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Moskau betrachtet die Einrichtung eines NATO-Kommandos auf dem Gebiet der ehemaligen DDR als Verletzung des 2+4-Vertrages.
E.I.R. Nachrichten, 23.10. 2024 – Die NATO und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius haben am 21. Oktober gemeinsam in Rostock das neue maritime taktische Hauptquartier der NATO für den Ostseeraum eingeweiht. Laut einer Mitteilung des NATO-Seekommandos (MARCOM) hat es jedoch bereits am 1. Oktober seinen Betrieb aufgenommen.1
Neben Pistorius war auch der stellvertretende MARCOM-Befehlshaber, Vizeadmiral Didier Maleterre, anwesend. „Der Befehlshaber der Task Force CTF Baltic hat zwei Kernaufgaben: die Planung von Seeübungen und -operationen und die Führung der von der NATO zugewiesenen Seestreitkräfte in Friedens-, Krisen- und Kriegszeiten“, erklärte MARCOM. „Darüber hinaus wird es eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Zusammenarbeit zwischen den alliierten Seestreitkräften im Ostseeraum spielen.“
Unausgesprochen, aber beim Blick auf die Landkarte offensichtlich, verfolgt die NATO in der Ostsee zwei miteinander verknüpfte Ziele: die russische Exklave Kaliningrad vom Rest Rußlands abzuschneiden und die russische Ostseeflotte einzukreisen und zu neutralisieren.
Das Kommando der Task Force (CTF) Baltic wird von einem deutschen Admiral geführt, sein Stellvertreter ist ein polnischer Offizier, der Chef des Stabes des Kommandos ist ein schwedischer Offizier. Die derzeit 60 Stabsoffiziere kommen aus Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Schweden und dem Vereinigten Königreich.
Moskau betrachtet die Einrichtung des CTF Baltic auf dem Gebiet der ehemaligen DDR als Vertragsverletzung. Das russische Außenministerium teilte mit, es habe heute den deutschen Botschafter Alexander Graf Lambsdorff einbestellt: „Der Botschafter wurde darüber informiert, daß dieser Schritt deutscher Regierungskreise eine Fortsetzung der schleichenden Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges darstellt und Teil der Bemühungen ist, dieses Land zu militarisieren. Diese Maßnahme stellt einen eklatanten Verstoß gegen Geist und Buchstaben des am 12. September 1990 unterzeichneten Vertrags über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland (Zwei-plus-Vier-Vertrag) dar. Nach Artikel 5 Absatz 3 dieses Vertrages ist Deutschland verpflichtet, die Stationierung oder den Einsatz ausländischer Truppen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nicht zuzulassen. Berlin wurde aufgefordert, unverzüglich eine umfassende Erklärung abzugeben.“
In der Erklärung des Ministeriums heißt es weiter:
„Dieser Schritt erinnert an die tragischen Parallelen zur Wiederbewaffnung des Rheinlandes durch Deutschland im Jahr 1936 unter Verletzung des Versailler Vertrags von 1919. Die russische Seite wies darauf hin, daß nicht nur die europäischen Politiker, sondern auch ihre Vorgesetzten in Washington an historischer Amnesie zu leiden scheinen und die Katastrophe vergessen haben, die die Völker Europas, einschließlich Deutschlands, verwüstete und die durch die stillschweigende Zustimmung von Paris und London angesichts der Aktionen des Dritten Reiches verursacht wurde, die von blindem Haß auf die Sowjetunion getrieben waren.
Im aktuellen historischen Kontext haben die ehemaligen Westalliierten die eklatante Verletzung eines grundlegenden völkerrechtlichen Dokuments durch Berlin nicht nur gebilligt, sondern sich daran mitschuldig gemacht.“
Die abschließende Warnung des Ministeriums: „Washington, Brüssel und Berlin müssen sich darüber im klaren sein, daß die Ausdehnung der militärischen Infrastruktur der NATO auf das Gebiet der ehemaligen DDR äußerst negative Folgen haben und nicht unbeantwortet bleiben wird.“
Anmerkung
1. https://mc.nato.int/media-centre/news/2024/Commander-Task-Force-Baltic-Established