|
|
„Früher waren wir das Land der Dichter und Träumer und Querdenker. Heute sind wir das Land der Bürokraten und Workaholics.“ (Stephan Grünewald, Psychologe und Leiter des Marktforschungsunternehmen Rheingold Institut)
Heute geht es immer nur noch um materiellen Fortschritt, kommerzielle Leistung und Wachstum. Der Geist hat keinen Platz mehr in diesem Weltbild. Vielleicht liegt der Mangel an Intentionen und Gestaltungsfähigkeiten genau daran, daß die geistige Dimension in unserem heutigen Leben fehlt.
Europa ist an letzter Stelle ein geographischer oder geopolitischer Begriff. Viel entscheidender ist, was Europa an Inhalten vorzuweisen hat, und das ist in den verschiedenen Epochen höchst unterschiedlich gewesen. In der großen Zeit standen immer Philosophie und Kultur im Mittelpunkt des Interesses. Zum Denken bleibt keine Zeit und für den Geist nur wenig Platz.
Effizienz ist das Gebot unserer Zeit. Max Weber hat schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts unsere Welt als „entzauberte Welt“ bezeichnet. Eine Welt, in der, wie er sage, falsche Zauberer eine große Gefahr darstellen.
Wenn junge Menschen in einem zerrütteten Elternhaus aufwachsen, ohne feste moralische Wertbegriffe, ohne Bindungen, dann ist es kein Wunder, wenn ihr Verhalten unberechenbar wird. Denn die Bindemittel einer Gesellschaft sind Tradition, Religion, soziale Gewohnheiten. Wo sie fehlen, ist nichts mehr unmöglich. Schon Vierzehn- und Fünfzehnjährige sind heute an brutalen Überfällen auf Asylanten und Asylantenheime beteiligt.
Und Deutschland muß endlich einsehen, daß das wirkliche Interesse und der anderen europäischen Staaten in der Kooperation mit der „Neuen Seidenstraße“ lieg. Darin liegt auch „die Chance, eine wirkliche Friedensordnung für das 21. Jahrhundert auf die Tagesordnung zu setzen“. Dabei geht es nicht nur um die Kooperation mit China, sondern auch mit den BRICS-Staaten, und ihren Partnern insgesamt, also auch mit Rußland und Indien.
Man kann nur hoffen, daß die deutsche Industrie, „die inzwischen völlig geschockt ist und realisiert hat, daß die Sanktionen gegen Rußland Deutschland mehr schaden als Rußland…, ihr Gewicht gegenüber der deutschen Regierung zur Geltung bringt und daß da ein Wandel eintritt. Denn für Rußland habe die Wende nach Asien unglaubliche Möglichkeiten eröffnet“‚ während Deutschland im Grund damit konfrontiert ist, daß seine ganzen Investitionen und auch Kooperationsverträge mit Rußland wegbrechen - zum großen Schaden der deutschen Industrie.
Günter Königsdorf, Berater für internationale Presse und Medien