|
|
|
| Kernthemen | Suchen | Abonnieren | Leserforum |
|
Aus der Neuen Solidarität Nr. 17/2007 |
|
|
|
Schiiten-Fraktion um Al Sadr tritt wegen US-Besatzung aus der irakischen Regierung aus
Der irakische Schiitenführer Moktada al-Sadr befahl seiner politischen Partei den Austritt aus der Regierung mit der Begründung, Premierminister Nouri Al-Maliki habe den „Ruf der Massen“ nach einem Zeitplan für den Abzug der Besatzungstruppen ignoriert. Al-Sadrs Fraktion ist mit 32 Parlamentsmitgliedern die größte in der Regierungskoalition, die Regierung behält jedoch aufgrund der Unterstützung kurdischer und anderer schiitischer Fraktionen ihre Mehrheit.
Die Presseerklärung wurde von einem Mitglied der Al-Sadr-Bewegung, Nassar al-Rubaie, verlesen. „Die sechs [Ministerposten] werden der Regierung in der Hoffnung übergeben, sie werde diese Verantwortung an Unabhängige weitergeben, die ihr im Interesse des Volkes und des Landes dienen wollen“, sagte Al-Rubaie. Weiter hieß es: „Der Hauptgrund [unseres Rücktritts] ist die fehlende Reaktion des Premierministers auf die Forderungen von fast einer Million Menschen in Nadschaf, die einen Abzug der US-Streitkräfte verlangen und den Zerfall von Sicherheit und Dienstleistungen [beklagen].“ Dies war ein Hinweis auf die von Al-Sadr organisierte Kundgebung in Nadschaf am 9. April, am Jubiläumstag des Sturzes der Regierung Saddam Husseins. An dem 8 Kilometer langen Marsch hatten nach iranischen Quellen rund eine Million Menschen teilgenommen; die USA meldeten bloß 15.000. Tatsächlich hatten die USA aus Furcht vor solchen Demonstrationen in Bagdad und anderen Städten Ausgangssperren verhängt. Die Demonstranten verlangten ein Ende der Besatzung.
Premierminister Al-Maliki wollte der Sache einen guten Anstrich geben, indem er verkündete, der Rücktritt der sechs Minister werde die Restrukturierung des Kabinetts vorantreiben, mit der er versuchen würde, „effiziente Minister“ auf die Posten zu holen. Außerdem unterstrich er seine Ablehnung eines frühzeitigen Abzugs der US-Truppen. „Das Thema des Abzugs der multinationalen Streitkräfte setzt die Bereitschaft unserer Sicherheitskräfte voraus, die Sicherheit in allen Regionen übernehmen zu können“, sagte er. (Genau diesen Standpunkt vertritt auch Cheney in Washington.)
Die Rolle des obersten Schiiten-Führers Ayatollah Ali Al-Sistani, den Al-Sadr als Mentor betrachtet, bleibt weiterhin ungeklärt. Von Nadschaf aus hatte Al-Sistani bisher die irakische Regierung immer nur unter der Voraussetzung unterstützt, daß sie ein Ende der Besatzung herbeiführe. Er hatte wiederholt darauf bestanden, daß dies geschehe. Die in den Protesten vom 9. April zum Ausdruck kommende Forderung nach einem Ende der Besatzung hat wohlgemerkt keine konfessionelle Grundlage, obgleich allein Al-Sadrs Schiiten-Fraktion aus der Regierung ausgetreten ist. Berichte im europäischen und regionalen Fernsehen zeigen, daß es sich um nationale Massenproteste handelt, denn religiöse Fahnen, Symbole oder Sprüche waren nicht zu erkennen. Auch viele Sunnis und andere Gruppen nahmen daran teil.
Mindestens zwei weitere Drei- und Viersterne-Generäle a.D. haben das Angebot des Weißen Hauses abgelehnt, „Kriegszar“ für Irak und Afghanistan zu werden; Militärs und Demokraten auf dem Kapitol halten diese neueste Erfindung der Bush-Administration für ein durchsichtiges Manöver, vom Desaster im Irak und in Afghanistan abzulenken, und darüber hinaus auch für verfassungswidrig.
Die Washington Post berichtet heute, der Vorschlag zur Ernennung eines „Kriegszars“ sei zuerst vor einem Monat vom ehemaligen Sprecher des Repräsentantenhauses Newt Gingrich (R-Ga.) in einem Memorandum aufgebracht worden. Er sei dann vom Präsidenten und seinen höchsten Mitarbeitern übernommen worden in einem verzweifelten Versuch, die katastrophale militärische Lage zu wenden. Die Post berichtete, das Weiße Haus habe Luftwaffengeneral a.D. John P. Turner und Marinegeneral a.D. Charles Wilhelm darauf angesprochen, den Posten anzunehmen, aber beide hätten das Angebot abgelehnt. Zuvor hätten sich bereits die Generäle a.D. John Sheehan, Jack Keane und Joseph Ralston geweigert, den Posten anzunehmen. Ironischerweise gab Gingrich selbst dem Posten den Namen „Execution Manager“ [im englischen Sprachgebrauch kann „execution“ sowohl Ausführung als auch Hinrichtung bedeuten].
Das Auftauchen Gingrichs in diesem Zusammenhang ist um so bemerkenswerter, da er auch Mitglied des berüchtigten verteidigungspolitischen Beirats war, der von Richard Perle, einem Ziehkind von Leo Strauss, geleitet wurde. Er war also mitbeteiligt daran, dem Kongreß und der amerikanischen Bevölkerung Falschinformationen über den Irak und seine angeblichen Massenvernichtungswaffen unterzuschieben. Die Mitwirkung Gingrichs beim gegenwärtig scheiternden Plan der Truppenverstärkung ist ein weiterer Hinweis darauf, daß die „Kriegspartei“ um Dick Cheney und George Schultz in Washington noch fest im Sattel sitzt.
Quellen mit genauer Kenntnis der Vorgänge und Planungen des Weißen Hauses haben EIR berichtet, daß die Generalstabschefs (JCS) selbst direkt hinter der Veröffentlichung in der Washington Post stehen. Den Quellen zufolge halten die JCS den Vorschlag, einen „Kriegszar“ zu installieren, sowohl für verfassungswidrig als auch für einen direkten Eingriff in die Aufgaben des Vorsitzenden der JCS als höchsten militärischen Berater des Präsidenten. Eine andere hochrangige Quelle aus dem Geheimdienst berichtete allerdings, der Vorstoß komme von hochrangigen Mitarbeitern des Weißen Hauses wie z.B. Stabschef Josh Bolton, und sei als ernsthafter Versuch gemeint, Vizepräsident Dick Cheneys zu umgehen und dadurch vernünftiges Denken in die politische Debatte einzuführen, wie Irak und Afghanistan stabilisiert werden könnten. Man befürchte, der nationale Widerstand gegen die Besatzung durch die USA und innerhalb der NATO könne weiter wachsen.
Wie Lyndon LaRouche jedoch seit Monaten betont, wird nichts die gewünschte Wirkung haben, solange Cheney weiter im Amt bleibe. Es sei keine Alternative, eine umständliche Parallel-Struktur im Weißen Haus zu schaffen, die dazu auch noch von einem der wichtigsten Verbündeten Cheneys geplant werde. Dies werde die Lage nur verschlechtern.
Als Antwort auf eine Frage von Chris Wallace in der Fox News-Sendung „Sunday“, weigerte sich Senator Carl Levin (D-MI), vor der Kritik des US-Vizepräsidenten Dick Cheney an den Kongreß-Demokraten in die Knie zu gehen. Cheney hatte am Vortag auf einer Tagung der Heritage Foundation die Demokraten als Vaterlandsverräter bezeichnet, die der Armee im Irak in den Rücken falle. Levin konterte, Cheney habe „null Glaubwürdigkeit... Ich glaube nicht, daß er noch irgendwelche Glaubwürdigkeit beim amerikanischen Volk hat“. Er habe in Bezug auf den Irak durchgängig falsch gelegen, habe die Tatsachen falsch dargestellt und habe auch sonst Menschen fehlgeleitet, fügte Levin hinzu.
Eine Stunde später bestätigte der Vizepräsident bei einem Auftritt im CBS-Fernsehprogramm „Face The Nation“ Levins Urteil, indem er darauf bestand, die U.S.-Streitkräfte würden im Irak „Fortschritte machen“. Cheney weigerte sich, auf die Fragen des Moderators Bob Schieffer zu antworten, der auf Cheneys bisher schon diskreditierte Aussagen hingewiesen und gefragt hatte: „Warum sollten wir Ihnen glauben?“
Der Abgeordnete Dennis Kucinich (D-Ohio) hat seinen Kollegen in der Demokratischen Partei im Abgeordnetenhaus einen Brief geschickt, in dem er ihnen mitteilt, er habe vor, gegen Vizepräsident Dick Cheney ein Amtsenthebungsverfahren zu eröffnen. In dem Brief, der über das Wochenende entworfen worden war, heißt es:
„Lieber Kollege,
diese Woche beabsichtige ich, Amtsenthebungsartikel mit Bezug auf das Verhalten des Vizepräsidenten Cheney einzubringen. Bitte beauftragen Sie ihren Stab, mein Büro zu kontaktieren… wenn Sie eine vertrauliche Kopie des Dokumentes vor seiner Vorlage im Abgeordnetenhaus erhalten wollen.“
Die Washington Post berichtet in ihrem „Detektiv“-Teil, wegen des Amoklaufs an der Virginia Tech Universität am Montag werde diese Woche in Bezug auf den Antrag nichts weiter unternommen werden.
|
| Kernthemen | Suchen | Abonnieren | Leserforum |