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China plant, bis zum Jahr 2020 drei bis fünf Mega-Forschungsprojekte zu beginnen, und bis 2035 sollen 6-10 weitere folgen, kündigten offizielle Vertreter am 3. April an. Unter „Mega-Forschungsprojekten“ sind komplexe Projekte zu verstehen, die außergewöhnlich hohe Investitionen, jahrzehntelange Forschungen und interdisziplinäre Zusammenarbeit von Experten aus vielen Ländern erfordern. China möchte sich bei solchen Projekten, welche die großen wissenschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart anpacken, an die Spitze setzen.
Die Chinesen sind bereits an einigen internationalen Projekten dieser Art beteiligt, so dem Kernfusions-Forschungsreaktor ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) und dem Radioteleskop-Projekt Square Kilometre Array (SKA), aber jetzt möchten sie selbst neue Initiativen ergreifen.
Bereiche, die dafür in Frage kommen, sind nach Angaben von Ye Dongbai vom Ministerium für Wissenschaft und Technik: das menschliche Genom, Kernfusion, Meeresforschung, Erdbeobachtung und die Weiterentwicklung des Radioteleskop-Projekts – alles Vorhaben, „die für ein einzelnes Land, zu schwierig wären“. Die Fähigkeit, solche Megaprojekte zu initiieren und zu leiten, zitiert China Daily Ye, sei ein wichtiger Indikator für den wissenschaftlichen Fortschritt und den globalen Einfluß eines Landes.
Als Beispiel für ein solches Großforschungsprojekt wird ITER erwähnt. „Im Rahmen dieses Programms wurden große Fortschritte erzielt, um die Fusionsenergie sauber und sicher zu machen“, sagte Luo Delong, Direktor des chinesischen Durchführungszentrums für das Internationale Fusionsenergie-Programm. „Diese Megaprojekte werden vielleicht erst in 20 oder 50 Jahren Früchte tragen, aber wenn sie es tun, werden sie die Welt verändern.“
Die wissenschaftliche Grundlagenforschung ist eine Priorität der nationalen Politik in China, und die Investitionen sind überwiegend staatlich. Jüngsten verfügbaren Zahlen zufolge haben sich die staatlichen Ausgaben und Zuschüsse in diesem Bereich von 2011-16 auf 13 Mrd.$ verdoppelt, was dem Niveau der entwickeltsten Länder entspricht.
Italiens Nationale Behörde für Neue Technologien, Energie und Nachhaltige Entwicklung (ENEA) kündigte Anfang April an, daß das Forschungszentrum Frascati Standort der Divertor-Tokamak-Testanlage (DTT) sein wird. Sie wird Materialien und neue Ansätze für sog. Divertoren testen, die in einem Tokamak die Hitze des in die Reaktorkammer entweichenden Plasmas ableiten. In der Anlage wird man verschiedene Arten von Divertoren erproben, um Alternativen zu dem Wolfram-Divertor zu entwickeln, der im ITER verwendet wird. Das Ziel ist die Schaffung eines „Bindeglieds“ zwischen dem ITER-Reaktor, der die Machbarkeit der kommerziellen Kernfusion nachweisen soll, und dem später geplanten DEMO-Reaktor, der als Prototyp erstmals Strom erzeugen soll.
Das 500-Mio.-Euro-Projekt wird vom Europäischen Fusions-Konsortium Eurofusion (im Auftrag der EU-Kommission), von der italienischen Regierung und der Regionalregierung von Latium finanziert, die Europäische Investitionsbank gibt einen Kredit, und 30 Mio. Euro kommen aus China.
ENEA schätzt, daß etwa 1500 Personen am Bau des DTT mitarbeiten werden, der im November beginnen und sieben Jahre dauern soll.
Frascati ist ein guter Standort für den Tokamak, da dort bereits wissenschaftliche Laboratorien angesiedelt sind, darunter der Forschungsreaktor Frascati Tokamak Update (FTU), mit dem seit den 90er Jahren starke Magnetfelder untersucht werden.
Der erste in Mittelamerika entwickelte Satellit wurde Anfang April von Cape Canaveral (US-Staat Florida) aus gestartet. „Project Irazu“ ist ein würfelförmiger, 1 kg schwerer Satellit, „der in eine Handfläche paßt“, wie die Latin America Herald Tribune schreibt. Er wird die tropischen Regenwälder Costa Ricas beobachten, um ein Modell für die Kohlenstoffbindung der Bäume zu entwickeln. Die von dem Satelliten erfaßten Daten werden an eine Bodenstation in der Stadt Cartago weitergeleitet. Vor dem Start wurde der Satellit in Japan getestet.
Das Projekt wurde von der Zentralamerikanischen Vereinigung für Luft- und Raumfahrt (ACEA) initiiert, die Planungen begannen vor acht Jahren. Durch eine öffentliche Werbekampagne wurden 80.000 $ für das Projekt gesammelt, das insgesamt 500.000 $ kostet. Der Projektmanager der ACEA, Luis Diego Monge, erklärte stolz, der Satellit sei „Zentralamerikas Eintritt in den Weltraum“.
Wissenschaftler und Techniker in Costa Rica sind auch bereits daran beteiligt, fortgeschrittene Antriebstechnologien für den Weltraum zu entwickeln. Der aus Costa Rica stammende frühere Astronaut Franklin Chang-Diaz arbeitet an der Entwicklung des plasmabasierten VASMIR-Triebwerks. Sein Hauptlabor ist in Houston/Texas, in Costa Rica besteht ein Filiallabor, das von seinem Bruder geleitet wird.
Die Entwicklungsabteilung von Lockheed Martin („Skunk-Werke“), die für ihre bahnbrechenden Fortschritte in der Flugzeugtechnik berühmt ist, arbeitet seit einigen Jahren an einem kompakten Alternativkonzept zum Tokamak für die Erzeugung von Fusionsenergie. Im Februar erhielt sie das Patent für die neue Konstruktion.
Angestrebt wird ein Fusionsreaktor, der 100 MW Strom erzeugen kann und so klein ist, daß er Platz auf einem LKW, Flugzeug, Schiff, Zug, U-Boot oder Raumschiff hat und weniger als 30 kg Brennstoff im Jahr benötigt. Ein Reaktor dieser Größe wäre ausreichend für die Versorgung einer Stadt von 50-100.000 Einwohnern und wäre besonders geeignet für abgelegende Orte und für Entwicklungsländer. Er ließe sich auch parallel zur Meerwasser-Entsalzung einsetzen.
Verschiedene Aspekte dieser großen wissenschaftlichen und technischen Herausforderung werden in immer weiter verbesserten Konstruktionen erprobt. 2014 hatte der Leiter des Lockheed-Fusionsteams, Thomas McGuire, gegenüber der Fachzeitschrift Aviation Week & Space Technology gesagt, bei einem so kleinen Reaktor könne man sehr schnell neue Entwürfe testen, und man hoffe, daß „in fünf Generationen“, d.h. 2019, ein Prototyp fertig wird.
McGuire, ein Luftfahrtingenieur, beschrieb in dem Interview, wie er sich schon als Schüler dank eines NASA-Stipendiums mit Fusionsentwürfen beschäftigte, „mit der Aufgabe, wie wir schnell zum Mars kommen können“. Da er von den Vorschlägen für Fusionsantriebe, die er in der Fachliteratur fand, enttäuscht war, habe er sich daran gemacht, etwas Neues zu entwickeln. Der Luftfahrt- und Rüstungsgigant Lockheed-Martin erklärt stolz, der kompakte Fusionsreaktor könne vielleicht „eine technische Revolution auslösen“.