|
|
Oberst a.D. Lawrence Wilkerson war Stabschef von US-Außenminister Colin Powell.
Mein Beitrag für Sie hat zwei Teile. Der erste Teil ist ein wenig Geschichte und der zweite Teil sind die alarmierenden aktuellen Ereignisse.
Zur Geschichte: In den 5000 Jahren der Menschheitsgeschichte, über die wir etwas wissen, gab es Hunderte von Imperien. In den 3000 Jahren, über die wir viel wissen – um so mehr, je näher wir an die Neuzeit kommen –, gab es Hunderte. Sie alle sind verschwunden, alle. Jedes einzelne von ihnen! Das Persische, das Oströmische und Weströmische, das Mongolische, das Mogulische, das Osmanische, das Dritte Reich von Adolf Hitler, sogar das Reich, von dem es hieß, darin gehe die Sonne nie unter, das Britische Empire. Verschwunden! Schauen Sie sich Großbritannien heute an: Washingtons Pudel, wenn überhaupt!
Das einzige, was das heutige Imperium, Amerika – denn wir sind mit Sicherheit eines – von allen anderen unterscheidet, ist, daß wir die Mittel erfunden haben, über die kein anderes Reich in der Geschichte der Menschheit jemals verfügt hat: die Mittel zur Auslöschung allen menschlichen Lebens. Wenn Sie den Film Oppenheimer gesehen haben, wissen Sie, wie wir es gemacht haben. Ein ziemlich guter Film, ziemlich präzise. Sie alle wissen, wie wir es gemacht haben. Das allein macht uns einzigartig! Vielleicht schrecklich einzigartig.
Mein zweiter Teil: die alarmierenden aktuellen Ereignisse:
Heute um zwei Uhr nachts stehe ich auf, mein Telefon hat vibriert. Ich schaue nach, es ist Nima R. Alkhorshid. Sie kennen ihn vielleicht aus einer Sendung namens Dialogue Works: Er sendet aus einem kleinen Dorf in Brasilien südlich von Sao Paulo. Er ist gebürtiger Iraner, aber jetzt brasilianischer Staatsbürger, und Dialogue Works ist eine ziemlich gute Sendung.
Er arbeitet also schon – und seine Zeitzone ist dieselbe wie unsere. Er befaßt sich schon mit dem laufenden israelischen Angriff auf den Iran. Aber er tut das nicht wie MSNBC, CNN oder irgendeines der anderen unsauberen Propagandainstrumente des amerikanischen Imperiums, er arbeitet daran aus der Sicht eines Journalisten. Und er spricht mit Menschen, er spricht mit mir, und wir schreiben uns SMS, und ich erhalte ein Update über den israelischen Angriff auf den Iran – auf den natürlich die ganze Welt, die irgend etwas über die Welt wußte, gewartet hatte – sicher nicht sehnsüchtig, aber gespannt, zu sehen, was passieren würde.
Was passiert ist, war nach Angaben von Menschen vor Ort in Teheran, in Jordanien und in Israel, vor allem in Tel Aviv, und von Menschen, die darüber berichteten und eine ziemlich gute Einstellung zum Journalismus haben, daß Israel besiegt wurde. Ich weiß nicht, ob das russische S-400 oder was auch immer waren, aber ich erfuhr, daß Israels Vorgehen wenig Wirkung zeigte. Ja, ein paar Bomben gingen hoch, es gab ein paar Dinge, Feuer und so weiter; aber nichts von Bedeutung. Ich habe mir sogar ein Video angesehen, das mir jemand aus Teheran zur Verfügung gestellt hat, wo Iraner auf der Straße mit ihren Handys filmen. Aber als der Morgen voranschritt und ich die amerikanischen Nachrichten verfolgte, sah ich die übliche Propaganda: daß der Angriff erfolgreich war, daß er großen Schaden anrichtete, daß hunderte israelische Flugzeuge eingesetzt wurden etc.
Gleichzeitig erhielt ich von Al Jazeera und anderen gute Informationen darüber, wie schlecht es für die Israelis im Libanon steht. Offen gesagt, sie werden in die Pfanne gehauen. Sie verlieren viele Leute, wahrscheinlich mehr als die IDF [die israelische Armee] jemals in einer schwierigen Kriegsphase verloren hat.
Warum sehe ich zwischen beidem einen Zusammenhang? Das ist der traurige Teil meiner Botschaft. Ich verbinde beides, weil das genau jetzt der entscheidende Schauplatz ist – und vergessen Sie nicht die Ukraine, die ist auch einer: Das ist genau jetzt der wichtigste Schauplatz dafür, daß jemand eine Atomwaffe einsetzt.
Denn es ist nicht so, wie ich gehofft hatte, daß Israel sich mit Geschehenen zufrieden geben und sagen würde: „Es ist vorbei.“ Und daß der Iran sich mit Geschehenen, was anscheinend nicht so schlimm war, zufrieden gibt und sagt: „Es ist vorbei.“ Und daß es Netanjahus Parteigänger Tony Blinken bei seiner elften Reise an diesen Kampflatz endlich gelingt, etwas zu erreichen. Daß wir vielleicht eine kleine Chance dafür hätten.
Aber dann, gerade als der Zug im Moynihan-Bahnhof [in New York] einfuhr, bekam ich SMS, in denen Netanjahu, Yoav Gallant und einige andere zitiert wurden und einige der Iraner zitiert wurden. Und es sieht so aus, daß wir wieder auf dem Weg zu einem Wettrennen sind: Der Iran wird auf spektakuläre Weise reagieren, und dann wird natürlich Israel darauf reagieren.
Für mich ist das eine unausweichliche Kette, die letztendlich zum Einsatz einer Atomwaffe führt.
Wenn die Ukraine nicht die Levante ist, dann ist es der Nahe Osten! Aber dies ist ein sehr schlimmer Moment, denn die Situation könnte jeden Moment eskalieren. Und ich habe keinen Zweifel daran, daß Golda Meirs Kommentar gegenüber einem BBC-Reporter im Jahr 1972 zutreffend war, als sie direkt gefragt wurde, ob Israel, wenn es in existentieller Gefahr wäre, eine Atomwaffe einsetzen würde? Und sie sagte ohne mit der Wimper zu zucken: „Ja.“ Ich habe keinen Zweifel daran, daß Bibi Netanjahu ein weitaus schlimmerer Schurke ist als Golda Meir es war!
Das ist also der zweite Teil meiner Geschichte. Was können wir dagegen tun?
Wir müssen uns Gehör verschaffen, wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um unsere Regierung wissen zu lassen, daß wir nicht nur wollen, daß diese beiden Kriege aufhören, sondern daß wir auf gar keinen Fall wollen, daß eine Atomwaffe eingesetzt wird! Und daß Amerika alles in seiner Macht Stehende tut – auch wenn wir als Parteigänger Israels auftreten –, um das zu verhindern.
Danke. [Applaus]