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Neue Solidarität
Nr. 46-47, 13. November 2025

Dr. Bruno Kahl: Ein Geheimdienstagent im Vatikan?

Der langjährige Chef des deutschen außen- und sicherheitspolitischen Auslandsgeheimdienstes BND, wurde zum Erstaunen vieler zum Botschafter im Vatikan ernannt. In einer Zeit, die an die Vorkriegsperiode des 1. Weltkrieges erinnert, mit dem Unterschied, daß diesmal Atomwaffen zum Einsatz kämen, ist Friedensdiplomatie das Gebot der Stunde, auch für den Vatikan. Der Vatikan verfügt auf Grund seiner internationalen Verbindungen über wichtigen Einfluß. Historisch kann er auf eine Bilanz als „ehrlicher Makler“ zurückblicken. So halfen Vertreter des Vatikans 1962, die Kubakrise zu entschärfen, als die Welt am Rande eines Atomkrieges stand, und waren hilfreich bei der Geheimdiplomatie zwischen John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow. Der Chefdiplomat des Vatikan, Kardinal Casaroli, begleitete 1975 die KSZE Konferenz in Helsinki, die mitten im Kalten Krieg eine neue Architektur der Zusammenarbeit von Vancouver bis Wladiwostok entstehen ließ. In den letzten Jahren bemühte sich Casarolis Nachfolger, Kardinal Parolin, um Frieden zwischen der Ukraine und Rußland. Deshalb ist der Botschafterposten im Vatikan kein Abstellgleis, sondern eine Schnittstelle von Diplomatie und Politik.

Welche Qualifikation bringt Dr. Bruno Kahl für diesen Posten mit? Zwar hat er ein juristisches Staatsexamen, aber keine diplomatische Ausbildung, wie es die Regel ist. Wenn schon nicht dies, so kann er eine journalistische Ausbildung beim katholischen Institut für Publizistik in München vorweisen, außerdem sei er fleißiger Kirchgänger und katholisch. Aber reicht das? Verhaltene Kritik wagt das Domradio.de: Er stehe der Kirche nahe, aber nicht zu nahe. Denn schließlich führte Bruno Kahl einen Geheimdienst. Über dessen „befreundeten“ Dienst, die CIA, hat Kahls amerikanischer Kollege Pompeo bekanntlich gesagt: „Wir lernten lügen, betrügen und stehlen.“ Es ist nicht bekannt, daß der BND diese Äußerung kritisiert hätte. Wer kann es einem ehemaligen Spionagechef verdenken, wenn die Wahrheit für ihn kein Kriterium ist?

Auch die braune Vergangenheit des BND mit seinem Gründer Reinhard Gehlen ist reichlich bekannt und dürfte dem Ansehen des BND bis heute schaden. Trotz seiner Nazi-Verbindungen konnte Gehlen mit Bewilligung der amerikanischen Besatzung den BND mit Personen aus dem alten Sumpf aufbauen.

Bruno Kahl mußten als Leiter des Bundesnachrichtendienstes zahlreiche Dokumente über den CIA-Putsch in der Ukraine von 2014 vorliegen. Victoria Nuland, die US-Vizeaußenministerin, brüstete sich damals, die ukrainischen Aufständischen mit etwa 5 Mrd. $ unterstützt zu haben, was Herrn Kahl nicht entgangen sein dürfte. Auch müßte er wissen, daß dem US-Hauptquartier in Wiesbaden die Schlüsselstellung der Kriegsplanung und Kriegsführung in der Ukraine bis heute zukommt, wie es die New York Times dieses Jahr in einem großen Artikel dokumentierte.

Reißerisch behauptete er vor wenigen Wochen, der Feind, also Rußland, stehe „ante portas“. Er behauptete, „Beweise zu haben“, daß Putin „auf dem Weg nach Westen“ und die „Ukraine nur ein Etappenziel“ sei, ohne Beweise dafür vorzulegen. Wer reines Wasser will, muß reine Kannen haben, sagt das Sprichwort.

Kahls skandalöse Äußerung im Rahmen eines Interview der Deutschen Welle im März 2025 schlug dem Faß den Boden aus: Er behauptete, ein Friedensdeal vor 2029 oder 2030 wäre „für Europa nicht von Vorteil“. Julia Timoschenko, die Vorsitzende der ukrainischen Oppositionspartei Vaterland (Batkivshehyna) reagierte mit scharfer Kritik und nannte Kahls Aussage eine ausdrückliche Bestätigung, daß die europäische Sicherheit Vorrang vor der Souveränität der Ukraine und dem Leben ihrer Bevölkerung habe. „Ich hätte nicht gedacht, daß sie es wagen würden, es so offiziell und offen zu sagen“, schrieb Timoschenko am 7.März 2025 in einem Facebook-Post.

Der Schatten über Bruno Kahl

Nun liegt aber ein Schatten auf Bruno Kahl, der ernst genommen werden muß, den aber sämtliche Medien scheinbar übersehen haben: Er schrieb seine Doktorarbeit über Carl Schmitts Elemente des katholischen Denkens in der politischen Theorie. Schmitt war einst der Kronjurist des 3. Reiches, der den Nationalsozialisten die Rechtfertigung ihres Wahns lieferte. Er rechtfertigte die Morde des Röhm-Putsches mit der Aussage, das Primat habe „die Politik, nicht das Recht“, und nannte die antisemitischen Nürnberger Gesetze von 1935 eine „Verfassung der Freiheit“.

Schmitts gesamtes Gedankengut ist aber nicht originell, sondern nur ein Neuaufguß des bösartigen britischen Staatsideologen Thomas Hobbes (1588-1679), der den Menschen verachtet und frech behauptet, „der Naturzustand des Menschen ist ein Krieg aller gegen alle“. Daraus leitet er auch den Naturzustand der Staaten als permanenten Kriegszustand ab, wie wir es seit langem kennen. Es ist eine ungeheure, geradezu satanische Unterstellung, denn damit leugnet er die Möglichkeit einer Rechtsgemeinschaft unter den Völkern, die z.B. durch das Prinzip des Gemeinwohls die Menschheit jenseits aller Unterschiede von Religion, Kultur und Staatsform einen kann.

Begegnet uns in diesem Menschenbild nicht die oligarchische Weltsicht, also das Gegenteil des augustinischen Christentums, welches in der Liebe zur Menschheit und der Liebe zum Feind, der noch nicht mein Freund ist, seinen Auftrag sieht? Helga Zepp-LaRouche, die Vorsitzende des Schiller-Institutes, hat wieder und wieder die Bedeutung von Nikolaus von Kues (1401-1464) hervorgehoben, der in dem Einen eine höhere Mächtigkeit sah als in dem Vielen, und das Wunder vollbrachte, die Ost- und Westkirche auf dem Konzil von Florenz zu vereinen.

Es wäre ein Jammer, wenn sich der Vatikan mit Bruno Kahl ein Kuckucksei ins Nest hätte legen lassen. Der von Kahl verehrte Carl Schmitt bekam zwar 1945 seine Lehrerlaubnis entzogen, da er sich nicht Entnazifizieren lassen wollte, aber bereits 1949 veröffentlichte er mit  Unterstützung der Dominikaner unter einem Pseudonym Auszüge seines Nachkriegswerks, „Der Nomos der Erde“ . Die Täuschung wurde u.a. von dem bekannten Staatsrechtler Friedrich August von der Heydte entdeckt. Dieser warnte, „alte Ladenhüter, die vor einem halben Menschenalter dem nationalsozialistischen Staat seine theoretischen Grundlagen gaben“, durch „scheinbar christliche Zutaten wieder schmackhaft zu machen.“

Leider muß man feststellen, daß die Enttabuisierung und die Rehabilitierung des Nazijuristen von anglo-amerikanischer Seite gefördert wurde. Henry Kissinger schrieb 1953 an Schmitt: „Ich schreibe Ihnen ... um die Möglichkeit Ihrer Zusammenarbeit mit der Zeitschrift Confluence zu erkunden, um europäischen und amerikanischen Intellektuellen die Chance zu geben, ihre Ansichten über aktuelle Probleme in Politik, Philosophie und Geisteswissenschaften auszutauschen.“

Die Rede von Papst Leo XIV. am 25.10.2025 vor 10.000 Pilgern auf dem Petersplatz im Vatikan wird zweifellos als Schock für Bruno Kahl und seinesgleichen gewirkt haben. Vielleicht sogar als Warnung. Papst Leo XIV. signalisierte einen Renaissanc-Aufbruch für die Probleme der Welt. Der Papst verwies auf Nikolaus von Kues Denkmethode (Coincidentia oppositorum) und dessen Wirken im 15. Jahrhundert, einem ähnlich unruhigen Zeitalter wie dem unseren. Auch damals lebten viele in Angst oder griffen zu den Waffen. Aber Kues glaubte an die Menschlichkeit. Er glaubte, daß es Gegensätze gibt, die zusammengehalten werden müssen. In Erinnerung an Kues bat der Papst „laßt uns ein Volk werden, in dem Gegensätze zur Einheit gebracht werden“.

Ganz gleich, ob Dr. Bruno Kahl ein „schwarzes Schaf“ oder Teil des Kissinger-Wolfowitz-Blinken-Kriegsapparats ist, er wird vermutlich kein Friedensengel sein. Der Papst sollte Vorsicht walten lassen. Ein Botschafter wie Bruno Kahl könnte den Friedensbemühungen des Vatikans gefährlich werden.

Christa Kaiser

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