Alexander Hartmann

Als die Vorbereitungen für ein potentiell historisches Treffen zwischen den Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin am Rande des G20-Treffens in Buenos Aires liefen, beschloß die Regierung der Ukraine, eine internationale Krise auszulösen, indem sie am 25. November die russischen Territorialgewässer im Asowschen Meer verletzte. Die drei beteiligten ukrainischen Kriegsschiffe wurden von Rußland aufgebracht und beschlagnahmt, was Präsident Poroschenko zum Vorwand nahm, den Kriegszustand auszurufen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf der Ukraine vor, der Zwischenfall sei auf Anweisung des Kiewer Regimes vorsätzlich herbeigeführt worden. Das offensichtliche Ziel der Operation sei es, die antirussische Hysterie im Westen so sehr zu schüren, daß Präsident Trump das Treffen mit Wladimir Putin absagt, bei dem über wesentliche Fragen von Krieg und Frieden gesprochen werden soll. Bei Redaktionsschluß kursierten tatsächlich Berichte, das Treffen zwischen Trump und Putin sei abgesagt; beide Präsidenten nehmen jedoch am G-20-Gipfel teil, sodaß weiterhin Gelegenheit zu einem Gespräch besteht.

In ihrem internationalen Internetforum am 29. November kommentierte die Vorsitzende des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, die Vorgänge. Natürlich müsse der Zwischenfall in der Straße von Kertsch untersucht werden, bevor man irgendwelche Konsequenzen daraus ziehe. Trotzdem spreche das cui bono dafür, daß es eine gezielte Provokation der Ukraine war: „Poroschenko hat schon fast das ganze Jahr über provoziert. Es gab einen Zwischenfall im März, bei dem die Ukrainer ein russisches Fischerboot praktisch gekapert haben, und nun dies. Wir wissen, daß ukrainische Kriegsschiffe sich vom Schwarzen Meer aus der Straße von Kertsch näherten und Kurs auf das Asowsche Meer nahmen, ohne dies zuvor anzukündigen, wie es die Regeln vorschreiben. Dann wurden die Seeleute gefangengenommen und verhört, und man fand schriftliche Befehle bei ihnen, die besagten, sie sollten unbedingt heimlich vorgehen und ihre Annäherung nicht ankündigen. Es sieht also wirklich wie eine inszenierte Provokation aus.“

Besonders interessant sei Lawrows Erklärung, daß diese Provokation „von den gleichen Kräften durchgeführt wurde, die auch Trumps Präsidentschaft zerstören wollen. Und ich denke, da trifft er den Nagel auf den Kopf, wenn man sich Einrichtungen wie den Atlantic Council und das ganze transatlantische Netzwerk der Neocons anschaut.“

So habe der Atlantic Council „am 26. November mehrere Erklärungen von Mitgliedern des Atlantic Council und Vertretern anderer Denkfabriken verbreitet, die alle wutschäumend vorschlagen, man solle Rußland sofort von allen Krediten des Westens oder sogar allen finanziellen Geschäften abschneiden, das SWIFT-Abkommen kündigen, Waffen in die Ukraine schicken, die Ukraine und Georgien sofort in die NATO aufnehmen, eine große NATO-Flotte ins Schwarze Meer entsenden – lauter Vorschläge in dieser Art, die, wenn man sie umsetzen würde, mit Sicherheit sofort zu einer Machtprobe zwischen der NATO und Rußland führen würden, mit dem Potential, daß das ganze zu einem wirklichen Krieg eskaliert, weil es bestimmte rote Linien gibt, die Rußland nicht akzeptieren wird.“

Wie gefährlich die Lage sei, könne man an der Erklärung des NATO-Generalsekretärs Jens Stoltenberg sehen, der sofort erklärte habe, die NATO stehe ohne Frage auf Seiten der Ukraine, oder der Aussage des neuen britischen Generalstabschefs, General Mark Carleton-Smith, Rußland sei ein größeres Problem als ISIS oder Al-Kaida.

Die sinistre Rolle der „Integrity Initiative“

In diesem Zusammenhang verwies sie auch auf die Aktivitäten der sog. „Integrity Initiative“. „Damit wird eine Operation bezeichnet, die über alle britischen Botschaften arbeitet. Sie haben offensichtlich Leute, über die sie rußlandfeindliche Propaganda verbreiten, und sie haben sog. ,Cluster-Gruppen’ – man könnte sagen, Einflußagenten –, die ein absolut fanatisch rußlandfeindliches Profil haben.“

Publik wurde die Rolle der Integrity Initiative und einige ihrer Operationen durch einen Hacker, der Mitte November als Anonymous Dokumente auf der Internetseite cyberguerilla.org veröffentlichte, die dann von verschiedenen anderen Internetseiten aufgegriffen wurden. Nach dieser Veröffentlichung räumte die Integrity Initiative auf ihrer Internetseite ein, daß ihre „Finanzierung für 2017 und 2018 durch eine Zuwendung des britischen Außen- und Commonwealth-Amtes erfolgte“. Sie bestätigte, daß die Dokumente über ihre Tätigkeiten, die in den letzten Tagen von Anonymous aufgedeckt wurden, im wesentlichen echt waren. Man könne nur „nicht sicher sagen ..., ob alles echt ist oder ob sie falsches Material enthalten“.

Den „Clustern“ gehören Journalisten, Militärs, Akademiker und Lobbyisten in allen europäischen Ländern, den Vereinigten Staaten und Kanada an, eine Ausweitung des Netzwerks auf den Nahen Osten wird vorbereitet. Diese Personen werden durch Benachrichtigungen – oft über Kontaktleute der Initiative im britischen Außenministerium – aktiviert, sobald die britische Zentrale dies für notwendig hält.

Zu dem britischen Cluster gehören u.a. Anne Applebaum von der Washington Post, Ed Lucas vom Center for European Policy Analysis (einer weiteren Quasi-NGO in diesem Apparat) – und, wenig überraschend, Sir Andrew Wood von der Firma Orbis Intelligence des berüchtigten Christopher Steele. Unter den Initiatoren des Projektes befindet sich auch der notorische Putin-Hasser Bill Browder.

Im Cluster für die Vereinigten Staaten sind etliche E-Mail-Adressen des Atlantic Council und der Jamestown Foundation zu finden, darunter Zbigniew Brzezinskis Sohn Ian Brzezinski, ein Mitglied des Atlantic Council und zahlreicher weiterer Organisationen.

Auch in Deutschland gibt es ein Cluster, Anonymous nennt namentlich Klaus Naumann, Wolf-Rüdiger Bengs, Ex-Botschafter Killian, Gebhardt von Moltke, Roland Freudenstein, Hubertus Hoffmann, Bertil Wenger, Beate Wedekind, Klaus Wittmann, Florian Schmidt und Norris von Schirach.1

Geleitet wird die Integrity Initiative vom Institute for Statecraft, einer britischen „Nichtregierungsorganisation“, die aber zu 95% von der britischen Regierung, der NATO und dem US-Außenministerium (und in jüngster Zeit auch von Facebook) finanziert wird. Sie hat in den USA für einen Ableger, der sich besonders auf Großstädte konzentrieren soll (vermutlich vor allem in den Bundesstaaten, die bei der Präsidentschaftswahl 2020 umkämpft sein werden) Gemeinnützigkeit beantragt. Das Geld für diese US-Operation kommt von der Smith Richardson Foundation, einer der CIA und den britischen Geheimdiensten nahestehenden Stiftung, die auch schon Propagandakampagnen (von Dennis King) gegen Lyndon LaRouche finanzierte.

Die Integrity Initiative ist offensichtlich Teil des riesigen britischen Apparates, der dazu eingesetzt wird, im Rahmen der psychologischen Kriegsführung gegen die Bevölkerung schwarze Propaganda über Rußland, China und widersprechende Stimmen – darunter nicht zuletzt auch US-Präsident Donald Trump – zu verbreiten. Wie wir bereits im Frühjahr berichteten (s. Neue Solidarität 17/2018), gründete das britische Verteidigungsministerium nach dem Putsch in der Ukraine die „77. Brigade“, die aus der früheren SAG (Security Assistance Group) hervorging und dann schnell in das NATO-Zentrum für Strategische Operationen integriert wurde. Durch Barack Obamas Nationales Verteidigungs-Bewilligungsgesetz von 2016 werden vergleichbare Operationen auch mit großen Summen aus den Haushalten des US-Verteidigungsministeriums und des US-Außenministeriums finanziert. Auch das FBI spielt durch sein Programm „InfraGard“ eine bedeutende Rolle bei diesen Aktivitäten, die es in Partnerschaft mit Unternehmen, Universitäten und Privatpersonen betreibt, um „gegen die Vereinigten Staaten gerichtete“ Aktivitäten zu bekämpfen. Die Russiagate-Kampagne wurde dann dazu benutzt, den Umfang des Apparats, seine Finanzierung und seine Aktivitäten in der gesamten westlichen Welt stark auszuweiten.

Ein gutes Beispiel für die Arbeitsweise der Integrity Initiative ist ein Leitartikel auf deren Internetseite von Edward Lucas vom 26. November, ein Aufruf zum Krieg gegen Rußland und gegen jeden im Westen, der sich weigert, diesem Aufruf nachzukommen.2 Unter dem Titel „Der Westen besteht wieder nicht den von der russischen Provokation gesetzten Test“ vergleicht Lucas die russische Reaktion auf die ukrainische Provokation mit dem Überfall von Nazideutschland auf Polen 1939. Rußland müsse entsprechend „mit kinetischen, symbolischen und finanziellen Maßnahmen“ begegnet werden. Geeignete Antworten des Westens wären seines Erachtens die Entsendung eines NATO-Marineverbandes zum ukrainischen Hafen Mariupol am Asowschen Meer, höhere Militärhilfen für die Ukraine, ein vorübergehendes Visaverbot für russische Geschäftsleute und Politiker sowie Maßnahmen, um Rußland vom westlichen Finanzsystem abzuschneiden.

Besonders aufgebracht ist Lucas darüber, daß Präsident Trump sich nicht gegen Rußland stellte. „Am beunruhigendsten (für uns und am erfreulichsten für Rußland) war, daß aus den USA keine schnelle Reaktion kam“, beschwerte er sich. Dabei läßt er allerdings durchblicken, daß der britische Geheimdienst seine Gewährsleute im US-Kongreß aktivieren werde, und meint, die amerikanische Reaktion „dürfte besser werden. Es wird über weitere Sanktionen nachgedacht. In den USA wird der Kongreß ein Wörtchen mitreden...“

Helga Zepp-LaRouche betonte dagegen in ihrem Internetforum, es sei äußerst wichtig, daß Putin und Trump persönlich miteinander sprechen, und angesichts der Vielzahl der Themen, über die Trump und Putin in Buenos Aires sprechen wollten, wie „den INF-Vertrag, die Ukraine, Syrien, Terrorismus und viele andere Fragen, ist eine Stunde offensichtlich nicht genug. Aber Trump sagte, er hoffe, daß es bald ein sinnvolles Gipfeltreffen in Washington gibt. Ich denke, das ist gut, aber ich kann nur sagen, daß wir absolut wachsam sein müssen, denn dies ist eine sehr gefährliche Eskalation.“


Anmerkungen

1. Informationen von „Anonymous“ über das deutsche Cluster:
https://de.scribd.com/document/394374538/Interim-Report
https://de.scribd.com/document/394375297/Germany-Paper

2. Siehe https://www.integrityinitiative.net/index.php/articles/west-once-again-failing-test-set-russian-aggression