[an error occurred while processing this directive]
Aktuelle Ausgabe Diese Ausgabe Gehe zu ... Kernthemen Suchen Abonnieren Leserforum

Artikel als
=eMail=
weiterleiten

Aus der Neuen Solidarität Nr. 44/2007

Jetzt
Archiv-CD
bestellen!

  Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken

Die Lehren von 1923

Von Helga Zepp-LaRouche,
Bundesvorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität

Die meisten Rentner, Hartz-4-Empfänger und andere einkommenschwache Familien wissen es längst: Für sie ist die Inflationsrate weitaus höher als die offizielle Inflationsrate von etwas mehr als zwei Prozent. Denn diese Bevölkerungsgruppen, die immerhin zwischen fast zwei Drittel der Gesamtbevölkerung  in Deutschland ausmachen - 56.6% der Haushalte oder rund 46 Millionen Menschen haben monatlich höchstens 150 Euro mehr als die Festkosten zur Verfügung - kaufen in der Regel eher selten die Produkte, die billiger geworden sind, die aber den Durchschnitt der Inflationsrate mitbestimmen, wie Computer, Handys oder Fernreisen. Der größere Teil ihres Einkommens geht hingegen für die Produkte dahin, bei denen die Teuerungsrate  erheblich ist.

Mit kleinen Schwankungen dürften die soeben vom Statistischen Amt in Frankreich  (INSEE) veröffentlichten Zahlen auch für Deutschland gelten: Im September explodierten die Getreidepreise um 20,5 %, der Preis für Weichweizen verdoppelte sich innerhalb eines Jahres und stieg allein im September um 23,2%. Soja, das u.a. als Futter verwendet wird, stieg um 24,7%, Kalbfleisch um 12%, Geflügel um 14%¸ Obst um 23,7%, und Milchprodukte werden den Erwartungen nach um 20% steigen. Dazu kommen Preissteigerungen von 13-16% bei Benzin, Heizöl und Erdgas, schon angekündigte Strompreiserhöhungen im Januar um 10%. Wenn man dann noch den Preisanstieg bei Rohstoffen und Erdöl - inzwischen über 90 Dollar pro Barrel - für die industrielle Produktion hinzunimmt, die sich mit einer gewissen Zeitverschiebung für den Konsumenten auswirkt, dann wird deutlich, daß wir uns bereits mitten in einer hyperinflationären Entwicklung befinden.

Insider aus dem Finanzsektor schätzen, daß allein in den letzten drei Monaten infolge des durch die Einbrüche auf dem US-Hypothekenmarkt ausgelösten „Umkehrung der Hebelwirkung“ (Verluste mit geliehenem Geld) rund 2400 Milliarden Dollar Verluste an nicht absetzbaren Finanztiteln aufgetreten sind. Die Investmentbanken tun sich äußerst schwer, diese Verluste zuzugeben; nur zögerlich schreibt die drittgrößte US-Bank Merrill Lynch jetzt - voraussichtlich auch nur vorläufig - 8 Mrd.$ an Verlusten ab, während die Citigroup durch die Schaffung des „Superfonds“ MLEC (Master Liquidity Enhancement Conduit) versucht, den Schaden auf gutgläubige und gierige Investoren abzuwälzen.

Anstatt das Scheitern der Politik der „kreativen Finanzinstrumente” à la Alan Greenspan zuzugeben und die Hedgefonds, Beteiligungsgesellschaften, Zweckgesellschaften etc. zu schließen, versuchen die Zentralbanken - allen voran die Federal Reserve - deren Verluste durch massive Liquiditätsinjektionen zu vertuschen. Verstärkt wird diese hyperinflationäre Wirkung noch durch Spekulation an den Nahrungsmittelbörsen wie z.B. dem Chicago Board of Trade. Noch verheerender ist die, wie der italienische Pastaproduzent Guido Barilla es nannte, „geisteskranke Entscheidung” von Präsident George W. Bush, innerhalb der nächsten zehn Jahre 20% des Benzinverbrauchs durch Biotreibstoffe zu ersetzen. Diese Politik, so Barilla, habe eine Kettenreaktion der Preisexplosion bei allen landwirtschaftlichen Erzeugnissen zur Folge gehabt.

Tatsache ist, daß diese inflationäre Richtung bereits deutliche Parallelen zu der hyperinflationären Politik der Reichsbank von 1923 aufweist, und man sollte nie das Wort des Federal-Reserve-Chefs „Helikopter-Ben” Bernanke vergessen, die Zentralbanken würden notfalls Geldscheine aus Hubschraubern über den Städten abwerfen, falls ein Kollaps des Weltfinanzsystems droht. Und was in Deutschland jeder zumindest aus den Erzählungen von Großeltern und Eltern kennt, daß nämlich die Hyperinflation von 1923 die Ersparnisse des größten Teils der Bevölkerung aufgefressen hat, das erlebt jetzt bereits ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung, dem die Preissteigerungen bei den Grundbedürfnissen den Teppich unter den Füßen wegziehen.

Wenn sich angesichts dieser Tatsachen und der, daß in Deutschland jedes sechste Kind arm ist und für sich schon im Alter von acht Jahren keine Verbesserungen für die Zukunft erwartet, dann wird deutlich, wie unverantwortlich die führenden Politiker sind, die das gegenwärtige System der Globalisierung verteidigen. Wenn Finanzminister Steinbrück immer noch die Rolle der Hedgefonds verteidigt, wie kürzlich wieder auf einer Tagung der Hans-Böckler-Stiftung, dann unterstreicht dies, wie weit er sich von sozialdemokratischen Prinzipien, seinem Amtseid und vom Grundgesetz entfernt hat.

Die politische Klasse, die offensichtlich zu lange an die Privilegien dieses Systems gewöhnt ist, hat sehr weitgehend den Bezug zur Realität des größeren Teils der Bevölkerung verloren. Daß eine solche Betriebsblindheit einen sozialen Preis hat, wird nirgends deutlicher als im Falle des amerikanischen Kongresses, wo die Demokratische Partei im November 2006 einen überwältigenden Wahlsieg in beiden Häusern und eine Zustimmungsrate in der Bevölkerung von rund 70% erreicht hatte und diesen Kredit in weniger als einem Jahr vollständig verspielt hat; die Zustimmung in der Bevölkerung liegt inzwischen unter 11%.

Das grundsätzliche Problem bei Politikern wie Herrn Steinbrück besteht darin, daß er einer Generation angehört, die weder das Wissen noch die Erinnerung daran hat, daß es ein anderes System als das der mit der Globalisierung verbundenen freien Marktwirtschaft geben kann. Nach dem Motto, „Was nicht sein kann, das nicht sein darf”, kann für sie dieses System auch nicht zusammenbrechen, und sie weigern sich zur Kenntnis zu nehmen, daß die Globalisierung nicht nur große Teile der ehemals so genannten Entwicklungsländer umbringt, sondern auch einen Großteil der Menschen bei uns in die Armut stürzt.

Nichts in der Welt wird das hoffnungslos verschuldete Weltfinanzsystem retten. Aber noch wäre es möglich, die Realwirtschaft zu verteidigen und durch multilaterale Zusammenarbeit zwischen den Nationen in der Tradition von Franklin Roosevelt und seinem New Deal zu einem neuen Wirtschaftswunder zu bringen. Aber dies erfordert eine radikale Änderung der Wirtschafts- und Finanzpolitik, eine Rückkehr zu festen Wechselkursen, eine Bejahung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts gemäß den Prinzipien der physischen Ökonomie - also Ja zum Transrapid und dem inhärent sicheren modularen Kugelhaufenreaktor - und eine absolute Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl.

Die BüSo ist gegenwärtig die einzige Partei, die für einen solchen Wandel steht.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Patrioten aufgepaßt! Was verstanden werden muß
- Neue Solidarität Nr. 44/2007
„Es ist Zeit, Pelosi zum Rückzug zu bewegen!“
- Neue Solidarität Nr. 44/2007
Dritter Weltkrieg oder neue Weltwirtschaftsordnung?
- Neue Solidarität Nr. 43/2007
Goldman Sachs-„Superfonds“ stellt Weichen für Hyperinflation
- Neue Solidarität Nr. 43/2007
Anatomie eines Finanz-Tsunamis
- Neue Solidarität Nr. 42/2007

Stellungnahmen und Reden der BüSo-Vorsitzenden
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)

 

Aktuelle Ausgabe Diese Ausgabe Kernthemen Suchen Abonnieren Leserforum