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Aus der Neuen Solidarität Nr. 4/2008 |
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EZB-Chef gibt zu: Europas Bankensystem hat keinen Rettungsanker
Auf Frage eines
EIR-Korrespondenten mußte EZB-Chef Jean-Claude Trichet zugeben, daß die EZB
sich nicht mit „Solvenzproblemen“ befaßt.
In seiner Antwort auf eine Frage des EIR-Korrespondenten Rainer Apel mußte
der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, am 10. Januar
öffentlich zugeben, daß es im Euroland bei einer finanziellen
Zusammenbruchskrise keinen „Kreditgeber der letzten Instanz“ gebe. Auf die Frage „Wer ist in Europa, der ,lender of last resort’ [LOLR], wenn die Dinge schlimmer werden?“ antwortete Trichet vor
den Weltmedien, die bei seiner Pressekonferenz in Frankfurt versammelt waren: „Wir
sind keine Institution, die sich um Solvenzprobleme kümmert.“ Die EZB habe
lediglich das Mandat, die Preis- und Währungsstabilität zu garantieren, sonst
nichts. Er sagte auch nicht, wer sonst der LOLR sei, was er auch gar nicht
konnte, da es faktisch keinen gibt. In der schlimmsten Finanzkrise ihrer
Gesellschaft hat Euroland keinen Rettungsfallschirm.
Diese Frage ist von zunehmender Bedeutung, da sich die „Liquiditätskrise“ zunehmend
zu einer „Insolvenzkrise“ ausweitet. Wie ein erfahrener Finanzanalyst gegenüber
EIR am 11. Januar sagte: „Die Probleme, mit denen wir 2008 konfrontiert
sind, werden in einer völlig anderen Größenordnung sein als die von 2007.“ Wir
stünden jetzt an einem Punkt, an dem die großen Banken und Finanzinstitutionen
auswärtigen Wirtschaftsprüfern ihre Bücher öffnen müßten, nachdem sie schon im
4. Quartal 2007 nach hauseigenen Prüfungen Verluste angemeldet hätten. Aber was
jetzt herauskommen werde, gehe darüber weit hinaus. Was jetzt erwartet werden
müsse, seien Insolvenzen von Banken und Finanzfirmen. Die Verluste seien von
den Zentralbanken schon mit Hunderten von Milliarden Dollar veranschlagt
worden, aber die wirkliche Summe der abzuschreibenden Schulden werde sich eher
auf 3 Bio. $ belaufen, sagte die Quelle. Und das komme jetzt langsam an die
Oberfläche. Dies ist der eigentliche Zusammenhang, in dem man die Gerüchte um die
40 Mrd. $ neuer Verluste allein bei den Finanzhäusern Citigroup und Merrill Lynch sehen müsse.
In diesem Kontext veröffentlichte Helga Zepp-LaRouche am 10. Januar eine
Erklärung, in der sie Sofortmaßnahmen zur Wiederankurbelung der Realwirtschaft
und zur Verteidigung des Gemeinwohls forderte (siehe Neue Solidarität 3/2008).
Der EZB-Chef hingegen machte am gleichen Tag in seiner Pressekonferenz
deutlich, daß die Zentralbanken das Gegenteil beabsichtigen, nämlich die
Interessen einer kleinen Oligarchie gegen die Bevölkerung zu verteidigen.
Trichet kündigte an, die EZB werde „nicht tolerieren“, daß die Regierungen auf
die Preisinflation mit der Duldung von Lohnerhöhungen reagieren: „Wir sagen
ihnen folgendes: Sie können entscheiden, was sie wollen, das ist ihre
Verantwortung. Aber wir warnen Sie schon jetzt, nicht dazu beizutragen, daß
sich die gegenwärtig Schlagzeilen machende Inflation mittelfristig durch
sogenannte Sekundärwirkungen weiter verschärft. Diese Effekte sind nicht nur in
den Lohnvereinbarungen zu finden - auch wenn die Lohnvereinbarungen ein großes,
vielleicht sogar dominierendes Element sind. Wir haben auch alle die übrigen
Preisregelungsmechanismen.“ Trichet drohte mit einer Anhebung der Zinsen, wenn
die Politiker sich nicht „benehmen“.
Nach Ansicht der EZB sollten die Löhne und Gehälter nicht stärker wachsen als die
Inflation, die Trichet mit 3,1% angibt. EIR-Korrespondent Apel erinnerte
Trichet jedoch daran: „Die Bevölkerung sieht eine ganz andere Entwicklung: Wenn
man einkaufen geht, merkt man die Inflation vieler Grundnahrungsmittel; oder
wenn man an der Tankstelle seinen Tank füllt. Es gibt also einen ganz anderen
Eindruck. Und deshalb stimmen eine Reihe von Experten - eine meiner Meinung
nach wachsende Zahl - mit dem amerikanischen Ökonomen LaRouche überein, daß wir
am Beginn eines hyperinflationären Prozesses stehen. Das ist eine andere Dynamik.“
Wenn also Herr Trichet ernsthaft die Inflation bekämpfen will, dann sollte er
erklären, warum er Milliarden ins System pumpt, mit denen in Öl, Nahrungsmitteln
und Waren spekuliert wird, während er auf der anderen Seite die Regierungen
anhält, die Bevölkerungen nicht gegen diese inflationären Praktiken zu schützen.
eir