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Neue Solidarität
Nr. 27, 1. Juli 2009

Britische Zustände - frei nach John Locke

Das Sprachrohr der Londoner City, die Financial Times, beschwört am 24. Juni bei ihrer erneuten Forderung nach drastischen Kürzungen im britischen Gesundheits- und Sozialwesen den britischen „Philosophen“ John Locke herauf. Locke postulierte Leben, Freiheit und Besitz als absolute Grundsätzek, und die Financial Times beweist jetzt, daß die Finanzoligarchie die Freiheit hat, die britische Bevölkerung sowohl ums Leben als auch um ihren Besitz zu bringen.1

Die physisch-ökonomischen Bedingungen, so lügt die FT, hätten Großbritannien hohe Steuereinkommen und damit quasi 30 Jahre lang „finanzielles Freibier“ beschert. Ohne die Billion Dollar zu erwähnen, die man in die Banken gestopft hat, tönt die FT, in Großbritannien „hätte man nun erkannt, daß die Politik in Sachen Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen nicht finanzierbar sei“. Aber ein marktorientiertes, individualistisches Land - das Land, aus dem John Locke hervorging - werde nicht leicht „dem Kommunitarismus“ verfallen. „Die Größe des Staates muß stets verringert werden“, heißt es ganz lockisch in der FT.

Im Lockeschen Lande ist schon die Jugend der Freiheit einer Zukunft beraubt. Die Jugendarbeitslosigkeit ist im letzten Jahr dramatisch angestiegen, berichtet der Guardian am 24. Juni. Die Zahl der Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 24 Jahren, die weder zur Schule gehen, noch eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz haben, stieg von 13,6% auf 15,6%. Das sind 935.000 Jugendliche. Für die Altersgruppe 18 bis 24 ist der Prozentsatz mit 17,6% noch schlimmer.

Ein weiterer Artikel am selben Tag zeigt auf, daß auch die Senioren in John Lockes Heimat ganz frei beraubt werden können: „Laut OECD gibt es in Großbritannien das am wenigsten großzügige Rentensystem der westlichen Welt; der durchschnittliche Arbeiter erhält hier lediglich 31% seines letzten Gehaltes als Rente ausgezahlt. Das ist das schlechteste Verhältnis in der entwickelten Welt“, heißt es im Daily Telegraph. Andere unterstützende Maßnahmen seien daher notwendig. Jemand, der im privaten Sektor tätig ist und 50.000 Pfund im Jahr verdient, kann sich glücklich schätzen, wenn er nach 40 Jahren Beitragszahlung mit einer Rente von 16.000 Pfund dasteht. Nicht nur kommt wenig heraus, inzwischen bieten viele Arbeitgeber gar keine Rentenpläne mehr an. Im öffentlichen Sektor sieht es noch relativ gut aus. Das Offensichtlichste findet in dem Artikel jedoch keine Erwähnung: daß nämlich die Steuerbasis in dieser Krise mit der Wirtschaft zusammenbricht und riesige Defizite entstehen. Beamte und Regierungsangestellte stehen damit dann genauso im Regen wie alle anderen.

Im Lande Lockes und Adam Smiths scheint die unsichtbare Hand der City of London (in die Taschen der Bürger) das einzige zu sein, das wirklich gut funktioniert.

BüSo


1. Lockes feudal-monetaristisches Prinzip „Leben, Freiheit und Recht auf Besitz“ fand sich  in der „Verfassung“ der Sklavenbesitzer der amerikanischen Konföderierten. In der Präambel der US-Verfassung heißt es hingegen, „Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit“ seien unveräußerliche Menschenrechte. Dieses Konzept beruht auf der Idee des deutschen Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz und war der anti-oligarchische Leitstern der amerikanischen Republik im Kampf gegen das britische Empire.