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Der Stromversorger FirstEnergy im Staat West-Virginia hat das US-Energieministerium gebeten, zu intervenieren, um die Schließung seiner Kernkraftwerke zu verhindern. Präsident Trump sagte am 5. April in einem Vortrag in dem Bundesstaat, er werde sich „das anschauen“. Mit einer solchen Intervention würde die Regierung eine klare Position in der Energiepolitik beziehen und, ähnlich wie im letzten Jahrhundert Präsident Franklin Roosevelt, mit der Anwendung von Bundesgesetzen eingreifen, weil die Bundesstaaten bisher nichts tun, um die Kraftwerke zu erhalten.
Das fragliche Gesetz ist Abschnitt 202 des Federal Power Act (FPA, Bundesgesetz über die Stromversorgung), das „gerechte und angemessene, kostenbasierte Strompreise“ für Stromerzeuger garantiert, die am Standort einen Brennstoffvorrat für 25 Tage halten, aber ihre Kosten nicht erwirtschaften können. In der Vergangenheit wurde dieser Paragraph nur bei Naturkatastrophen oder anderen Notfällen angewandt, oder um Preismanipulationen zu verhindern. Dies wäre der erste Fall, wo er in einer Lage angewandt wird, die durch „Marktbedingungen“ entstanden ist, wie es auf der Internetseite Utility Dive heißt.
Ein solcher Eingriff in den Markt könnte auch für andere Kernkraftwerke relevant werden, denen die Schließung droht, weil sie aufgrund der deregulierten Märkte Verluste machen. Der nächste Schritt wäre dann die Schaffung von Bedingungen, unter denen neue Kernkraftwerke gebaut werden können.
Am 5. April wurde bekannt gegeben, daß die Atomaufsichtsbehörde NRC (Nuclear Regulatory Commission) dem Unternehmen Florida Power & Light eine Bau- und Betriebsgenehmigung für zwei Kernkraftwerke am Standort Torkey Point in dem Bundesstaat erteilt hat. Der Stromversorger hatte 2009 eine Genehmigung für den Bau von zwei Reaktoren des Typs Westinghouse AP-1000 beantragt, will nun das Projekt jedoch aus verschiedenen Gründen um mehrere Jahre aufschieben.
Wenn die Wirtschaft wieder wächst und die derzeit stagnierende Nachfrage nach Strom entsprechend ansteigt, wird dies auch eine „Renaissance der Kernenergie“ in Gang setzen, worauf die Nuklearindustrie seit Jahren hofft.
Die Vereinigten Staaten insgesamt und insbesondere der Bundesstaat Kalifornien haben nicht genug Stromerzeugungskapazitäten für die geplante Zahl von Elektrofahrzeugen, berichtet die US-Behörde für Energie-Information in einer kürzlich vorgelegten Studie. Grid News berichtet in einem Artikel vom 29. März, daß ein neues Elektrofahrzeug soviel Strombedarf schafft wie drei neue Eigenheime. Kalifornien, ein besonders „grüner“ Bundesstaat, hat sehr ehrgeizige Ziele für die Einführung von Elektrofahrzeugen, gleichzeitig aber auch Beschränkungen für den Bau neuer Kraftwerke.
Das erklärte Ziel der Landesregierung ist, die Zahl der Elektrofahrzeuge bis 2030 auf 5 Mio. zu steigern. Da dafür nicht genug Kraftwerkskapazitäten vorhanden sind, gibt es alle möglichen Pläne, wie z.B. eine „dynamische Preisfindung“ oder vom Nutzungszeitpunkt abhängige Strompreise, bei denen der Preis während der Spitzenlastzeiten höher ist, und ähnliche Tricks, um „die Fahr- und Ladegewohnheiten an die Leistungsfähigkeit des Netzes anzupassen“. Damit will man die Stromnachfrage „ausgeglichener“ machen, um Engpässe zu vermeiden, aber den Bau neuer Kraftwerke auf ein Minimum begrenzen. Schon seit Jahren haben viele kalifornische Haushalte die Gewohnheit, die Waschmaschine erst nach Mitternacht einzuschalten, weil dann der Strom billiger ist. Elon Musk, der Besitzer des Elektrofahrzeugbauers Tesla Motor, hat als alternative Lösung vorgeschlagen, die Infrastruktur für das Aufladen der Fahrzeuge ganz vom Stromnetz abzukoppeln und Aufladestationen mit Solaranlagen und Batterien zu betreiben – was nicht gerade ein High-Tech-Ansatz ist.
Schon vor Jahren ergab eine Studie, daß die TVA (die unter Franklin Roosevelt geschaffene Tennessee-Tal-Behörde) mit ihren Wasser- und Kernkraftwerken der einzige Stromversorger des Landes ist, dessen Stromerzeugungskapazitäten den zukünftigen Bedarf der Elektrofahrzeuge decken können.
Der britische Forscher Matt Rooney empfiehlt in einer Studie über kleine modulare Reaktoren, die Ende Januar von der konservativen Denkfabrik Policy Exchange veröffentlicht wurde, der Kernkraft eine entscheidende Rolle bei der zukünftigen Energieversorgung des Landes zu geben, u.a. wegen des Bedarfs an „kohlenstoffarmer Energie“.
Zu den großen Vorteilen der Kernspaltung gehöre ihre hohe Energiedichte, schreibt Rooney. Aber die Reaktoren müßten nicht groß sein. „Kleine modulare Reaktoren (SMRs) könnten eine Lösung sein. Sie erforderten eine kleinere Investition je Einheit als große Reaktoren, und ihr Baukastenprinzip bedeutet, daß sie in einer kontrollierten Werksumgebung gebaut werden können, wo mit steigendem Einsatz durch verbesserte Produktionsprozesse und Skaleneffekte mit der Zeit die Kosten gesenkt werden können.“
Wegen der „diffusen und diskontinuierlichen Natur von Sonne und Wind können wir uns nicht für 100% unseres Energiebedarfs auf sie verlassen“, so Rooney. So gebe es im Januar gewöhnlich mindestens eine Woche lang gar keine Solar- und Windenergie. Hinzu komme, daß es „immer schwieriger werden wird, von anderen westeuropäischen Ländern ... Strom zu kaufen, da unsere Nachbarn sich ebenfalls auf Wind und Solarkraft verlegen und dadurch weniger Kapazität zum Exportieren haben“. SMRs könnten „die verläßliche und bezahlbare kohlenstoffarme Energieform“ sein, die gebraucht wird.