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Von Patricia Salisbury
Dr. Francis A. Boyle, der renommierte Völkerrechtler und langjährige Kämpfer für Menschenrechte auf nationaler und internationaler Ebene, verstarb am 30. Januar 2025 in Illinois, wo er im Alter von 74 Jahren immer noch vehement für Gerechtigkeit kämpfte. Der in Chicago geborene Boyle erklärte einmal seine lebenslange Verbundenheit mit den Rechten der Benachteiligten, er sei „als Ire geboren“ und betrachte sich nicht als „weißer Nordamerikaner“.
Er nutzte seine renommierten Harvard-Abschlüsse für seine Anliegen, nicht für seine persönlichen Vorteile, und in seiner erstaunlichen Lebensleistung als Publizist befaßte er sich mit unpopulären und manchmal tabuisierten Themen wie nuklearer Abrüstung, biochemischer Kriegsführung und sozialer Gerechtigkeit für Gruppen auf der ganzen Welt.
Zuletzt unterstützte Dr. Boyle die Regierung Südafrikas in ihrem bahnbrechenden Völkermordverfahren gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH), dem wichtigsten Justizorgan der Vereinten Nationen. In diesen Kampf brachte er seine beispiellose jahrzehntelange juristische Expertise zur Unterstützung der Rechte der Opfer ein, auch im Namen des palästinensischen Volkes. 1991-92 war Dr. Boyle Rechtsberater der palästinensischen Delegation bei den Nahost-Friedensverhandlungen.
Er begrüßte die Erkenntnisse des Internationalen Gerichtshofs über den Völkermord in Gaza 2024 als großen Sieg und nutzte sie vollauf für seine Aktivitäten. In dieser Sache war er kompromißlos und verwies oft darauf, daß die IGH-Entscheidung nicht nur Israel betrifft, sondern alle 159 Unterzeichner der Völkermordkonvention verpflichtet, aktiv zu werden, um den Völkermord zu stoppen. Er betonte gegenüber seinem Publikum, die Biden-Regierung mache sich mitschuldig und sei uneinsichtig in Bezug auf die Verletzung dieser Konvention, deren Unterzeichner sie war.
Dr. Boyle widmete sich oft aussichtslos erscheinenden Fällen und gab sich im Kampf für Gerechtigkeit mit nichts Geringerem als dem Sieg zufrieden. In vielen öffentlichen Vorträgen hob er seinen Erfolg bei der Klage hervor, die Bosnien-Herzegowina 1993 gegen Serbien anstrengte, die er vor dem Gericht vertrat. Es war der erste juristische Sieg vor dem IGH auf der Grundlage der Völkermordkonvention. Dies schuf nicht nur einen wichtigen weltweiten Präzedenzfall, sondern bekräftigte auch den Grundsatz, daß es möglich und notwendig ist, gegen große Widerstände und scheinbar unbesiegbare Mächte zu gewinnen.
Folglich hatte er keine Angst, es mit den mächtigsten Politikern der Welt aufzunehmen. Im Laufe der Jahre leitete Dr. Boyle Amtsenthebungsverfahren gegen amtierende US-Präsidenten ein oder bot dies an, u.a. gegen George Bush sen., Barack Obama und Joe Biden. Manchmal scheiterte es nur daran, daß er keinen Kongreßabgeordneten finden konnte, der den Mut hatte, einen Amtsenthebungsantrag einzubringen.
Eine hochgeschätzte Ausnahme war seine Zusammenarbeit mit dem demokratischen Abgeordneten Henry B. Gonzales aus Texas. Dr. Boyle verwies in einem Interview darauf, daß Präsident Bush sen. – wie dieser selbst in seinen Memoiren schreibt – die Irak-Invasion im Golfkrieg 1991 nur deshalb kurz hinter der Grenze zu Kuwait stoppte und nicht weiter nach Bagdad vorrückte, weil er ein Amtsenthebungsverfahren fürchtete. Und der Grund dafür war, daß Gonzalez, der frühere Justizminister Ramsey Clark und Boyle eine entsprechende landesweite Kampagne begonnen hatten und Gonzalez den von Dr. Boyle initiierten Amtsenthebungsantrag bereits im Repräsentantenhaus eingebracht hatte.
Trotz beträchtlicher politischer Differenzen arbeitete Boyle über Jahrzehnte hinweg häufig mit dem Schiller-Institut zusammen, gab mit dem Schiller-Institut verbundenen Publikationen Interviews zu wichtigen Themen und teilte zuletzt sein Wissen über das Völkerrecht. In Gesprächen mit der von Helga Zepp-LaRouche initiierten Internationalen Friedenskoalition (IPC) erläuterte er die Bedeutung und die Auswirkungen des IGH-Völkermordurteils von 2024.
Boyle wurde mehrmals von Harley Schlanger von der LaRouche-Organisation (TLO) interviewt, und dabei zeichnete er sich – neben seiner gekonnten Ausdrucksweise – durch zwei besondere Eigenschaften aus: Seine fachliche Vorbereitung war immer hervorragend, und seine Leidenschaft für Gerechtigkeit war unerschütterlich. Dies stand im krassen Gegensatz zu vielen seiner Berufskollegen, die wohl vor Gericht glaubwürdig argumentierten, aber sich dann in ein bequemes Leben zurückzogen. „Francis konnte nicht aufgeben, solange ein Unrecht ungelöst blieb“, bemerkte Schlanger.
Boyle kannte keine Trennung zwischen dem „öffentlichen“ und dem „privaten“ Leben. Als wiederholte Versuche, mit seiner Washingtoner Gemeinde eine Resolution gegen den Völkermord im Gazastreifen zu verabschieden, scheiterten, trat er nicht nur zurück, sondern prangerte auch öffentlich ihre Feigheit an und sagte, er wolle keinen Anteil an „billiger Gnade“.1
Boyles Integrität und Beharrlichkeit waren bewundernswert und inspirierend. Wie einer seiner Schüler es beschrieb, hinterließ sein Engagement für eine gerechte Behandlung der Machtlosen bei ihm und seinen Kommilitonen einen bleibenden Eindruck. So wirkte er auf alle, die ihn kennenlernten.
Seine Bemühungen waren unermüdlich. Keine E-Mail blieb unbeantwortet, egal ob die Antwort nur einen Satz oder eine Liste von Verweisen auf ein halbes Dutzend seiner Bücher und Artikel verdiente. Solche Antworten konnten manchmal auch schroff ausfallen, wie es bei einem Mann mit vollem Lehrpensum und vielen politischen Kämpfen zu erwarten war. Dennoch fand er Zeit, Pee Wee Reese von den damaligen Brooklyn Dodgers eine Mail über Verdienste der „Baseball-Größen“ zu schreiben, wobei ein bestimmter gemeinsamer Favorit besonders hervorgehoben wurde.
Dr. Francis Boyle war aus freien Stücken ein Mann von „teurer Gnade“. Möge sein Engagement und seine Entschlossenheit diejenigen inspirieren, die nach ihm kommen.
Anmerkung
1. In Anlehnung an Dietrich Bonhoeffers Unterscheidung zwischen „billiger“ und „teurer“ Gnade in dessen Buch Nachfolge.
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