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Neue Solidarität
Nr. 6, 8. Februar 2024

Unterstützt die Bauernproteste!

Warum wir andere Wirtschaftsprinzipien brauchen

Trotz aller Versuche, diese Realität zu leugnen: die Bauernproteste weiten sich aus und werden von der Bevölkerung unterstützt. In Deutschland wächst die Allianz der Landwirte mit dem produktiven Mittelstand, auch in anderen europäischen Ländern gehen die Landwirte zur Verteidigung ihrer Existenz und für das Gemeinwohl auf die Straße: gegen die inkompetente Berliner Politik, die EU-Politik der globalen Kartelle, grüne Knebelauflagen und vieles mehr.

Dazu veröffentlichen wir ein Interview mit Werner Zuse. Er ist Landesvorsitzender der Bürgerrechtsbewegung Solidarität in Bayern und hat sich intensiv mit Fragen der Landwirtschaft beschäftigt. In den 80er Jahren zählte er zu den Mitgründern der Europäischen Landwirtekommission im Schiller-Institut.

Zuse: Die Politik der EU heißt bereits seit Jahrzehnten, die landwirtschaftliche Produktion in Europa zu extensivieren und damit zu reduzieren. Alles dies läuft unter dem Motto Natur- und Umweltschutz. Die Folge ist, daß immer mehr Lebensmittel importiert werden müssen. Das hat aber mit Umweltschutz nichts zu tun, da die Lebensmittel dann nicht nur weitere Wege zurücklegen müssen, sondern auch zu niedrigeren Umweltschutzstandards produziert werden.

Die Nutznießer sind die internationalen Finanzmärkte und die Großen im Lebensmitteleinzelhandel. Deren Ziel ist bereits seit den 80er Jahren, die Landwirtschaft vertikal zu integrieren, d.h. die Erzeugung von Lebensmitteln soll von der Erzeugung über die Verarbeitung und den Verkauf in einer Hand liegen, und zwar in der Hand des Lebensmitteleinzelhandels. Landwirte sollen dann, falls sie noch als eigenständige Familienbetriebe existieren, Vertragslandwirte sein, die das Risiko der Erzeugung tragen, aber ansonsten nichts mehr für ihren Betrieb selber entscheiden können. Wie sie produzieren müssen, wird ihnen dann vom Lebensmitteleinzelhandel vorgeschrieben. Diese entscheiden aber auch darüber, wer noch Lebensmittel wo und zu welchem Preis bekommt. Also ist auch der Verbraucher ihnen dann vollkommen ausgeliefert.

Zuse: Die Freihandelsabkommen wie das Mercosur-Abkommen sollen den Weg für Lebensmittelimporte aus diesen Ländern weiter erleichtern. Also sollen diese die Produktion im eigenen Land verdrängen, da ja die EU mit ihren Umweltauflagen wie Flächenstillegungen, Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden und der Düngemittel schon lange an der Reduzierung der Erzeugung von Lebensmitteln in Europa arbeitet. Dies alles dient natürlich dann den Interessen der Großen im internationalen Lebensmittelhandel.

Freihandelsabkommen lagern aber nicht nur die Lebensmittelproduktion in Billiglohnländer aus, sondern tun dies auch mit der Industrie, wie das Freihandelsabkommen zwischen Kanada, den USA und Mexiko gezeigt hat. Teile der Autoproduktion und deren Zulieferer wurden aus den USA nach Mexiko in die sogenannten Maquiladoras ausgelagert, weil dort die Arbeiter die gleiche Arbeit zu Niedrigstlöhnen machten. Auch hier profitieren Konzerne und nicht die Volkswirtschaften der Länder.

Der Freihandel ist das ursprüngliche Wirtschaftsmodell des Britischen Empire und legt die Macht in die Hände der Händler, deren Sklaven die Produzenten sind. Ein solches Modell schafft nur Armut in der Welt und macht einige Menschen reich und mächtig.

Das Gegenmodell ist das ursprüngliche amerikanische Modell des Protektionismus, in dem der Staat die Produktion schützt und fördert. Dieses Modell wurde im Rahmen der EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, gegründet 1957) in Europa bis zum Eintritt Großbritanniens in die EU (1973) praktiziert. So gab es damals in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EWG Marktordnungen für die Landwirtschaft, die dem Landwirt kostendeckende Preise sicherten.

Zuse: Die Landwirtschaft muß genauso wie die industrielle Produktion und auch das Handwerk durch Investitionen in die Erhöhung der Produktivität die Produktion steigern. Das ist bei einer wachsenden Bevölkerung auch nötig, damit der allgemeine Lebensstandard steigen kann. Dies war das ursprüngliche Ziel der Politik der EWG. Als Folge davon wuchs das Einkommen der Bevölkerung insgesamt, und im Raum der EWG war ein großer Prozentsatz der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe tätig, damals in Deutschland z.B. über 50% der Beschäftigten. Heute sind es auf Grund der Politik der EU nur noch etwa 20%, wobei Deutschland immer noch im Vergleich zu den anderen EU-Ländern einen höheren Prozentsatz in der Produktion hat.

Europa muß zu diesem Modell des Schutzes der Produktion vor den Machenschaften der internationalen Finanzmärkte zurückkehren, damit Weimarer Zustände verhindert werden können und die Bevölkerung auch wieder eine Zukunftsperspektive hat. Dazu sollte sich Deutschland auch der Politik der BRICS-Staaten anschließen und sich an der großen Aufgabe des Aufbaus der sogenannten 3. Welt beteiligen, anstatt unsere Wirtschaft auf eine Kriegsökonomie umzustellen.

Zuse: Paritätspreise sind die Angleichung der Einkommen in der Landwirtschaft an die allgemeine Einkommensentwicklung in der Wirtschaft. Das Entscheidende hierbei ist, daß das Einkommen in der Landwirtschaft wie in der Wirtschaft generell die Weiterentwicklung der Volkswirtschaft ermöglichen muß. Es muß also so hoch sein, daß der Betrieb nicht nur weiter existieren kann, sondern auch noch den nötigen Gewinn macht, um in die Verbesserung der Produktion investieren zu können.

Zuse: Die große Auseinandersetzung in der heutigen Welt heißt: Bestimmen Privatpersonen oder die Staaten die Regeln der Wirtschaft? Die Globalisten von Davos sehen sich als Herren der Welt und bestimmen dank korrupter Politiker die Wirtschaftspolitik der Nationen. Als Folge davon nimmt die Armut zu und zusätzlich werden ständige Konflikte und Krieg organisiert, um sicher zu stellen, daß kein Land souverän wird.

Dieses koloniale System kommt jetzt aber dank der Kreditvergabe der „Neuen Entwicklungsbank“ der BRICS-Staaten für Infrastrukturinvestitionen an den Globalen Süden zum Ende. So kann dann der Globale Süden seine Rohstoffe vor Ort verarbeiten und so die Wertschöpfung im eigenen Land tätigen.

Europa sollte sich an diesem Aufbau der Volkswirtschaften des Globalen Südens beteiligen und würde dann nicht nur Freunde und kaufkräftige Handelspartner bekommen, sondern auch das Flüchtlingsproblem lösen.

Zuse: Das Wichtigste ist, den Ländern zu helfen, sich selbst mit den Grundnahrungsmitteln versorgen zu können. Dazu müssen die unterentwickelten Länder in kurzer Zeit ihre Landwirtschaft mechanisieren und Zugang zu Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln bekommen. Gleichzeitig muß mit Modellfarmen und landwirtschaftlichen Bildungsinstitutionen den Bauern das nötige Wissen vermittelt werden, um auch so produktiv wie hier in Deutschland Lebensmittel produzieren zu können.

Kurzfristig helfen natürlich auch direkte Nahrungsmittelhilfen in die Hungergebiete, wie es gerade Rußland durch kostenlose Lieferung von Getreide und Kunstdünger an einige arme Staaten in Afrika vorgemacht hat. Dazu müßte man aber auch in Europa Lebensmittelvorräte angelegt haben, was zu Zeiten der EWG noch vorgeschrieben war.

Corona hat uns gezeigt, daß man nicht nur wichtige Produktionszweige im eigenen Land erhalten muß, sondern auch für Krisenzeiten Lagerbestände aufgebaut haben muß. Für Lebensmittel gilt dies besonders.

Das Interview führten Elke Fimmen und Jonathan Thron.