Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
Folgen Sie uns auf
acebook
Neue Solidarität
Nr. 40-41, 2. Oktober 2025

„Beihilfe zum Völkermord Israels in Gaza“

Anwälte stellen Strafantrag gegen deutsche Regierungsbeamte und Waffenhersteller

Eine Gruppe von Anwälten gab am 19. September auf einer Pressekonferenz in Berlin bekannt, daß sie bei der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe Strafantrag gegen deutsche Regierungsbeamte und Führungskräfte der Rüstungsindustrie wegen Beihilfe zum Völkermord Israels in Gaza gestellt habe. Die Anwälte handeln mit Unterstützung des European Legal Support Center (ELSC), des Palestine Institute for Public Diplomacy (PIPD) und von Law for Palestine. Der umfangreiche Schriftsatz legt den genannten Personen ferner Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und zu Kriegsverbrechen zur Last.

Beschuldigt werden elf hochrangige Vertreter der ehemaligen und aktuellen deutschen Regierung sowie Geschäftsführer von Waffenherstellern: der ehemalige Bundeskanzler Olaf Scholz, die ehemalige Bundesministerin des Auswärtigen Annalena Baerbock, der Ex-Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck sowie der aktuelle Bundeskanzler Friedrich Merz, der derzeitige Bundesminister des Auswärtigen Johann Wadephul, die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie Katherina Reiche, der Bundesminister der Verteidigung Boris Pistorius, außerdem Dr. Jörg Stratmann, Geschäftsführer der Rolls-Royce Solutions GmbH, Michael Humbek, Geschäftsführer der Dynamit Nobel Defence GmbH, und Dr. Alexander Sagel und Susanne Wiegand, derzeitige und ehemalige Geschäftsführer von der RENK Group AG.

Benjamin Düsberg, Rechtsanwalt vom Anwaltskollektiv, und Nadija Samour, leitende Rechtsreferentin bei ELSC, stellten den über 100 Seiten umfassenden Strafantrag vor1 und beantworteten Fragen.

Düsberg unterstrich die Pflicht von Generalbundesanwalt Jens Rommel, nach dem Legalitätsprinzip Ermittlungen gegen die Beschuldigten einzuleiten. Eine Ablehnung der Aufnahme von Ermittlungen trotz der vorgelegten überwältigenden Beweislage wäre ein „schwerer Verstoß gegen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit… Wenn das Völkerstrafrecht nicht zu einem bloßen politischen Instrument verkommen soll, ist es gerade auch auf Regierungspolitiker*innen im eigenen Land anzuwenden.“ Man habe seit der erstmaligen Ablehnung der Aufnahme von Ermittlungen im Jahr 2024 weitere zusätzliche überwältigende Beweise gesammelt, die weder ignoriert noch verworfen werden könnten.

Der Strafantrag erfolgte wenige Tage, nachdem die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zu Palästina vier Akte des Völkermords2 durch Israel im Sinne der Völkermordkonvention gegen die Palästinenser im Gazastreifen festgestellt hat. Dies folgt auf die vielen Berichte der renommiertesten Menschenrechtsorganisationen sowie eine Resolution der International Association of Genocide Scholars (IAGS),3 in der festgestellt wird, daß das Verhalten Israels der rechtlichen Definition der Völkermordkonvention der Vereinten Nationen entspricht.

In der Pressemitteilung der Kläger4 heißt es, die Generalbundesanwaltschaft müsse die UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes und das deutsche Völkerstrafgesetzbuch einhalten und bei Vorliegen eines Anfangsverdachts Ermittlungen wegen möglicher Straftaten einleiten. Man habe im Strafantrag umfangreiche Nachweise für die vorgeworfenen Beihilfehandlungen vorgelegt. Die beschuldigten Regierungsbeamten hätten den Kriegswaffen- und sonstigen Rüstungsexporten zugestimmt und damit die Ausfuhr der Waffen von Deutschland nach Israel ermöglicht. „Diese besetzen die für die Entscheidungen über die Genehmigung von Waffen- und sonstigen Rüstungsexporten maßgeblichen Ressorts bzw. halten als Kanzler darüber hinaus die Richtlinienkompetenz in ihren Händen.

Die Waffenlieferungen wurden von den Regierungsbeamt*innen in voller Kenntnis der Tatsache genehmigt, daß die Waffen Verbrechen gegen das palästinensische Volk ermöglichten. Sie können nicht behaupten, daß sie ,nichts davon wußten'. Entscheidungsträger*innen in Unternehmen, welche Waffen ausliefern, werden durch eine staatliche Ausfuhrgenehmigung nicht von ihrer völkerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit freigestellt. Daß die Ausfuhren genehmigt wurden, ändert demnach nichts an der Einordnung als strafbare Beihilfehandlung.“

Wie im Schriftsatz ausgeführt wird, sei Deutschland „einer der größten Unterstützer der Vernichtungskampagne Israels im Gazastreifen. Die deutschen Waffenexporte nach Israel haben sich seit 2023 verzehnfacht und beliefen sich insgesamt auf etwa eine halbe Milliarde Euro (485.103.796 €). Im August 2025 gab Bundeskanzler Friedrich Merz bekannt, daß seine Regierung ,bis auf Weiteres’ keine neuen Ausfuhrgenehmigungen für Waffen mehr erteilt, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten. Bestehende Genehmigungen werden jedoch weiterhin erfüllt, und neue Genehmigungen werden weiterhin für Waffen erteilt, die angeblich nicht für den Einsatz im Gazastreifen bestimmt sind, aber dennoch zur Tötung von Zivilisten*innen in Palästina und der gesamten Region beitragen. Der Bundeskanzler hat nicht näher erläutert, wie Deutschland kontrollieren will, wo und wie diese Waffen eingesetzt werden dürfen.”

Zu den aus Deutschland eingeführten Waffen, die von der israelischen Armee im Gazastreifen eingesetzt werden, gehören Kampfdrohnen (Heron TP), Kriegsschiffe (Korvetten der Sa'ar-6-Klasse) sowie verschiedene Arten von Munition (darunter 120-mm-Panzermunition) und mechanische Teile. Zudem hat Deutschland eine große Menge der handgeführten Panzerabwehrwaffe Matador geliefert. „Seitdem ist es unter israelischen Soldaten zu einem TikTok-Trend geworden, sich dabei zu filmen, wie sie mit diesen Waffen auf Wohngebäude schießen und palästinensische Häuser zum Spaß zerstören“, heißt es in der Presseerklärung.

In Punkt D des Strafantrages (ab S. 84) werden Art und Umfang der von der deutschen Regierung genehmigten Rüstungsgüter (2023-2025) aufgeführt, sowie einzelne genehmigte und gelieferte Kriegswaffen.

Die Lieferung von Fahrzeugdieselmotoren und Getrieben für gepanzerte Fahrzeuge („sonstige Rüstungsgüter“) wird von Israel selbst als besonders wichtig für den Betrieb der israelischen Panzerflotte und ihrem Einsatz im Gazastreifen eingestuft (S. 96-100). So richtete laut einer Spiegel-Recherche die israelische Regierung im Frühsommer 2024 eine „Wunschliste“ an die Bundesregierung. Wegen des hohen Verschleißes im Krieg brauche man dringend Rüstungsgüter, z.B. die Panzergetriebe der Firma Renk, sowie Ersatzteile deutscher Unternehmen für Schützenpanzer und Helikopter. Israel sei auf diese Rüstungsgüter angewiesen, kein anderes Land könne Getriebe für die Merkava-Panzer liefern; das gleiche sei der Fall für bestimmte Hightech-Komponenten für andere Waffensysteme israelischer Firmen. Die Merkava-4-Panzer gelten als „integraler Bestandteil“ der militärischen Operationen der israelischen Armee, sie wurden im Zusammenhang mit der laufenden Bodeninvasion in Gaza als „Israels wichtiger Aktivposten“ bezeichnet.

„Nie wieder“ – für alle!

In der Pressemitteilung der Kläger heißt es abschließend, man habe sich bisher hinter „verzerrten rechtlichen Argumenten“ versteckt und „die zunehmenden Beweise für Völkermord mit deutschen Waffen“ geleugnet. Es sei „jetzt an der Zeit, Rechenschaft abzulegen”.

Dr. Qassem Massri, palästinensisch-deutscher Kinderarzt, der ursprünglich aus Gaza kommt, hat dort viele Familienmitglieder, Freunde und Kollegen verloren. Als Kläger sagt er: „Heute reichen wir diesen Strafantrag ein, damit die Bundesregierung ihrer historischen Verantwortung nachkommt, nämlich: Nie wieder für alle.“

Dem kann man sich nur anschließen. Dieser Strafantrag mit den darin enthaltenen Dokumentationen sollte von allen genutzt werden, die die schrecklichen Ereignisse in Gaza und die zunehmende Barbarei in den internationalen Beziehungen stoppen wollen.

Elke Fimmen


Anmerkungen

1. https://elsc.support/wp-content/uploads/2025/09/NEW-Strafantrag_Waffenlieferungen_19.9.2025.pdf

2. https://www.ohchr.org/en/press-releases/2025/09/israel-has-committed-genocide-gaza-strip-un-commission-finds

3. https://genocidescholars.org/wp-content/uploads/2025/08/IAGS-Resolution-on-Gaza-FINAL.pdf

4. https://elsc.support/the-time-for-accountability-is-now-criminal-complaint-against-german-government-officials-for-aiding-and-abetting-israels-genocide-in-gaza/

Ein Hilferuf an die Freunde der Neuen Solidarität!

Wie andere Zeitungen auch leidet die Neue Solidarität unter steigenden Kosten und sinkenden Abonnentenzahlen. Angesichts dieser Entwicklung ist das Weiterbestehen unserer Zeitung – jedenfalls in der bis­heri­gen Form – gefährdet. Damit ginge dem deutschsprachigen Raum eine wichtige Stimme der Vernunft verloren.

Wir sehen uns daher – hoffentlich nur vorübergehend – gezwungen, die Erscheinungsweise von bisher acht Seiten wöchentlich auf zwölf Seiten alle zwei Wochen umzustellen.

(Für die aktuellen Meldungen empfehlen wir als Ergänzung unsere täglich erscheinenden E.I.R. Nachrichten, die den Abonnenten per E-Mail zugestellt werden. Neukunden können sie 10 Tage lang kostenlos und unverbindlich testen.

Aufrufe zur Unterstützung unserer Zeitung im vorigen Jahr halfen uns, das Defizit zu mildern, wofür wir uns bei allen Unterstützern herzlich bedanken. Aber um das weiter­be­stehende strukturelle Defizit wirklich zu überwinden, brauchen wir vor allem eines: mehr Abonnenten für unsere Zeitung, was auch das beste Mittel ist, das geistige Defizit im politischen Diskurs der deutschsprachigen Welt zu bekämpfen.

Nutzen Sie unsere Zeitung als ein Instrument, dies zu erreichen! Helfen Sie uns, neue Leser zu finden, und empfehlen Sie unsere Zeitung weiter.

Man kann Abonnements auch verschenken. Manche unserer Leser haben Mehrfach-

Abonnements, damit Sie die Zeitung an Interes­sierte weitergeben können. Und natürlich können Sie uns auch weiterhin mit Förderabonnements und Förderbeiträgen helfen.

Bankverbindungen – Empfänger: E.I.R. GmbH, Wiesbaden

Nassauische Sparkasse Wiesbaden
IBAN: DE79 5105 0015 0114 0044 99 – BIC: NASSDE55

Postbank Frankfurt
IBAN: DE93 5001 0060 0330 0216 07 – BIC: PBNKDEFF

Stichwort: Erhaltet die Neue Solidarität