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Transaqua ist ein integriertes Projekt für Wasserversorgung, Wasserkraftnutzung, Transport und Entwicklung der Agrarindustrie im Herzen Afrikas. Experten beschreiben es als potentiellen Motor eines Wirtschaftsaufschwungs für den gesamten Kontinent.
Die Idee für Transaqua ist Jahrzehnte alt, sie stammt von einem Team des italienischen Ingenieurbüros Bonifica, damals ein Teil der staatlichen Holding Istituto per la Ricostruzione Industriale (Institut für industriellen Wiederaufbau, IRI). Transaqua soll eine große Ungerechtigkeit der „Natur“ beseitigen: Nördlich des Karre-Gebirges in der Zentralafrikanischen Republik, das die Wasserscheide zwischen dem Tschadseebecken und dem Kongobecken bildet, herrscht ständige Dürre, während südlich davon Wasser im Überfluß vorhanden ist und ungenutzt in den Atlantik fließt. Wir sprechen vom Kongo, dem zweitlängsten und wasserreichsten Fluß Afrikas, und von der Sahelzone, dem Trockengürtel, der sich südlich der Sahara durch Nordafrika zieht.
Das Bonifica-Team unter der Leitung von Diplom-Ingenieur Marcello Vichi berechnete, daß durch den Bau von Dämmen an den rechten Nebenflüssen des Kongo und die Verbindung der daraus resultierenden Stauseen durch Kanäle eine 2400 km lange Wasserstraße geschaffen werden könnte, die 5-8% des Kongo-Wassers nutzt und es über den Chari, den einzigen Zufluß, in den Tschadsee leitet. Dies, ohne einen Liter Wasser zu pumpen, es würde den gesamten Weg nur durch die Schwerkraft fließen. Es wurde berechnet, daß auf diese Weise bis zu 100 Milliarden Kubikmeter Wasser jährlich umgeleitet werden könnten, wodurch man den Tschadsee wieder auffüllen und Lebensbedingungen für bis zu 50 Millionen Menschen wiederherstellen würde.
Darüber hinaus würde jeder der mehr als zwei Dutzend Dämme mit jeweils mittelgroßen Kraftwerken (30 bis 100 MW Leistung) Wasserkraft erzeugen und so den gesamten nordöstlichen Teil der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) und die Zentralafrikanische Republik (ZAR) versorgen. Auf dem Weg hinab in Richtung Tschadsee würde zusätzliche Wasserkraft erzeugt. Es wurde berechnet, daß eine Kapazität von bis zu 7 GW aufgebaut werden könnte. Darüber hinaus würden die Dämme die Wasserführung der Flüsse regulieren, die bisher immer wieder die Ufergebiete überschwemmen, und so die Voraussetzungen für eine zuverlässige agro-industrielle Entwicklung schaffen und das Wasserkraftpotential an flußabwärts gelegenen Standorten wie dem Inga-Staudamm erhöhen. Nicht zuletzt wäre die Wasserstraße schiffbar und würde so einen Transportweg bilden, der sechs Länder direkt miteinander verbindet: DR Kongo, ZAR, Tschad, Kamerun, Niger und Nigeria.
Transaqua würde den größten Nebenfluß des Kongo, des Ubangi, ganzjährig schiffbar machen und könnte theoretisch auch eine Verbindung vom Tschadsee zum Kongo und zum Meer herstellen. Das erfordert jedoch beträchtliche Arbeiten, denn der Kongo ist derzeit aufgrund eines etwa 100 km langen Abschnitts mit Stromschnellen nicht schiffbar. Dieses Problem muß durch ein Schleusensystem gelöst werden.
2018 wurde dank einer Zusammenarbeit zwischen dem Schiller-Institut, den Transaqua-Autoren und dem Unternehmen Bonifica (heute in Privatbesitz), der Regierung Nigerias und der afrikanischen Kommission für das Tschadseebecken (Lake Chad Basin Commission, LCBC) Unterstützung für Transaqua organisiert und der Plan auf der Internationalen Tschadsee-Konferenz in Abuja im Februar 2018 angenommen. Alle LCBC-Mitgliedsländer – Nigeria, Tschad, ZAR, Niger, Kamerun und Libyen – erklärten gemeinsam, daß Transaqua das einzige machbare Projekt zur Rettung des Tschadsees ist, und verpflichteten sich, internationale finanzielle Unterstützung für die Realisierung zu organisieren.
Die italienische Regierung, die zu dieser Zeit von Migrationswellen aus Afrika, viele davon aus der Sahelzone, betroffen war, unterstützte die Erklärung und verpflichtete sich, die Machbarkeitsstudie mitzufinanzieren. Im Oktober des Jahres wurde dazu ein Protokoll von der LCBC und der italienischen Regierung unterzeichnet. Leider führten ein Regierungswechsel in Rom und äußerer Druck auf die LCBC-Länder dazu, daß nichts weiter geschah und der Schwung verlorenging. Es bedarf jedoch nur des politischen Willens, um das Projekt wieder aufzunehmen.
Die Kosten für den Bau von Transaqua sind zwar erheblich – mindestens 50 Milliarden Dollar –, aber das Projekt kann wie das Inga-Projekt in Phasen gebaut werden. Die erste Phase würde die Zentralafrikanische Republik betreffen und am letzten Damm vor der Wasserscheide am Kotto-Fluß beginnen und sich nach Süden fortsetzen. Allein der Teil des Projekts für die rechten Nebenflüsse des Ubangi, der vollständig auf dem Gebiet der ZAR liegt, würde es ermöglichen, etwa 20-30 Milliarden Liter Wasser pro Jahr in das Einzugsgebiet des Tschadsees umzuleiten, den Ubangui zu regulieren und 2000 MW Wasserkraft zu erzeugen. Und auch wenn es Jahre dauern wird, bis das erste Wasser zum Tschadsee fließt, gibt es von Anfang an unmittelbare Vorteile in Form neuer Arbeitsplätze, sobald die ersten Bagger die Erde bewegen.
cc