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Neue Solidarität
Nr. 33, 12. August 2009

Wichtiges kurzgefaßt

Obama-Berater: Im Ernstfall Junge und Alte nicht behandeln

In einem Artikel mit dem bezeichnenden Titel „Prinzipien der Zuteilung knapper medizinischer Leistungen“ beschreibt der Gesundheitsberater des Weißen Hauses, Ezekiel Emanuel, Kriterien dafür, bei welchen Bevölkerungsgruppen medizinische Behandlung bewußt unterlassen werden soll. Der Artikel erschien am 31. Januar 2009, also nur 11 Tage nach Obamas Amtsantritt, in der britischen Medizinzeitschrift Lancet. Am 19. März hat der Bundeskoordinationsausschuß für vergleichende Effektivitätsforschung Emanuel beauftragt, eine für die USA einheitliche Regelung zur Verweigerung von Behandlung zu entwerfen. Wenn nun diese Pläne zur Beschleunigung der Sterberate bekannt werden, wird das vielen, die sich Illusionen über Obama gemacht haben, die Augen öffnen.

In dem Artikel schreibt Ezekiel Emanuel, Bruder des Stabschefs des Präsidenten, seine Methode „liefert eine Kurve, auf der Personen im Alter zwischen 15 und 40 Jahren die substantiellsten Chancen haben, während die Chancen bei den jüngsten und ältesten Menschen abfallen“. Auch die öffentliche Meinung rechtfertige dies, denn „ein breiter Konsens zieht Jugendliche gegenüber sehr kleinen Kindern vor und junge Erwachsene gegenüber sehr alten Menschen.“ Kaltblütig schreibt er dann, warum „der Tod einer 20jährigen Frau intuitiv schlimmer ist als der eines zweimonatigen Mädchens“ usw. - ein Paradebeispiel psychologischer Kriegführung.

Emanuel behauptet, seine Methode sei menschlicher als die Kriterien der sog. „qualitätsgewichteten Lebensjahre“ (QALY) und „behinderungsgewichteten Lebensjahre“ (DALY). Das Leben verschiedener Menschen sei unterschiedlich wichtig und nicht heilig.

Wie wir letzte Woche berichteten, schrieb Emanuel schon 1996, daß Menschen, die „unwiderruflich nicht mehr aktive Bürger sein können“, kein Recht auf medizinische Behandlung hätten, wobei er speziell Demenzkranke erwähnte.

Britisches Gesundheitsinstitut NICE verordnet mehr Rückenschmerzen

Wenn man in Großbritannien mehr als ein Jahr unter Rückenschmerzen gelitten hat und Ärzte die Ursache nicht auffinden können, soll man nach der Meinung der Bürokraten des NICE [National Institute for Health and Clinical Excellence] weiterhin leiden. Das NICE hat angeordnet, daß Patienten dann nicht mehr hochwirksame Steroide wie Kortison zur Schmerzlinderung erhalten sollen, sondern ihnen statt dessen Behandlungen wie Akupunktur und Osteopathie angeboten werden. Das Nationale Gesundheitsamt stellt jährlich etwa 60.000 Steroidspritzen zu Verfügung, was NICE auf maximal 3000 reduzieren will - bloß um Geld zu sparen.

Die Entscheidung hat unter Ärzten, die auf dem Gebiet der Behandlung von chronischen Rückenschmerzen spezialisiert sind, für Aufregung gesorgt. Dr. Jonathan Richardson, ein Spezialist für Schmerztherapie, hat mit fünfzig anderen Medizinern einen Brief an NICE verfaßt, in dem sie fordern, diese Entscheidung zurückzunehmen. Er sagte der britischen Tageszeitung Daily Telegraph: „Die Konsequenzen der Entscheidung des NICE werden für Tausende von Patienten verheerend sein. Es wird dazu führen, daß mehr Menschen statt dessen Opiate nehmen, die süchtig machen, und zu 2000 Todesfällen pro Jahr. Mehr Menschen werden sich Wirbelsäulenoperationen unterziehen müssen, die unglaublich riskant sind und bei denen die Quote von mißglückten Operationen bei 50% liegt.“

NICE ist das ausdrückliche Vorbild der amerikanischen Gesundheits-“Reform“-Pläne. In Deutschland besteht über das öffentliche IQWIG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) eine Kooperation mit NICE.