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Der bekannte Atomwaffenexperte Dr. Theodore Postol warnt vor den Folgen der Störung des russischen Raketen-Frühwarnsystems.
In einem Kommentar in Responsible Statecraft vom 5. Juni hat Dr. Theodore Postol, einer der führenden Atomwaffenexperten der Welt, seine Einschätzung über die fatale Bedeutung von Drohnenangriffen auf russische Frühwarnradare von ukrainischem Territorium aus weiterentwickelt. Die Überschrift lautet „Russische Atomradare mit Drohnen anzugreifen, ist das Dümmste, was die Ukraine tun kann“.
Postol schreibt, der Angriff auf Armawir, bei dem „ sofort beide russischen Radare ausgeschaltet“ wurden, sei „eine große Sache“ und habe wahrscheinlich eine sofortige Krisensitzung mit dem Kommandeur und den Offizieren der russischen Strategischen Raketentruppen ausgelöst. Das russische System von zehn Frühwarnradaranlagen sei für Wladimir Putin während seiner gesamten Präsidentschaft immer ein vorrangiges Projekt gewesen, weil er die Schwächen der unzureichenden satellitengestützten strategischen Frühwarnfähigkeiten Rußlands erkannt habe.
Postols Kommentar stützt sich auf eine gründliche Kenntnis der jahrzehntelangen Bemühungen der USA, eine „siegreiche“ nukleare Erstschlagsfkapazität zu erreichen - Bemühungen, die Putin und der russischen Militärführung sicherlich bekannt sind, auch wenn dies in Postols kurzem Kommentar nicht explizit ausgeführt wird. Er schreibt:
„Obwohl alle Vorwarnzeiten schockierend kurz sind, liegt es auf der Hand, daß eine Vorwarnzeit von 19 Minuten gegenüber einer Vorwarnzeit von 8-9 Minuten den Unterschied für die Entscheidung machen kann, ob Rußland gezwungen ist, sich auf eine automatisierte Antwort zu verlassen, die zu einer versehentlichen Zerstörung der Vereinigten Staaten und Westeuropas führen könnte, oder ob es sich auf die wohlüberlegte Einschätzung einer hochprofessionellen politischen und militärischen Führung verlassen kann.
Jeder halbwegs sachkundige Experte, der Putins zahlreichen Äußerungen über Atomwaffen aufmerksam zugehört hat, weiß, daß er dieses Warnsystem und seine Grenzen genau kennt. Er hat regelmäßig an den Einweihungen von Frühwarnradaranlagen teilgenommen und dabei offen seine Besorgnis über die Notwendigkeit angemessener und zuverlässiger Frühwarnsysteme zum Ausdruck gebracht.
Rußland verfügt derzeit über ein sehr begrenztes weltraumgestütztes Frühwarnsystem. Das System beobachtet nur die ICBM-Felder der USA in der Nähe ihrer Nordgrenze und kann nicht auf eine globale Abdeckung gegen amerikanische U-Boot-Raketen erweitert werden. Es bietet nicht einmal eine 24-Stunden-Abdeckung der amerikanischen ICBM-Felder, da hierfür neun Satelliten erforderlich sind, während bisher nur vier aktiv sind.
Ich habe versucht, die Führung der US-Regierung vor diesem ernsten Problem zu warnen, das schon vor 30 Jahren hätte gelöst werden können, wenn die USA den Russen bestimmte Technologien ‚geliehen‘ hätten. Ich schlug vor, den Russen spezielle weltraumtaugliche Infrarotgeräte und Elektronik zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre eigenen Systeme bauen können.“
Eine Antwort auf diese Vorschläge hat Postol von der Regierung Clinton nie erhalten.
Die wesentlichen Punkte seiner Argumentation hatte Prof. Postol bereits am 31. Mai in der Sitzung der Internationalen Friedenskoalition vorgetragen (wir berichteten, Neue Solidarität 23/2024). Den Mitschnitt dieser Sitzung finden Sie auf der Internetseite des Schiller-Instituts.
Wenn Sie an einer Mitarbeit in der Internationalen Friedenskoalition
interessiert sind, wenden Sie sich bitte an:
fragen@schiller-institut.de