|
|
|
| Kernthemen | Suchen | Abonnieren | Leserforum |
|
Aus der Neuen Solidarität Nr. 25/2007 |
|
|
|
Lyndon LaRouche führte am 14. Juni einen mehrstündigen Dialog mit führenden mittel- und südamerikanischen Gewerkschaftern über das Thema „Globalisierung = Faschismus. Wir brauchen ein Neues Bretton Woods“.
Bei einem Internetforum, das aus Mexiko-Stadt übertragen wurde, diskutierte Lyndon LaRouche am 14. Juni mit führenden Gewerkschaftern Iberoamerikas über das Thema „Globalisierung = Faschismus. Wir brauchen ein Neues Bretton Woods“. Hauptredner des Forums war neben LaRouche, der per Videoübertragung aus Washington zugeschaltet war, der Generalsekretär der Gewerkschaft der Beschäftigten der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko (STUNAM), Agustin Rodriguez. Weitere Beiträge zu der Debatte kamen u.a. von Gewerkschaftern aus Chile und Argentinien: Yasmir Fanira, Vizepräsidentin der Nationalen Föderation der Beschäftigten der Universität von Chile (FENAFUCH), und Hugo Moyano, Generalsekretär des CGT, der größten Gewerkschaftsorganisation Argentiniens.
Es war keine akademische Debatte. Die STUNAM befindet sich derzeit inmitten einer großen Mobilisierung, um durchzusetzen, daß die Regierung Calderon ein Gesetz vom 30. März zur Privatisierung der Renten- und Krankenversicherung wieder aufhebt. Sie halten das Gesetz für verfassungswidrig und für einen Schritt auf dem Weg zur Abschaffung aller Arbeitnehmerrechte im Namen von „Strukturreformen“ und „Globalisierung“. Unmittelbar vor Beginn des Forums hatte die Regierung in dem Versuch, den Widerstand verschiedener kleinerer Gewerkschaften aufzuweichen, ein formelles Angebot von Konzessionen vorgelegt. So fanden während des Forums, das in Mexiko-Stadt von etwa 60 Gästen - darunter mehrere Gewerkschaftsführer und Mitglieder der LaRouche-Jugendbewegung - besucht wurde, im gleichen Gebäude gleichzeitig fünf weitere Konferenzen statt, in denen die Gewerkschafter ihre Reaktion auf das Angebot der Regierung besprachen. In zahlreichen anderen Städten Iberoamerikas gab es größere oder kleinere Treffen interessierter Bürger, die das Forum über das Internet mitverfolgten.
LaRouche und Rodriguez eröffneten den von Ronald Moncayo moderierten Dialog. LaRouche berichtete zunächst über seine jüngsten Besuche in Moskau und Rom, und stellte sie in den Kontext der aktuellen Weltlage. Das gegenwärtige Weltfinanzsystem sei hoffnungslos bankrott. Nun gehe es um die Frage: Was wird es ersetzen? Man müsse ein neues Finanzsystem schaffen. Er habe vorgeschlagen, daß die Vereinigten Staaten sich an Rußland, China und Indien wenden, um eine neue Weltwährungs- und -finanzordnung zu errichten. Ein großer Teil der übrigen Nationen, etwa Iberoamerikas oder Europas, könne sich dann anschließen.
Das sei durchaus möglich. „Die Vereinigten Staaten können dazu gebracht werden. Dick Cheney ist stark angeschlagen. Und seit meiner Rückkehr aus Europa gab es eine neue Entwicklung, den sog. BAE-Skandal.“ (Siehe unseren Artikel auf Seite 1.) BAE sei im wesentlichen eine Institution des britischen Empire. Nun sei ein Teil der Operationen im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal um den saudischen Prinzen Bandar aufgeflogen, und eine unberechenbare weltweite Krise sei im Gang. „Das ist kein Skandal im gewöhnlichen Sinne. Dies ist eine Krise, an der sich entscheidet, wer die Welt beherrschen wird. Wird es eine Gruppe von Nationen sein? Oder wird es das aufkommende neue Britische Empire sein - bzw. das wiederaufkommende Empire, das eigentlich nie ganz verschwunden war und das nun dabei ist, die Vereinigten Staaten zu übernehmen und die Welt durch die Globalisierung zu beherrschen.“ BAE sei ein Instrument, über eine quasi private, aber britisch-imperiale Organisation die Kontrolle über die Rüstungsgeschäfte in aller Welt zu übernehmen.
In Südamerika habe es in jüngster Zeit einige sehr interessante Entwicklungen gegeben, insbesondere auf Initiative Argentiniens. Die Nationen Südamerikas rückten zusammen. Das sei eine sehr vielversprechende Option und Teil der Lösung. Diese Lösung sei ein neues Weltwährungs- und -finanzsystem. Dazu biete die US-Verfassung die Grundlage.
LaRouche beschrieb dann den jahrhundertlangen Kampf zwischen dem „amerikanischen System“ und dem anglo-holländischen liberalen System. Nach der amerikanischen Verfassung werde Kredit durch einen Beschluß des Kongresses geschaffen. „Die Funktion dieses Kredits ist nicht, bloß Geld zu drucken. Die Funktion dieses Kredits ist es, Kapital für langfristige Kapitalverbesserungen insbesondere im öffentlichen Sektor, aber auch in den privaten Sektor hinüberfließend, bereitzustellen.“
Zu diesem System müßten die Vereinigten Staaten zurückkehren. Dann müßten sie mit den drei Großmächten Rußland, China und Indien vereinbaren, das Finanzsystem einem Konkursverfahren zu unterziehen.
Beim BAE-Skandal gehe es nicht um eine Finanzkrise oder einen Finanzskandal. „Dies ist ein Kampf zwischen zwei Systemen: der menschlichen Gattung und dem britischen Empire.“ BAE werde dazu benutzt, ein weltweites Monopol militärischer Macht zu errichten. In den USA werde diese Politik von Leuten wie Vizepräsident Dick Cheney und dem Pinochet-Freund George Shultz vertreten. Dieses Empire beruhe auf der Abschaffung der regulären Bodentruppen nationaler Streitkräfte, die durch private Armeen ersetzt werden sollen. Gleichzeitig versuche man, Waffen im Weltraum zu stationieren, „damit man auf jeden Teil der Welt, der den herrschenden Autoritäten nicht gefällt, aus dem Weltraum Raketen abschießen kann“.
Hiergegen würden bestimmte Kreise in Europa, in Großbritannien und den USA revoltieren. Der Skandal um BAE habe diese Frage aufgebracht. Wenn Prinz Bandar stürze, stürze das ganze System, und es gebe viele Leute in den USA und Europa, die darüber froh wären.
Wenn es gelinge, die großen Kulturen zu einem Programm zum Wiederaufbau der Welt zusammenzubringen, gebe es ein Projekt, das kürzlich in Rußland großen Auftrieb erhalten habe: das Projekt einer Bahnverbindung zwischen Eurasien und Amerika durch einen Tunnel von Sibirien nach Alaska. „Das würde den Charakter der menschlichen Beziehungen auf diesem Planeten verändern. Man hätte dann Hochgeschwindigkeitsbahnen oder Magnetschwebebahnen, die von Europa nicht nur nach Alaska, sondern nach ganz Nord- und Südamerika kämen.“ Dafür habe er sich seit Jahrzehnten eingesetzt. In ähnlicher Weise werde schon bald - „nicht notwendigerweise, solange ich lebe, aber danach“ - Afrika über Südwestasien und Europa angeschlossen werden.
So könne eine neue Form der wirtschaftlichen Zusammenarbeit souveräner Nationalstaaten entstehen. Alle Nationen hätten verschiedene, sich zum Teil widersprechende Interessen. „Aber sie haben ein überwiegendes gemeinsames Interesse! Und deshalb müssen wir diese Nationen, die unterschiedliche Bedürfnisse haben, um die Idee eines gemeinsamen Zwecks, eines großen gemeinsamen Ziels einigen.“ Entscheidend dafür sei die gerade gegründete „Bank des Südens“ für Infrastrukturkredite in Südamerika. „Die Nationen Südamerikas haben das Recht, ihr eigenes Kreditsystem zu schaffen, ihre eigenen internationalen Bankarrangements zwischen souveränen Nationen zu treffen, um große Kredite zu schöpfen, und ihre Beziehungen untereinander auf der Grundlage des Westfälischen Prinzips zu regeln: nämlich, daß jede Nation vor allem das Wohl der anderen Nationen als größte Sorge betrachtet. Und wenn alle Nationen das auf diese Art betrachten, dann gibt es nach dem Prinzip des Westfälischen Friedens kein Problem in der Zusammenarbeit... Wir können den gesamten Planeten auf der Grundlage dieses berühmen Prinzips des Westfälischen Friedens von 1648 zusammenbringen.“
Agustín Rodríguez beschrieb in seiner Antwort die Lage der Arbeitnehmer in Mexiko, ausgehend von dem Streit zwischen den Gewerkschaften und der Regierung über die Renten- und Gesundheitsreform. Aber dies sei nur ein Aspekt der Globalisierung. „Wäre die Globalisierung gut für alle Menschen, dann sähen wir weltweit allgemeinen Nutzen. Aber das einzige Resultat, das wir sehen - und das ist nicht nur in Mexiko der Fall, sondern praktisch in jedem Land der Welt: Sie hat die Armut der Bürger vergrößert. Sie hat die Einkommen aller Beschäftigten gesenkt, und das ist etwas, was wir demnächst in Konferenzen und Aktionen analysieren werden.“
Es gehe nicht um eine politische Opposition gegen das Wirtschaftssystem des Freihandels, man sei vielmehr gegen eine Politik, die zur Verarmung von Millionen Mexikanern geführt habe. Vor zwölf Jahren hätten 18 Millionen Mexikaner in Armut gelebt, heute seien es 50 Millionen, davon 20 Millionen in extremer Armut. In vielen Landesteilen gebe es keine angemessenen Bildungseinrichtungen, obwohl die Verfassung den Staat dazu verpflichtet, für eine gute Ausbildung aller Mexikaner zu sorgen. Das öffentliche Bildungswesen erhalte nicht die Unterstützung von der Regierung, die es brauche. Im vergangenen Jahr habe Präsident Fox den Bildungsetat gekürzt.
Auch bei der Ernährung und in der Nahrungsmittelproduktion gebe es große Defizite. Das sei vor allem eine Folge des Freihandelsabkommens NAFTA. „Aus dem Ausland kommen viele Nahrungsmittel, und was wir hier in Mexiko produzieren, wird einfach weggeschmissen, weil es verrottet. Niemand kauft sie, weil sie teurer sind als das, was aus dem Ausland abgeladen wird. Deshalb entwickelt sich Mexikos Landwirtschaft auch nicht.“
Schließlich kam Rodriguez auch auf die Sozialversicherung zu sprechen. „Die Sozialversicherung in Mexiko funktionierte unter einem System, das, wie der Name schon sagt, sozial war. Jetzt werden die Konten individualisiert und privatisiert.“ Auch die medizinischen Dienste würden privatisiert.
Die Gewerkschaft wisse, daß ihr ein langer Kampf bevorstehe. Dieser Kampf richte sich nicht nur gegen die Rentenreform, sondern gegen die „Strukturreformen“ des gesamten Systems. Diese Reformen würden durchgesetzt, um die Ausbeutung zu verstärken und die Kapitalbesitzer zu bereichern. Es werde auch über Steuerreformen und eine Arbeitsreform diskutiert.
So gebe es einen Artikel, „den die Unternehmen wirklich ändern wollen, den Artikel 35. Dieser Artikel regelt, wie die Unternehmen Leute einstellen müssen. Es geht um die Idee befristeter Arbeitsverträge und um Ausbildungsverträge. Diese Art der Anstellung führte in den sechziger und siebziger Jahren zu einer enormen Ausbeutung.“ 1971 wurde diese Form der Ausbeutung abgeschafft. Nun wolle man das Thema im Namen der „Flexibilisierung“ wieder aufgreifen, um die Sozialversicherung ganz abzuschaffen. Noch schlimmer seien die sog. Ausbildungsverträge, bei denen die Auszubildenden keine Vergütung erhalten sollen.
Wo immer solche Strukturreformen durchgeführt wurden, habe es keinen Fortschritt gegeben und die soziale Kluft sei nicht verkleinert worden, weil die Reformen unausgewogen seien und keine fairen Bedingungen schüfen. „Wenn man den Binnenmarkt schützt, fördert man Beschäftigung und kümmert sich um Gesundheit, Nahrung, Ernährung und die Bildung der Bevölkerung. In unserem Fall wurde der Binnenmarkt völlig zerstört. Unsere gesamte Wirtschaft, 70% von ihr, wurden ausländischen Interessen ausgeliefert und hängen völlig davon ab, was auf den ausländischen Märkten geschieht.“ Die Gewerkschaft habe schon 1985 in einer ganzseitigen Anzeige vor dieser Entwicklung gewarnt. Leider gebe es auch in den Gewerkschaften noch nicht genug Sensibilität in dieser Frage. „Ich bin völlig überzeugt, daß die einzigen Menschen, die den Weg Mexikos ändern können, wir selbst sind, die organisierten Arbeitnehmer des Landes, die den Reichtum produzieren, die sicherstellen, daß all das existiert, was das Land bewegt.“
Aus Chile wurde dann Yasmir Farina zugeschaltet, die Vizepräsidentin der Nationalen Föderation der Beschäftigten der Universität von Chile. Sie beschrieb, wie Chiles Rentensystem unter dem Pinochet-Regime zerstört und die Arbeiter um ihre Renten betrogen wurden. Die Hälfte der Beschäftigten hätten ihre Rentenansprüche verloren, obwohl sie viele Jahre in die Versicherung einbezahlt haben.
Nach dem Militärputsch 1973 sei Chile das erste Land gewesen, in dem das neoliberale System in seiner Extremform eingeführt wurde. Mit dem privaten Rentenfonds (AFPs) sei eine enorme wirtschaftliche Macht entstanden. Farina sagte mit Nachdruck: „Chiles Jugend hat keine Zukunft! Die Menschen werden nur noch für einzelne Projekte und befristet eingestellt, wer ein gewisses Alter erreicht hat, gilt als zu teuer, nicht effizient genug, und selbst jahrelange Arbeit wird nicht anerkannt.“ Daran habe sich in den letzten vier Jahren unter der Regierung der „Concertation“ nichts geändert.
In einem leidenschaftlichen Appell an die chilenische Präsidentin Bachelet - „eine Sozialistin, in die wir alle unsere Hoffnung gesetzt haben“ - sagte sie: „Als Führerin der an der Concertation beteiligten Parteien fordern wir sie auf, dieses neoliberale Wirtschaftssystem wirklich zu reformieren. Es wird von der großen Mehrheit der Bevölkerung nicht befürwortet und wird in soziale Verhältnisse führen, an die wir nicht erinnern wollen - Verhältnisse der Vergangenheit.“
Nach ihr sprach der argentinische Gewerkschaftsführer Hugo Moyano, der Generalsekretär des Gewerkschaftsdachverbandes CGT. Er berichtete über den Erfolg der argentinischen Arbeitnehmer, die unter Präsident Nestor Kirchner erreicht haben, daß die Beschäftigten nun zwischen der staatlichen oder einer privaten Rentenversicherung wählen können. 6-700.000 Menschen seien in das staatliche Rentensystem zurückgekehrt. „Wir haben ein sehr wichtiges Ziel erreicht, und es ist uns gelungen, die Würde der Arbeiter wiederherzustellen... Wir haben hier in Argentinien manchmal scherzhaft gesagt, man kann sich scheiden lassen, aber nicht von einem Rentenfonds zu einem anderen wechseln. Nun haben sie wenigstens die Wahl.“
In seinem Schlußwort betonte Lyndon LaRouche, daß all diese Übel nicht von heute auf morgen entstanden seien: „Das Übel, über das wir heute gesprochen haben, ist eines, das ich durch eine lange Zeit des Kampfes recht gut kenne, vor allem seit den Entwicklungen und Änderungen 1971, als die Vereinigten Staaten sich in die Richtung des von London gesteuerten Faschismus wendeten. Ich habe das vor 30 oder 40 Jahren kommen sehen. Das Interessante ist, daß wir heute darüber reden, aber, wie diejenigen, die heute hier gesprochen haben, wissen: Wir haben diesen Prozeß jahrzehntelang durchlebt!“
Man müsse ganz begreifen, für welchen Abstieg Pinochet beispielhaft stehe: „Das ist wichtig, die Menschen müssen erkennen, daß das, was sie zugelassen oder sogar gelobt haben, was sie in den Vereinigten Staaten und in anderen Ländern gewählt haben, übel war... Wir können nicht ständig mehr Konzessionen an das Übel machen. Die Zeit ist gekommen, wo das System zusammenbricht, und das ist die Zeit, in der wir unsere Stimme für die Änderungen erheben müssen, die schon viel zu lange warten.“
Alexander Hartmann
Lesen Sie hierzu bitte auch:
Mexiko: Dialog mit der Universitätsgewerkschaft - Neue Solidarität Nr. 47/2005 Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006 - Internetseite des Schiller-Instituts Was Lyndon LaRouche wirklich sagt - Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees - in englischer Sprache |
|
| Kernthemen | Suchen | Abonnieren | Leserforum |