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Im Mai letzten Jahres schien Österreichs Verhältnis zu China auf einem Tiefpunkt, als der Verkehrsminister seine Teilnahme am Gürtel- und Straßen-Forum in Beijing kurzfristig absagte. Doch inzwischen hat es einen rasanten Aufschwung genommen, und der Höhepunkt war nun die Teilnahme von Bundespräsident Alexander Van der Bellen als Gastredner beim Boao-Forum am 10. April. Er, Kanzler Sebastian Kurz und vier Minister besuchten China mit der größten Delegation aller Zeiten mit mehr als 200 Unternehmern, Wissenschaftlern und Kulturschaffenden.
Ein Höhepunkt war, wie Verkehrsminister Norbert Hofer betonte, die erste Absichtserklärung eines europäischen Landes mit China über ein Projekt der Neuen Seidenstraße, worin ausdrücklich der Balkan-Bahnkorridor vom griechischen Piräus nach Wien erwähnt wird. Für die Österreicher ist vor allem der Abschnitt zwischen Belgrad und Budapest von Interesse. In Erwartung des Piräus-Wien-Korridors (wofür noch die Verbindung zwischen Belgrad und Athen durch Makedonien gebaut werden muß) hat die Güterabteilung der österreichischen Bahn (ÖBB), Rail Cargo, bereits entschieden, ihren Hauptsitz auf dem Balkan nach Budapest zu verlegen.
Österreich sieht sich bei der Kooperation mit China als Pionier, als „first mover“, wie Hofer es nannte, in Europa. Er verwies dazu auch auf ein Abkommen über gemeinsame Forschung und Entwicklung neuer Verkehrstechnik für Schiene, Straße, Luft- und Schiffahrt.
Am Ende ihrer Chinareise nahmen Van der Bellen, Kurz und Hofer sowie ÖBB-Chef Andreas Matthä am 12. April an einer Zeremonie zur Abfahrt des ersten Zuges auf der direkten Güterbahnverbindung von Chengdu nach Wien teil.
Der Präsident und der Bundeskanzler wohnten auch der Einweihung eines neuen Krankenhauses in der südostchinesischen Inselprovinz Hainan bei. Die Klinik soll bis Oktober fertiggestellt sein und wird von der Hainan Airlines Group und dem österreichischen Gesundheitsunternehmen Vamed betrieben.
Ein weiterer Hauptaspekt der bilateralen Zusammenarbeit ist die Kultur. Am 10. April schlossen die chinesische Fosun Group und die Wiener Sängerknaben eine Vereinbarung über eine bedeutende Ausweitung musikalischer Erziehungsprojekte in zahlreichen chinesischen Städten. Diese musikalischen Kontakte reichen schon bis 1992 zurück, aber seit einer „Seidenstraßen-Tournee“ des Chores vor zehn Jahren hat Wiens Einfluß in dem Bereich ständig zugenommen. Der Leiter der Wiener Sängerknaben, Gerald Wirth, hat in den letzten Jahren Kindern und Jugendlichen in vielen Teilen Chinas Unterricht erteilt. Er betont, die Gesangserziehung sei nicht nur wichtig für den einzelnen, sondern auch für die Gesellschaft als ganze, weil sie den Charakter veredelt.
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