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Aus der Neuen Solidarität Nr. 48/2008 |
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Von Alberto Vizcarra Osuna
Der Nordwest-Wasserplan (PLHINO), ein großangelegtes Infrastrukturprojekt zur Schaffung Zehntausender Arbeitsplätze, hat durch prominente Unterstützung neuen Schwung bekommen.
„Der Nordwest-Wasserplan (PLHINO) ist eines der Projekte, das aggressiv vorangetrieben werden sollte, so daß durch Investitionen in die Infrastruktur die gesamte Wirtschaft reaktiviert wird, was in diesen Zeiten der Weltfinanzkrise zweifellos eine Notwendigkeit für unser Land ist.“ Diese Unterstützung für PLHINO stammt von dem früheren Präsidentschaftskandidaten Cuauhtemoc Cardenas Solorzano, einem führenden Politiker von Mexikos Partei der Demokratischen Revolution (PRD). Er machte diese Äußerung auf einer Pressekonferenz unmittelbar vor seiner Teilnahme an dem Diskussionsforum „Öl: Hebel für die industrielle und landwirtschaftliche Entwicklung Mexikos“, das am 13. November von dem Pro-PLHINO-Komitee für das 21. Jahrhundert in Ciudad Obregon veranstaltet wurde. Diese Stadt im Süden des Bundesstaates Sonora liegt im Yaqui-Tal, einer der wichtigsten landwirtschaftlichen Regionen Mexikos.
Neben Vertretern der 30 Organisationen, die das PLHINO-Komitee bilden - darunter Agrarproduzenten, Gewerkschaften, Fachverbände und andere Vereinigungen - nahmen an dem Forum Bürger aus sämtlichen politischen Interessengruppen der Region teil, die sich in den letzten Monaten immer mehr mit dem Kampf für eine Wirtschaftspolitik identifiziert haben, bei der der Staat massiv in die Infrastruktur investiert, um die großen Herausforderungen der jetzigen Krise zu meistern.
Ein weiterer Teilnehmer des Forums war Sen. Alfonso Elias Serrano von der PRI, der sich im letzten April im mexikanischen Senat dafür stark gemacht hatte, daß der Kongreß und der Präsident Gelder zum Bau von PLHINO bewilligen. Der Gouverneur von Sonora, Eduardo Bours Castelo, ebenfalls von der PRI, entsandte seinen Landwirtschaftsminister Alejandro Elis Calles als seinen persönlichen Repräsentanten zu dem Forum. Auch persönlich anwesend war der Oberstadtdirektor von Ciudad Obregon, Francisco Villanueva Salazar.
In seiner Eröffnungsrede bekräftigte Elis Calles auf dem Forum die Absicht von Gouverneur Bours, die Anstrengungen zum Bau von PLHINO zu unterstützen, und hieß Cuauhtemoc Cardenas herzlich willkommen, dessen Anwesenheit jeden daran erinnere, welch wichtige Rolle das Öl für die Finanzierung großer Infrastrukturprojekte spiele. Der Notwendigkeit wirtschaftlicher Entwicklung für Mexiko stellte er die Tatsache gegenüber, daß die mexikanische Regierung kürzlich beschlossen hatte, mehr als 12 Mrd. $ - was dem Gesamtbudget für PLHINO entspricht - zur Verfügung zu stellen, um zu versuchen, den spekulativen Ansturm auf den Peso zu stoppen.
Die soziale und politische Zusammensetzung der Teilnehmer, darunter Führer der oppositionellen Parteien PRI und PRD sowie verschiedene gesellschaftliche Organisationen und Vertreter der Landesregierung, zeigt, daß der Kampf für eine große Sache die besten nationalen Ideale wachrufen kann. In diesem Sinne ist die gesellschaftliche und politische Allianz, die sich um die Forderung nach dem Bau von PLHINO gebildet hat, der Kristallisationskern jener nationalen Einheit, die wir Mexikaner brauchen, um die verheerende Wirtschaftspolitik umzukehren, die während der letzten zwei Jahrzehnte die produktiven Kapazitäten des Landes dezimiert und die Hälfte der Bevölkerung in Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger getrieben hat.
Vor mehr als 250 aufmerksamen Zuhörern hieß Adalberto Rosas Lopez, der Vorsitzende des Komitees, Cardenas willkommen. Er schilderte die Gefährlichkeit der Weltfinanzkrise am Vorabend des G-20-Gipfels in Washington und betonte, daß die meisten Regierungen der Welt es öffentlich für unsinnig erklärt hätten, einen angeblich allmächtigen Markt nicht mit staatlichen Eingriffen zu verändern.
Anschließend sprachen Alberto Vizcarra Osuna und Cuauhtemoc Cardenas. Vizcarra betonte in seinem Vortrag, daß parallel zu Cardenas’ Teilnahme an dem Forum im ganzen Land darüber debattiert werde, wie die mexikanischen Ölvorkommen eingesetzt werden sollten, und nur wenn man die Verteidigung des nationalen Reichtums mit dem Bau großer Wasser-, Energie- und Agrarinfrastrukturprojekte in Verbindung bringe, erhalte die Bevölkerung eine klare Vorstellung davon, was angesichts der Weltkrise zu tun sei.
Bloße Spar- und Umverteilungspläne oder Gesten der „Solidarität“ mit den Armen wie die Forderung nach Einkommenskürzungen für die obere Bürokratenschicht seien lediglich Spielarten des gleichen monetaristischen Denkens, welches das Land in den letzten 25 Jahren zugrundegerichtet habe, sagte Vizcarra. Das Land müsse physisch wiederaufgebaut werden, erklärte er, und hierfür sei PLHINO kein isoliertes Projekt, sondern eine entscheidende strategische Intervention zum Wohle der gesamten Nation.
Im Hauptteil seiner Rede erläuterte Vizcarra, wie man einen Investitionshaushalt aufstellt, und benutzte dabei PLHINO als Beispiel. Anhand des kürzlich vom PLHINO-Komitee veröffentlichten Dokuments „PLHINO oder Chaos“ zeigte er eindringlich, daß dieser Titel nicht nur ein griffiger Medienspruch, sondern die Realität Mexikos inmitten des weltweiten Finanzkrachs sei. Dramatisieren heiße nicht übertreiben, so Vizcarra, sondern der Bevölkerung die Einsicht zu vermitteln, die sie braucht, um sich in der Realität wiederzufinden.
Wenn man so denke, fuhr Vizcarra fort, werde man auch die richtigen Fragen stellen. Das bedeute, man dürfe nicht in erster Linie fragen, wieviel der Bau von PLHINO koste, sondern wieviel Chaos es koste, wenn PLHINO nicht gebaut werde. Anhand von Schaubildern verdeutlichte er, warum wir uns in einer Krise befinden, die sich weder mit der Bezeichnung „Rezession“ noch „Depression“ umschreiben läßt. Sie lasse sich vielmehr nur begreifen, wenn man sich die von LaRouche entwickelte „typische Kollapsgraphik“ vor Augen führe.
Eine genaue Erläuterung dieser Graphik zusammen mit einer Darstellung der Unverhältnismäßigkeit zwischen dem Wachstumsindex des weltweiten BSP und des Wildwuchses der Finanzderivat-Blase ermöglichte es den Zuhörern, zu verstehen, daß die Weltwirtschaft nur durch die Streichung der krebsartigen spekulativen Schulden und durch den Schutz der produktiven Wirtschaftstätigkeit wird überleben können.
Vizcarra betonte außerdem, daß es bei der Vorlage eines Investitionsbudgets für PLHINO am wenigsten auf die monetären und finanziellen Elemente ankomme, weil man ansonsten der absurden Ideologie erliegen würde, Geld sei die Quelle des Reichtums. Außerdem präsentierte Vizcarra eine von seinem Komitee erstellte Materialliste für PLHINO, die es erlaube, ein Gleichgewicht zwischen den volkswirtschaftlichen Kapazitäten und den tatsächlichen Erfordernissen zum Bau von PLHINO zu finden. Auf diese Weise sei festgestellt worden, daß 85% der für PLHINO erforderlichen Anlagen ohne weiteres von der mexikanischen Wirtschaft selbst geliefert werden könnten. Das bedeute, so Vizcarra, daß Mexiko keinerlei weitere Auslandsschulden eingehen müsse, um solche Projekte zu bauen. Nur für 15% von PLHINO müßten Devisen eingesetzt werden, um Kapitalgüter zu importieren.
Das für PLHINO erstellte Investitionsbudget, so Vizcarra weiter, basiere auf der Annahme, einen Fonds für Wirtschaftsexpansion und -wachstum zu schaffen, der teilweise von Öleinnahmen getragen werde. Aus diesem Fonds könnten Kredite ausschließlich für die Güterproduktion vergeben werden, wobei stets beachtet werden müsse, daß das tatsächliche Wirtschaftswachstum immer den Schuldenzuwachs und dessen Bedienung übersteige.
Jede Kreditpolitik, so Vizcarra abschließend, müsse auf dem Glauben an das Wirtschaftspotential und nicht an monetaristische Verirrungen von Kosten-Nutzen-Analysen beruhen. „Wenn wir an das Wirtschaftspotential glauben, glauben wir auch an PLHINO, und dann haben wir eine Zukunft. Ohne das haben wir keine.“
Cardenas gab anschließend einen Überblick über die Debatte um die mexikanische Ölreform. Man dürfe dabei nicht aus dem Auge verlieren, welche Rolle das Öl im Leben des Landes spiele, erklärte Cardenas. Mit den Öleinnahmen würden 40% der öffentlichen Investitionen des Landes finanziert. Es gebe zwar Fortschritte bei der Energiereform, so Cardenas, doch gebe es auch nach wie vor Planungsfehler beim Einsatz der Ressourcen. Schlupflöcher bei der Ölsuche und der Ausweisung von Ölförderzonen müßten gestopft werden, so daß Verträge auf Grundlage der Größe des in einem festgelegten Zeitraum zu realisierenden Projekts bewilligt werden könnten. Das würde verhindern, daß die staatliche Ölgesellschaft Pemex die Kontrolle über die Entscheidungsfindung bei Fragen der Ölsuche und -förderung in bestimmten Landesteilen verliere.
Cardenas forderte, die Öleinnahmen müßten wieder zum wichtigsten Hebel für die industrielle und landwirtschaftliche Entwicklung Mexikos werden, weswegen Projekte wie PLHINO gerade in Krisenzeiten wie der heutigen gefördert werden sollten, denn nur durch Investitionen in die Infrastruktur und durch öffentliche Bauarbeiten ließe sich die Gesamtheit der Wirtschaft wiederbeleben.
Er verwies auf die zuvor präsentierte Materialliste für PLHINO, um hervorzuheben, daß Mexiko über genügend Ingenieure und Kapazitäten verfüge, um Beton und Stahl für Projekte wie PLHINO zu produzieren. PLHINO sei ein gewagtes und ehrgeiziges Projekt, weil es Investitionen von immerhin 14 Mrd. $ erfordere, eine Summe, die aber die Möglichkeiten des mexikanischen Staates nicht überschreite, da es über einen Zeitraum von zehn Jahren abgewickelt werde.
Kritik übte Cardenas an dem völlig unzureichenden Infrastrukturprogramm der Regierung Calderon und regte an, das Pro-PLHINO-Komitee solle nicht nur im Nordwesten Mexikos, sondern auch in anderen Landesteilen wie Sinaloa und Nayarit, die ebenfalls direkt an dem Wasserprojekt beteiligt seien, mit gleichem Nachdruck tätig werden. Er schloß mit einem Aufruf, daß der mexikanische Senat über das Projekt debattieren sollte.
(Der Autor ist Sekretär des PLHINO-Komitees und langjähriger Mitarbeiter Lyndon LaRouches in Mexiko.)
Lesen Sie hierzu bitte auch: Mexiko: Bewegung für Wasserprojekte wächst - Neue Solidarität Nr. 48/2007 „Seid ihr jetzt bereit, auf LaRouche zu hören?“ - Neue Solidarität Nr. 44/2008 |
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