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Die EU-Kommission unternimmt weitere verrückte Vorstöße in Richtung einer Finanzdiktatur. Am 24. September schlug Währungskommissar Olli Rehn vor, die Maastricht-Kriterien zu verschärfen, indem man Ländern, die beständig gegen die Schulden-/Defizitregeln verstoßen, ein Bußgeld von 0,2% ihres BIP auferlegt - d.h. sie müßten noch mehr Schulden machen. Die betreffende Regierung soll das nur abwenden können, wenn innerhalb von zehn Tagen nach Auferlegung der Buße eine qualifizierte Mehrheit (entspricht ungefähr 2/3-Mehrheit) der Regierungen im EU-Rat ihr Veto unterstützt.
Rehns Vorschlag ist so empörend und inkompetent, daß die EU-Gremien ihn wahrscheinlich nicht unterstützen werden. Andererseits darf man erfahrungsgemäß die Dummheit der Regierungen nicht unterschätzen...
Der Vorschlag ist nicht nur kontraproduktiv, er widerspricht auch den Schulden- und Defizitvorschriften im Vertrag von Lissabon. Laut Vertrag ist die Kommission nur befugt, ein Verfahren einzuleiten, aber die Feststellung, daß ein Mitgliedstaat gegen die Richtlinien verstoßen hat, muß vom Rat, also den Regierungen getroffen werden. EZB-Chef Jean-Claude Trichet (quasi der Bauchredner der Puppe Rehn) hat selbst kürzlich in einem Interview mit der Financial Times eingeräumt, daß man für diese neuen Regeln die Verträge ändern müßte. Da dies aber politisch unmöglich sei, solle man die vorhandenen Regelungen eben möglichst weit auslegen.
Der frühere Bundesbankchef Ottmar Issing, der jetzt für Goldman Sachs arbeitet, sagte im staatlichen schwedischen Radio, wenn die neuen Regelungen Ländern nicht gefielen, sollten sie aus der Währungsunion aussteigen. Er setzte jedoch hinzu: „Ich denke, dies könnte nur geschehen, wenn Länder in eine so verheerende Lage kommen, daß extremistische Parteien genug wachsen, um an die Macht zu kommen.“ Um das zu vermeiden, sollten die Politiker wie einst Churchill in seiner berühmten Rede den Menschen „Blut, Schweiß und Tränen“ versprechen, aber ihnen gleichzeitig auch deutlich erklären, „warum diese Schwierigkeiten absolut unvermeidbar sind“.
Unterdessen hat die Financial Times Deutschland (FTD) enthüllt, daß EU-Kommissare nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission drei Jahre lang ein monatliches „Arbeitslosengeld“ von bis zu 11.000 Euro erhalten (zwischen 45% und 65% ihres Gehalts als Kommissar). Offiziell soll ihnen das als Überbrückung helfen, bis sie eine neue Arbeit haben. Tatsächlich, so die FTD, hätten aber die EU-Kommissare in aller Regel längst einen neuen, gutbezahlten Posten in der Industrie, im Bankensektor oder in der Politik gefunden, wenn ihre Amtszeit ausläuft. Trotzdem verzichte keiner auf den goldenen Fallschirm: Der frühere Fischereikommissar Joe Borg trat in eine Brüsseler Lobbyisten-Firma im Fischereisektor ein, löst aber immer noch seinen „Arbeitslosenscheck“ ein, ebenso Benita Ferrero-Waldner, die jetzt für Munich Re und andere Firmen arbeitet. Meglana Kuneva ist jetzt bei einer Investmentbank, Jacques Barrot ist Mitglied des Verfassungsrates und Luis Michel Chef der Liberalen Partei in Wallonien. Sich selbst gönnen diese Politiker also alle andere als „Blut, Schweiß und Tränen“.
Am 21. September bekräftigte die US-Notenbank Federal Reserve in einer Erklärung ihre im August verkündete Politik der hyperinflationären Rettungsaktionen. Sie versprach den „Märkten“, sie sei offen für weitere „quantitative Erleichterungen“, falls notwendig. Aber die Fed geht sogar noch weiter und erklärt ausdrücklich, sie wolle die Inflation beschleunigen.
Sie sei „bereit, zusätzliche Liquidität zu liefern, wenn dies notwendig ist, um die wirtschaftliche Erholung und eine stufenweise Rückführung der Inflation auf ein ihrem Mandat entsprechendes Niveau herbeizuführen“, heißt es in der Erklärung. Gemeint ist eine Inflation von bis zu 2%; derzeit liegt diese offiziell bei 1%. D.h. praktisch ist die Fed entschlossen, die Inflation weiter anzuheizen, indem sie weitere Billionen in das System pumpt. Das wird den realwirtschaftlichen Kollaps nicht aufhalten, aber eine Hyperinflation auslösen.
Gleichzeitig wurde berichtet, daß die Banken in den ersten neun Monaten des Jahres 2010 ihre Investitionen in „niedrig bewertete, ertragreiche Papiere“ stark ausgeweitet haben - eine bessere Bezeichnung für solche Papiere ist wohl „subprime“ (minderwertig) oder schlicht „Ramsch“. Ihr Volumen wuchs von Januar bis September um 58%, und die Provisionen, die den Banken dabei gezahlt wurden, stiegen um 93%. Das Volumen an solchen riskanten, hochverzinsten Unternehmensanleihen liegt derzeit bei 257,6 Mrd.$.
Man erinnere sich, daß die größte Bank der Eurozone, Santander, in diesem Jahr nur wegen der hohen Renditen aus Brasilien eine positive Bilanz vorlegen konnte. Santander steht dabei für die Londoner City und die Inter-Alpha-Gruppe.
Brasilianische Staatsanleihen bringen derzeit 11,49% Zins - 11% mehr als US-Bonds mit vergleichbarer Laufzeit. Aber die Gewinne im Carry-Trade beruhen nicht nur auf den hohen Zinsen, sondern auch auf der Aufwertung des brasilianischen Real, der seit Ende 2008 um 34% und allein in den letzten vier Monaten um 9,4% aufgewertet wurde. Hochgerechnet aufs Jahr wird die Aufwertung 2010 also bei etwa 30% liegen - zusammen mit den Zinsen von 11,5% machen die „Investoren“ also einen Gewinn von 41,5% auf ihre Spekulationen, gegenüber einem Gewinn von „nur“ 37% im Jahr 2009 und von durchschnittlich 24% im letzten Jahrzehnt.
Brasilien verliert natürlich viel Geld bei diesen Transaktionen, sodaß das Defizit der Regierung jetzt aufgrund der Zinszahlungen jährlich um 14 Mrd.$ wächst. Diese Blase ähnelt sehr der russischen GKO-Blase, die Rußland 1998 in die Zahlungsunfähigkeit trieb, und sie wird schon bald platzen.