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Von Martin Kaiser
Wer sich zum 250.Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung Amerikas am 4.7. 1776 mit dem Denken der Gründerväter der USA beschäftigt, wird besorgt sehen, daß davon heute wenig übriggeblieben ist. Die hart erkämpfte Souveränität und die beste Verfassung der Menschheit sind heute nur noch ein Schatten ihrer selbst und werden weiter zerstört. Neben der staatlichen Souveränität erkämpften die Gründerväter auch ihre Wirtschaftssouveränität, ohne die Amerika nie zur größten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen wäre, die aber heute so gut wie vergessen ist. Hat der Erbfeind, das britische Kolonialreich, die USA durch seine „Sonderbeziehung“ schon zurückerobert?
Der amerikanische Dollar ist seit der Ablösung des Dollars vom Gold 1971 immer weniger in souveräner amerikanischer Hand, sondern der von übernationalen Bankkartellen. Sie haben zwar z.T. ihren Sitz in den USA, aber sie handeln eher wie eine globale Finanzbesatzung des britischen Empires, die auch die USA selbst wie andere Staaten ruinieren. Ihr jahrelanges Diktat der Globalisierung und des britischen Freihandels löste die Verlagerung von Teilen der amerikanischen Industrie in Billiglohnländer aus. Dazu wird die Landwirtschaft zunehmend von globalen Nahrungsmittelkartellen beherrscht und zerfällt.
Wie beabsichtigt (!) versinken die USA in Schulden, die für den amerikanischen Staat heute schon größer sind als sein Bruttoinlandsprodukt. Aber die Außenstände bei Luftgeschäften, Terminkontrakten und Derivaten u.ä., von denen die sechs größten „systemrelevanten“ , d.h. „unsterblichen“ Banken in New York den Löwenanteil halten, werden auf 1.000 – 2.000 Bio. $ geschätzt. Das sind mehr als 30-60fache des US-Inlandproduktes von etwa 30 Bio $!
Diese Außenstände sind überhaupt nicht mehr und in keiner Weise und durch nichts zu begleichen! Damit versinken die USA in eine Existenzkrise, die auf dem bisherigen Weg zum Ende ihrer Verfassungsordnung führen muß.
Wie schon oft, versucht die Finanzbesatzung diesen selbst verschuldeten Untergang durch Plünderung und Krieg – wie heute gegen Rußland und China – hinauszuzögern. Wir können heute schon auf 26 Jahre permanenter Kriege ohne Wiederaufbau der zerstörten Länder zurückblicken, Kriege, die meist gegen das Völkerrecht verstießen und somit Kriegsverbrechen waren. Dies wird noch von den Plänen übertroffen, den Weltraum illegal für Krieg zu mißbrauchen.
Nutzt all dies den durchschnittlichen Amerikanern? Leben sie deswegen in Saus und Braus, haben sie eine kostenlose Gesundheitsversorgung, beste kostenlose Schulen und üppige Renten? Nein, es fördert den privaten sogenannten „Militärisch- Industriellen -Komplex“ (MIK), vor dem der republikanische ehemalige Präsident und Kommandeur amerikanischer Truppen in Europa, Eisenhower, 1961 warnte, der „MIK“ bedrohe die Demokratie! Vor allem in Allianz mit dem privaten Vereinigten Königreich von Großbritannien kann der MIK seine Interessen gegen das amerikanische Volk durchsetzen, das in Wahlen der letzten neun Jahre mehrfach mehrheitlich gegen Kriegseinsätze gestimmt hat. Von den souveränen Interessen des Volkes ist wenig übriggeblieben.
In den letzten 250 Jahren standen die USA viermal vor dem Untergang. Sie retteten sich aber immer wieder durch den Bruch mit England und die Rückkehr zur Wirtschaftssouveränität:
Seit der Unabhängigkeitserklärung 1776 bis wenige Jahre nach der Annahme der Verfassung 1789 standen die USA vor fast unlösbaren Problemen: Die meisten der 13 Bundesstaaten waren bankrott. Für den Befreiungskrieg gegen England hatten viele Bürger außer dem Leben auch ihr letztes Geld gegeben und mußten sich zusätzlich noch Geld für die Befreiungsarmee leihen, wo es nur ging, teils bei wohlhabenderen Siedlern, teils im Ausland, wie z.B. in Frankreich. Aber nach dem Sieg konnten sie die Schulden nicht zurückbezahlen.
Zusätzlich verhängte England eine Seeblockade, sodaß alle nötigen Lieferungen ausblieben, wie auch die Währung, die London den Kolonien zur Verfügung stellte. Zollschranken zwischen den 13 Bundesstaaten behinderten Handel, Transport und Zahlungsverkehr. Britische Agenten und Anhänger des britischen Königs verschärften die Spannungen.
Nur die kühne Anwendung der Wirtschaftssouveränität, wie sie in der Verfassung stand, verhinderte, daß die junge Nation zerbrach und statt dessen aufblühte.
Kaum wurde aber die Wirtschaftssouveränität 1832 aufgegeben, brach 1837 eine große Depression mit Massenarbeitslosigkeit und Hunger aus. Dutzende Währungen waren im Umlauf und führten zu Bankzusammenbrüchen und zum Untergang von Landwirten und Industrien.
Dies befeuerte die südlichen Bundesstaaten, die vor allem von Sklaverei und Baumwollanbau lebten, mit den nördlichen zu brechen, die sich zu industrialisieren begannen. Die südlichen Bundesstaaten hingen dem Freihandel an, da sie im Wirtschaftskreislauf des Empires ihr Geld verdienten. In diesem globalen britisch beherrschten „Freihandel“, der alles andere als frei war oder ist, wurde ihre Baumwolle nach England geschifft und dort u.a. zu billigsten Textilien verarbeitet.
Diese brachte die „East India Company“, ein Staat im Staate, nach Indien, um sie gegen Opium einzutauschen, das sie nach China brachte. Das Opium zerstörte wie geplant das chinesische Volk, und als sich China gegen den „Freihandel“ wehrte, wurde es in zwei Opiumkriegen besiegt. Freihandel gab und gibt es nur für die Monopolisten, die sich damit Konkurrenten oder schwächere Länder unterwarfen und unterwerfen.1
Globalisierung ist also bei weitem kein Ereignis unserer Tage, sondern beherrschte die Welt durch koloniale Plünderung seit Mitte des 18.Jahrhunderts. Wundert es, daß die gleichen Machtkreise hinter der alten wie der neuen Globalisierung stehen?
Die nördlichen Bundesstaaten wollten diese Vergewaltigung nicht hinnehmen und traten für Schutzzölle ein, um sich gegen die besseren britischen Industriegüter zu wehren und die eigene junge und schwache Industrie zu schützen und aufzubauen.
Aber 84 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung, im Jahre 1860, war das Experiment der Befreiung vom britischen Empire am Ende: Bei der Präsidentenwahl stand der Kandidat Abraham Lincoln aus dem nördlichen Illinois in mehreren südlichen Bundesstaaten gar nicht auf der Wahlliste, und 1861 traten 7 südliche Bundesstaaten noch vor seiner Amtseinführung aus der Union aus. Es kam zum Bürgerkrieg, bei dem England auf der Seite ihrer Freihandelspartner, der Südstaaten stand. Ein großer Teil der USA war zum Verbündeten des Erzfeindes geworden, den die Verfassungsrevolution 84 Jahre zuvor besiegt hatte.2
Der neue Präsident Abraham Lincoln sah es als seine persönliche Frage von Leben und Tod an, die Union zu erhalten. Doch es gab kein Geld, Milizen und eine Armee für den Bürgerkrieg aufzustellen, und englische Kredite gab es nur zu überhöhten Zinsen.
Er ging den Verfassungsweg der Wirtschaftssouveränität und gab ein neues staatliches Zahlungsmittel aus, den „Greenback“. Weil dieser vorrangig für Wirtschaftsaufbau und die Vorbereitung des Bürgerkrieges verwandt wurde, blühte die Wirtschaft auf und die anfallenden Ausgaben konnten erwirtschaftet werden. Auch Großprojekte wie Kanalbauten und die transamerikanische Eisenbahn konnten in Angriff genommen werden, durch die erstmals eine Verbindung von Ost- und Westküste entstand, die den riesigen Wirtschaftsraum des ganzen Kontinents erschloß. Seit Beginn der Kolonisierung Amerikas im 17. Jahrhundert hatte das Empire alles unternommen, um dies zu verhindern!
Aber 36 Jahre nach der Ermordung des anti-britischen Präsidenten A. Lincoln, der den Versuch Englands verhinderte, die USA durch die Sezession der Südstaaten zu spalten, wurde 1901 der Gegner des britischen Freihandels und Kämpfer für Schutzzölle, Präsident McKinley ermordet. Danach beschleunigte sich die Übernahme Amerikas durch das Vereinigte Königreich mit Hilfe der sogenannten „Sonderbeziehung“. Man wollte nun „gemeinsam“ die Welt beherrschen.
Bis heute ist diese Sonderbeziehung gekennzeichnet durch eine sehr enge Zusammenarbeit der Geheimdienste Englands, Kanadas, Australiens, Neuseelands und der USA (die „Five Eyes“ oder „fünf Augen“), die Integration amerikanischer Atomwaffen in das britische Militär, die Symbiose New Yorker und Londoner Banken und Zentralbanken und eine inzestuöse Verbindung von Ideologieschmieden wie dem „Council on Foreign Relation“, Atlantic Council, Aspen Institut, Brookings Institution, Weltwirtschaftsforum Davos u.v.a.m.
Die zunehmende Unterordnung der amerikanischen Bankenwelt unter die des britischen Empires führte dann zielgenau in die große Depression und den Finanzkrach von 1929, der Hunger, Massenarbeitslosigkeit und Verwüstung der Landwirtschaft und Industrie auslöste. Statt aber weiter bankrotte Banken und Spekulanten mit staatlichen Geldern zu fördern, wie wir es heute tun, griff Präsident Franklin Delano Roosevelt (Präsident von 1933-1945) wieder auf die Wirtschaftssouveränität der Verfassung zurück. Er unterwarf bankrotte Banken einem Insolvenzverfahren, dem Trennbankengesetz, in den USA Glass-Steagall-Gesetz genannt: Der Staatsanwalt trennte den Finanzmüll in den Banken von echten Werten wie Betriebsvermögen, Finanzierungen von Industrie und Landwirtschaft und Ersparnissen der Bürger. Nur diesen realen Teil des Banksystems garantierte der Staat, nicht die Spekulationstitel.3 Wenn Banken weiter arbeiten wollten, konnten sie unter staatlicher Anordnung am Wiederaufbau, dem „New Deal“, mitarbeiten.
Gleichzeitig, und das ist genauso wichtig, eröffnete Präsident F.D. Roosevelt durch die „Reconstruction Finance Corporation“ eine große staatliche Kreditquelle für den Infrastrukturaufbau, sehr große Flußregulierung wie die des Tennessee, landwirtschaftliche Modernisierung und v.a.m. In Deutschland arbeitet die 1948 nach ihrem Vorbild gegründete „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ noch heute als staatliche Förderbank.
Wie es die Verfassung vorschrieb, trat der Staat als Förderer des Gemeinwohls und von Industrie, Handwerk und Landwirtschaft auf, um die tiefen Wunden der Spekulationsorgien und der Depression zu heilen.
Mit diesem Weg revolutionierte der erste Finanzminister Amerikas, Alexander Hamilton, schon zu Beginn der jungen USA ab 1791 die ökonomische Welt. Seine wirtschaftliche Revolution sollte sich als nicht weniger wichtig erweisen als die Verfassungsrevolution selbst und war untrennbar mit ihr verbunden. Er selbst war Adjutant von General George Washington, dem Chef der amerikanischen Befreiungsarmee, gewesen und auch einer der Autoren der amerikanischen Verfassung.
Schon vor der Unabhängigkeit der 13 Kolonien erkannte er, daß ihre Abhängigkeit von der Londoner Währungskontrolle eine Selbständigkeit der befreiten Kolonien unmöglich machte. Hamilton sah klar, daß eine staatliche Unabhängigkeit auch eine wirtschaftliche Unabhängigkeit, eine Wirtschaftssouveränität brauchte. Er forderte schon früh, eine eigene Kreditquelle zu schaffen, die dem Aufbau der jungen Nation dienen sollte.
1791, zwei Jahre nach der Annahme der Verfassung, gründete der Kongreß dann endlich die staatliche „First National Bank of America“, die nach Hamiltons Vorstellungen nur Kredite an produktive Unternehmungen gewähren sollte und nicht die Währung regulierte, keine Überschußreserven hielt oder Privatbanken regulierte, wie wir es von unseren heutigen Zentralbanken kennen.
Hamilton durchschlug den „gordischen Knoten“ des Bankrotts vieler Bundesstaaten, indem die „First National Bank of America“ deren Schulden übernahm und auf diesen Schulden mit der Autorität des neuen Staates Schatzanleihen zu besseren Bedingungen ausgab. Er ließ so Geldschulden in Kreditschulden umwandeln, die durch zukünftige produktive Unternehmungen zurückbezahlt wurden.
Hiermit setzte er ein völlig neues Denken durch, in dem der Wert der zukünftigen Produktion der alleinige Maßstab der Kreditvergabe wurde. Denn Geldschulden oder Geld im allgemeinen drücken schon geleistet Werte in der Vergangenheit aus, oder man versucht, schon geleistete Produktion zu Geld zu machen. Weil in Hamiltons Kreditsystem Schulden nicht losgelöst von zukünftiger Produktion sind, wird der Wert der Währung direkt an den Erfolg der Industrie, Landwirtschaft und Handelsunternehmen gebunden. Er führte die Bank so, daß auch die zurückbezahlten Kredite wieder in neue produktive Projekte flossen und nicht als Kapitalreserve oder Dividende brach lagen.4
Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit entstand ein völlig neues System, wodurch Kredit nicht nur Reichen oder Adeligen, sondern auch vielen mittellosen Menschen zugänglich wurde, die ein landwirtschaftliches, industrielles oder Handelsunternehmen beginnen wollten. Es war ein antikolonialistisches Wirtschaftssystem, das die junge Republik aus der Strangulierung der englischen Krone befreite und zu einer schnellen Gesundung führte, durch die die Schulden des Unabhängigkeitskampfes bezahlt wurden und das Wachstum der USA weiter andauerte.
Diese „Wirtschaftswissenschaft der amerikanischen Revolution“ wurde aber innerhalb Amerikas heftig bekämpft und ist sogar bis heute immer noch unterdrückt. So totalitär regiert das „Empire des Geistes“, wie es Winston Churchill nannte, daß es die „Wirtschaftswissenschaft der amerikanischen Revolution“ bis heute vollkommen aus Wissenschaft und Politik vertrieben hat. Unter der Führung von Thomas Jefferson sammelten sich damals die Interessen der Sklavenstaaten, um ihre Rechte gegen die neue Zentralregierung zu behaupten, denn sie hatten ja bisher z.T. eigene Landeswährungen ausgeben. Auch die britischen Finanzinteressen in New York protestierten gegen den Verlust ihrer Privilegien, Geld zu verleihen, und es kam zu einem heftigen Verfassungsstreit. Letztlich wurde das Patt durch Präsident George Washington gebrochen, der sich auf die Seite Hamiltons stellte.
Während dieser Krise antworte Hamilton in vier Denkschriften an den Kongreß, in denen er die Verfassungsmäßigkeit der „First National Bank of America“ untermauerte.3
Er stand auf solidem Fundament. In der Präambel der Verfassung, die in der Gültigkeit alle nachfolgenden Paragraphen übersteigt, heißt es u.a.:
„Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, von der Absicht geleitet … die allgemeine Wohlfahrt zu fördern … setzen die Verfassung in Kraft…“
Weiter heißt es in Artikel 1, Abschnitt 8 „(1) Dem Kongreß steht es zu, Steuern, Zölle… aufzuerlegen, Münzen zu schlagen, deren Wert und den Wert anderer Münzen zu bestimmen… (8) den Fortschritt der Wissenschaft und nützlicher Künste dadurch zu fördern, daß den … Erfindern für beschränkte Zeit das ausschließliche Recht an ihren Entdeckungen gesichert wird...“
Weder die Verfassung noch die Denkschriften Hamiltons hinderten die Feinde der „First National Bank of America“ daran, vor dem obersten Gericht, dem Supreme Court, dagegen zu klagen, bis dieser endlich 1819 zugunsten der Verfassungsmäßigkeit der Bank urteilte.
Durch ihren sensationellen Erfolg wurde die Nationalbank eine der drei Säulen des sogenannten „Amerikanischen Systems“ der politischen Ökonomie. Die anderen Säulen sind Schutzzölle und Infrastrukturaufbau. Den amerikanischen Ökonomen Matthew und Henry Carey, einem Berater Abraham Lincolns, und dem deutschen Nationalökonomen Friedrich List, der in der ersten Hälfte des 19 Jahrhunderts in den USA wirkte, ist es zu verdanken, daß dieses anti-britische Wirtschaftsmodell der Welt in unzähligen Schriften zugänglich gemacht wurde.
Wenn wir heute von diesem Erfolgsmodell auf die Einführung neuer Zahlungsmittel wie den digitalen Krypto-Währungen schauen, stellt sich die Frage, wird der geschwächte Verfassungsstaat von privaten Finanzkartellen übernommen? Das neue „GENIUS“ Gesetz der USA erlaubt Privatleuten und Firmen ihr eigenes „Geld“ auszugeben, z.B. „Stablecoins“, wie im mittelalterlichen Absolutismus, und damit US- Staatsanleihen kaufen. Die alten, unbezahlbaren Schulden sollen also mit neuen Schulden bezahlt werden.
Nur eine lasche Kontrolle des Staates soll überwachen, ob für diese „Stablecoins“ wirklich ein 1:1 Dollargegenwert vorhanden ist. Schwarzgeld, Rauschgift- und Steuerhinterziehungsgeldern werden neue Schlupflöcher ermöglichen und niemand, kein Staat, keine Bankenversicherung springt im Fall eines Finanzkrachs ein.
Diese privaten Währungen können staatliche Gelder ersetzen, aber letztlich ist niemand mehr verantwortlich. Kehren die USA damit vor ihre Revolution von 1776 zurück, wo die privaten Sklaveninteressen in London das Geld der Kolonien bestimmten oder auch verweigerten?
Warum entfernen sich die USA immer weiter von ihrem Erfolgsmodell staatlicher Souveränität und Wirtschaftssouveränität? Sie folgen dem britischen Menschenbild und nicht ihrem eigenem.
Das britische Wirtschaftsmodell war von Adam Smith 1776 auf Anweisung höchster Kreise der britischen Krone in seiner „Bibel“ Der Reichtum der Nationen ausgebreitet worden, an die bis heute die Mehrheit der Wirtschaftswissenschaftler glaubt. Reichtum entstehe durch „billig Kaufen und teuer Verkaufen“, heißt es darin – genau so, wie es in der weltweiten Plünderung des britischen Empires von den Südstaaten Amerikas und anderen Kolonien bis nach China stattfand.
Adam Smith streitet auch ab, daß der Mensch die Folgen seiner Handlung absehen kann, und er offenbart sein Menschenbild, auf dem auch das System des Freihandels und ihrer Anhänger bis heute aufbaut. Er schreibt in Theorie der moralischen Gefühle:
„Die Natur lenkt uns zum größten Teil durch unmittelbar Instinkte. Hunger, Durst, die Leidenschaft, die die Geschlechter vereinigt, die Lust am Vergnügen und die Abscheu vor Schmerzen veranlassen uns, solche Mittel um ihrer selbst zu gebrauchen. Die Sorge um das allgemeine Glück aller rationalen Wesen ist das Geschäft Gottes und nicht der Menschen. Dem Menschen kommt eine viel bescheidenere Rolle zu, die seiner schwachen Kraft und seinem begrenzten Verstand entspricht.“
Ganz anders dagegen schreibt Alexander Hamilton in seiner Denkschrift an den Kongreß Bericht über das Manufakturwesen: Die Nationalbank solle und werde neue Erfindungen und Entdeckungen ermutigen. Es sei die Aufgabe der Regierung, wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt zu ermöglichen, der ohne Kredit nicht wachsen könne. Offensichtlich wollte und konnte Hamilton die Folgen seiner Politik im Gegensatz zu Adam Smith und seinen bis heute zahlreichen Anhängern voraussehen!
Es verwundert nicht, daß sich so widersprechende Menschenbilder auch zu völlig anderen Wirtschaftssysteme führen, wie der Berater Abraham Lincolns, Henry Carey, schrieb:
„Das eine (System) zielt darauf, den Hindu auszunutzen und den Rest der Welt auf seine Stufe abzusenken; das andere will den Standard der gesamten Welt auf unsere Ebene heben.
Das eine bringt Armut, Dummheit, Entvölkerung und Barbarei hervor, das andere wachsenden Wohlstand, Bildung, und Zivilisation. Das eine ist das englische System, das andere können wir stolz das Amerikanische System nennen. Das ist die wahre Mission des Volkes der USA. Sie haben ein Privileg erhalten, das nie zuvor ein Volk erhielt: Das Recht zu einer vollkommenen Selbstregierung.“5
Alexander Hamilton vertiefte das Verständnis des Amerikanischen Systems für seine Anhänger in seiner Stellungnahme über die Verfassungsmäßigkeit der Nationalbank und führte aus, die Erkenntnisfähigkeit (oder Kreativität, wie wir heute auch sagen können) des Menschen sei das Gesetz der USA, dem die Nationalbank durch ihre Kreditvergabe zu dienen habe. Für ihn bestimmte diese höchste und schönste menschliche Fähigkeit sowohl den Staat – wie im „Recht auf Leben, Freiheit und Glückseligkeit“ aus der Unabhängigkeitserklärung – als auch die Glückseligkeit in der Entfaltung der Kreativität jedes Einzelnen als Fundament der Ökonomie.
Dieser revolutionäre Gedanke, der zum ersten Male in der Menschheitsgeschichte die Grundlage der Staatsfinanzen und damit eines Staates war, wurde vom amerikanischen Ökonom und Staatsmann Lyndon LaRouche (1922-2019) im 20. und 21.Jahrhundert wiederbelebt und erweitert. Die Entdeckung von neuen physikalischen, kulturellen und staatspolitischen Prinzipien sei die Quelle des Reichtums einer Gesellschaft, lehrte er, wenn sie die Lebensbedingungen und die Bildung der Menschen verbesserten. Nicht Rohstoffe oder Geld, wie es heute an allen Universitäten gelehrt wird, werden die Zivilisationen voranbringen!
Er erkannte, daß der heutige Bankrott unseres Finanzsystems (s.o.) mit der „Wirtschaftswissenschaft der amerikanischen Revolution“ überwunden werden kann und engagierte sich leidenschaftlich dafür.
Gegen den gleichen erbitterten Widerstand der britischen und internationalen Oligarchie und Spekulanten, die schon seit 250 Jahren Alexander Hamilton bekämpften und ermordeten, wandte er Hamiltons Lösung auf alle Länder an. Jedes Land könne durch eine Nationalbank seine Wirtschaft und die Schöpferkraft seiner Bewohner fördern, um dann in einer Allianz souveräner Republiken Hunger, Seuchen und Flüchtlingsströme zu beenden.
Über 50 Jahre wirkte Lyndon LaRouche in Amerika und fünf Kontinenten dafür, den Absturz in Barbarei und finanzielle Kolonialknechtschaft zu beenden und eine blühende Weltwirtschaft aufzubauen, die allen Menschen Zugang zu ihrer Kreativität ermöglichen sollte. Als Vordenker der Allianz der BRICS+-Staaten und der „Neuen Seidenstraße“ Eurasiens, die nicht zufällig ein Echo auf die transamerikanische Eisenbahnentwicklung ist und die auch in Afrika und Südamerika Freunde findet, werden seine Arbeiten dort heute von einflußreichen Ökonomen erfolgreich angewandt.
In LaRouches „Vier Gesetzen“ stehen die „Wirtschaftswissenschaft der Amerikanischen Revolution“ und die Wirtschaftssouveränität wieder auf, die auch uns aus unserer Krise herausführen wird, wie schon dreimal in der letzten 250 Jahren die USA. Verkürzt besagen diese „Vier Gesetze“:
1. Ein Insolvenzverfahren gegen bankrotte Banken durch das Trennbankengesetz (s.o.)
2. Errichtung einer Nationalbank für Kredit zum Aufbau einer produktiven Ökonomie
3. Bau von Eisenbahn, Magnetbahnen und Kanalbauten und großen Bewässerungssystemen und
4. große Anstrengungen in Wissenschaftsbereichen der Zukunft wie Kernfusion und Weltraumfahrt u.v.a.m.
Diese Kontinuität in der Verfassungs- und Wirtschaftssouveränität hat die Welt schon mehrmals positiv überrascht und steht auch heute im Mittelpunkt des Kampfes um die Zukunft der USA und der Welt.
Wenn wir den Kampf der Systeme der letzten 250 Jahre überblicken, erkennen wir auch, wie die Menschheit zu höheren Zivilisationen aufsteigen kann. Nur wir Menschen im Gegensatz zu den Tieren haben diese Fähigkeit, Revolutionen in Staat, Wirtschaft und Kultur zu verwirklichen, um unsere Gattung dauerhaft zu erhalten. Willentlich eine höhere Kultur zu schaffen, erlaubt jedem Menschen, dankbar das Erbe früherer Generationen aufzugreifen und es vermehrt an nachfolgende Generationen weiterzugeben. Gerade wegen unseres sich beschleunigenden Verfalls muß das Denken der Gründerväter Amerikas dringend studiert und umgesetzt werden, weil es in den letzten 250 Jahren die britische Kolonialknechtschaft zeitweise erfolgreich durchbrach.
Anmerkungen
1. „1932: Es geht nicht um Parteien, sondern um universelle Prinzipien“,
Dokumentarfilm über den britischen Versuch, die USA zu unterjochen, Video, Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo).
2. „Abraham Lincoln und der amerikanische Bürgerkrieg“, Martin Kaiser, Neue Solidarität Nr. 16/2015.
3. Siehe Glass-Steagall-Bankentrennung, Video, BüSo.
4. Das Kreditsystem – Teil I: Einführung – Kreditschöpfung für die Realwirtschaft und
Das Kreditsystem – Teil IV: Hamiltons Nationalbank, Videos, BüSo.
5. Allen Salisbury, The Civil War and The American System, Campaigner Publ. 1978
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