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Von Daniel Platt
Ein Bericht vom 54. Treffen der Internationalen Friedenskoalition am 14. Juni 2024.
Die Internationale Friedenskoalition (IPC) setzte am 14. Juni ihr zweites Jahr wöchentlicher internationaler Online-Treffen fort. Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, eröffnete die Konferenz mit einem Bericht über die Notfall-Pressekonferenz am 12. Juni in Washington (siehe Bericht in dieser Ausgabe).1 Sie hatte die Reaktionen auf die Konferenz verfolgt und stellte eine weltweite Besorgnis über den Niedergang der Diplomatie fest, an deren Stelle immer mehr Gewalt und Erpressung als Instrumente der Außenpolitik träten.
Das jüngste Treffen der G7 in einem Luxusresort in Apulien hätten sogar westliche Medien völlig zynisch kommentiert. Mit Ausnahme der gastgebenden Ministerpräsidentin Giorgia Meloni seien alle teilnehmenden Führungspolitiker „lahme Enten“. Der Ton des Treffens sei komplett kriegerisch gewesen. Zepp-LaRouche kommentierte das Vorhaben, die Zinsen auf eingefrorene russische Guthaben für eine 50-Milliarden-Dollar-Anleihe zur Bewaffnung der Ukraine zu verwenden (die Zinsen, weil die Beschlagnahme der Gesamtsumme von 300 Milliarden Dollar „das Todesurteil für das Finanzsystem“ wäre). Ihre Einschätzung: „Das ist natürlich sehr gut für die Kassen des Militärisch-Industriellen Komplexes, aber angesichts der Anfälligkeit des Finanzsystems könnte all das Reaktionen auslösen, mit denen niemand gerechnet hat.“ Sie verurteilte die fast schon surreale Berichterstattung der westlichen Medien über die internationalen Beziehungen, z.B. über die Schweizer Konferenz zu Wolodymyr Selenskyjs hochgepriesener „Friedensformel“, zu der Rußland nicht eingeladen ist und die daher unmöglich Erfolg haben kann. „Man kann sehen, wie jede Nachricht verdreht wird!“ Zepp-LaRouche hob die Bedeutung der Konferenz des Schiller-Instituts am 15.-16. Juni hervor.2
Der politische Analyst Garland Nixon begann mit der provokativen These, daß Atomwaffen in gewissem Sinne heute bereits eingesetzt werden; er nannte als Beispiel den Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran – dazu könne man sich unter dem Stichwort „Falludschah“ informieren. Ähnliche Waffen seien der Ukraine geliefert worden, aber offenbar seien viele davon in einem Waffendepot bombardiert worden, bevor sie eingesetzt werden konnten. Er sagte den Teilnehmern, weil die herrschenden Eliten nicht auf Vernunft reagieren, müßten die Massen sie zum Handeln zwingen. Die Politiker seien nur „Marionetten-Avatare, die sie aufstellen, wie Joe Biden“. Nixon empfahl den Friedensaktivisten, eine langfristige Infrastruktur für Aktivismus aufzubauen, denn „sie planen schon ihren nächsten Konflikt... Es geht darum, Rußland aus dem Weg zu räumen, damit sie an China herankommen können.“
Jack Gilroy, langjähriger Friedensaktivist und Mitglied von Pax Christi, beschrieb, wie diese Organisation im März 1945 gegründet wurde. Er sagte, das Christentum predige zwar Gewaltlosigkeit, sei aber leider „zu den größten Mördern unter allen Religionen der Welt geworden“. Es sei sehr wichtig, daß die amerikanischen Studenten, die für Frieden protestiert haben, ihren Aktivismus auch jetzt in den Semesterferien fortsetzen. Die Studenten „sind vielleicht nicht auf dem Campus, aber nicht ohne ihr Telefon“. Man solle sich auf die sozialen Medien konzentrieren, wo es inzwischen 25-30 wichtige Plattformen gibt. Es werde hier zwar gute Arbeit geleistet, um den Völkermord in Gaza zu stoppen, aber „selbst die Studenten sind nicht wach, was die Atomwaffen angeht“.
Gilroy gab Anekdoten aus seinem langen Leben als Friedensaktivist zum Besten. Als er in den 60er Jahren Lehrer war, seien sich die Menschen der Gefahr durch die Atomwaffen noch viel stärker bewußt gewesen. Seine Schüler mußten an Übungen für die Reaktion auf einen atomaren Angriff teilnehmen und sich unter ihren Schulbänken hinkauern („duck and cover“) – sie hätten aber genau gewußt, daß das unsinnig war und keinen wirklichen Schutz bot. Eine Schülerin bekam so viel Angst, daß sie auf der Toilette eine Überdosis Aspirin schluckte und ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Aber damals habe es wenigstens noch einen offenen Kommunikationskanal zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion gegeben, heute gebe es weder das rote Telefon noch einen kulturellen Austausch.
Von der US-Regierung desillusioniert, zog Gilroys Familie nach Australien, wo Jack Studenten dafür gewann, die französischen Atomtests im Pazifik zu protestieren. Später nahm er seine Arbeit in den USA wieder auf; es gibt ein Video, wo er als Weihnachtsmann verkleidet mit einem Sack Geschenke für die Arbeiter über den Zaun einer Rüstungsfabrik klettert. Abschließend lobte er die Pressekonferenz des Schiller-Instituts vom 12. Juni und rief dazu auf, die Pressemitteilung darüber möglichst weit zu verbreiten.
Zepp-LaRouche antwortete Nixon, wir müßten die Menschen in Amerika und Europa davon überzeugen, daß die Nationen des Globalen Südens unsere natürlichen Verbündeten sind. Eine Zusammenarbeit mit den BRICS, der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und verwandten Organisationen wäre Grund zum Optimismus. Anschließend lud sie Gilroy ein, Deutschland zu besuchen kommen und die Katholiken dort – nicht zuletzt viele ihrer führenden Vertreter – auf den rechten Weg zu bringen.
In der Diskussion betonte ein Gast, der sich als „einfacher Deutscher“ bezeichnete, wie sehr es ihn ermutige, zu erfahren, daß er Mitstreiter auf der ganzen Welt hat.
Der unabhängige New Yorker Kongreßkandidat José Vega gab einen Bericht über die bevorstehenden Wahlen. In dem Wahlkreis, der an seinen grenzt, gebe die zionistische Lobbygruppe AIPAC über 11 Millionen Dollar aus, damit der Abgeordnete Jamaal Bowman in der Vorwahl besiegt wird. Vega betonte, daß er Bowman nicht unterstütze, weil der in Bezug auf die Ukraine völlig falsch liege, lobte aber dessen mutige Haltung zum Gazakonflikt. „Es sollte niemandem erlaubt sein, einfach einen Kongreßbezirk zu kaufen“, sagte Vega. „Wahlen sollten von den Wählern entschieden werden, nicht von Leuten mit viel Geld.“
Ein deutscher Teilnehmer, der in leitender Position für die NATO-Abteilung für politische Angelegenheiten gearbeitet hatte, berichtete über die WINTEX-Stabsübungen, an denen er seit 1979 teilnahm und die Atomkriegssimulationen umfaßten. Wenn diese Szenarien durchgespielt wurden, war darin am Ende immer ganz Europa zerstört. Er erinnerte sich an eine Übung, bei der ein amerikanischer General sagte: „Leider sind die deutschen Dörfer in der Fulda Gap nur eine halbe Kilotonne voneinander entfernt.“
Eine Korrespondentin der Unity News aus Großbritannien berichtete, wie die Mainstream-Medien und die Regierung ankündigen, daß bald eine Wehrpflicht eingeführt und junge Briten in die Ukraine in den Krieg geschickt würden. Die meisten Briten seien ahnungslos und hielten das für einen Scherz. „Als unabhängige Medien haben wir es sehr schwer, außerhalb unserer Blase zu sprechen..., um überhaupt Gehör zu finden.“ Auch sie lobte die Pressekonferenz vom 12. Juni.
Der Co-Moderator Dennis Small von der IPC empfahl allen, sich den 22-minütigen Austausch zwischen Präsident Putin und dem Moderator des Internationalen Wirtschaftsforums von St. Petersburg (SPIEF) über die russische Atomwaffenpolitik anzusehen.3 Small sagte, die größte Gefahr sei, daß im Falle eines Atomkriegs alles Schöne, was die Menschheit jemals geschaffen hat, verschwinden würde. Er zitierte aus Nikolai Ostrowskis Buch Wie der Stahl gehärtet wurde: „Das wertvollste Gut des Menschen ist sein Leben, und weil es ihm nur einmal gegeben ist, muß er so leben, daß er keine ziellosen Jahre bereut – so leben, daß er sich nicht für eine feige und banale Vergangenheit schämt.“
In ihrem Schlußwort unterstrich Zepp-LaRouche die Bedeutung des Augenzeugenberichts über die NATO-Kriegsübungen. Wenn man sich bewußt werde, daß man nur ein Spielball im atomaren Spiel ist, dann „kann das die Unterwürfigkeit gegenüber dem Hegemon verändern“. Ein Atomkrieg „bedroht alle Menschen auf der Welt und macht automatisch jeden zum Weltbürger“.
Anmerkungen
2. https://schillerinstitute.com/de/blog/2024/05/28/
3. https://eir.news/2024/06/news/is-putin-provoking-nuclear-war-or-trying-to-stop-it/