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Aus der Neuen Solidarität Nr. 11/2009 |
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Die Wall-Street-Interessen setzen wieder verstärkt Felix Rohatyn ein, um zu verhindern, daß die Obama-Regierung sich Roosevelts Politik der Krisenlösung zu eigen macht.
Als der synarchistische Bankier Felix Rohatyn letzte Woche auf der Konferenz der Gouverneure das Podium bestieg, waren viele Zuhörer - einschließlich der Autorin - von seinem Auftritt überrascht.
Rohatyn hatte in den vergangenen Jahren harsche Angriffe auf das Erbe Präsident Roosevelts gefahren. Dabei hatte er sich selbst immer als großer Verfechter von Infrastrukturinvestitionen ausgegeben, aber zusammen mit seinem republikanischen Gegenüber George Shultz wiederholt behauptet: „Wir sind meilenweit entfernt von den Methoden der Reconstruction Finance Corporation [RFC] Roosevelts“. Statt dessen hatte er sich für eine private Finanzierung aller neuen Infrastrukturmaßnahmen, für sogenannte privat-öffentliche Partnerschaften (private public partnerships = ppp) stark gemacht. Er befürwortet auch den Verkauf und langfristige Leasing-Geschäfte für öffentliche Projekte, beim Bau von Autobahnen, Häfen, Flughäfen usw. an private Finanzgesellschaften; also kurzum, er vertritt im Kern das „Mussolini-Modell” für öffentliche Arbeiten.
Aber der neue, „geläuterte” Felix Rohatyn erzählte den versammelten Gouverneuren, daß „Billionen in die faulen Banken gepumpt werden und dabei die Nation buchstäblich auseinanderfällt. Amerikas Straßen und Brücken, Schulen und Krankenhäuser, Flughäfen und Eisenbahnen, Häfen und Schleusen, die Kanäle und Luftüberwachungssysteme, die ganze Infrastruktur des Landes wird zunehmend gefährlich marode, während die Arbeitslosigkeit steigt“.
Rohatyn sagte, er sei nach Washington gekommen, um zum Handeln aufzurufen; die Bundesregierung müsse in den nächsten fünf Jahren 1,6 Billionen $ an Infrastrukturinvestitionen tätigen, am besten in Form eines Investitionshaushaltes des Bundes nach dem Vorbild von Roosevelt. Er breitete dann die Vorzüge eines Abraham Lincoln aus, der die transkontinentale Eisenbahn gebaut habe, während der Bürgerkrieg wütete. Und FDR habe inmitten der großen Depression die ländlichen Regionen elektrifiziert und die größten öffentlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der amerikanischen Geschichte angestoßen.
Naive Zeitgenossen könnten Rohatyn einen ehrlichen Gesinnungswandel unterstellen, denn er sprach sich für Roosevelts RFC und die Tennessee Valley Authority (TVA) als nationales Modell für nötige Infrastrukturinvestitionen aus. Er unterstrich die Tatsache, daß die RFC „unsere nationale Wirtschaft wiederbelebte, ihr Richtung gab, indem sie den Kapitalfluß für die Arbeitskräfte und die Maschinen zur Verfügung stellte. Das hat zum Sieg über die Achsenmächte und schließlich zum Sieg über die Depression geführt“. Rohatyn argumentierte, eine Institution wie die RFC hätte die großen Banken vor vielen Monaten einer Untersuchung unterziehen können, und nicht erst jetzt.
Einige der Konferenzteilnehmer und Gäste staunten über seine Rede: „Es sieht so aus, als ob Felix Rohatyn zu LaRouches Ansichten übergelaufen sei.” Aber stimmt das? Hat der alte synarchistische Bankier die Seiten gewechselt und sich eines besseren besonnen? Wohl kaum.
LaRouche selbst sieht es eher so, daß „die ganze Debatte jetzt anders läuft. Rohatyn hat erkannt, was ich in Gang gesetzt habe.” LaRouche bemerkte, Rohatyn und der milliardenschwere Hedgefonds-Spekulant George Soros operierten als Frontmänner der internationalen, von ihnen repräsentierten Finanzkreise.
Erst eine Woche zuvor war LaRouche aus dem Umfeld der Obama-Administration darauf aufmerksam gemacht worden, daß diese Gruppe dabei ist, wieder stärker auf die Obama-Regierung Einfluß zu nehmen. Seit Soros mit seiner Drogenpolitik bei der klaren Anti-Drogen-Haltung des Präsidenten nicht landen konnte, so LaRouche, gebe es jetzt große Anstrengungen, Rohatyn wieder stärker in Szene zu setzen.
Das außergewöhnlich heftige Aufflackern von Attacken auf Roosevelt ist ein weiteres Anzeichen für den Versuch, Obama wieder auf Linie zu bringen. Das betrügerische Argument lautet, der New Deal sei ein totaler Flop gewesen, und erst der Zweite Weltkrieg hätte die USA aus der Depression befreit. Es ist nicht überraschend, daß hinter diesen Angriffen die Nachfahren derselben faschistischen Netzwerke stehen, die in den dreißiger Jahren die Ermordung Roosevelts planten.
Gleichzeitig, und das weist eindeutig auf einen koordinierten Angriff hin, ergoß sich plötzlich eine Flut von Artikeln in die Zeitungen und Internetseiten, die die gegenwärtige Finanzkrise dem früheren Präsidenten Bill Clinton in die Schuhe schieben wollten. Die Überschriften waren in reißerischer Exzentrizität kaum noch zu überbieten: „Wirst Du enteignet? Beschwere Dich bei Bill Clinton!” In einem Interview nach dem anderen mußte sich Clinton dafür verteidigen, daß seine Regierung dummerweise daran beteiligt war, das von Roosevelt in den dreißiger Jahren durchgesetzte [zweite] Glass-Steagall-Gesetz außer Kraft zu setzen. All das war der eindeutige Versuch, den früheren Präsidenten zu isolieren und seinen Einfluß in der Regierung Obama zu schwächen, was wiederum Rohatyn und Soros neuen Spielraum verschaffen soll. Obwohl er in den vergangenen Monaten wiederholt eine Re-Regulierung der Banken gefordert hatte, ließ sich Clinton leider, nach Profil, dazu hinreißen, die Maßnahmen seiner Regierung zu verteidigen.
Ironischerweise aber hat es Clinton versäumt, seine Kritiker mit der Realität zum Schweigen zu bringen. Denn zwei Jahre vor der katastrophalen Aussetzung des Glass-Steagall-Gesetzes im Jahr 1999, hatte sich Clinton vehement für eine neue Finanzarchitektur stark gemacht. Diese Initiative war klar von den Vorgaben der internationalen Kampagne von LaRouche für ein neues Bretton-Woods-Abkommen beeinflußt gewesen. Jene Bewegung wurde jäh durch die höchst verdächtige Lewinsky-Affäre und den folgenden Kampf um die Amtsenthebung des Präsidenten zum Stillstand gebracht.
Erst danach, und wirklich erst dann, als alle Hoffnungen auf ein neues internationales Abkommen zerstört waren, kapitulierte die gebrochene und umkämpfte Administration vor den Forderungen der Spekulanten.
In einem 20-minütigen Interview in CNBC am 25.Februar wiederholte Rohatyn seine Linie von der Gouverneurs-Konferenz. Er forderte „öffentliche Investitionen in große Infrastrukturprojekte”, und erwähnte private Gelder nicht. Allerdings bestand er in anderen Interviews und in kleineren Arbeitstreffen während der Konferenz darauf, zu dem Startkapital des Bundes für die Infrastruktur müßten dann auch private Gelder aus dem Verkauf steuerfreier Anleihen der Nationalen Bank für Infrastruktur hinzukommen. Nur so könnten solche Projekte wie ein nationales Netz von Hochgeschwindigkeitszügen effektiv finanziert werden, für die sich Präsident Obama so leidenschaftlich einsetzt.
Jeder mit einem nur rudimentären Verständnis des Amerikanischen Systems Präsident Roosevelts weiß, daß die Methode direkter staatlicher Kreditschöpfung, wie sie durch die RFC eingeleitet wurde, genau das Gegenteil des großangelegten Diebstahls der PPP-Programme ist, wie sie von Rohatyn und seinen Parteigängern verkündet werden.
Dies wurde durch die Stellungnahme verdeutlicht, die der Ökonom James Galbraith, Sohn von Roosevelts wichtigstem Wirtschaftsberater John Kenneth Galbraith, am 26. Februar vor dem Finanzausschuß des Repräsentantenhauses gab.
Galbraith legte dar, daß die Grundaussage, auf der das Rettungspaket der Regierung fuße, die substanzlose „mechanische Annahme” sei, die „sich auf statistische Beziehungen zwischen nicht-finanziellen Variablen” stützt. Deshalb sei das Paket zu klein. Er griff Bernanke wegen seiner Aussage im Januar in London an, „die Weltwirtschaft wird sich erholen”. Galbraith warf ihm vor, er handle in blindem Glauben: „Er hat nicht gesagt, wie er das weiß. Und die Wahrheit ist, daß dies nur eine Glaubenserklärung ist. Geldpolitik hat wenig Kraft, Wachstum zu erzeugen. In der Zeit der Depression nannte man das, ,an einer Strippe ziehen‘.” Er sagte, die Probleme der Wirtschaft gingen weit über die Frage nach Liquidität hinaus und Bernanke stelle nur „Wunschdenken” zur Schau.
Des weiteren erklärte er, warum der Bankenplan des Finanzministeriums nicht funktionieren werde. „Der jüngste Versuch, faule Guthaben aus den Bilanzen der Banken zu entfernen, ist ein kostspieliges, zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß der ,Kreditstrom’ wieder fließen wird und daß Banken, die vor langer Zeit vernünftige und normale Leihpraktiken aufgegeben haben, jetzt irgendwie reuevoll wieder zu ihnen zurückkehren werden. Warum sollten sie ihr Verhalten ändern, wenn ihre Verluste sowieso vom Finanzministerium garantiert werden? Faule Guthaben zu Werten über ihrem Marktwert zu garantieren, bedeutet einfach nur, einen Transfer zu denen hin, die die Papiere halten... Der Plan wird so nur das Vermögen der Bankeninsider und der Finanzinvestoren schützen, während er versäumt, den Zusammenbruch von Vermögenswerten aller anderen zu verhindern. Ich kann nicht glauben, daß die amerikanische Öffentlichkeit dies auf lange Sicht tolerieren wird... Um es kurz gefaßt zu sagen: der Plan des Finanzministeriums wird die gesteckten Ziele nicht erreichen, dafür aber den Ausbruch von Inflation und die Behinderung von Wachstum riskieren. Meiner Auffassung nach gibt es keine gangbare Alternative dazu, die großen Banken in Konkursverwaltung zu nehmen, um ihre Einlagen zu sichern, ihr Management auszutauschen, eine saubere Prüfung vorzunehmen und die faulen Papiere auszusondern.
Und in der Zwischenzeit müssen wir uns darum kümmern, wie wir die Wirtschaft am Laufen halten. Es sollte eine öffentliche Bank geben, die den Unternehmen Kredite gewährt, den kleinen, mittleren und großen. Das sollte umfangreich genug sein, um sie durch die Krise zu bringen. Das war die Aufgabe der Reconstruction Finance Corporation.”
Galbraith griff auch die Argumente für eine Reform der Leistungsbemessung bei der Sozialversicherung und der Krankenversicherung für Ältere, Medicare, als „falsch und gefährlich” an. Statt dessen forderte er eine dauerhafte Steigerung der Renten, eine zeitweise Aussetzung der Lohnabzüge für die Medicare-Krankenversicherung und die Renten und eine Herabsetzung des Mindestalters für Medicare.
Er forderte ein umfassendes Moratorium bei neuen Zwangsversteigerungen und die Übernahme aller faulen Hypotheken durch eine ähnliche Einrichtung wie die Kreditanstalt für Hausbesitzer (Home Owners Loan Corporation) in der Zeit der Depression. Sie könnte ehrliche von betrügerischen Kreditnehmern trennen, legitime Hausbesitzer in angemessene Kategorien der Rückzahlmodalitäten einteilen und das Eigentum des Rests verwalten oder abschreiben. Und in der Zwischenzeit hätten die Menschen das vorläufige Recht, in ihren Häusern zu bleiben.
Schließlich schlug Galbraith einen Nationalen Infrastrukturfonds vor, eine ständige Einrichtung, die den Bundesstaaten, Kommunen und regionalen Körperschaften Kredite außerhalb der Marktbedingungen gewähren könnte. Sie könnte auch als Vorbild für Vergabestandards und -aufsicht dienen.
Allerdings vermied es Galbraith, das Offensichtliche zu tun, nämlich angesichts der wachsenden Unterstützung lokaler und bundesstaatlicher Stellen die sofortige Verabschiedung von LaRouches Gesetz zum Schutz der Banken und Hauseigentümer (HBPA) ausdrücklich zu fordern. Vielleicht war er durch die Anwesenheit von Frank Barney eingeschüchtert, der neben der Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi diese Gesetzesinitiative zugunsten der Wall Street sabotiert hat. Das HBPA-Gesetz und das ergänzende Gesetz zur Reform des nationalen Bankensystems von LaRouche repräsentieren die einzigen legitimen Alternativen zur jetzigen Kernschmelze des amerikanischen Bankensystems.
Debra Hanania-Freeman
Lesen Sie hierzu bitte auch: Rohatyns Infrastrukturgesetz: ein typischer Schwindel - Neue Solidarität Nr. 35/2007 Rohatyns „Big Mac“: ein faschistisches Modell - Neue Solidarität Nr. 35/2007 Felix Rohatyn, John Kornblum und die deutschen Städte - Neue Solidarität Nr. 30/2006 Die feinen Herren von Lazard - Teil I - Neue Solidarität Nr. 25/2006 Die feinen Herren von Lazard - Teil II - Neue Solidarität Nr. 26/2006 Von Vichy zu Rohatyn - Neue Solidarität Nr. 24/2006 Die Privatisierung der Nationalen Sicherheit - Neue Solidarität Nr. 14/2006 Eine Geschichte von zwei Schaumschlägern: Wie man keinen Aufschwung schafft - Neue Solidarität Nr. 51-52/2005 |
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