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Aus der Neuen Solidarität Nr. 8/2007

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Neue Wirtschaftspolitik für Iberoamerika!

Die Bostoner LYM intervenierte erfolgreich in eine Lateinamerika-Konferenz mit 700 Teilnehmern an der Harvard-Universität, auf der für Freihandelspolitik geworben wurde.

Der amerikanische Präsident John Quincy Adams, einer der Väter der Monroe-Doktrin, wäre auf die Intervention der LaRouche-Jugendbewegung (LYM) bei der 9. Lateinamerikakonferenz an der Harvard-Universität am 20. Januar sicher sehr stolz gewesen. Diese Monroe-Doktrin besagte, daß die oligarchischen Mächte Europas die amerikanischen Nationen nicht länger kolonisieren oder sich in ihre Angelegenheiten einmischen sollten. Adams sah es als eine moralische Verpflichtung der Vereinigten Staaten an, den Kolonialismus zu bekämpfen. Ganz in diesem Geiste intervenierten Mitglieder der LYM aus Boston und aus Argentinien in diese Seminare für Studenten und Politiker, mit denen für das britisch-holländische liberale Wirtschaftssystem geworben werden sollte. Etwa 700 führende Monetaristen und ehrgeizige junge Freihändler aus Lateinamerika wurden von der LYM wachgerüttelt. Die „Business School“ der Harvard-Universität veranstaltete die Konferenz für lateinamerikanische Studenten und Gäste, darunter zwei ehemalige südamerikanische Präsidenten und Finanzminister sowie Repräsentanten des (illegitimen) mexikanischen Präsidenten Calderon. Wir besuchten sie, um diesen Leuten klarzumachen, daß in der „neuen Politik“ die Gesetze der bisherigen Politik - etwa, daß man so tun müsse, als sei Freihandel etwas Gutes - nicht mehr gelten.

Das erste Seminar war ein lahmer Versuch, gute Stimmung über die Erfolge des Freihandels in Südamerika zu verbreiten. Die Hauptredner waren der Vorstandsvorsitzende von McDonald’s International, Ralph Alvarez, sowie Daniel Servitje von der Grupo Bimbo, die in Südamerika Süßigkeiten vertreibt. Der Grupo-Bimbo-Chef sagte, wir könnten froh sein, daß Calderon gewählt wurde, weil so in Mexiko die Freihandelspolitik weiter regieren werde. Doch im Lauf des Tages kamen viele Redner auf das Paradox zu sprechen, daß es schwierig ist, in einem sehr armen Land, wo die Menschen kein Geld haben, einen „Markt“ zu schaffen. Alvarez selbst gab zu, daß nur 2% des Konzerngewinns aus Mexiko kommt. (Man fragte sich, warum er dann überhaupt sprach?) Wir beschlossen, auszunutzen, daß 700 Leute, vor allem Studenten, im Saal waren, und sie auf ein paar große Paradoxa hinzuweisen.

Wir fragten Servitje nach dem „Outsourcing“, der Verlagerung von Arbeitsplätzen in Billiglohnländer: „Man muß die kulturellen und sozialen Folgen der Auslagerung in Betracht ziehen; die bringen in der Bevölkerung Iberoamerikas Veränderungen und erfordern eine neue Vorstellung von Wirtschaft. Zum Beispiel ist Calderon gar nicht der rechtmäßige Präsident Mexikos, weil nur Lopez Obrador die 80% unterer Einkommensschichten vertritt…“

Es wurde still im Publikum, dann sagte der Moderator: „Wir konnten die Frage nicht verstehen, da ist ein Pfeifen im Mikrofon, können Sie Ihre Frage wiederholen?“ (Dies ermöglichte uns, dem schockierten, aber aufmerksamen Publikum die Sache näher zu erläutern.) Der Harvard-Moderator wünschte Servitje viel Glück. Um halbwegs davonzukommen, sagte der, Outsourcing sei eine Sache, die man vielleicht „reformieren“ müsse. Er setzte aber nachdrücklich hinzu: „Was die Wahl in Mexiko angeht, kann ich nur sagen, daß es dort keine weitere Entwicklung von Obradors Mobilisierung gibt und seine Popularität gesunken ist.“

Nach der Veranstaltung sagte uns eine Mexikanerin, unsere Frage sei sehr wichtig gewesen, weil sonst niemand über die wahre politische und wirtschaftliche Lage in Mexiko spreche. Offenbar waren auch ein paar nervöse Calderon-Leutchen da, denn man konnte hören, wie sie hektisch darüber diskutierten, wie man eine Wiederholung solcher Vorkommnisse verhindern könnte. „Wir wollen hier keine Leute, die über Obrador sprechen!“

Auf die Frage des Moderators, ob ihm etwas in seinem Beruf schlaflose Nächte bereite, antwortete Alvarez: „die Nahrungsmittelsicherheit“. Es fügte sich, daß das zweite Thema des Tages „Biotreibstoff“ war, und so entschieden wir, den Kerl ein bißchen aufs Korn zu nehmen: „Herr Alvarez, sind Sie besorgt über den rasanten Anstieg der Kosten von Mais und Vieh, wegen des gegenwärtigen Vorstoßes, aus unserer Nahrung Biotreibstoff zu erzeugen? Was wird aus McDonald’s, wenn die Bauern entscheiden, daß sie mehr Geld machen können, wenn sie kein Essen produzieren?“ Alvarez begann sich zu winden und zu drehen: „Ich glaube fest daran, daß sich die Märkte beruhigen werden! Es wird Auswirkungen geben, aber sicherlich keine bedeutenden… Wissen Sie, ich glaube wirklich, daß die Märkte sich beruhigen werden!“

Minister „Dracula“

Das nächste Seminar behandelte ausländische Investitionen in Lateinamerika, und der Hauptredner war Guillermo Mondino (Spitzname „Dracula“), der argentinische Finanzminister der berüchtigten Regierung De la Rua, unter der 2001 der Peso völlig einbrach. Im darauffolgenden Chaos kamen und gingen innerhalb weniger Wochen vier Präsidenten. Unter Mondinos verheerender Politik fiel die Industrieproduktion um 11%, und er behauptete damals, wenn Argentinien seine Schulden nicht bedienen könne, wäre es am Ende. Dieser Mann glich dem Jago aus „Othello“, er verbarg sein Gesicht ständig unter einer Maske aus Wut und Bitterkeit. Jedesmal wenn er gezwungen war, die Kämpfe zwischen den iberoamerikanischen Präsidenten zuzugeben, meinte man, er würde gleich explodieren - obwohl er sich alle Mühe gab, so ruhig zu bleiben, wie es sein guter Freund Felix Rohatyn in der Öffentlichkeit tut.

Eine Aktivistin der argentinischen LYM, die derzeit die USA besucht, stellte den zu Hause in Argentinien verhaßten Mondino zur Rede. Sie stellte sich als Reporterin von Resumen Ejecutivo (spanischsprachige Zeitschrift der LaRouche-Bewegung) vor und reichte ihm die EIR-Ausgabe mit LaRouches Aufsatz zum Investitionshaushalt. Er wich empört zurück. Sie sprach ihn auf die Finanzkrise und Präsident Kirchners Massenmobilisierung an, worauf er die Ruhe verlor: „Was für ein Kollaps?! Wo?! In Argentinien!“ Er wurde ganz hysterisch, als wir den Kollaps des Yen und des Dollars aufbrachten, und schrie, so etwas sei in Japan, den USA, Argentinien oder Lateinamerika in der nächsten Zeit völlig unmöglich. „Der Dollar wird nicht morgen zusammenbrechen... Es gibt keine Krise im Bankensystem!“

Beim Mittagessen begegnete ein anderer Aktivist Mondino, der eine Aktentasche der Investmentbank Lehman Brothers bei sich trug. „Hallo, Herr Mondino! Kennen Sie Herrn Rohatyn?“ (Der ist jetzt bei Lehman Brothers.) - „O ja!“ - „Ich frage mich, was Sie über die letzte Wahl in den USA denken?“ Wir erinnerten ihn daran, daß der US-Kongreß und iberoamerikanische Länder die bilateralen Freihandelsabkommen nicht verlängert haben, es eine allgemeine Bewegung gegen den Freihandel gibt und auch daran, daß den Demokraten nachdrücklich geraten wurde, nicht mit Rohatyn zusammenzuarbeiten.

„Macht Sie das nervös?“

Es brach aus Mondino heraus: „Ich habe gelernt, nicht zuviel aus solchen Wahlergebnissen herauszulesen! Das ist gewöhnlich nur Gerede!“ „Das ist kein Gerede, das ist ganz ernst. Im Kongreß werden auch Stimmen für eine Reorganisation des Finanzsystems laut.“ „Nun, ich hätte nichts dagegen, wenn einige Staatschefs zusammenkommen und sich auf ein paar Dinge einigen.“

„Ja, es gibt ein paar Erkenntnisse, die wir durchsetzen müssen - wie die Tatsache, daß Geld keinen Wert darstellt.“

„Erzählen Sie das meiner Frau!“

„War das Essen, das sie gegessen haben, aus Geld gemacht? Eine Wirtschaft ist ein physikalisches System.“

Mondino schaute sehr verwirrt drein: „Wer hat euch das beigebracht?!“

„LaRouche.“

„Äh, ich wünsche euch viel Erfolg... Oder vielleicht lieber doch nicht. Wie es aussieht, wollt ihr mich aus meinem Job drängen.“

Infrastruktur-Investitionen

Wir ließen mit der Verbreitung der Ideen einer physischen Ökonomie bei den Konferenzteilnehmern nicht locker. Einer war der Vorsitzende der Hispanischen Anwaltskammer aus Washington, der unter Clinton auch US-Repräsentant bei NAFTA war. Er sagte, er habe wenig Vertrauen zu allen Politikern, „ob Dick Cheney, Lyndon LaRouche, George Bush oder Bill Clinton“, und alles, was er für die Hispanos in den USA tun könne, sei, ihnen bessere Chancen für Billiglohnjobs zu verschaffen. Wenn ein Stubenmädchen im Hotel „das beste Bett der Welt macht“, sei das genausogut wie jede andere Arbeit, solange sie nur ein guter Mensch sei und für ihre Familie sorge.

Wir entgegneten, die Wirtschaft sei dazu da, die Voraussetzung dafür zu schaffen, daß dieses Stubenmädchen, oder zumindest ihre Kinder, Wissenschaftler in einer Isotopenwirtschaft werden können. Dieser Mann wollte zwar nicht einsehen, daß manche Arbeiten wertvoller sind als andere, aber insgesamt brachten unsere Herausforderungen die Experten und viele ihrer Studenten zum Nachdenken. „Was ist physische Ökonomie?“ „Warum glaubt ihr, daß Lopez Obrador der rechtmäßige Präsident Mexikos ist?“ „Was gibt es denn sonst außer Marxismus und Freihandel?“ „Glaubt ihr wirklich, daß Atomkraft das beste ist?“ Das waren nur einige der Fragen, die uns im Laufe des Tages von Studenten und Professoren gestellt wurden.

In der letzten Sitzung ging es um Beteiligungen und Risikokapital. Wir beschlossen, solange herumzustochern, bis wir eine Reaktion zum Thema notwendiger Langzeitinvestitionen in die Infrastruktur bekommen. Den ganzen Tag über hatten Redner und Teilnehmer immer wieder Bemerkungen angebracht, daß es aus irgendeinem Grund weiterhin viel Armut in Lateinamerika geben und „Wachstum“ irgendwelcher Art im Schneckentempo verharren werde. Wir fragten: „Wollen Sie die Tatsache leugnen, daß es äußerst wichtig ist, langfristige Investitionen in wirtschaftliche Infrastruktur sicherzustellen? Niemand kann leugnen, daß die USA während der Amtszeit Franklin Roosevelts das schnellste Wachstum überhaupt hatten, was aber ohne Regulierung des Bankenwesens nicht möglich gewesen wäre.“ Viele der Studenten im Raum begannen zu flüstern und drehten sich um. Der in Harvard ausgebildete Diskussionsleiter war verwirrt: „Meinen Sie finanzielle Infrastruktur? Bankeninfrastruktur?" „Nein! Sie meint Straßen, Brücken und solche Dinge!", rief ein Redner aus Brasilien.

Die Antwort lautete, diese Investitionen seien sehr wichtig, aber wenn man in weniger als fünf Jahren einen Gewinn erwarte, werde es sie nicht geben. Er setzte jedoch hinzu, dies sei auch nicht der Zweck solcher Investitionen. Ein Teilnehmer von der Banco Santander fügte hinzu, gewöhnlich horteten die Banken eher ihr Geld, als es in solche Dinge zu investieren.

Bei der Abschlußveranstaltung sprachen die ehemaligen Präsidenten von Kolumbien und Peru, Gaviria und Toledo. Interessanterweise widersprach Toledo ausdrücklich den Leuten, die an diesem Tag alle „linken Regierungen“ in Südamerika angegriffen hatten. Er sagte, die wichtigsten Investitionen brächten keinen schnellen Gewinn, sondern wären mittel- bis langfristig: Gesundheit, Bildung, Ernährung. Das war sicher nicht die stärkste Aussage, die man machen kann, aber man kann davon ausgehen, daß die Veranstalter der Konferenz sich nicht gerade gefreut haben, das als Schlußwort zu hören.

Wir überreichten den beiden unsere Literatur und stellten uns als Mitglieder der LYM vor. Daraufhin wurden sie sichtlich nervös, denn schließlich ist Lyndon LaRouche seit Jahren den Politikern dieser Region bekannt als jemand, der vor keinem „Baron von sowieso“ der europäischen Oligarchie kuscht und der keine Angst hat, die Wahrheit über die Ursachen der Probleme Südamerikas zu sagen und für wirkliche Lösungen zu organisieren.

Alles in allem war es eine erfolgreiche Intervention, mit der die Realität in die Phantasmagorie dieser Leute hineingebracht wurde, auch wenn diese Versammlung nicht gerade typisch für den Wertewandel war, der zur Zeit auf dem ganzen amerikanischen Kontinent stattfindet. Die Bostoner LYM wird die Versuche der Harvard-Universität, ausländische Regierungen oder neue Kongreßabgeordnete mit Freihandel gehirnzuwaschen, auch in Zukunft weiter durchkreuzen, bis sie die Wirtschaftspolitik des wahren amerikanischen Systems gelernt haben!

Meghan Rouillard

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