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Aus der Neuen Solidarität Nr. 40/2007

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„Ich liebe alle Menschen, das ist mein Geheimnis”

Amelia Boynton Robinson, die bald hundertjährige Veteranin des Bürgerrechtskampfes, begeisterte mit Medieninterviews und Vorträgen in Dänemark jung und alt.

Amelia Boynton Robinson, die große alte Dame der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und Vizepräsidentin des Schiller-Instituts, besuchte letzte Woche Dänemark. Gleich am ersten Tag wurde sie zum „Medienstar“, als sie am 21. September dem Sender DR-TV1 ein halbstündiges Interview gab, das in Ausschnitten in den Abendnachrichten gesendet wurde.

Anlaß des Interviews waren die Demonstrationen von Bürgerrechtlern in der Stadt Jena im US-Bundesstaat Louisiana, wo es zu Übergriffen gegen sechs schwarze Jugendliche gekommen war. Der Sprecher sagte, die Demonstrationen erinnerten zunehmend an die Proteste der Bürgerrechtsbewegung in den 60er Jahren, als Amelia Boynton Robinson in der vordersten Reihe stand, und zeigte dazu Bilder der damaligen Aktionen. Nun sei sie Vizepräsidentin des Schiller-Instituts in den USA und unternehme eine Vortragsreise in Dänemark.

Amelia Robinson sagte, das Verhältnis zwischen den Rassen sei in Amerika heute nicht besser als in den 60er Jahren, denn unter der Oberfläche sei der Rassismus immer noch vorhanden. Sie rief dazu auf, im Kampf für Gerechtigkeit für alle Menschen auf gewaltlose Methoden zu setzen.

Das ohnehin große Medieninteresse wurde durch die Ereignisse in Jena noch verstärkt. Am nächsten Tag gab sie dem Nachrichtensender TV2-News ein zehnminütiges Live-Interview, von dem zwei Minuten in den 19-Uhr-Nachrichten wiederholt wurden. Auch hier wurde sie auf die Vorgänge in Louisiana angesprochen. Sie stellte die Rassenprobleme in Amerika in den Kontext der Wirtschaftskrise mit Massenarbeitslosigkeit, Spekulation und drohenden Bankenzusammenbrüchen. Die Lösung bestehe in einer Erneuerung der Politik Franklin Roosevelts, der den Menschen wieder Arbeit gegeben habe.

Auf die Frage, ob diese Lösung eine politische sei, oder ob sie darin bestehe, die Herzen der Menschen zu ändern, antwortete sie: „Beides.“ Am Schluß der Sendung kündigte der Moderator an, daß Amelia am 27. September in Kopenhagen bei einer Veranstaltung des dänischen Schiller-Instituts reden würde.

Die beteiligten Journalisten und Techniker waren von ihren Auftritten sichtlich bewegt. Einer bat sie spontan, ihre Autobiographie zu signieren, ein anderer versprach, zu ihrer Veranstaltung zu kommen.

Besuch in Århus

Amelia fuhr dann in die zweitgrößte dänische Stadt, Århus, wo das Schiller-Institut durch seine Kampagne für eine Magnetbahn Kopenhagen-Århus über den Kattegat sehr bekannt ist. Auch hier berichteten die Medien an prominenter Stelle. Eine der beiden großen Lokalzeitungen, Århus Stiftstidende, brachte auf der Titelseite ein schönes großes Foto von Amelia und einen halbseitigen Bericht unter der Überschrift „Ein lebenslanger Kampf”. Die Bildunterschrift lautet: „Bürgerrechte. In den 60er Jahren kämpfte sie zusammen mit Martin Luther King.” Im Innenteil folgte ein weiterer Artikel.

Der Hauptartikel berichtet über ihren lebenslangen Kampf für die Bürgerrechte und gegen den Haß, angefangen mit einem Bericht über den „Blutsonntag von Selma”. Es wird erwähnt, daß sie vor drei Monaten an der Trauerfeier für den verstorbenen Polizisten teilnahm, der sie damals niedergeknüppelt hatte. Obwohl sie selbst mehr Haß erfuhr als die meisten anderen Menschen, könne sie niemanden hassen.

Weiter heißt es: „Sie ist in Århus, weil sie eine Aufgabe hat: Der Welt zu sagen, daß sie in einem beklagenswerten Zustand ist.” Viele Menschen hätten drei oder vier Jobs, weil sie sonst nicht auskommen. „Die großen Oligarchen halten die Menschen klein und unwissend.” In den Südstaaten herrsche Haß, weil man den weißen Kindern verbiete, mit den schwarzen Kindern zu spielen. So lebten sie getrennt, und das löse Haß aus. Sie aber habe sich vom Haß befreit: „Ich liebe alle Menschen, das ist mein Geheimnis.” Auch über ihre Zusammenarbeit mit Martin Luther King berichtet der Artikel.

Unter der Überschrift „Einsatz für eine bessere Welt” heißt es dann: „Es gibt eine Organisation namens Schiller-Institut, die die 97jährige Bürgerrechtlerin Amelia Boynton Robinson aus ihrer Heimatstadt Tuskegee in Alabama nach Dänemark geholt hat. Amelia Boynton Robinson ist Vizepräsidentin des amerikanischen Zweigs des Schiller-Instituts, das 1984 von Helga Zepp-LaRouche gegründet wurde.

Die Gründerin ist verheiratet mit dem amerikanischen Ökonomen, Politiker und früheren demokratischen Präsidentschaftskandidaten Lyndon LaRouche, der bereits 1975 einen Vorschlag für eine neue Weltwirtschaftsordnung machte. Und Amelia Boynton Robinson schwört auf LaRouches Gedanken: ,Die Welt könnte gerettet und die Armut besiegt werden, wenn man auf diesen Mann hörte.’

Sie kämpft unermüdlich gegen die, wie sie es sieht, Unterminierung der US-Verfassung durch die Regierung Bush, und trotz ihrer 97 Jahre wendet sie viel Zeit darauf an, durch die Welt zu fliegen, um Vorträge zu halten. Ihr Besuch in Århus ist privat, aber wer am Donnerstag in Kopenhagen ist, der kann sie um 19 Uhr in der Frederiksberg-Halle erleben.”

Amelia im Gymnasium

Am 24. September war Amelia dann zu Gast im Øregaard-Gymnasium. Die Vizedirektorin begrüßte sie und stellte sie den etwa hundert Schülern vor, die ihren Vortrag anhören durften.

Amelia begann ihren Vortrag mit den Worten: „Ich glaube, daß es einen Grund gibt, warum wir auf der Erde sind“, und fragte dann: „Was wird die Jugend tun in dieser verdorbenen Welt?“ Ihre Aufgabe sei es, die jungen Menschen darauf vorzubereiten, die Welt zu verändern. „Vielleicht wißt ihr gar nicht, in was für Schwierigkeiten die Welt ist.“

Sie beschrieb die Wirtschaftskrise, wo Familien aus ihren Häusern geworfen werden, und die Gefahr eines finsteren Zeitalters.

Dann kam sie auf ihre Herkunft zu sprechen, auf George Washington Carver und Booker T. Washington, die die erste Schule in Tuskegee gründeten, und erzählte vom Kampf ihres Ehemanns gegen die Diskriminierung seit den 30er Jahren und von den Bedingungen, unter denen Martin Luther King nach Selma kam. Die Schüler waren sichtlich überrascht, als sie anfing, Lieder zu singen, die sie damals im Gefängnis sang.

Direkt an die Schüler gerichtet sagte sie, ihre Mutter habe ihr gesagt, sie müsse den anderen ein Beispiel geben. „Vielleicht habt ihr hier nicht genau die gleichen Schwierigkeiten wie wir in den Vereinigten Staaten, aber ich bin mir sicher, daß es auch hier Probleme gibt. Deshalb müßt ihr den anderen ein Beispiel geben, und das bedeutet, daß ihr euren Geist so weit wie möglich entwickeln müßt.“

Die meisten Schüler waren sehr aufmerksam. Einer fragte, ob sie denn niemals die Weißen gehaßt habe, worauf sie lachend antwortete: „O ja!“ Sie berichtete, wie ihr ein ungerechtes Gerichtsverfahren in einem Fall grober Diskriminierung das Vertrauen in die Justiz raubte. Es habe sie wütend gemacht. Aber ihr Ehemann habe ihr geholfen, zu erkennen, wo Haß hinführt. Die Schüler und die Lehrerin waren von ihrer Antwort sichtlich bewegt.

Eine weitere Frage lautete, wen sie sich als nächsten Präsidenten der USA wünsche. Sie antwortete, wer auch immer der nächste Präsident werde, er werde mit Sicherheit sehr viel in Ordnung bringen müssen. Eine Frau fragte, ob Diskriminierung nicht bloß eine Methode sei, Sündenböcke zu finden. Amelia beschrieb daraufhin, wie das britische Empire Amerika zum Sündenbock macht, und berichtete über den weltweiten Kampf des Schiller-Instituts. Schließlich diktierte sie den Schülern noch einige Ratschläge, und die meisten schrieben sie sich auf.

Am 27. September diskutierte Amelia dann in Kopenhagen mit etwa 40 Unterstützern und Mitgliedern des Schiller-Instituts. Der Vorsitzende des dänischen Schiller-Instituts, Tom Gillesberg, berichtete zunächst über ihren erfolgreichen Besuch. Dann sang er zusammen mit drei Mitgliedern der LaRouche-Jugendbewegung ein zweistimmiges Spiritual Brother, please don’t let this harvest pass.

Amelia begann ihre Rede mit einigen Anekdoten aus ihrem Leben, um zu verdeutlichen, daß man Furcht und Neid überwinden muß, weil sie sich in verzehrenden Haß verwandeln können, bis für Liebe kein Platz mehr ist. Und die Liebe, in Form gewaltloser politischer Aktivität, schaffe politische Veränderungen. Man kämpfe nicht für sich selbst, sondern müsse „seines Bruders Hüter“ sein.

Dann berichtete sie über ihren Kampf gegen die Rassentrennung und für das Wahlrecht sowie über ihre Begegnung mit der LaRouche-Bewegung, in der sie die Fortsetzung der Bürgerrechtsbewegung sieht. In Dänemark sei die Wirtschaftskrise zwar weniger zu spüren als anderswo, aber kein Land könne für sich alleine gedeihen. Sie kritisierte die Entscheidung der dänischen Regierung, sich an den amerikanischen Kriegen zu beteiligen (an dem Tag waren zwei dänische Soldaten in Afghanistan umgekommen) und forderte die Dänen auf, sich statt dessen mit dem wahren Amerika zu verbünden. „Ihr müßt für die Wahrheit kämpfen und gegen Ungerechtigkeit, wo immer sie auch sein mag.“ Dänemark müsse ein Vorbild für andere Länder werden.

Anschließend diskutierte sie mit den Anwesenden, und viele fragten sie um Rat, wie man andere Menschen organisieren und bewegen kann. In ihrer Antwort kam Amelia wieder auf die Frage des Hasses zu sprechen, und berichtete über die Beerdigung von Sheriff Clarke, der sie 1965 fast zu Tode geprügelt hatte: „Wenn man von seinem Haß absieht, ist er wie ich, und wenn man von der Haut absieht, sind die Schwarzen wie Weiße - wir sind alle Menschen. Ich wollte seiner Familie zeigen, daß ich keine Feindschaft gegen ihn persönlich hege, sondern erkenne, daß er zum Haß erzogen wurde. Er führte ein erbärmliches Leben voller Haß. Er tat mir leid. Als er im Pflegeheim lebte, haben ihn nicht einmal seine eigenen Kinder besucht.“

Amelias Liebe für die Menschheit, ihr Mut und ihr innerer Trieb, den Menschen auch noch mit 96 Jahren mit ihrer Erfahrung zu helfen, erhellten den spärlich beleuchteten Raum. Zum Schluß des Treffens sangen alle gemeinsam We shall overcome.

tgi/mr

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